Armselige Staatsanwaltschaft

550989_web_R_K_B_by_Jan Kowalski_pixelio.deDie Abteilung der Staatsanwaltschaft Berlin, die für „meine“ Wirtschaftsstrafsache zuständig ist, verfügt über insgesamt vier Telefonanschlüsse auf den Geschäftsstellen.

Zwei Stunden in der Zeit von 09:00 bis etwa 11:00 Uhr versuche ich, jemanden dort zu erreichen. Es gelingt nicht. Auch einen Anrufbeantworter gibt es dort nicht, auf dem ich eine Rückrufbitte hätte hinterlassen können. Via Fax erreicht man die Staatsanwaltschaft in Moabit nur über die Zentrale (die in einem anderen Gebäude liegt), aber nicht direkt die Geschäftsstelle. eMail-Adressen stehen ebenfalls nicht zur Verfügung. Der Name des Staatsanwalts steht in keiner Telefonliste. Die Zentrale (erreichbar nach gefühlten 3 Tagen in der Warteschleife) darf mich nicht mit ihm direkt verbinden, sondern nur mit einer der Geschäftsstellen.

Was ist das für ein armseliger Laden, diese größte deutsche Staatsanwaltschaft, deren man an einem Freitagvormittag nicht mehr erreichen kann?! Bei uns erreicht man IMMER jemanden. Rund um die Uhr an sieben Tagen die Woche. Aber einer Strafverteidiger-Kanzlei ist ja auch keine Behörde.

Achso, der Anruf sollte dazu beitragen, möglicherweise insgesamt 6 Ermittlungsverfahren einem schnellen und schlanken Abschluß zuführen zu können. Aber es ja war schon Freitag …
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Bild: © Jan Kowalski / pixelio.de

Dieser Beitrag wurde unter Staatsanwaltschaft veröffentlicht.

11 Antworten auf Armselige Staatsanwaltschaft

  1. 1
    Knoffel says:

    Noch schlimmer als an einem Amtsgericht in Bayern. Dort beschwert man sich immer, dass der Kollege einen wieder falsch verbunden hat. Den Tenor darf man nicht mehr mitteilen, man hätte doch zum Termin kommen können und die Akte liegt grundsätzlich beim Richter. Wahrscheinlich isst er seine Brote darauf.

    Sitzen nun zwei Jahre an einer Pippifax-Sache mit zahlreichen Terminen, davon zwei verschoben. Und erreichbar scheinbar nur von 8 bis 12 Uhr.

    Eigentlich müsste man anrufen und sagen: „Bitte weisen Sie die Sache einfach ab, damit wir endlich in Berufung gehen können.“

  2. 2
    meine5cent says:

    @Knoffel.
    Dass Gerichte schwer erreichbar sind, ist eine alte Klage, das hat sich durch die exponentielle Erweiterung der Teilzeitarbeit in der Justiz nicht gerade gebessert.

    Dass man sich aus welchen Gründen auch immer nicht zum Verkündungstermin beim Gericht begeben mag, ist aber nicht das Problem des Gerichts. Problematisch ist eher die Erwartungshaltung, dass die Geschäftsstelle an einem Tag mit einigen Verkündungsterminen ständig am Telefon hängen soll, um den Anwälten und ihren Mitarbeitern doch „bitte mal schnell den Tenor vor(zu)lesen“, damit man dem Mandanten sagen kann, was rausgekommen ist…

  3. 3
    Anonym says:

    @mein5cent: Würden zu jedem Verkünder RAe erscheinen und darauf achten, dass die vorgesehenen Förmlichkeiten eingehalten werden, wäre die Justiz handlungsunfähig.

  4. 4

    Der Satz „Zur Zeit sind leider alle Mitarbeiter im Gespräch“ und das ständige „tuuut tuuut tuut“, hat wahrscheinlich schon abertausende Menschen zur Weißglut gebracht.

  5. 5
    Der wahre T1000 says:

    Früher waren mal die Menschen besonders wichtig, die immer telefonisch (mit sauteurem Handy) erreichbar waren.

    Heute ist man wichtig, wenn man telefonisch nicht erreichbar ist. Das ist in vielen Fällen wirklich etwas Wahres dran.

    Ich z.B. nutze nur ganz selten ein Handy und bin daher TOTAL wichtig. :-)

  6. 6

    5: Dieser Logik folgend erlangt man wahre Bedeutung erst dann, wenn man sich in Nichts auflöst.

  7. 7
    Engywuck says:

    @Knoffel: wer haftet eigentlich, wenn der Geschätsstellenmitarbeiter den Tenor (versehentlich!) falsch vorliest (oder der Anwalt diesen missversteht)?

