Verkokste Wochenendurlaubsdurchsuchung

608626_web_R_B_by_Rudolpho Duba_pixelio.deDer Anrufer am Donnerstagvormittag wollte „mal eben nur“ einen kurzen Rat. Er hatte von der Polizei eine Ladung zu einer Anhörung bekommen. Ihm wurde Gelegenheit gegeben, Stellung zu nehmen; die Ermittlungsbehörden warfen ihm nämlich vor, gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen zu haben; es ging um den Erwerb von Kokain.

Das gegen den Anrufer geführte Ermittlungsverfahren ist mir aus anderen Zusammenhängen bekannt. Man hat gegen einen größeren Kokainhändler ermittelt und dabei auch seine Kommunikation überwacht. In diesem Rahmen hat die Polizei auch die Anrufer erfasst, die sich bei dem Dealer mit der einen oder anderen kleinen Konsumeinheit versorgt haben.

Nun klappert die Polizei die registrierten Rufnummern ab und verschickt solche Ladungen zur Beschuldigten-Vernehmung, wie sie der oben genannte Anrufer auch erhalten hat. Mein Anrufer stellte nun die Frage, wie er auf diese Ladung reagieren solle. Nach meinem üblichen Hinweis, dass ich bei der Beantwortung dieser Frage aus nahe liegenden Gründen befangen sei, habe ich ihm geraten, einen Verteidiger zu beauftragen. Der Verteidiger wird sich bei der Polizei melden, die Vernehmung absagen und Akteneinsicht beantragen.

Auf diesem Weg wird verhindert, dass der Beschuldigte sich bei der Polizei um Kopf und Kragen redet, weil die Polizei Sicherheit einen großen Informationsvorsprung hat und diesen selbstverständlich auch nutzt.

Sinnvoll ist die Einschaltung eines Verteidigers aber auch, weil den Ermittlungsbehörden damit gezeigt wird, dass der Beschuldigte nun anwaltlich vertreten und vor allem professionell beraten wird. Es ist dann eher damit zu rechnen, dass eventuell weitere Ermittlungsmaßnahmen nicht mehr „Erfolg“ versprechend sein werden. Denn zur Beratung in solchen Konstellationen gehört unbedingt der Hinweis, dass auch eine spontane Wohnungsdurchsuchung nicht auszuschließen ist. Exakt mit einer solchen „Warnung“ durch den Verteidiger rechnen kompetente Ermittler.

Der Anrufer war damit einverstanden, den von mir vorgeschlagenen Weg zu gehen. Allerdings war er nicht bereit, das von mir dafür aufgerufene Honorar tragen. Ihm war es wichtiger, seine ihm zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel in einen ausgedehnten Wochenendurlaub zu investieren.

Wir haben uns freundlich verabschiedet und ich habe ihm ein schönes Wochenende gewünscht, allerdings nicht ohne ihn darauf hinzuweisen, dass unsere Kanzlei rund um die Uhr und an sieben Tagen der Woche erreichbar ist: Für den Notfall, wie zum Beispiel bei einer Wohnungsdurchsuchung morgens früh um 5:00 Uhr. ;-)

Nur nebenbei erwähnt sei, dass die im Zusammenhang mit der oben geschilderten Telefonüberwachung gewonnenen Informationen sehr wahrscheinlich einem Beweisverwertungsverbot unterliegen. Das wissen meine Mandanten, die mich mit Verteidigung gegen den Vorwurf des Erwerbs von geringen Mengen Betäubungsmitteln beauftragt haben. Aufmerksame Leser unserer Website wissen das nun auch, es sei denn sie machen Wochenendurlaub.

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Bild: Rudolpho Duba / pixelio.de

Dieser Beitrag wurde unter Betäubungsmittelrecht, Mandanten veröffentlicht.

4 Antworten auf Verkokste Wochenendurlaubsdurchsuchung

  1. 1
    Maik says:

    Unabhängig von der Frage nach der Verhältnismäßigkeit bei einem Konsumenten zu durchsuchen: Welcher Staatsanwalt würde denn tatsächlich nach Bekanntgabe des Strafverfahrens noch einen Beschluss beantragen? Zwar gilt ja nur die Auffindevermutung, aber als Beschuldigter einer Straftat würde ich dich sogleich noch Bekantwerden der vorwürfe etwaiges belastendes Material aus meinem Gewahrsamsbereich bringen. Und der Staatsanwalt wird doch eher zu einer schnellen Einstellung beim Konsumenten neigen als sich mit Durchsuchungen, Akteneinsicht, Strafbefehl oder Hauptverhandlung unglaubliche Arbeit zu machen?! Oder wird hier ohne Not pönalisiert?

  2. 2
    Verlobte von Wilhelm Brause says:

    Ist dieses herrliche Boot innen mit Mahagoni getäfelt?
    Es sieht jedenfalls so aus.

  3. 3
    Sta says:

    Wer einfach nur nicht hingeht bekommt seine Einstellubgsnachricht auch. Nur ohne die Anwaltskosten.

  4. 4
    Vincent says:

    Einen Versuch ist’s wert. Wenn sich der Beschuldigte nicht äußert, wird das Verfahren eingestellt. Denn: § 477 Abs. 2 Satz 2 StPO.