Der Mandant hatte ein paar Probleme.
Zunächst einmal eines mit dem Gesetz: Nach zwei einschlägigen Vorstrafen läßt er sich zum dritten Mal erwischen. Nichts wirklich Schlimmes. Aber doch ärgerlich, weil die Staatsanwaltschaft und das Gericht so ein Verhalten eher nicht für gut heißen. Das führte zum Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung, die er für Straftat Nr. 2 bekommen hatte, und zur Verurteilung in eine Freiheitsstrafe in der neuen Sache Nr. 3.
Ein weiteres Problem bestand in der Kommunikation mit seinem Verteidiger. Die verlief nämlich ziemlich einseitig in nur eine Richtung: Verteidiger an Mandant. Die notwendige Unterstützung des Verteidigers durch Lieferung von Daten, Fakten und Unterlagen durch den Mandanten ließ – nahezu alles – zu wünschen übrig.
Und schließlich mangelte es an der Fähigkeit des Mandanten, die Hinweise und Ratschläge des Verteidigers umzusetzen. In diesem Zusammenhang soll auch nicht unerwähnt bleiben, daß die Bitte des Verteidigers um die notwendige Gegenleistung des Mandanten auch nicht auf offene Ohren stieß.
Nun denn, jetzt sitzt der Mandant zwei Freiheitsstrafen ab, die bei entsprechendem Engagement mit einiger Wahrscheinlichkeit zu verhindern gewesen wären.
Das gefällt ihm aber nicht. Seine wiederholten Briefe an den Verteidiger haben in etwa stets den gleichen Inhalt:
Das ist ärgerlich, ja. Aber der Vollzug einer Freiheitsstrafe ist nun mal keine optimale Situation und ist auch nicht darauf ausgerichtet, den Gefangenen zufrieden zu stellen. Daran kann auch kein Strafverteidiger etwas ändern.
Danke für diese kurzweilige Formulierung des letzten Absatzes, lieber Herr Hoenig. Das versüßte mir gerade den Morgen.
Ach ja:
„Die notwendige Unterstützung des Verteidigers durch Lieferung …“
Hier meinten Sie gewiss „Mandanten“ statt „Verteidigers“, oder?
Geile Handschrift!
Das ist ein Problem, welches sich Strafverteidiger und Zivilisten teilen: fehlende Informationen des Mandanten.
Der Strafverteidiger hat hier den Vorteil, dass er nicht so leicht präkludiert werden kann, wie der Zivilist.
Es heißt aber trotzdem (erster Absatz) nicht Wiederruf, sondern Widerruf.
Heißt das nicht „suboptimal“?
Dabei scheint der Mandant doch über eine gewisses Bildungsniveau zu verfügen, bei der Formulierung.
Vermute ich zu viel, wenn ich anhand der Handschrift vermute, dass der Mandant fortgeschrittenen Alters ist und entweder so weit dem normalen Leben entrückt (à la Anton Schlecker oder „Topmanager“) ist, dass er für sich eine Sonderbehandlung erwartet (Leistung ohne Gegenleistung, weil, er ist ja schließlich wer), oder dass eventuell schon die Altersdemenz einsetzt?