Der Zufallsfund und die Fahrerlaubnis

Nichts ist mehr sicher, wenn die Polizei erst einmal in der Wohnung steht und einen Durchsuchungsbeschluß auf den Tisch legt. Auch nicht die Fahrerlaubnis.

Gegen den Mandanten wurde wegen einer kleineren Wirtschaftsstrafsache ermittelt. Eines frühen Morgens standen vier Beamte mit einem Beschluß des Amtsgerichts auf der Matte der elterlichen Wohnung. Das, wonach man gesucht hatte, hat man nicht gefunden. Nur ein Plastiktütchen mit ein paar getrockneten Pflanzenteilen, im alten Jugendzimmerschrank. Das war dann das Erfolgserlebnis für die Durchsuchungsbeamten, das ihnen den Tag gerettet hatte.

Ich konnte den Mandanten aber beruhigen. Das Wirtschaftsstrafverfahren wurde eingestellt und nun wird noch wegen dieses vergammelten Rauchkrauts ermittelt. Im Zusammenhang mit dem Strafverfahren wegen des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz wird es viel Rauch um nichts geben; das wird auch in Brandenburg nicht zur nachhaltigen Beeinträchtigung des Mandanten führen.

Aber das hier führt zu erheblichen Kopfschmerzen (die Hervorhebungen sind von mir. crh):

Zufallsfund

Diese Mitteilung ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft zwischen dem Mandanten und der Fahrerlaubnisbehörde.

Und sie führt zu einer Vertretung durch den Fachanwalt für Verkehrsrecht Tobias Glienke in dem sich nun anschließenden Verfahren, mit dem die Entziehung der Fahrerlaubnis eingeleitet wurde.

Wenn es dem Mandanten nicht gelingt, die erweckten Zweifel der Behörde an seiner Geeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen zu zerstreuen, darf er sich nach den Preisen für die Monatskarte der Deutschen Bahn erkundigen. Die finanziellen Aufwendungen für die Zerstreuung hat er von uns erfahren: Sie liegen im vierstelligen Bereich.

Also, Vorsicht: Der Besitz auch von geringen Mengen Cannabis kann ernsthaft teuer werden. Selbst dann, wenn das uralte Marihuana im längst geräumten Kinderzimmer gefunden wird.

Dieser Beitrag wurde unter Betäubungsmittelrecht, Cybercrime, Verkehrs-Strafrecht veröffentlicht.

11 Antworten auf Der Zufallsfund und die Fahrerlaubnis

  1. 1
    Carom says:

    Wenn es dem Mandanten nicht gelingt, die erweckten Zweifel der Behörde […] zu zerstreuen[…]

    Ist das Zerstreuen solcher Zweifel Aufgabe des Mandanten oder Aufgabe seines Anwalts? ;-)

    • Es ist gut vorstellbar, daß es im Einzelfall definitiv und für alle Zeiten vorbei ist mit der Fahrerlaubnis, wenn der Strafverteidiger statt seines Mandanten bei der MPU eine Blut- oder Urinprobe abgibt. crh
  2. 2
    Tesla says:

    @crh – oh, was würde man denn in der Probe des Strafverteidigers finden? :)

  3. 3
    RA JM says:

    Legalize Pot ! ;-)

    Aber ernsthaft: Woher nimmt die Führerscheineinzugsstelle den „Konsum“???

  4. 4
    Der wahre T1000 says:

    Ich habe 1999 mit dem Rauchen aufgehört. Seitdem lag in einem Schrank ein kleines Glas selbstgeerntete Hanfblüten herum. War mir egal und irgendwann 2014 habe ich es entsorgt.

    Aber mal angenommen man hätte das bei mir entdeckt: wie kommt die Behörde darauf, dass der Besitz allein schon eine Beeinträchtigung der Eignung zum Führen eines Kfz darstellt?

    • Der Besitz legt den Konsum nahe. crh

    Und: muß ich meine Unschuld beweisen? Gilt nicht auch hier, dass erstmal der Mißbrauch nachgewiesen werden muß?

    • Im Ordnungsrecht (präventiv / Gefahrenabwehr) müssen Sie nachweisen, daß von Ihnen keine (übermäßige) Gefahr ausgeht, wenn Sie die Erlaubnis be-/erhalten möchten, eine grundsätzlich gefährliche Tätigkeit auszuführen. Und wenn die Behörde Zweifel hat, obliegt es beim Erlaubnis-Inhaber/-Antragsteller, einen entsprechenden Beleg zu liefern, daß die Zweifel nicht berechtigt sind. Bleiben die Zweifel, bleibt auch nur der ÖPNV und das Fahrrad. crh
  5. 5
    jj preston says:

    Na, hoffentlich zerstreut der Mandant die Zweifel nicht ZU sehr – ist sonst so unappetitlich für das Reinigungspersonal…

    @RA JM:
    Nun ja, optisch gibt so ein Plastiktütchen samt Inhalt nicht viel Ästhetisches her. Das tat die Fettecke auch nicht, war aber zumindest öffentlich ausgestellt und für quasi Jedermann zur geistigen Auseinandersetzung freigegeben. Als Geldanlage kann es ob der mangelnden Diebstahlsicherung ebenfalls vernünftigerweise nicht angenommen werden. Es sei denn, besagtes Produkt kann tatsächlich als anerkanntes Werk zeitgenössischer Kunst nachgewiesen werden. Bis dahin ist allerdings die Annahme, es handele sich um ordinäres Verbrauchsgut, die vernunftgeleitete.

