Ein ganz schwieriges Ende

Das Verhältnis zwischen einem Rechtsanwalt und seinem Mandanten beginnt meist mit der Auftragserteilung. Das Ende wird von der Art des Auftrags bestimmt; geht es um die Vertretung einem gerichtlichen Verfahren, liegt in der Regel zeitlich nach der Entscheidung des Gerichts. Soweit erst einmal der unproblematisch Normalfall.

Wie sieht es aber aus, wenn der Anwaltsvertrag vor Erledigung des Auftrags beendet werden soll? Dieser Problemfall wurde kürzlich auf der Mailingliste für Rechtsanwälte erörtert.

Es ging – erwartungsgemäß – um’s Honorar. Der Mandant hatte nicht gezahlt, der Anwalt wollte daher nicht weiter arbeiten. Beim Klempner oder KFZ-Mechaniker ist das ganz einfach: Wenn der Auftraggeber nicht zahlt, bleibt das Werkzeug im Kasten. Und gut ist.

Der Zivilrechtler hat da ein ernsthaftes Problem, wenn er es richtig machen möchte. Wie man es richtig macht, beschreibt ein versierter Kollege:

Er schickt voraus, daß das Mandatsverhältnis von beiden Parteien grundsätzlich jederzeit kündbar sei, § 627 Abs. 1 BGB. Aber da geht es schon los mit den Problemen:

Die Kündigung zur „Unzeit“ ist nicht mehr „Jederzeit“, der Mandant muß noch genügend Zeit haben, sich anderen Anwalt zu besorgen, § 627 Abs. 1 1. Alt. BGB. Die Unzeit verkürzt sich aber zulasten des Mandanten, wenn er einen „wichtigen Grund zur Kündigung“ geliefert hat, § 627 Abs. 2 2. Alt. BGB.

Ein wichtiger Grund ist eine schwere Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen Anwalt und Mandant, aufgrund derer dem Anwalt die Fortsetzung des Mandats nicht zugemutet werden kann, z. B. bewusst fehlerhafte lnformationserteilung, unbegründete oder formell unangemessene Vorwürfe, Weisungen, die vom Anwalt ein rechtswidriges Verhalten fordern, belehrungsresistentes Festhalten des Mandanten an offenkundig aussichtslosen Rechtspositionen, Nichtzahlung angeforderter Gebührenvorschüsse trotz Ankündigung der Mandatsniederlegung.

Wenn eine dieser (von Rechtsanwalt Holger Grams hier (PDF) genannten) Gründe vorliegt, ist der Anwalt aber zunächst einmal nur in der Startposition.

Dann fängt die Arbeit erst richtig an. Der Zivilist kann jetzt nicht einfach schreiben

„Ich kündige!“

und fertig. Auch wenn der Mandant ihn nicht bezahlt hat, muß er liefern, und zwar nicht zu knapp:

    Hinweis
    auf den „Anwaltsprozess“ (§ 87 ZPO), nämlich darauf, daß Mandant sich anwaltlich vertreten lassen muß, da er nicht postulationsfähig ist, so daß das Gericht seinen Vortrag und seine Anträge nicht zur Kenntnis nehmen darf. Das ist in der Regel ausführlich darzustellen, damit der juristischen Laie das auch versteht.

    Hinweis,
    daß ein Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung und zur Durchführung einer Beweisaufnahme ansteht. Und zwar mit exakter Zeit- und Ortsangabe, auch wenn der Mandant bereits vom Gericht eine Ladung erhalten hat.

    Hinweis
    auf ein Versäumnisurteil oder die Entscheidung nach Lage der Akten, wenn er in diesem Termin nicht durch einen Anwalt vertreten ist.

    Hinweis
    darauf, dass noch Fristen offen sind, er also noch rechtzeitig durch seinen neuen Anwalt vorgetragen lassen muß, da eigener Sachvortrag des Mandanten nicht vom Gericht nicht berücksichtigt wird.

    Hinweis
    darauf, daß im Falle nicht rechtzeitigen Sachvortrags allein schon deswegen Prozessverlust droht.

    Hinweis
    darauf, daß sich der Vergütungsanspruch nach § 628 BGB richtet und durch die fristlose Kündigung nicht untergeht.

So ein Kündigungsschreiben kann also durchaus schon mal einen halben Arbeitstag in Anspruch nehmen. Arbeitszeit, die dem Anwalt nicht vergütet wird. Bei Steuerberatern sieht das wohl ähnlich aus, schreibt OStA Raimund Weyand hier.

Der hilfsbereite Kollege auf der Mailingliste schrieb zum Schluß

Mehr fällt mir momentan nicht ein.

Dazu fällt mir auch nichts mehr ein, jedenfalls nichts, was zitierfähig wäre.

Strafverteidiger haben es da wesentlich einfacher, jedenfalls immer dann, wenn es um die Vergütung geht. Die Dienstleistung des Verteidigers erfolgt, wenn die Gegenleistung des Mandanten erfolgt ist. Somit entfällt der häufigste Anlaß für die vorzeitige Beendigung eines Mandats gleich zu Beginn.

Exkurs zum Schluß:
Die Kostenhinweise unserer Kanzlei.

Danke an den freundlichen Hinweisgeber für seine Zustimmung zu diesem Beitrag!

Dieser Beitrag wurde unter Zivilrecht veröffentlicht.

4 Antworten auf Ein ganz schwieriges Ende

  1. 1
    Philipp says:

    Sehr interessant. Ich hätte jetzt spontan vermutet, dass die Beendigung eines zivilrechtlichen Mandats einfacher ist, als die eines strafrechtlichen.

  2. 2
    ???? says:

    Mit Wilhelm Brause passiert so etwas nicht.
    Der ist treu.
    Dagen wir – relativ treu.
    Ob er bezahlt, wissen wir nicht.

    Aber er wird bestimmt erklären, dass er die Absicht hat, zu bezahlen, aber seinerseits noch Geld von Gluffke bekommt.

    Gluffke hatte im Knast gehört, dass Schuster einen Advokaten kennt, der alles gewinnt. Das hat ihn sehr erfreut und er hat sein Auto verborgt, wenn Lehmann ihm Geld für den Anwalt pumpt.

    Im Gegenzug hatte Lehmann zusammen mit Schneider von Brause die Gartenlaube renoviert, aber die Farbe war geklaut.

    Wie ist hier die Rechtslage?

  3. 3
    Jan says:

    „Halber Arbeitstag“?? Eher eine halbe Stunde, und das auch nur beim ersten Mal – dann ist es im PC und kann im Wiederholungsfall von der Reno angepasst werden.

    • Eine halbe Stunde IST ein halber Arbeitstag. crh
  4. 4
    Oak says:

    @Jan
    Das kunstfertige Aufbauschen der eigenen Lage darf einem Anwalt nicht übel genommen werden. ;)