Die Staatsanwaltschaft ermittelt in einer Wirtschaftsstrafsache. Unter anderem liegt der Focus auf der Nachverfolgung der Geldflüsse – nicht zuletzt auch zur Vorbereitung des Verfalls (§ 73 StGB), einer möglichen Rückgewinnungshilfe (§ 111b StGB) und anderer häßlicher Vermögensabschöpfungen.
Deswegen schreiben die Ermittler der Reihe nach alle Banken an, die irgendwie und irgendwann einmal mit dem Beschuldigten ein Verhältnis hatten oder haben könnten.
- Nebenbei:
Allein das reicht schon aus, um den Geschäftsmann – was seine finanzielle Zukunft betrifft – zurück in die Steinzeit zu befördern. Aber darauf kann man im Rahmen eines Strafverfahrens ja nicht auch noch Rücksicht nehmen. Die Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs. 2 EMRK ist da nicht so wichtig.
Die Staatsanwaltschaft schickt also einen Brief an so ziemliche alle in Frage kommenden Finanzinstitute zwischen Flensburg und Oberstdorf:
Und weil man das Ganze verheimlichen möchte, erinnert der Staatsanwalt den jeweiligen Banker unter Androhung empfindlicher Übel an die Wirkungslosigkeit eines Bankgeheimnisses:
Aber vielleicht habe ich das mit dem Bankgeheimnis noch nicht so richtig verstanden.
Man glaubt gar nicht, wie schnell die um das Vertrauen ihrer Kunden werbenden Banken auf so eine Mitteilung reagieren und Kontenstaffeln, Darlehensverträge und Kreditunterlagen an die Staatsanwaltschaft übermitteln können, um die Umzugskisten mit den Ermittlungsakten befüllen.
Das Bankgeheimnis ist eine zivilrechtliche Nebenpflicht aus dem Bankvertrag. Im Bereich der StPO entfaltet es gegenüber den Strafverfolgungsbehörden, insbesondere der Staatsanwaltschaft, keine Wirkung. Da gibt es seit Jahrzehnten schon zahlreiche einschlägige Rechtsprechung zu.
Die entsprechenden Formularschreiben, die sich so oder in ähnlicher Form wohl in sämtlichen Textsystem der Landesjustizverwaltung finden, müssten Sie doch mindestens in vierstelliger Anzahl schon gesehen haben.Zudem: Eine echte Wirtschaftsstrafsache wird kaum ohne Kontoermittlungen aufzuklären sein.
Und was den Schrotschusscharakter angeht: Leider sieht man einer Kontenliste nicht unbedingt an welches nun das richtige Konto, das zur Abwicklung relevanter Transaktionen genutz wurde óder auf das Vermögenswerte gebunkert wurden, nun ist. Und häufig ist Eile geboten weil nun Konten abgeräumt werden. Ich habe mehr als einmal in letzter Sekunde (zur Rückgewinnungshilfe für Geschädigte) schon Konten mit sechsstelligen Guthaben gepfändet wo schon Auflösungsaufträge vorlagen.
Welche Vorschrift der StPO regelt nochmal das „Bankgeheimnis“?
Vielleicht noch einmal mit deutlicheren Worten, gerichtet an die Tunnelblicker aus der Justiz:
Das gemeine Volk glaubt den Bankern die Werbung mit dem Vertrauen, das der Kunde in die Verschwiegenheit der Bank haben können soll. Der Kundige weiß natürlich, daß das ein Märchen ist. Dies sollte ein Hinweis in dem Beitrag an gutgläubige Bankkunden sein. In der Beratungspraxis eines Strafverteidigers kommt es nicht selten vor, daß die Mandanten aus allen Wolken fallen, wenn sie hören, daß die StA an die Konten gegangen ist.
Der weitere Punkt, den sicherlich jeder Geschäftsmann versteht, aber von jemandem, der mtl. seine Alimente bezieht, gern einmal übersehen wird, sind die ruinösen Konsequenzen solcher „Rundschreiben“. Und das zu einem Zeitpunkt, zu dem noch gar nicht feststeht, daß sich der Verdacht bestätigt.
