Elf Monate Untersuchungshaft mit anschließendem Freispruch. Das führt grundsätzlich zu einer Haftentschädigung in Höhe von 25 Euro für jeden angefangenen Tag der Freiheitsentziehung (§ 7 Abs. 3 StrEG). Das ist ohnehin nur ein unverschämtes Trinkgeld, das der Gesetzgeber dem zu Unrecht Weggesperrten vor die Füße wirft. Es gibt aber Fälle, da gibt es aber noch nicht einmal das.
Dem freigesprochenen Untersuchungshäftling Wilhelm Brause hatte man eine Brandstiftung vorgeworfen. Das Landgericht Aurich sprach ihn im ersten Durchgang schuldig und verurteilte ihn. Die Revision des Herrn Brause war erfolgreich, der BGH hob das Urteil auf. Im zweiten Durchgang kam es zum Freispruch. Die Zwischenzeit verbrachte Wilhelm im Knast.
Für diese Zeit habe er aber seinen Entschädigungsanspruch verwirkt, weil er im Ermittlungsverfahren als Zeuge gegenüber der Polizei falsche Angaben gemacht habe, meinte jetzt das OLG Oldenburg. Dadurch sei er in den Verdacht geraten, selbst der Täter zu sein.
Wilhelm Brause hatte nämlich der Polizei und dem Gebäudeversicherer erzählt, nur der Vermieter und er seien im Besitz eines Schlüssels für das Gebäude. Die (erste) Verurteilung fand ihre entscheidende Grundlage aber darin, daß nur Brause die Gelegenheit hatte, das Gebäude zu betreten und den Brand zu legen.
Brause habe aber gewußt, daß auch noch weitere Personen einen Schlüssel und damit Zugang zum Objekt und Gelegenheit zur Brandlegung gehabt hatten. Und genau aus diesem Grund wurde er im zweiten Verfahren freigesprochen und aus der Haft entlassen.
Kann es sein, daß hier der Ärger des Gerichts im Vordergrund steht ihn freisprechen zu müssen, obwohl er eigentlich verurteilt gehört? So nach dem Motto: „Wir wissen ganz genau, daß Du das warst. Wir können es Dir leider nur nicht beweisen. Und deswegen gibt es auch keine Entschädigung!“
Es kann aber auch ganz anders gewesen sein, und Brause wollte einfach mal gucken, wie es sich anfühlt, wenn man sich selbst ins eigene Knie schießt.
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Bild: Joachim Frewert / pixelio.de
Die Entschädigung von Freigesprochenen ist eine Schande für unseren Rechtsstaat. Die Zahl der Freisprüche ist so gering, die zu leistenden Entschädigungszahlungen in der Summe kaum der Rede wert. Damit sollte ein Rechtsstaat, sollten die Gerichte souverän umgehen können. Ein Freigesprochener ist von Verfassungs wegen unschuldig. Weshalb mit dem Segen des Verfassungsgerichts „verbleibende Verdachtsmomente“ im Rahmen der Entschädigung und Kostenfestsetzung gegen den Freigesprochenen gewendet werden dürften, hat mich noch nie überzeugt.
Während aber im Ermittlungs- und Hauptverfahren großzügig mit Geld um sich geworfen wird, keine Kosten gescheut werden, um noch so kränkliche Ermittlungsansätze zu verfolgen, wird im Kostenfestsetzungs- und Entschädigungsverfahren um jeden Cent gefeilscht, den der Freigesprochene möglicherweise beanspruchen könnte.
Man fragt sich immer, ob solche kleinkarierte Erbsenzählerei, die unschön an Nachtreten erinnert, Folge des Richteramtes sind oder ob das Richteramt solche Charaktere magisch anzieht.
Es zeigt sich wieder einmal, daß der Beschuldigte im Zweifelsfall von seinem Schweigerecht Gebrauch machen sollte. Hätte er vollständig geschwiegen, hätte man ihm die Entschädigung nach dem StrEG nicht versagen dürfen.
Auf einem CCC-Kongress gesehen: Schlossöffnen ohne besondere Werkzeuge nur mit einigen Haken in weniger als 2 Minuten. Mit speziellem Türöffner noch schneller. Es hiess wohl „Freestileclimbing“.
Dieser „Wilhelm Brause“ ist aber auch ein schlimmer Finger, war schon so oft bei Ihnen im Blog^^