In vielen Fällen, wenn es dem Gericht (oder den Strafverfolgungsbehörden) an technischen Mitteln fehlt, werden mühsam in das Gesetz installierte Möglichkeiten nicht genutzt. Dann werden Argumente wie fehlende eigene Technik-Kenntnisse der Richter, nicht vorhandenes Bedien-Personal oder schlicht keine erreichbaren Steckdosen gern bemüht, um solche Neuerungen wie beispielsweise „audiovisuelle Zeugenvernehmungen“ zu verhindern.
Das Bundesverfassungsgericht hat sich nun mit einer solchen Konstellation beschäftigt und in der Pressemitteilung Nr. 18/2014 vom 28. Februar 2014 zu dem Beschluss vom 27. Februar 2014 (2 BvR 261/14) dankbar knackig formuliert:
Sollte eine unzureichende Ausstattung mit technischen Sachmitteln ermessenslenkend auf die Entscheidung des Gerichts eingewirkt haben, läge hierin eine sachfremde Erwägung, die unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar wäre, ohne dass es auf ein schuldhaftes Handeln des Gerichts ankäme.
Diese Formulierung wird nun sicherlich Eingang finden in die Textbausteine technikaffiner Strafverteidiger.
Bild: Karl-Heinz Laube / pixelio.de
Wir verstehen Sie doch jetzt richtig: Sie begrüßen es also lebhaft, dass das BVerfG hier die Interessen der Zeugin, nicht in der Hauptverhandlung aussagen zu müssen, deutlich höher bewertet als die Interessen der Verteidigung an einem möglichst ungefilterten Eindruck von der Zeugin?
@Bernd: Die Strafverteidigervereinigung ist schon seit langem grundsätzlich für die Verwendung von Videotechnik im Gerichtssaal. Dabei geht es auch nicht nur um § 255a II StPO. Es kann ja auch um (ausländische?) Entlastungszeugen gehen.
Davon abgesehen: Auch wenn die sekundäre Viktimisierung nicht in der Pauschalisierung existiert wie es teilweise behauptet wird, so besteht im Einzelfall doch tatsächlich die Gefahr, dass eine direkte Zeugenaussage zu einer Traumatisierung führt. Ein Strafverteidiger hat ja nicht unbedingt das Ziel ein tatsächliches Opfer noch weiter zu traumatisieren.
Darüber hinaus ist wissenschaftlich recht gut bewiesen, dass die Beurteilung der Glaubhaftigkeit einer Aussage durch eine Audio-Visuelle-Vernehmung (wenn sie richtig durchgeführt wird) nicht leidet. Viel mehr kann die Wahrheit sogar davon profitieren, zum Beispiel dadurch, dass der Zeuge offener spricht und weniger aufgeregt ist. Auch können Suggestivfragen oder sonstige Manipulationen bei einer Zeugenaussage besser aufgedeckt werden.
Der Unmittelbarkeitsgrundsatz wird häufig überschätzt. Audio-Visuelle-Vernehmungen können tatsächlich sinnvoll genutzt werden.
Es gibt eine wunderbare Szene aus der Serie „die Simpsons“, in der der Schurke Burns seinen Gehilfen Smithers mit vorgehaltener Waffe zwingen will, in sein ca 30cm langes Modellflugzeug „Fichtenelch“ einzusteigen. Als Smithers bemerkt, dass es sich nur um ein Modell handele, spannt Burns den Abzug und entgegnet: „Ich hab gesagt: Steigen Sie ein!“
…ich bin mir nicht sicher, weshalb mich die Entscheidung an diese Szene erinnert…
Was ist denn das auf dem Bild? Ein Zünder?