In dem von mir beschriebenen Fall hatte das Schreiben zur Folge, daß ein bis dato relativ solides Unternehmen mit über 30 Mitarbeitern von jetzt auf gleich am Ende war. Und dies nur aufgrund eines vermeintlich anonymen Hinweises (eines Mitbewerbers).
Banken und Vertrauen, das sind zwei Sachen, die aus meiner Sicht als Strafverteidiger nicht kompatibel sind.
Also nochmal zusammengefaßt: Es soll sich niemand auf die Seriosität von Banken verlassen. Und auch niemand auf das Augenmaß einer Strafverfolgungsbehörde.
@crh
Haben Sie unter Heranziehung des § 55 schonmal versucht, die Herausgabe/Verwertung von Bankunterlagen zu verhindern? Das Ergebnis würde mich dann doch interessieren.
Beste Grüße aus dem Tunnel
@crh
Ich habe ein Update beantragt, aber bedauerlicherweise konnte die Verwaltung aufgrund selbst bescheinigter Arbeitsbelastung erst ein paar Monate nicht über meinen Antrag entscheiden, und nunmehr ist auch noch der Bezirksrevisor entgegen getreten….. ;-)
Und außerdem hätte ich Ihnen einen solch „kreativen“ Verteidigungsansatz schon zugetraut. ;-)
weiß von einem bekannten der in der bank arbeitet, dass die mitarbeiter angehalten sind, sofort alles auszuhändigen was sie haben. diese order kommt von der oberen etage. die banken haben keine lust selber ins visir der ermittlungsbehörden zu kommen.
da fragt man sich immer was für leichen die im keller haben müssen
Tja das mit den Leichen im Keller ist nichts neues ;)
Das ist wie der Kleinkriminelle der mit der Polizei hier und da einen Kaffee Trinkt und sonst seine Ruhe hat.
Schlupp
Dass man Banken nicht vertrauen kann, sollte sich doch mitlerweile ueberall herumgesprochen haben. Wer wirklich auf finanzielle Diskretion Wert legt, benutzt heutzutage Bitcoins. Da braucht man auch keine Banken mehr.
Ich verstehe dasPosting nicht. Ein Bankgeheimnis gegenüber den Ermittlungsbehörden gibt es nicht, und ich kenne auch keine Bankwerbung, die das Gegenteil behauptet. Wenn die Ermittlungsbehörden unverhältnismäßige Ermittlungsmaßnahmen durchführen, ist das weder die Schuld der Bank noch ein Anlass, an ihrer „Seriosität“ zu zweifeln..
Neuer trust a bank.
Das Problem liegt in der Praxis.
Durch Ermittlungen werden Existenzen vernichtet.
Auch wenn auf gesetzlichen Grundlagen erfolgt hilft das in der Praxis den Vernichteten nichts.
Und später vom Land Schadensersatz zu verlangen geht auch nicht.
Das ist das Problem.
Interessant. Bei mir stand entweder in Arbeitsvertrag oder in Dienstanweisung, dass Aussagen gegenüber Polizei, Staatsanwalt oder Richter nur nach vorheriger Erlaubnis der Revisionsabteilung zulässig wären.
Selbst wenn die Klausel/Anweisung sittenwidrig und damit nichtig sein sollte – in seinem Job hat man nach einem Verstoß dagegen keine Freude mehr.
@ExBänkster,
Art. 0 GG: Die Hierarchie einzuhalten ist das Wichtigste und geht allem vor. (Supergrundrecht)
„Deswegen schreiben die Ermittler der Reihe nach alle Banken an, die irgendwie und irgendwann einmal mit dem Beschuldigten ein Verhältnis hatten oder haben könnten.“
Bißchen ungenau, nach einem Schrotschuß funktioniert das aber auf alle Fälle nicht. Wenn die Konten des Beschuldigten abgeklärt werden, so wird zunächst eine Auskunft der BaFin eingeholt. Nur die von dort „gelieferten“ Konten werden abgefragt (es sei denn natürlich, es gibt weitere konkrete (!) Anhaltspunkte für weitere Konten).
Daß eine Bank dann derart aufgeregt reagiert und dem Beschuldigten gleich den (Geld-)hahn zudreht, kann man den Ermittlern ja wohl kaum anlasten. Gerade bei Wirtschafts- u. Korruptionsdelikten geht ohne Kontenbewegungen nichts zu ermitteln.