    Sollte sich kontrastierend herausstellen, dass die vom Augenschein ausgelöste und vernunftgeleitete Annahme nicht zutrifft, dann haben alle Seiten gewonnen:
    – der Mandant die Erkenntnis: „Was du nicht brauchst, das schmeiß weg“,
    – der Mandantenvertreter den Umsatz,
    – die Staatsanwaltschaft die Erkenntnis, dass der Mandant im Verkehr sauber bleibt, und
    – der unbeteiligte Straßenverkehrsteilnehmer die Gewissheit, dass seine körperliche Unversehrtheit aktuell nicht vom Mandanten bedroht ist.

  6. 6
    WPR_bei_WBS says:

    So so, 6g Cannabis also (lassen wir mal dahingestellt, ob die Fahrerlaubnisbehoerde den Unterschied zwischen Gras und Wirkstoff kennt)… Ich wette, bei 6 kg Alk im Keller würden die stattdessen kein Problem sehen (da müsste man sich ja auch selbst anzeigen). Einfach nur schizophren.

  7. 7
    RA Will says:

    Ja, die Freude bei den Mandanten ist immer groß, wenn sie mit einer kleinen BtM-Sache zu mir kommen und ich ihnen dann sage, dass wir das Verfahren zwar wegbekommen, dass sie mit dem Besitz aber bei der Führerscheinbehörde eine MPU gewonnen haben. Manchmal. Manchmal aber auch nur einen Drogentest.

    Ich ernte meist ungläubiges Kopfschütteln.

    @RA JM: Die Sta benachrichtigt die Führerscheinstelle über jedes BtM-Verfahren. Und dann geht der Spaß los.

  8. 8
    Juliane says:

    Es erscheint zunehmend skandalös, daß hier die Führerscheinbehörden offenbar eine Art Ersatzstrafrecht einführen um die bösen Cannabis-Konsumenten zu bestrafen. Mit Sinn und Verstand oder gar im Interesse der Allgemeinheit stehenden Maßnahmen hat das nichts mehr zu tun.

    Ich bin immer noch dankbar, daß ich nie was von der entsprechenden Behörde gehört habe, nachdem ich vor einigen Jahren an der Grenze mit einer kleinen Menge (2g) erwischt wurde. Vielleicht habe ich Glück gehabt, vielleicht sind die auch hier nicht so übereifrig. Wer weiß.

  9. 9
    Verkehrsteilnehmer says:

    @Juliane:

    Was soll daran skandalös sein? Grundsätzlich ist es vollkommen berechtigt, regelmäßige Kiffer aus dem Straßenverkehr zu verbannen. Gelegentlich können Sie sich ja mal die Anzahl der Verkehrsunfalltoten in Germany zu Gemüte führen.

  10. 10
    Juliane says:

    @Verkehrsteilnehmer: Zum einen ist wiederholt belegter Fakt, daß unter dem Einfluss von Marihuana stehende Verkehrsteilnehmer tatsächlich WENIGER Unfälle verursachen.

    Zum anderen ist das auch am Thema vorbei. Auch Bürger die regelmäßig Alkohol trinken sollten nicht am Straßenverkehr teilnehmen dennoch wird aus dem reinen Besitz und Konsum von Alkohol fernab des Strassenverkehrs dort kein Strick geknüpft.

    Zudem sind die derzeitigen Regelungen weder einheitlich noch geeignet um wirklich problematiche Fälle von viel zu vielen „Kollateralschäden“ zu unterscheiden.

    Es scheint so als würden die durchaus berechtigten Sorgen die Sie haben Ihr rationelles Denken beeinträchtigen.

  11. 11
    Joachim Breu says:

    Für die wichtigste, die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigende legale Droge existieren Grenzwerte. Für die wichtigsten, noch illegalen nicht. Wo keine Grenzwerte bestehen, muss sich ein Verdacht auf eine Ungeeignetheit zum Führen eines Kraftfahrzeuges im Straßenverkehr natürlich schon aus dem Erst-Gebrauch ableiten – benennen Sie die Alternativen, nur zu. Gäbe es zu THC ähnlich zarte Untersuchungsverfahren wie die Draeger-Püster beim C2H3OH, hätten wir die schon im Einsatz oder in der Probe.

    Vielleicht eine Geschäftsidee für Hersteller von Geräten zur Prüfung des Zuckerspiegels – Meßgenauigkeit um Faktor 10 bis 100 erhöhen, neue Software, dann ab zum Feldversuch am Verkehrsteilnehmer. Ein Piekser in den Zeigefinger, kurze Wartezeit, Anzeige des THC-Pegels.