Das Amtsgericht eines beschaulichen Städtchens im sonnigen Süden der Republik hat den Mandanten verurteilt. Sieben Monate Freiheitsstrafe. Davon hat er bereits einen Monat in der Untersuchtungshaft abgesessen. Das sollte eigentlich genügen, um den Weg zu einem bürgerlicher Lebenswandel zurück zufinden. Was fehlt dazu noch? Ein Job, na klar. Meint der Richter. Deswegen setzt er die Vollstreckung des Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, allerdings nicht ohne gem. § 56c StGB anzuweisen:
Wenn eine solche Bewährungsauflage hier in Berlin verhängt würde, hätte sie wohl eher keinen Bestand, nicht nur in Anbetracht der Situation auf dem Arbeitsmarkt. Nebenbei: Was genau ist eigentlich eine geregelte Arbeit? Und was wird der Arbeitgeber wohl dazu sagen, wenn er erfährt, daß sein neuer Mitarbeiter vorbestraft ist, wenn er die Bestätigung für den Richter unterschreiben soll?
Ich denke ‚mal, die Auflage ist eher als eine Empfehlung mit sozialpädagogischem Charakter zu verstehen. Vor diesem Hintergrund ist sie ja eigentlich ganz sympathisch, solange sie nicht zum Bewährungswiderruf führt, wenn der Mandant schlicht keine „geregelte Arbeit“ bekommt.
„unverzüglich“, also „ohne schuldhaftes Zögern“ habe ich mal gelernt. Besuch beim Arbeitsamt, Bewerbungen, Bewerbungsgespräche sollten wohl ausreichen das Zögern als „nicht schuldhaft“ zu werten wenn es denn nicht klappt?
Von einer Bestätigung, die der AG (unter)schreiben müßte sehe ich da aber nichts :-). Und wenn schon: Der Arbeitsvertrag als solches sollte dann ja wohl genügen. Oder die Meldung zur SV…
Sicherlich wäre die Auflage auf eine Beschwerde hin zu kassieren – genau wie ein etwaig auf die Nichtbeachtung der Auflage gestützter Widerruf.
Aber die Frage der tatsächlichen Möglichkeit stellt sich dann doch bei so einigen Auflagen. Gestern habe ich noch die Frage diskutiert, ob ich dem Angeklagten (mit seinem Einverständnis) aufgeben würde, eine geeignete Therapie anzutreten (und so lange durchzuhalten…) oder ob ich ihm nur aufgeben könne, sich um die Aufnahme der Therapie „zu bemühen“.
Ich halte die Anordnung der Aufnahme für zielgerichteter – das bloß geforderte „Bemühen“ kann schnell dazu führen, dass der Verurteilte meint, der eine Anruf bei der einen Einrichtung sei doch jetzt genug „Bemühen“ gewesen – was kann er dafür, dass die keine Therapien anbieten?
Sollte der Verurteilte tatsächlich (aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen) die Therapie (oder eben Arbeit) nicht antreten können, wäre ein Widerruf darauf sowieso nicht zu stützen. Letztlich geht es also tatsächlich mehr um pädagogische als um rechtliche Aspekte. Aber solche Aspekte sind dem Strafrecht ja durchaus nicht fremd.
Die Auflage, eine Bestätigung des Arbeitgebers einzureichen, kann ich zumindest aus dem von Ihnen zitierten Satz nicht entnehmen. Eine solche fände ich (aus den von Ihnen genannten Gründen) auch ziemlich bedenklich.
@Briag:
Ich kann Deine Argumentation hierzu soweit gut nachvollziehen, überlege mir jedoch gerade ob eine solche Auflage dem Verurteilten nicht verbietet, eine selbständige Tätigkeit aufzunehmen?
Aus Erfahrung mit Auseinandersetzungen vor Sozialgerichten muss man leider sagen, dass es der Richter gut meint, aber eine Menge Formfehler in seinem Urteil bzw. seiner Bewährungsauflage gemacht hat.
Zunächst wissen wir nicht, ob der „Sünder“ alt oder jung, gesund oder krank, deutschsprachig oder eingewandert und gut ausgebildet oder dumm wie Schifferschei… ist.
Er könnte 50 E-Mail Bewerbungen absenden, er könnte ein Musteranschreiben an alle 20 Zeitarbeitsfirmen in seinem Landkreis schicken und er könnte sich für eine Umschulungsmaßnahme melden, falls es diese bekommt.
450 Euro Jobs, oder „Drückerkolonne“ oder Kellner in einer Disco, wo mit Drogen gehandelt wird, das meint der Richter sicherlich nicht.
Diese Verpflichtung ist viel zu unpräzise. Es fehlt auch die Zumutbarkeit des Pendelns (Junggeselle oder Familienvater) und es fehlt die Prüfung, ob er ein Auto hat oder an den Wohnort gefesselt ist.
Unverzüglich arbeiten…. bliebe die Putzkolonne oder die Post – aber die nehmen keine Vorbestraften, was auch in Ordnung ist.
Sind nicht auch diverse Tätigkeiten durch die StPO ‚geregelt‘? Ob das dann im Sinne des Richters ist?
@Arnonym: Wenn ich den ersten Satz richtig interpretiere, dann befindet sich das Gericht außerhalb des Geltungsbereiches der StPO.
Vgl. hierzu auch den Blogbeitrag v. 30.04.2014
@K75 S:
Kann es sein, dass Sie „Geltungsbereich“ mit „Anwendungsbereich“ verwechseln?