BGH bestätigt Pflicht zur unverzüglichen Löschung aufgezeichneter Telefonate zwischen Verteidigern und Beschuldigten
Es ist schon erstaunlich, daß erst der Bundesgerichtshof (BGH) der Staatsanwaltschaft mitteilen muß, daß Verteidigergespräche nicht überwacht werden dürfen. Auch nicht zufällig oder versehentlich.
In der Mitteilung Nr. 46/2014 berichtete die Pressestelle des BGH am 7. März 2014 darüber, daß Bundesgerichtshof die Pflicht zur unverzüglichen Löschung aufgezeichneter Telefonate zwischen Verteidigern und Beschuldigten bestätigt hat.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die Beschwerde des Generalbundesanwalts gegen einen Beschluss des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs als unbegründet verworfen, in dem dieser festgestellt hat, dass die Ermittlungsbehörden es rechtswidrig unterlassen haben, die automatisch gefertigte Aufzeichnung zweier Telefonate unverzüglich zu löschen, die ein Rechtsanwalt zur Anbahnung eines Mandatsverhältnisses geführt hatte. Entgegen anderslautender Berichte in Presse, Funk und Fernsehen waren diese Aufzeichnungen allerdings nicht bei einer gezielten Abhörmaßnahme gegen den Rechtsanwalt angefallen. Vielmehr stammten sie aus einer vom Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs angeordneten Überwachung des Telefonanschlusses eines Beschuldigten, gegen den der Generalbundesanwalt ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland führt. Auf diesem Anschluss hatte der Rechtsanwalt angerufen, um dem Beschuldigten seine Dienste als Verteidiger anzubieten. Dieses Angebot hatte der Beschuldigte später angenommen.
Der 3. Strafsenat hat nunmehr die Auffassung des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs bestätigt, dass der Rechtsanwalt berechtigt ist, das Zeugnis über den Inhalt der beiden Telefonate zu verweigern, obwohl diese nur der Anbahnung des Mandatsverhältnisses mit dem Beschuldigten dienten. Nach der bestehenden Gesetzeslage waren die von ihnen im Rahmen der Überwachung des Telefonanschlusses des Beschuldigten automatisch gefertigten Aufzeichnungen daher unverzüglich zu löschen. Sie durften insbesondere auch nicht zum Zwecke der späteren gerichtlichen Überprüfung der Rechtmäßigkeit von Anordnung und Vollzug der Überwachungsmaßnahme weiter aufbewahrt werden.
Einen bemerkenswerten Satz möchte ich aus dieser Entscheidung hervorheben
Derjenige, der Vertrauen sucht, muss, um dieses Vertrauen aufbauen zu können, im Vorfeld sicher sein, dass sämtliche vom Berufsausübenden in seiner Funktion gewonnenen Erkenntnisse unabhängig von der Bewertung durch Dritte dem Zeugnisverweigerungsrecht unterfallen.
Aber das kann ein Generalbundesanwalt nicht von alleine wissen. Sowas muß man ihm sagen. Das hat der BGH ja nun erledigt.
Und bis das auch bei den Ermittlern auf den unteren Behördenfluren angekommen ist, warne ich meine Mandanten davon, mit mir zu offen am Telefon zu sprechen.
Ja, das ist richtig. Aber man wird sich auch über Rechtsanwälte wundern dürfen, die bei Terrorismusverdächtigen (!) anrufen, um ihnen ihre Dienste anzubieten. Und dann auch noch mit ihnen über Dinge plaudern, die die mutmaßlich in der Leitung sitzenden Strafverfolger nicht hören dürfen.
Ich verstehe nicht, was das Ausrufezeichen in Klammern hinter „bei Terrorismusverdächtigen“ aussagen soll.Soll damit gar insinuiert werden, gewisser Taten Verdächtige hätten mindere Rechte?
Schön und gut, dass Gespräche zwischen Mandant und seinem Rechtsanwalt nicht abgehört werden dürfen. In der Praxis wird es aber darauf hinauslaufen, dass es trotzdem getan wird und lediglich die Mitschnitte nicht vor Gericht verwendet werden können.
Ansonsten habe ich inzwischen ein derart ausgeprägtes Vertrauen in die Behörden, dass ich davon ausgehe, dass die aus solch einer illegalen Überwachung gewonnenen Erkenntnisse mit der Methode „parallel construction“ verwertet werden.
(Bekannt aus den Snowden-Leaks über das weiß-waschen beim FBI von illegal gewonnenen Erkenntnissen. Ohne zu blinzeln traue ich das den h iesigen Behörden auch zu, keine Frage. Und Anwälte sollte bei ihrem Tun auch von solch einem Szenario ausgehen.)
Leitsatz fü die amtliche Sammlung:
Nicht nur das Anbahnungsgespräch, sondern auch das im Sinne des § 43b BRAO grenzwertige Heranwanzungsgespräch ist geschützt.
@ Non Nomen: Gemeint war: Wie kann man als Anwalt nur so bescheuert sein, einen Terrorismusverdächtigen (!) anzurufen und dann Vertrauliches mit ihm zu besprechen, ohne für möglich zu halten, dass der Verdächtige abgehört wird.
@ Kalle
Angekommen.
„Die Dummheit höret nimmer auf…“ **GG**
Aber vielleicht war der Anrufer auch nur naiv, an den Rechtsstaat zu glauben – obwohl, so naiv war er nicht, ist ja nochmal gutgegangen. Im Grunde ließe sich dieses als CAVE gemeinte „!“ auf jeden Verdächtigen anwenden, wenns nicht nur um echte Peanuts geht…
@crh: Wie ist denn aus Ihrer beruflichen Praxis heraus Ihre Einschätzung zum von „gant“ angerissenen Thema?
Also: heimliches unbefugtes Mithören zum Erkenntnisgewinn, Parallelermittlung, die „zufällig“ auf das stößt, was im Telefonat besprochen wurde, und anschließender Verzicht, die Aufzeichnung offiziell ins Verfahren einzubringen, wozu auch, man hat ja nun (scheinbar) „sauber“ zustande gekommene Beweise.
Ist das schon die Regel oder (noch?) eher die Ausnahme?
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