Monatsarchive: Juli 2015

Coming out: Frank Hanebuth

Der „Steintorkönig“ und Präsident des mittlerweile aufgelösten Hells-Angels-Charters von Hannover soll aus der Untersuchungshaft entlassen werden. Die Haftverschonung werde gewährt gegen Zahlung einer Kaution in Höhe von 60.000 Euro. Nach ziemlich genau zwei Jahren soll er nun täglich auf einer spanischen Polizeidienststelle Buenos Dias wünschen.

Hanebuth wird beschuldigt der Bildung einer kriminellen Vereinigung, der Erpressung, der Förderung illegaler Prostitution, des Betrugs und der Geldwäsche.

Seine Verteidiger Götz von Fromberg und Gonzalo Boye Tuset waren also mit ihrer Beschwerde zum Obersten Spanischen Gerichtshof endlich erfolgreich. Dazu meine Glückwünsche, das war sicherlich kein Ponyhof.

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Wannen-Generationen

Die Wanne steht zur Zeit am Großen Stern. Und damit sich die alte Dame dort nicht so allein fühlt, haben sich freundliche Polizeibeamte dazu bereit erklärt, ihr ein paar junge Aktive zur Seite zu stellen:

Wanne am Stern - weitere Wannen

Es geht nichts über generationenübergreifende Freundschaften.

Besten Dank an den Photographen „@Logopaede Ralph photopaedie.tumblr.com“ für die nette Aufnahme.

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Aufmerksam machender Staatsanwalt

Es gibt Staatsanwälte, die haben auf der Universität etwas gelernt. Besonders gute Staatsanwälte haben das Erlernte auch behalten und setzen es dann in der Praxis um. Und dann gibt es noch solche Kandidaten, die sowas hier verzapfen:

Straftat

Der Student im ersten Semester lernt, daß neben dem Tatbestand (hier also der Besitz von Betäubungsmitteln) auch noch die Rechtswidrigkeit und die Schuld gegeben sein müssen. Erst dann, wenn alle drei Voraussetzungen erfüllt sind, folgt der Schlußsatz: Brause hat sich gem. Paragraph Irgendeinenummer BtMG strafbar gemacht.

Und wer spricht dieses Satz in der Praxis? Richtig: Ein Richter. Am Schluß einer Hauptverhandlung mit Beweisaufnahme.

Wenn nun ein Staatsanwalt bereits im Ermittlungsverfahren ohne weitere vorherige Feststellungen (z.B. zur Schuldfähigkeit) so einen Satz schreibt:

Ich mache Sie darauf aufmerksam, daß Sie eine Straftat begangen haben.

Was ist von dem Mann, der sich hemdsärmelig (oder sollte ich sagen: „sich selbst überschätzend“) über klassische Grundlagen des Strafrechts hinwegsetzt, dann sonst noch zu erwarten?

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Promovierte Terminsverlegungskampfansage

Ich frage mich, was einen Bußgeldrichter daran hindert, einem Terminsverlegungsantrag des Verteidigers stattzugeben und mal eben einen neuen Termin festzusetzen. Selbst ein Telefonanruf in der Kanzlei des Verteidigers zur Abstimmung eines neuen Termins (zu dem noch nicht einmal Zeugen geladen werden müssen), macht mit Sicherheit weniger Arbeit als das Abfassen eines Aufsatzes, der nahezu dem Umfang und dem Inhalt einer studentischen Hausarbeit entspricht:

Seite 1:

TerminsverlegungS1

Seite 2:

TerminsverlegungS2

Aber vielleicht hat der Herr Dr. Direktor auch nur ein Statusproblem, faul scheint er ja nun wirklich nicht zu sein. Diesen Ärger um die Terminsverlegung haben wir fast nur mit Bußgeldrichtern.

Und ja: Nicht nur Richter haben Textbausteine; aber unsere sind deutlich aktueller. Schau’n wer ma; es wäre nicht das erste Mal, daß aus einer filmdünnen Bußgeldakte ein Gürteltier geworden ist.

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Der Unsinn dieses Richters

Ich hatte Dienstaufsichtsbeschwerde erhoben, weil mein Kostenfestsetzungsantrag nicht bearbeitet wurde. Es ging um den Vorschuß, den ich als Pflichtverteidiger liquidieren durfte. Und weil der entsprechende Beschluß nicht kam, habe ich angekündigt, daß ich auch nicht kommen werde; zum Hauptverhandlungstermin. Naja, daß das heiße Luft war, mußte dem Kundigen klar sein. Aber es ist einem Verteidiger auch nicht verboten, unzulässige Anträge zu stellen und ein Gebläse anzuwerfen.

