Akteneinsichtsantrag und ZACK!

Ich hatte vor ein paar Tagen über mittelalterliche Wüsten und beschimpfte Staatsanwälte im Lande Brandenburg berichtet. Die Potsdamer Strafverfolger waren mit meinem Akteneinsichtsgesuch überfordert, das zu irrsinngen Bemerkungen statt zur vollständigen Akteneinsicht führte.

Nicht, daß jetzt irgendjemand glaubt, der neue Osten sei noch immer nicht im alten Westen angekommen. Man soll nicht alle Ossis über einen Kamm scheren.

In einer anderen – auch recht umfangreichen – Sache hatte ich die Generalstaatsanwaltschaft Dresden vor ein paar Tagen um Einsicht in die Akten gebeten. Statt weinerlicher Kommentare über versehentlich geschredderte Vier- oder Fünftakten bekomme ich dieses Anschreiben:

eAkte aus Sachsen 01

Nach dem „Auspacken“ hatte ich einen Packen mit 13 Aktenbänden und 4.002 Blatt sowie ein weiteres Paket auf meinem virtuellen Tisch, dessen letztes Blatt so aussah:

eAkte aus Sachsen

In den Akten finden sich eine zweistellige Anzahl von Schreiben, mit denen den Mitverteidigern bereits die beiden DVD übersandt wurden. Oft nur ein paar Tage nach Eingang des Akteneinsichtsantrags. Keine Viertakten, keine Schredder, einfach nur zwei Silberlinge mit 53 Aktenbänden, die jeweils für 1,45 Euro mal eben von Sachsen nach Berlin und anderswo geschickt wurden.

Da haben die Dresdner sogar die sonst immer so fortschrittlichen Wessis aus Bayern überholt. Na, vielleicht klappt das auch mal an irgendeinem St. Nimmerleinstag in diesem roten Brandenburg.

Nebenbei:
Kann mal jemand eben ausrechnen, was so ein Kopiesatz an Akten, auf’s Papier kopiert, für Kosten nach dem RVG-VV 7000 auslösen würde? Und das dann mit der Anzahl der Verteidiger (so Stücker 15 etwa) multiplizieren. Ich kann mit so großen Zahlen nicht umgehen. Und was kann ich statt dessen für die beiden DVD abrechnen? (Wenn ich diese irrsinnigen Zahlen hier aufschreiben würde, glaubt mir das sowieso kein Mensch.)

Dieser Beitrag wurde unter Staatsanwaltschaft veröffentlicht.

13 Antworten auf Akteneinsichtsantrag und ZACK!

  1. 1
    Verlobte von Wilhelm Brause says:

    De Saggsen, die sinn helle
    die scheissen off de Schwelle.

    Die anderen sinn dumm,
    die latschen drinne rum.

  2. 2
    Pascal Rosenberg says:

    Ich gehe mal davon aus, dass alle Seiten schwarz-weiss sind.

    Für die ersten 50 Seiten fallen 0,50 Euronen an = 25 Euronen.

    Für jede weitere Seite fallen 0,15 Euronen an, also die 11.198 plus die 4.002 = 15.200 – 50 = 15.150 x 0,15 ergibt 2.272,50 Euro

    Zusammen dann 2.298,50 Euro x 15 = 34.837,50 Euro

    Da geht was :)

  3. 3
    Frederike says:

    Das sind aber teure Kopien, Pascal.
    Bei uns kosten die gerade mal 5ct die Seite.

    Das wären dann immerhin ’nur‘ 11.400€. Dann fällt auch der Versand die Akten in riesigen Kisten durch das Land zu schicken nicht mehr so sehr ins Gewicht.

  4. 4
    Pascal Rosenberg says:

    Ach ich vergass, Sie wollten ja noch wissen, was sie für die DVDs abrechnen können?

    Also pro Datenträger anstelle von Kopien 1,50 Euro somt insgesamt 3,00 Euro

    Grundlage hierfür bilden RVG Anlage 1.7, Teil 7, Ziff. 1 a-d und Ziff. 2

    Wenn wir uns jetzt noch überlegen, dass diese 15.200 Seiten Papier ja auch zu Ihnen gesendet werden müssten um kopiert werden zu können und ein durchschnittliches 80g/m² Papier circa 5g wiegt, dann wiegen diese Akten zusammen 760 kg.

    In einen Standard-Leitz breit passen 600 Blatt. Der Ordner selbst wiegt 400g. Also wiegt ein Ordner befüllt 3,4 kg.

    Das können Sie bei der Post befördern und die günstigste Variante ist das Maxi-Paket. Sie brauchen circa 26 Ordner. Pro Paket sind dann maximal 100 kg erlaubt, Sie kriegen also alle Ordner mit.

