Die Rechnung stammt aus Dezember 2014 und harrt seitdem auf ihren Ausgleich. Und obwohl ich trotzdem fleißig für den Mandanten tätig war, konnte ich es nicht verhindern: Den Erlaß eines Haftbefehls nach § 230 StPO, nachdem er unentschuldigt nicht zum Gerichtstermin erschienen war.
Ich hatte ihn selbstverständlich informiert, daß jetzt eine Verhaftung unmittelbar bevorsteht. Er hat mich aber nicht ernst genommen, sondern mir unterstellt, ich würde diese abenteuerliche Geschichte nur deswegen erzählen, weil die Rechnung noch nicht bezahlt sei.
Gestern morgen rief die Partnerin des Mandanten in unserer Kanzlei an: Man habe ihn soeben gepflückt und eingetütet. Aber kurz vorher soll das noch offene Honorar überwiesen worden sein. Zum „Nachweis“ schickte mir die Partnerin diesen ScreenShot:
Ich habe nicht gezählt, wie oft ich gelesen habe:
- „Ihr Honorar überweise ich morgen/nächste Woche/am Donnerstag/sofort.“
Dann auch noch die Klassiker:
- „… habe ich letzte Woche überwiesen, aber da war leider einen Zahlendreher in der IBAN.“
und
- „… da hat die Bank was falsch gemacht. Ich gehe gleich am Montag in die Filiale.“
Seit Anfang des Jahres habe ich mir das alles geduldig angehört. Und trotzdem weiter gemacht. Nun warte ich erst einmal, bis die beiden Überweisungen hier eingegangen sind. Mir reicht’s.
Achso?!
Hatte ich erwähnt, was man dem Mandanten vorwirft? Nein? Muß ich das? Was vermutet der geneigte Leser?
also das Argument mit dem Zahlendreher in der IBAN ist ja mehr als nur dreist, wo doch jeder weiß (oder wissen müßte), daß das -gerade beim Online-Banking- technisch zu 100% ausgeschlossen ist (von wegen Prüfziffern und dergl.)
Nicht wenn der Rechnungsersteller schon den Zahlendreher produziert hat. Alles schon erlebt.
Die Bank fragt zwar nach, ob man sicher sei, da die Prüfziffer ja nicht stimmt. Angenommen wird die Überweisung trotzdem.
Interessanter Einblick in den „Mindset“ eines Straftäters. Dem eigenen Anwalt unterstellen, er würde Geschichten erfinden, nur um an sein Geld zu kommen …
Ob es vermessen ist, Rückschlüsse auf die Intelligenz der Lebensabschnittsgefährtin aus ihrer Interpretation von R. Nr. als „Register-Nummer“ statt „Rechnung Nummer“ zu ziehen?
Was aber wohl ersichtlich ist: Das Honorar von crh war offensichtlich über dem Überweisungslimit, nicht aber über dem Tageslimit des/der Kontoinhaber(s).
Aufgrund der Breite des verpixelten Bereichs im Screenshot und des üblichen Honorars für eine Verteidigung in einem der angegebenen Fälle, sowie der üblichen Überweisungslimite in Abhängigkeit der Einkommensverhältnisse könnte man jetzt anfangen, Überlegungen zur Vermögenssituation des Mandanten anzustellen. Wobei natürlich gewisse Streuungen möglich sind.
Der Rechnungsersteller nutzt seit fast einem Jahrzehnt denselben Textbaustein …?
Vielleicht sollte ihn mal jemand informieren, dass wir jetzt im SEPA-Zeitalter leben.^^
Da haben Sie aber wirklich hübsche Paragraphen gefunden!
Ich tippe auf § 284 StGB. Und CRH spielt unversehens mit.
@doppelfish: Ja er mag mitspielen. Aber ich vermute, er hat gerade beim Hütchenspiel auf die Hand getippt ;)