In einer recht umfangreichen Wirtschaftsstrafsache, in der es zeitlich verdammt eng wird – für die Strafverfolgungsbehörde, nicht für den Angeklagten, hatte ich ergänzende Akteneinsicht beantragt und erhalten. Beim Durchblättern der Akte habe ich auch die Hintergründe erfahren, warum das alles soooo eeeelend lange gedauert hat:
Und ich habe ein neues Instrument kennen gelernt, das bislang wohl ausschließlich in der Justiz Verwendung findet: Die Aktentonne. Man könnte auch Verjährungstonne dazu sagen.
Die Aktentonne ist auch bei anderen öffentlichen Verwaltungen bekannt. Da kommen alle nicht mehr benötigen Akten rein und wenn sie voll ist kommt der Reißwolf. Natürlich sind die Tonnen auch nach Abteilungen, Geheimhaltungs- und Vertraulichkeitsstufen getrennt. Muß ja alles seine Ordnung haben.
Wegen der Aktenmäßigkeit fallen die Akten dann eben auch, nun ja, tonnenweise an ;-)
Ja, hätte der Richter nicht aufgepasst, wäre sein schönes Verfahren für die Tonne gewesen.
Wie gut, dass bald die e- (lektronische ) Akte im Strafverfahren eingeführt wird. Allerdings sind verloren gegangene DVDs schlechter wieder zu beschaffen als Papierakten aus der Tonne.
Das Eckige kommt ins Runde, selbst wenn es umgekehrt gerade nur unter Fußballfans diskutiert wird.
Die Tonne ist ein schönes Instrument, auch mal loszulassen. Vieles, was ermittelt wird, verdient die Befassung kaum. Anderes wieder könnte endlich angefasst werden: Wenn die Tonne weg ist. Und Platz so wie ein freier Kopf an die Stelle der unbezwungenen Aktenberge tritt.
Pizza Aktentonno
Nachdem uns „unser“ Gericht bis letzten Monat regelmäßig mitgeteilt hat, es wolle auf gar keinen Fall Faxe haben, höchstens in Fristsachen, kam diese Woche die Kehrtwende. Stolz teilte der Gerichtspräsident allen Anwälten und Behörden mit, man habe jetzt einen Faxcomputer, der alle Faxe direkt in PDFs umwandele. Nunmehr wolle man auf gar keinen Fall mehr Briefpost erhalten, sondern ausschließlich nur noch Faxe, die in einer elektronischen Akte gespeichert würden.
Prima Sache eigentlich. Was passiert allerdings bei einem Servercrash? Sind dann alle Verfahren des Jahres unwiederbringlich verloren? Ich bezweifele, daß der Server des Gerichts alle 2 Stunden eine Sicherheitskopie fertigt. Die wußten dort bis vor kurzer Zeit noch gar nicht, was ein Computer ist.
Demnächst also die e-Aktentonne…
Einen Faxcomputer? LOL
Es gibt bei dem einen oder anderen Amtsgericht in Berlin so genannte Bermuda-Dreiecke, in denen Faxe unter mysteriösen Umständen verschwanden / verschwinden, was einige Kollegen veranlasst hat, Schriftsätze in Papierform persönlich abzugeben.
Die elektronische Aktenführung macht im Übrigen nur Sinn, wenn ein Maximum an Sicherheits-anforderungen erfüllt wird. Also mindestens zwei Sicherungskopien jedes Vorgangs auf unterschiedlichen Medien, lieber drei, vorzugsweise mit verschiedenen Betriebssystemen erstellt.
Die müssen an unterschiedlichen Orten gelagert werden. Und so weiter, und so fort….
Und: wenn man alle Akten in einer Datenbank zugriffsfähig und durchsuchbar hat, ist man zwar hundertmal (!) schneller, aber unerwünschte Neugierige auch.
Toll: die Verfahrenserledigung durch Löschung
( analog Weglegen heute ) – xtausende Seiten binnen Millisekunden verschwunden.