    Kostet pro Tour 240,00 Euro bei DHL, wenn Sie die Ordner gut verpacken.

    Also noch mal Totalisator:

    Papierakten:
    Aktenkopierpauschale des Anwalts: 2.298,50 Euro
    Versand der Akten: 240,00 Euro
    Summe je Anwalt: 2.538,50
    x15 Anwälte: 38.077,50 Gesamtkosten mit alles inklusive

    Digitale Akten:
    Silberlinge 2x 0,50 Euro (teuer gekauft): 1 Euro
    Porto für Rohlinge: 1,45
    Die Arbeitszeit von Kalle, der das alles beim Gericht eingescannt hat für 2 Tage (15 Euro Stundenlohn x 8 Stunden x 2): 240 Euro einmalig
    Gesamtkosten: 240x 36,75 = 276,75 Euro

    Wenn ich mir jetzt bei Variante A überlege, dass auch nur einer der Kollegen seine Kosten für die Kopieraktion nicht beim Mandanten sondern bei Vattern Staat abrechnen darf, dann hat Vattern Staat mit Variante B) schon ca. 2.300 Euro gespart. Für jeden weiteren Anwalt, der das abrechnen kann gilt dies natürlich analog.

    Aber das ist alles unwichtig. Mir hams ja. Sind nur Steuergelder und nicht die Kohle des Richters oder Staatsanwaltes oder Rechtspflegers direkt. ;)

  5. 5
    Pascal Rosenberg says:

    @Frederike:
    Bei mir auch, aber für die geneigte Anwaltschaft sagt das RVG nun mal unter VV 7000 Ziff. 1 a – d, was das kosten darf. Schließlich soll ja auch die Arbeitsleistung mit abgegolten werden. Also die nette Bürodame, die den Scheiß kopieren darf. ;)

  6. 6
    Schlupp says:

    An Stelle der Rechnung für die Kopien würde ich ein Dankschreiben ihres Mittarbeiters der den Scanner bedienen darf Schicken.

    Falls die gerichte es wirklich mal Schaffen Digital zu werden können sie ihre Kanzlei um ein Caffee erweitern damit keiner entlassen wird :D

    Schlupp

  7. 7
    Daniel says:

    Bei dem 7000 RVG darf nicht vergessen werden, dass zusätzlich noch die USt in Höhe von 19% anfällt.

  8. 8
    Verlobte von Wilhelm Brause says:

    Der o.g. Vers stammte von Kinderspielplätzen und wurde von mir nicht gedichtet, sondern augeschnappt. Es war zwischen 1967 und 1969. Es bezog sich auf die Zeit, als das die meisten Erfindungen gemacht wurden, also Gründerzeit.

    Der Satz: Man soll nicht alles Ossis über einen Kamm scheren…“ ist natürlich ein glänzender Witz, denn die Justiz in Sachsen und Thüringen besteht zu 90 % aus Schwaben, auch an den Universitäten. Ob da immer die allerbesten gekommen sind – bestimmt!

  9. 9
    Verlobte von Wilhelm Brause says:

    Es muss aufgeschnappt heißen.
    Natürlich.

  10. 10
    matthiasausk says:

    @pascal rosenberg:
    Aber aber, die „Behörde“ will doch sparen …
    Bei DHL kostet eine sauber verpackte Europalette, stapelbar und ohne Überstand, als Speditionsversand für größere Kunden (die „Behörden“ dürften hoffentlich einen Gruppenvertrag haben) ca. 25€ flatrate quer durchs Land.

  11. 11
    Martin says:

    Mich würde mal interessieren, wie die Auswertung einer solchen Menge Unterlagen in der Praxis abläuft. Wenn ich davon ausgehe, dass zumindest 50% davon auch wirklich relevant sind und ich diesen Anteil gründlich analysieren und auswerten muss würde ich mit mind. 1-2 Monaten Arbeit rechnen. Aber dann hat ein Anwalt ja vermutlich nicht nur einen Fall sondern mehrere.

    Es wäre schön, wenn jemand der sich damit auskennt mal was dazu schreiben könnte (sofern bei diesen Aktenbergen noch Zeit dafür ist :-)

  12. 12
    Kater Karlo says:

    2 Tage zum Einscannen von rund 15.000 seiten? super-scanner, der sicher auch etwas kostet.

    Ich denke, dass so große Aktenberge zum Grossteil aus Listen und automatisierten Aufstellungen bestehen und nicht in jedem Detail relevant sind.

  13. 13
    Hannoveraner says:

    @Martin: Dafür gibt es den „Abschlussbericht“ bei den Ermittlungen (sofern die schon so weit sind). Da steht alles schön aufgelistet, worauf sich die Anklage stützt, was für Beweise es gibt und wo man ansetzen kann ;)