Es kam nach meiner Beschwerde – wie zu erwarten war – Bewegung in die Sache: Der Antrag wurde sauber bearbeitet und der Vorschuß ging anschließend zügig hier ein. Dann kam sogleich auch die Frage von der Aufsicht, ob sich damit meine Dienstaufsichtsbeschwerde erledigt hätte. Hat sie nicht, habe ich mitgeteilt:

Aufrechterhaltung der Beschwerde

Meine Begründung für die Nichterledigung scheint bei dem Richter aber gar nicht so gut angekommen zu sein:

Der Unsinn dieses Verteidigers

Ich fürchte, der arme Mann wird zu einem späteren – ihm ziemlich unpassenden – Zeitpunkt zu einem weiteren „Unsinn des Verteidigers“ Stellung nehmen müssen. Und ich bin mir ganz sicher, daß sich der Richter über den ganzen Unsinn, den er in diesem Verfahren bisher schon verzapft hat, ernsthaft ärgert. Aber so richtig!

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Verschlüsselte Einstellung

Ich hatte im Juni einen Blick in unser unverzichtbares Verteidigerwerkzeug geworfen. Damit war ich für eine zuverlässige Vorhersage ausgestattet, daß das mit der Entschlüsselung einer TrueCrypt-System-Partion eher schlecht aussieht.

Nun kam nicht nur die Ankündigung, daß man die System-Partition nebst Festplatte und Rechner wieder an den Mandanten herausgeben wird. Darüberhinaus wurde gleich der rote Deckel zugemacht:

Einstellungsgründe

Einmal abgesehen davon, daß auf dem Rechner ohnehin nichts drauf war, das den Anfangsverdacht hätte vertiefen können: Es gibt viele weitere Gründe, die dafür sprechen, seine Daten vor dem Zugriff Dritter zu schützen. Eine Festplattenverschlüsselung mit geeigneten Mitteln ist dazu eine ziemlich sichere Möglichkeit.

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Falschparker, dB-Eater und grüne Wiesen

Der „Kleinen Anfrage“ von Abgeordneten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN an die Bundesregierung ist die Tendenz zu entnehmen, daß die „Bußgelder für Parken auf dem Geh- und Radweg, in „zweiter Reihe“ und auf Behindertenparkplätzen angehoben werden sollen.

Mit derselben Anfrage quält die grüne Fraktion die arme Bundesregierung mit diesem Thema:

Hält die Bundesregierung die Bußgeldhöhe für einen fehlenden „dB-Eater“ (demontierte „Dezibel-Killer“) bei einem Motorrad für angemessen angesichts der Tatsache, dass der Lärm von vielen Motorrädern als sehr belästigend empfunden wird und Fachleute davon ausgehen, dass rund 30 Prozent aller Motorräder dahingehend manipuliert werden, dass sie höhere Fahrgeräusche erzeugen (www.motorradlaerm.de/sachinformationen/technischemanipulation/) und außerdem Kontrollen nur mit sehr hohem Aufwand möglich sind?

Wenn ja, weshalb?

Wenn nein, was gedenkt die Bundesregierung zu unternehmen?

Ich frage klein an, ob man nicht irgendwo, z.B. da oben in Nord-Ost-Deutschland (da wo sowieso kaum noch Menschen wohnen), ein Reservat für die grüne Fraktion und deren Fangruppen einrichten kann, damit sie DORT in Ruhe ihre Blumenwiesen pflegen, Müsli essen und glückliche Kälbchen züchten können.

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Akte verloren – und jetzt?

Es gibt immer wieder mal ein Problem, das ein Strafverteidiger nicht ad hoc lösen kann, obwohl er es vielleicht lösen könnte.

VerloreneAkte

Einmal angenommen, der Verteidiger hätte seine Kopien noch im Schrank oder auf der Festplatte:

Soll der Verteidiger seine Aktenkopie an die Staatsanwaltschaft herausgeben?


     

 

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Gern können die Antworten in den Kommentaren begründet werden. Es wäre dabei interessant, wenn Sie sich outen würden als „Mandant“ oder als Angehöriger der „Justiz“; ich denke, die Wahl wird vom jeweiligen Status des Wählenden abhängen, nur bei den „Verteidigern“ bin ich mir sicher, wohin das Ergebnis tendiert. Für mich selbst habe ich eine Entscheidung getroffen.

