Vor dem Landgericht Düsseldorf hatte es ein Umfangstrafverfahren gegeben. Rund 380.000 Blatt Akten wollten und mußten in diesem Verfahren berücksichtigt werden. Anders als es der Brandenburger Brauch will, haben die Düsseldorfer die Akten digitalisiert und den Verteidigern eben in dieser Form zur Verfügung gestellt.
Auf Antrag der Verteidiger hat das LG Düsseldorf festgestellt, dass zur sachgemäßen Durchführung der Verteidigung ein Komplettausdruck der in elektronischer Form zur Verfügung gestellten Verfahrensakte erforderlich sei. Die Verteidiger hatten daraufhin Anträge auf vorschussweise Festsetzung entstandener bzw. voraussichtlich entstehender Auslagen in Höhe von bis zu 67.000 Euro pro Pflichtverteidiger für den Ausdruck gestellt.
Das fand das OLG Düsseldorf dann doch ein wenig zu heftig und hat entschieden, dass ein Verteidiger keinen Anspruch auf Ausdruck einer kompletten e-Akte hat, wenn ihm diese dauerhaft in digitalisierter Form zur Verfügung steht. Immerhin sind dann doch noch 14.043,79 Euro festgesetzt worden.
Das LG Düsseldorf hatte den Verteidigern bereits digitalisierte Akten zur Verfügung gestellt. Die Entscheidung ist nicht übertragbar auf den in Brandenburg üblichen Fall, daß die Akten in Pappendeckeln an die Verteidiger herausgegeben werden. Die Kosten für das Kopieren der Akten durch die Verteidiger sind zu erstatten. Bei 380.000 Blatt wären das runde 57.000 Euro. Pro Verteidiger!
OLG Düsseldorf, Beschluß vom 22.09.2014, Aktenzeichen: III-Ws 236/14 u.a. (Weitere Informationen dazu frei zugänglich bei Juris)
Besten Dank an Rechtsanwalt Dr. Martin Bahr für den Hinweis auf diese Entscheidung.
__
Bild: Thorben Wengert / pixelio.de
Warum muss es für eine Durchführung notwendig sein 380000 Seiten auszudrucken? Damit man da mit nem Textmarker drüberkritzeln kann auf Seite 1, 20 und 298373 und den Kontext nicht verliert?
Und natürlich auch nicht zwei Blatt pro Seite im Duplexdruck nehm ich an?
Im Digitalen Zeitalter kann nahezu jeder x-beliebige PDF Reader Markierungen einfügen, Lesezeichen und sonstwas.
Ich verstehs einfach nicht. Ich hab ja schon ein schlechtes Gewissen wenn ich mal 40 Seiten auf der Arbeit für nen Konzept ausdrucke.
Ich find die Entscheidung richtig. Ein Argument bei einer Vollkopie der befristet übersandten Akte ist meines Wissens ja, dass man beim kopieren der Akte nicht weiß was wichtig wird und was nicht. Ich finde das Argument auch richtig.
Wenn nun aber die elektronische Akte dauerhaft und lesbar vorliegt, dann braucht man ja tatsächlich nur noch die jeweils relevanten Seiten auszudrucken. Und mit rund 14k Euros macht das Anwaltsbüro trotz tatsächlich zu tätigenden Aufwendungen vermutlich trotzdem noch einen guten Schnitt.
die vollständigen Beschlüsse findet man dann hier: http://blog.strafrecht.jurion.de/2014/09/28729/
Es gibt sie also doch noch, die „Internetausdrucker“
Nun extra Geld kann doch jeder Anwalt gebrauchen. Ich hoffe doch der Rechnungsprüfer verlangte dann auch die Zusendung der Kopie. Sonst kann man ja bei jeder Akte sagen, habe ich kopiert.
Soso, der Anwalt soll also 380.000 Seiten zuvor auf Ihre Kopierelevanz prüfen:
Angenommen, er schafft in der Minute durchschnittlich 6 Seiten (mit oder ohne Druckbefehl), dann braucht er dafür 63.333 Minuten oder auch 1.055,567 Stunden, bei 12 Stunden pro Tag also 87,96 Tage.
Noch Fragen ? ;-)
@RA JM:
Bei einer Papierakte gäbe ich ihnen recht. Die muss vollständig vorliegen.
Aber eine e-Akte? Da versperrt die Menge doch eher den Blick auf das Wesentliche/Wichtige.
Beim Einarbeiten/Lesen das ausdrucken, was man zu brauchen glaubt – bewahrt die Übersicht und spart Kosten.
Und: Es ist ja nichts weg, ich kann ja später immer noch weitere Seiten ausdrucken, wenn sie sich plötzlich als interessant/wichtig herausstellen.
@RA JM und Gast:
Ich sehe das wie der Gast. Denn wenn man schon davon ausgeht, dass der Aufwand die Seiten kurz nach Relevanz zu durchforsten unmöglich hoch ist (was es ja tatsächlich ist), dann wird es wohl noch viel unmöglicher sein, die gesamten ausgedruckten 380.000 Seiten zu lesen.
Ich denke (und so handhabe ich das auch mit meinen (nicht RA-)Akten), dass man die E-Akte durchforstet und dann die interessanten Dinge ausdrucke, die ich jetzt oder später durcharbeiten will.
Wenn in Kürze die e-Akte verpflichtend bei den Gerichten eingeführt wird, somit die Richter nur noch am Bildschirm arbeiten, ist der Kopierkostenersatz für Anwälte eh Geschichte.
„Auf Antrag der Verteidiger hat das LG Düsseldorf festgestellt, dass zur sachgemäßen Durchführung der Verteidigung ein Komplettausdruck der in elektronischer Form zur Verfügung gestellten Verfahrensakte erforderlich sei.“
???