Den Mandanten kenne ich schon seit ein paar Jahren. Rein beruflich natürlich.
Nun wurde er überraschend festgenommen. Ihm wurde ein ziemlich heftiger Tatvorwurf gemacht. Und dann wurde er – soweit ersichtlich – ordnungsgemäß über seine Rechte belehrt worden, dass
- es mir nach dem Gesetz freisteht, mich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen
- ich jederzeit, auch bereits vor meiner Vernehmung, eine Verteidigerin oder einen Verteidiger befragen kann
- ich zu meiner Entlastung einzelne Beweisanträge beantragen kann
- mir die Vernehmung Gelegenheit gibt, die gegen mich vorliegenden Verdachtsgründe zu beseitigen und die zu meinen Gunsten sprechenden Tatsachen geltend zu machen.
Und wie entscheidet sich der Mandant? Richtig!
Und wir reagiert der Herr Kommissar? Falsch!
Denn er fängt an, die Entscheidung des Mandanten zu unterlaufen. Der allerdings kennt diese unfairen Spielchen und verhält sich wie? Richtig!
Das ist ein Mandant, mit dem ein Verteidiger echt gut arbeiten kann.
Haben Sie es in Betracht gezogen, dass da vielleicht der Herr KOK nicht die Entscheidung des Mandanten unterlaufen hat, sondern das Kreuz bei „Ich möchte nicht aussagen“ erst gesetzt wurde, nachdem er dies bei der Vernehmung gesagt hat?
Warum schreiben Sie nicht, dass es Wilhelm ist?
Weil ihm das nicht zusteht und er schweigeberechtigt, aber auch -verpflichtet ist. Der Schutz des Verhältnisses zwischen Anwalt und Mandant bedingt auch, dass Angaben darüber, ob ein bestimmtes Mandatsverhältnis zu einer bestimmten Person besteht, oder nicht, weder gemacht werden besuchen, und u.U. ohne Zustimmung des Mandanten auch nicht gemacht werden dürfen.
Sonst ruft die schlaue Presse nämlich alle Strafverteidiger im Raum Berlin an und findet im Ausschlussverfahren heraus, von wem jemand nicht anwaltlich vertreten wird und hat dann die Gewissheit, dass ein Verfahren in Raum ist.
Mir schimmert da zuviel Nähe zum Beschuldigten durch. Mandant hin oder her – unsere Aufgabe ist nicht die Strafvereitelung, sondern die Überwachung der Rechtmäßigkeit des Verfahrens. Wenn wir als Strafverteidiger ehrlich sind, wissen wir doch in den meisten Fällen, dass es genauso abgelaufen ist, wie es in den Akten steht. Ich hätte mir daher eher gewünscht, der Mandant hätte weniger gelernt und wäre auf den „Trick“ reingefallen. Der Herr KOK tut mir eigentlich eher leid, wenn man sich ansieht, wie schlecht die Polizei personell und sachlich ausgestattet ist, wie lange insbesondere Strafverfahren dauern und welche lächerlichen Konsequenzen auch bei schwereren Delikten am Ende hängenbleiben. Ich hege wirklich die Befürchtung, dass unser sozialer Wertekonsens bereits aufgekündigt ist. In Frankfurt schließen Jugendzentren, weil sie von Salafisten bedroht werden. Konsequenz? Keine.
Als Strafverteidiger habe ich vornehmlich die schützenswerten Interessen meines Mandanten an einem fairen Verfahren im Blick. Wenn den Strafverfolgungsbehörden die Mittel fehlen, sauber zu arbeiten, ist das kein Anlaß für den Verteidiger, aus Mitleid mit dem Beamten zulasten seines Mandanten auf Rechtspositionen zu verzichten.
Wenn Sie aus Mitleid mit dem KOK Ihrem Mandanten dazu raten, auf seine Rechte zu verzichten, sind Sie in meinen Augen ein Verräter! Oder – im bestgen Fall – haben Sie schlicht keine Eignung für diesen edlen (sic!) Beruf. crh
@RA FFM
Ich glaube nicht, daß Sie Rechtsanwalt sind.
@RA FFM
Wenn Sie einer sind, sollten Sie sich schämen.
@Orkan der Rechtspflege + Thomas R.:
Doch, ich fürchte schon. Rechtsanwalt, einer von der staatstragenden Sorte – und nicht Strafverteidiger.
@Organ der Rechtspflege, Thomas R. und RA JM:
Nu lassen Sie dem Herren Jung-Staatsanwalt doch mal ein bisschen Freiraum. Der ist doch arm dran. Immer diese ekelhaften Verteidiger, die ihm attestieren, dass alles sei so gar nicht abgelaufen.