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Die ARAG und unsere Suppe

Auf ins LebenIm Rahmen Unfallschadenregulierung hatten wir einmal mehr unerfreulichen Kontakt zu dem gelb-schwarzen Versicherer aus MünchenDüsseldorf. Diesmal war es nicht die legendäre Assessorin D.; die scheint wohl endlich einen besseren Job bekommen zu haben. Statt ihrer versucht es nun eine Frau Assessorin Weber, im Auftrag der ARAG den Rechtsanwälten ihrer Versicherungsnehmer in die Suppe zu verderben.

Die ARAG, d.h. diese Frau Ass.W., möchte unserem Spezialisten für Verkehrsunfallzivilrecht, Thomas Kümmerle, der als Rechtsanwalt seit über 14 Jahren Erfahrungen mit der Regulierung von Verkehrsunfällen hat, vorschreiben, wie er einen Anspruch auf Schmerzensgeld in einer Klage zu formulieren hat.

Man glaubt’s echt nicht, was diesem Versicherer mit seinen assessorierten ARAGbearbeitern alles einfällt. Hier – im RSV-Blog – gibt es die ganze Story über die Suppenkasperin.

Wir raten – nicht nur unseren Mandanten – sich Versicherern anzuvertrauen, die weniger einfallsreich sind, wenn es um die Verweigerung von Versicherungsleistungen geht. Unser souveräner Tipp: ARAG geht gar nicht! Dann klappt das auch wunderbar mit dem Auf-ins-Leben. Nutzen Sie Ihre Chancen, einen fairen Versicherer zu finden.

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Bundesrichter, Staatsanwälte und Rocker-Kutten

Jetzt ist es raus: Das Tragen von Rocker-Kutten, auf denen gleichzeitig Kennzeichen des Motorrad-Clubs und die Ortsbezeichnung eines nicht verbotenen Chapters angebracht sind, ist nicht strafbar.

Das hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 9. Juli 2015 – 3 StR 33/15 – entschieden.

Die Mitteilung der Pressestelle des BGH vom 09.07.2015 dazu:

Das Landgericht Bochum hat die Angeklagten von dem Vorwurf freigesprochen, durch das Tragen von Lederwesten mit den Abzeichen der weltweit agierenden Rockergruppierung „Bandidos“ Kennzeichen eines verbotenen Vereins öffentlich verwendet zu haben. Die dagegen von der Staatsanwaltschaft eingelegte Revision hat der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs mit Urteil vom heutigen Tage verworfen.

Nach den Feststellungen des Landgerichts sind die Angeklagten Mitglieder örtlicher „Chapter“ in Unna und Bochum des weltweit auftretenden Motorrad-Clubs „Bandidos“. Zwei andere Ortsgruppen in Deutschland, die „Chapter“ Aachen und Neumünster, sind durch Verfügungen der zuständigen Innenministerien verboten, wobei das Verbot des „Chapters“ Aachen noch nicht rechtskräftig ist. Das Auftreten der „Bandidos“ wird wesentlich auch durch das gemeinsame Tragen von Lederwesten, sog. Kutten, bestimmt, deren Gestaltung sich weltweit im Wesentlichen einheitlich darstellt: Unterhalb des Schriftzugs „Bandidos“ (sog. Top-Rocker) befindet sich als Mittelemblem die Figur eines mit einem Sombrero und einem Poncho bekleideten, mit einer Machete und einem Revolver bewaffneten Mexikaners (sog. Fat Mexican). Darunter steht ein weiterer Schriftzug (sog. Bottom-Rocker), der in Deutschland entweder auf die nationale Hauptgruppe „Germany“ verweist, oder die Bezeichnung der jeweiligen Ortsgruppe enthält.

Die Angeklagten begaben sich am 1. August 2014 in Begleitung ihrer Verteidiger zum Polizeipräsidium Bochum. Sie trugen jeder eine Weste, auf der sich als Mittelabzeichen der „Fat Mexican“ und darüber der beschriebene Aufnäher mit dem Schriftzug „Bandidos“ befanden. Jeweils als untere Abgrenzung waren Aufnäher mit den Ortsbezeichnungen ihrer „Chapter“ Unna und Bochum angebracht.

