Monatsarchive: September 2015

Mittwochs-OWi: Das Rotlicht und die Sonne

728187_web_R_K_B_by_E. Kopp_pixelio.dePiloten können Flugzeuge auch dann steuern, wenn sie draußen nichts sehen. Der Blindflug durch die Wolken birgt dank der Technik nur ein hinnehmbar geringes Risiko. Im Straßenverkehr sieht das etwas anders aus.

Der Vorwurf
Ein einfacher Rotlichtverstoß.

Das Problem
Das Regel-Bußgeld in Höhe von 90 Euro und vor Allem der eine Punkt taten dem Mandanten weh. Und irgendwie fühlte er sich ungerecht behandelt.

Die Verteidigung
Der Verteidiger machte geltend, daß das Rotlicht erst 0,2 Sekunden geleuchtet hat, als der bisher unbescholtene Mandant über die Linie gefahren ist. Entscheidend für den Mandanten waren aber die tief stehende Sonne im Westen und der im Osten knapp hinter ihm her fahrende LKW. Beides war sehr gut auf den automatisch angefertigten Fotos dokumentiert. Der Bußgeldkatalog sieht die Regelbußen für „normale“ Fahrlässigkeit vor. Hier konnte der Verteidiger den Richter davon überzeugen, daß nur eine gaaaaaanz leichte Fahrlässigkeit gegeben sei, weil er einen Auffahrunfall ausschließen wollte.

Das Ergebnis
55 Euro, keine Punkte und ein zufriedener Mandant.

Nebenbei:
Wer meint, er brauche in Bußgeldsachen keinen Verteidiger, oder wer sich keinen leisten möchte – der kann sich ja mal zu unserem kostenlosen eMail-Kurs anmelden: Selbstverteidigung in Bußgeldsachen. Mit ein bisschen Glück geht’s auch ohne Verteidiger.

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Bild: © E. Kopp / pixelio.de

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Ende eines Mandats und die Kollegialität

Der Mandant war ziemlich aufgeregt, als man ihm den Handel mit Betäubungsmitteln vorwarf. Die Aufregung ist nachvollziehbar, denn die Aussicht, für ein paar niedere Dienstleistungen in den Knast zu müssen, sind keine rosigen.

In seiner Not – er hatte „noch nie was mit dem Gericht zu tun“ – beauftragte er gleich, parallel und unabhängig voneinander drei Anwälte. Am Ende bin ich dann übrig geblieben. Der erste Kollege, dem der Mandant dann seine Entscheidung mitgeteilt hatte, schrieb dann auch sofort an das Gericht:

… teile ich mit, daß das Mandat beendet wurde und ich den Beschuldigten nicht mehr verteidige.

Auch das Mandat des zweiten Verteidigers, der bisher lediglich die Verteidigung angezeigt hatte und ansonsten nicht weiter tätig geworden ist, war beendet. Nur hielt dieser es nicht für nötig, das Mandatsende dem Gericht mitzuteilen. Eine wiederholte Bitte des Mandanten ließ er unbeachtet.

Als ich nun Monate später beim Gericht meine Bestellung zum Pflichtverteidiger beantragt habe, schreibt mir der Richter:

Kollegen

Also, mir wäre es eher peinlich, wenn – statt ich selbst – mein ehemaliger Mandant dem Gericht mitteilen müßte, daß er das Mandat gekündigt hat. Ein Verteidigerwechsel ist nicht ungewöhnlich: Bei der Auftragsvergabe in Strafsachen muß es oft sehr schnell gehen und wenn sich dann im weiteren Verlauf herausstellt, daß Auftraggeber und Auftragnehmer nicht zueinander passen, ist es nicht ehrenrührig, das Ende der Beziehung mitzuteilen und für klare Verhältnisse zu sorgen. Im Gegenteil: Der ehemalige Verteidiger erspart dem Gericht die ständige (und sinnlose) Übermittlung von Anklagen, Ladungen, Mitteilungen, Entscheidungen …, sondern steht auch seinem ehemaligen Mandanten und dem aktuellen, aktiven Verteidiger im weiteren Verfahren nicht im Weg.

Ich hoffe, es ist nur Faulheit, die Herrn Rechtsanwalt P. daran gehindert hat, sich beim Gericht abzugemelden. Und nicht ein jämmerlicher Versuch, ein „verlorenes“ Mandat zu klammern.

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