Dabei irrt die Polizei nie und die Staatsanwaltschaft gar nicht. Es kommt auch nicht zu Fälschung von Akten (Molath) oder falschen oder erpressten Geständnissen (Ulvi K.), nein es hat sich immer alles so zugetragen, wie es in den Akten steht. :)
Mal im ernst: der Beschuldigte hat immer das Recht zu schweigen. Ob es eine sinnvolle Verteidigung ist, zu schweigen, lässt sich kaum in einem einzelnen Telefongespräch herausfinden. Wenn der Mandant aber aussagt, nimmt er sich Verteidigungsoptionen.
Die Empfehlung zu schweigen ist (ohne Akten un Fallkenntnis) also *immer* die richtige.
Das soll aber kein Plädoyer dafür sein, sich den Anruf beim Anwalt zu sparen, wenn man mal „einfährt“ – der ist aus vielen Gründen immer noch sehr wichtig und sinnvoll.
Das ist doch mal ein vorbildlicher Mandant – Leider liest man nicht selten seitenweise Beschuldigtenvernehmungen, auf denen jeder Verteidigungsansatz durch den Mandanten selbst zunichte gemacht wird.
Nach meiner Beobachtung möchten Zivilrechts-Anwälte vor allen Dingen seriös erscheinen, die Verteidiger vor allen Dingen cool, locker, chillig. Image ist ja auch wichtig.
Mit dem aufgebrachten Gehühnere um Kommentar Nr. 4 steigern Sie dieses Bild nicht. Es erinnert eher an hysterische Landfrauen.
Ich lesen den Blog schon seit einer ganzen Weile und bin immer sehr gespannt auf weitere interessante Beiträge. Jedoch brennt mir eine Frage:
Sollte es einmal zu einer Straffälligkeit oder ähnlichem Verdachtsmomenten kommen (da ich Privat mit einigen „Herrn Brauses“ zu schaffen habe), ist es dann erlaubt auch den Herrn Rechtsanwalt Hoenig als Verteidiger zu wählen oder bin ich eher Regional gebunden? Zwischen Berlin und dem Örtchen wo ich wohne liegen ja nur „schlappe“ 300 – 400 KM… Welche generellen Kosten müsste man berücksichtigen (die „unabhängig“ von Schuld oder Unschuld) anfallen (Anspielung auf Reisekosten, Unterbringung etc.)?
Der Mandant ist offenbar nach völlig ordnungsgemäßer Belehrung lediglich höflich gefragt worden, ob er nicht ohne Anwalt aussagen will. Daran ist nichts Verbotenes, Trickreiches oder Unfaires. Der Mandant hat nein gesagt, und das war sicher richtig, aber was hier Berichtenswertes passiert sein soll, erschließt sich dem Betrachter nicht..
Meine Erfahrung ist, dass der Protokollinhalt verfaelscht wird zugunsten der Freunde und Helfer im Bestreben nach besserer Statistik. (bessere Aufklaerungsquote, fehlerfreies Arbeiten)
Man sagt nicht bei der Polizei aus.
Punkt aus ende.
Einzige Ausnahme: man ist der geschädigte und gibt eine Anzeige bei der Polizei auf, dann muss man schon was aussagen :-)
Aber jeder der verhaftet wird warum auch inmer, vorgeladen wird warum auch immer. sagt besser nichts.
Man sollte auch nochmal auf die diversen Leitlinien hinweisen, Udo Vetter und auch der Hausherr hier hatte sowas schon mehrfach gebracht.
(Udo Vetter hat dazu auch nen video gemacht)
Bei der Polizei sagt man nicht aus. Punkt aus.
Beim Verkehrsunfall hatte ich sogar erlebt, dass die Polizei das Formular falsch ausfüllt, so dass ich auch dort keine offensichtlichen Fakten mehr zu Protokoll angeben werde.
– Beamter: Geben Sie die Schuld zu?
– Ich: Nein
– Beamter: Fuhren Sie in den Wagen der Gegnerin oder sie in Ihren?
– Ich: Ich fuhr in ihren.
Vier Monate später vor Gericht sahen wir dann im Protokoll angekreuzt: „Beschuldigter hat seine Schuld an dem Unfall zugegeben“.
Und wenn man mitbekommt, wie der Leiter einer Ermittlungstruppe vor Gericht immer leiser werdend seine Aussage zurechtstammelt und zugibt,
1. eine angeblich belastende Aussage NIE auf Wahrheitsgehalt geprüft zu haben,
2. nie geprüft hat, ob angeblich vorhandene Beweismittel wirklich vorhanden sind,
3. Anweisungen gibt, aufgrund derer Zeugen Beträge im 5 stelligen EUR Bereich verloren haben und
4. mitteilt, auf „kleinem Dienstweg“ angebliche Beweise ausländischer Behörden erhalten zu haben, die offiziellen Stellen allerdings keinerlei Auskunft erteilt haben (auf dem kleinen Dienstweg wurde es den ausländischen Kollegen zu heiß)…
Ich traue niemandem mehr von dieser Trachtentruppe…