Das Landgericht hat die Auffassung vertreten, dass sich die Angeklagten hierdurch nicht gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5; § 9 Abs. 1 VereinsG strafbar gemacht hätten. Es sei nicht auf eine verbotene Ortsgruppe hingewiesen worden. Das mit den unterschiedlichen „Bottom-Rockern“ zusammengesetzte Kennzeichen sei mit dem der verbotenen Vereine in Aachen und Neumünster auch nicht zum Verwechseln ähnlich. Schließlich könne auch nicht festgestellt werden, dass die Ortsgruppen der Angeklagten die Ziele der beiden verbotenen „Chapter“ geteilt hätten.

Der Bundesgerichtshof hat den Freispruch im Ergebnis bestätigt. Die Angeklagten hatten auf ihren Kutten mit dem stilistisch einheitlich gestalteten „Bandidos“-Schriftzug und dem „Fat Mexican“ zwar Kennzeichen auch des verbotenen „Chapters“ Neumünster angebracht. Darin allein liegt indes, wie der Bundesgerichtshof bereits in ähnlicher Konstellation zu § 86a StGB (Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen) entschieden hat, dann kein tatbestandsmäßiges Verwenden der Kennzeichen, wenn sich aus den Gesamtumständen ergibt, dass der Schutzzweck der Norm im konkreten Fall nicht berührt wird. So verhält es sich hier: Aus dem jeweiligen Ortszusatz ergibt sich eindeutig, dass die Angeklagten den „Bandidos“-Schriftzug und den „Fat Mexican“ nicht als Kennzeichen des verbotenen „Chapters“, sondern als solche ihrer jeweiligen, nicht mit einer Verbotsverfügung belegten Ortsgruppen trugen und damit gerade nicht gegen den Schutzzweck des – auf die jeweiligen Ortsgruppen beschränkten – Vereinsverbots verstießen.

Eine Strafbarkeit wegen Tragens von Kennzeichen eines verbotenen Vereins, die in im Wesentlichen gleicher Form von einem – nicht verbotenen – Schwesterverein verwendet wird (§ 9 Abs. 3 VereinsG), hat der Senat aus Rechtsgründen ausgeschlossen, weil der Gesetzgeber diese Regelung nicht in die Strafvorschrift des Vereinsgesetzes einbezogen hat.

Im Jahr 2003 hat der Gesetzgeber die Vorschrift des § 9 Abs. 3 in das Vereinsgesetz eingeführt, um „klarzustellen“, dass die Hinzufügung eines Ortszusatzes zur Abgrenzung von dem verbotenen Verein nicht ausreichen solle, wenn der Schwesterverein dessen Zielrichtung teile. Diese Regelung betrifft jedoch unmittelbar nur das polizeirechtliche Kennzeichenverbot des § 9 VereinsG. Die hier anzuwendende Strafnorm des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG enthält jedoch keinen ausdrücklichen Bezug auf § 9 Abs. 3 VereinsG, sondern (in § 20 Abs. 1 Satz 2 VereinsG) lediglich auf dessen Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2. Eine Verurteilung der Angeklagten ohne eine ausdrückliche Einbeziehung von § 9 Abs. 3 VereinsG in die Strafvorschrift des § 20 Abs. 1 VereinsG durch den Gesetzgeber verstieße aber gegen den verfassungsrechtlich abgesicherten Grundsatz „Keine Strafe ohne Gesetz“ (Art. 103 Abs. 2 GG, § 1 StGB).

Dies bedeutet, dass das Tragen einer Kutte mit den von allen „Chaptern“ der „Bandidos“ benutzten Kennzeichen („Bandidos“-Schriftzug und „Fat Mexican“) zusammen mit dem Ortszusatz eines nicht verbotenen „Chapters“ unter den Voraussetzungen des § 9 Abs. 3 VereinsG nach derzeitiger Rechtslage zwar polizeirechtlich verboten sein kann, nicht aber strafbar ist.

Nun, dann kann es ja endlich wieder bunter werden auf unseren Straßen. Diese Null-Toleranz, die da seitens der Strafverfolgungsbehörden an den Tag gelegt wird, treibt schon seltsame Blüten. Ein bisschen Gelassenheit täte auch den Jungs und Mädels in den schwarzen Kutten gut.

Nebenbei: Es gibt auch Staatsanwälte (mindestens einer ist mir persönlich bekannt), die sich nach Dienstschluß eine „Rocker-Kutte“ überwerfen.

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