    @Anonym: wenn das wirklich so ist *und* der Gesetzgeber vorgesehen hat, dass die RAe erscheinen sollen (sonst würde der Tenor ja postalisch zugestellt), dann sollten das die RAe einfach mal (möglichst bundesweit) einige Zeit machen. Dienst nach Vorschrift halt :-). Abgesehen davon: wenn der Anwalt selber erscheinen könnte und duirch sein Nichterscheinen einen Nachteil für seinen Mandanten übersieht (sonst könnte er wegen der Förmlichkeiten ja nicht rügen) – verhält er sich seinem Mandanten gegenüber dann nicht unverantwortlich?

    Herrn Hoenig ging es aber gerade nicht um „Tenor vorlesen lassen“ sondern um generelle Nichterreichbarkeit. Wäre eigentlich eine Rückrufbitte hinterlassen möglich gewesen? immerhin sind Sie als Anwalt ja rund um die Uhr erreichbar (auch beim Verfassen wichtiger Schriftsätze (mehrfach) unterbrechbar?), die Staatsanwaltschaft offensichtlich nicht…

  8. 8
    Waschi says:

    Keine Sorge – sie können sich sicher sein, dass auch die Berliner Staatsanwaltschaft an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr erreichbar ist. Allerdings eben nur für wirklich dringende Fälle. Und dass ein Verteidiger eine Verfahrenseinstellung erreichen möchte, ist zwar legitim und häufig auch in der Sache völlig berechtigt, aber sicher nie so dringend, dass es unbedingt noch an diesem Freitag sein muss.

  9. 9
    Mitleser says:

    @Waschi
    Lassen Sie mich raten: Die „besonders dringenden Fälle“ sind dann die die Grundrechte des Bürgers Einschränkenden, stimmts?
    Für den unwichtigen Schutz (Wiederherstellung) der Grundrechte, wie Haftprüfung o.Ä. reicht ja Mo-Fr von 9-12 und 13-16 Uhr. Muss man halt mal warten…

  10. 10
    Heini says:

    Ständige telefonische Erreichbarkeit ist sehr anstrengend und auch nicht wirklich produktivitätsfördernd.

    Ich bin selbst von den vielen E-Mails genervt; wenn mich allerdings jeder E-Mail-Schreiber anrufen würde, bräuchte es mich wahrscheinlich 2-mal.

    Ich kenne die Abläufe bei Gericht (oder anderen Ämtern) nicht, deshalb ist der Vorschlag hier wahrscheinlich Blödsinn:

    Ich stelle mir vor, eine persönliche Mail-Adresse zu den Entscheidern einzurichten, wobei allerdings nicht fallbezogene Mails (erkennbar an Formkriterien in der Betreffzeile, z.B. Aktenzeichen) automatisch gelöscht werden. Entsprechende Anleitung auf die Homepage; Hinweis, dass E-Mails nicht fristwahrend sind oder sowas …

    Stelle mir vor, dass man die Mails dann einmal täglich durchschauen kann und ggf. zurückruft, wenn es doch telefonischer Klärung bedarf.

    Es gibt legitime Ansprüche darauf, das Gericht zu erreichen. Irgendwie muss es doch möglich sein, dem Rechnung zu tragen.

  11. 11
    RA Knofel says:

    Keine Telefonnummer des zuständigen Staatsanwalts bekannt? Einfach einen Freund anrufen, der bei irgendeiner beliebigen Behörde arbeitet. Die bekommen seltsamerweise jährlich unaufgefordert eine aktuelle Telefonliste der Staatsanwaltschaften mit sämtlichen Durchwahlnummern zugeschickt. Warum auch immer…

    • Wir verfügen auch über die Telefonverzeichnisse (beziehen das aus ganz legalen Quellen). Allerdings wechseln in Moabit die Staatsanwälte alle Nase lang, so daß die gedruckten (!!) Verzeichnisse bereits bei Veröffentlichung schon wieder reif für ein update sind. crh

    @meine5cent

    Warum Leute bei Gericht anrufen und die Mitarbeiter dort mit der Frage nach dem Ergebnis des Verkündungstermins belästigen, verstehe ich auch nicht. Ein paar Tage später hat man es schriftlich in der Post. So viel Geduld wird man ja wohl noch aufbringen. Ich käme im Traum nicht auf die Idee, meine Arbeitszeit mit solchen Anrufen zu verschwenden.

    • Das ist die fehlende Impulskontrolle, die bei Mandanten von Strafverteidigern in Kap-Verfahren häufiger vorkommt. ;-) crh