Qualifiziertes Personal

Im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens wurde die Wohnung unseres Mandanten durchsucht. In der späteren Anklage wird behauptet, man habe in der Wohnung Substanzen gefunden, die man besser in einer Apotheke hätte aufbewahren sollen.

Die Akten und ganz besonders das Durchsuchungprotokoll sowie die entsprechenden Berichte sind … sagen wir es höflich … unergiebig. Deswegen hat das Gericht einen Polizeibeamten als Zeugen geladen.

Aus dem Vernehmungsprotokoll:

Durchsuchungsleiter

Nun klar, besser man schickt irgendjemand in fremder Leuts Wohnung als überhaupt keinen. Und wenn grad kein passendes Personal da ist, gibt man gern auch mal dem unpassenden die Kapitänsbinde. Nicht wahr? Hauptsache man macht irgendwas.

Der Polizeibeamte, der sich nach meinen Fragen gar nicht mehr so richtig wohl gefühlt hat auf dem Zeugenstuhl, würde mir ja eigentlich Leid tun, wenn ich nicht die Interessen meines Mandanten zu vertreten hätte. Aber was soll ich von einem Staatsanwalt halten, der auf der Basis solcher Qualitäts-Erkenntnisse eine Anklage schreibt? Und was von dem Richter, der diesen Mist dann zur Hauptverhandlung zuläßt?

Dieser Beitrag wurde unter Polizei, Richter, Staatsanwaltschaft veröffentlicht.

9 Antworten auf Qualifiziertes Personal

  1. 1
    doppelfish says:

    Der polizeiliche Herr hat keine Ahnung davon? Weiß aber, daß Tilidin dabei war? In Irgendwelchen Fläschchen?

    Klar. Tilidin erkenne ich auch aus irgendwelchen Metern Entfernung. Wenn ich Hand angelegt habe. Oder auch nicht. Irgendwie.

  2. 2
    Brendel says:

    Haha, ja das kommt mir bekannt vor. Da werden vor Gericht Gutachter ans Werk gelassen, die sich nicht sicher sind woraus das Gebäude erbaut ist. Rechenfehler und falsche Datumsangaben werden bei Gericht nicht erkannt. Aber egal, für eine Enteignung genügt es ja.
    Ich finde es toll, dass Sie davon berichten. Es ist schon erschreckend was sich hier hin und wieder einmal abspielt. Beste Grüße und einen guten Start in die Woche!

  3. 3
    Verlobte von Wilhelm Brause says:

    Ich kannte nur Aspirin und Kokain.
    Wieder was gelernt.

  4. 4
    Jürgen says:

    Hallo Hr. Hönig,

    ich dachte, solche Durchsuchungen würden genauestens dokumentiert, so mit genauer Beschreibung der Situation beim Eintreffen, vor Beginn der Durchsuchung, welcher Beamte beteiligt war und eventuell für welchen Raum zuständig, welche Zeugen (oder Nichtzeugen) waren vor Ort, wie sieht die Wohnung nach der Durchsuchung aus und vor allem was wo unter welchen Umständen gefunden (z.B. ob ein verschreibungspflichtiges Medikament in einem Wandschrank zusammen mit anderen Medikamenten gefunden wurde oder in der Kommode unter haushohen Stapeln gebügelter Bettwäsche) und beschlagnahmt wurde?

    Gibt es da keine Standardprotokollisierungsprozedur? Oder obliegt das den Beamten bzw. dem die Durchsuchung leitenden Beamten, irgend wie ein Protokoll zu erstellen?

    Oder hat die Polizei so viel Durchsuchungen durchzuführen, dass diese mit dem ordnungsgemäßen Protokollieren gar nicht mehr nachkommt?

  5. 5
    Staatsanwalt says:

    Es ist ein weitverbreiteter Irrtum dass der „Leiter“ einer polizeilichen Maßnahme derjenige mit der höchsten Fachkompetenz ist, er ist im Zweifel nur der Ranghöchste. Der richtige Ansprechpartner für Fragen zum Sachverhalt muss auch nicht derjenige sein, der das Protokoll unterschrieben hat. Der erfahrene Strafjurist erkennt aber an der Akte wer der Ermittlungsführer war und sollte diesen tunlichst als Zeugen laden.

    Was unerlaubte Stoffe angeht ist eine ordnungsgemäße Beschriftung der Verpackungseinheiten nebst Beipackzettel mit Risiken und Nebenwirkungen auch eher selten. In der Regel werden bei einer Durchsuchung Tüten mit Pülverchen oder Tabletten gefunden. Wer da eine chemische Analyse auf bloßer optischer Basis beherrscht, sollte sein hellseherisches Talent den nächsten Lottozahlen widmen.

  6. 6
    Navi says:

    @ Staatsanwalt, aber vorher füllt derjenige noch meinen Lottoschein aus. Mein geschändetes Bankkonto würde es danken ;).

  7. 7
    K75 S says:

    Nun, der Autor hätte da auch so ein kleines Hilfsmittel in seiner Kanzlei stehen
    http://www.kanzlei-hoenig.de/2008/unverzichtbar/
    … ob das allerdings auf Lottoscheini kalibriert ist, darf angezweifelt werden.

    Ich habe ja noch die zarte Hoffnung, ein Modell zu finden, dass bei Betriebskosten- und Wohngeldabrechnungen funktioniert … eine entsprechende Materialanforderung habe ich bereits vor 4 Jahren geschrieben – aber die Wartezeiten scheinen an jene von neuwertigen Trabbis heranzureichen.

  8. 8
    Aufschreiender says:

    @Navi: Da sollten Sie über eine Strafanzeige (ich hoffe doch: gegen Unbekannt!) nachdenken.
    Von geschändeten Melonen oder Apfelkuchen (auch Gurken oder Bananen) las ich ja schon – aber wer schändet denn ein Bankkonto? Wo ist das der Lustgewinn?

  9. 9
    Denny Crane says:

    Die hohe Polizeischule:

    a) anworten Sie auf Fragen des Richters und Staatsanwalts möglichst ausführlich und zeigen Sie, daß Sie die Akte vorher noch einmal gelesen haben.

    b) antworten Sie anschließend auf Fragen des Verteidigers nur noch einsilbig oder geben Sie vor, die Fragen nicht verstanden zu haben.