Die Informationslage des Amtsgerichts Fürth

Um sinnvolle Entscheidungen treffen zu können, braucht ein Gericht eine gesicherte Informationsbasis. Dem Amtsgericht Fürth kennt sich dort aus, wo es beheimatet ist; und das was in Bayern paßt, muß auch in Berlin so hinhauen. Mir san mia.

Bei erwachsenen Angeklagten entscheidet in der Regel (mit einigen Ausnahmen) das Gericht, in dessen Sprengel der Tatort liegt. Strafsachen gegen einen Heranwachsenden werden dort verhandelt, wo er seinen Wohnsitz hat, § 42 JGG.

Das war in dem vorliegenden Fall ein Problem, mit dem die Bayern in Fürth schlecht zurecht kamen. Unser Mandant war nämlich so frei, einfach von Bayern wieder nach Berlin zurück zu kommen. Für den Richter in Fürth ist sowas eigentlich nicht vorstellbar, deswegen kam ihm auch nicht in den Sinn, sich nach gut zwei Jahren, in denen das Verfahren vor sich hindümpelte, mal nach dem aktuellen Wohnsitz zu erkundigen.

Über die Frage der Zuständigkeit hat sich dann eine Auseinandersetzung zwischen Verteidigung und Gericht entwickelt, die zu einem – erwartungsgemäß nicht „erfolgreichen“ – Ablehnungsgesuch führte.

Die Argumentation der Bayern ist selbstbewußt. Das reicht aus, Sachkenntnis ist dann entbehrlich:

AG Fürth

Richtig ist, daß es in Berlin mehrere Amtgerichte gibt, unter anderem auch ein Amtsgericht Spandau. Für Strafsachen sind die Spandauer aber nicht zuständig, auch dann nicht, wenn der Angeklagte direkt im Gericht wohnen würde.

Gut, das ist einem Berliner Strafverteidiger bekannt. Aber die Zuständigkeit des Amtsgerichts Tiergarten für alle Strafsachen, die in Berlin verhandelt werden, ist kein Geheimwissen. Ein Blick ins Internet – hier oder hier – erleichtert die Rechtsfindung, auch einem bayerischen Amtsrichter. (Für Fortgeschrittene gibt es die Verordnung zur Umsetzung der Neustrukturierung der Amtsgerichte vom 25. Januar 2010 GVBl. Seite 25.)

Bayern sama, Bayern bleima, uns kennt die ganze Welt …

Dieser Beitrag wurde unter Gericht, Richter veröffentlicht.

24 Antworten auf Die Informationslage des Amtsgerichts Fürth

  1. 1
    Ein Ermittlungsrichter says:

    Dass ein Fürther Richter nicht mit einer Zuständigkeitskonzentration im fernen Berlin rechnet, ist nachgerade unverschämt.

    • Es ist nicht der Irrtum bzw. die Unkenntnis des Richters. Entscheidend war der Kontext, in dem der Fehler stand: Wer ungerechtfertigt und überheblich Besserwisserei praktiziert, sollte sich vor solchen Nachlässigkeiten hüten. crh

    Dass ein Berliner Strafverteidiger jedoch das ur-fränkische Fürth durchgängig als „bayrisch“ bezeichnet und im letzten Satz sogar auf den bayrischen Dialekt zurückgreift ist hingegen höchst verzeihlich…

    • Wissen Sie, diese Differenzierung zwischen Franken und Bayern kenne ich noch aus meiner Heimat, dem Siegerland. Dort grenzten sich die Obersdorfer von den Eisernen ab, zwei Dörfer, die 3 km voneinander entfernt liegen. Das hat mich damals auch schon nicht interessiert. Vergleichbares erlebe ich jetzt hier in Berlin: Kreuzberg und Friedrichshain hat man auch zu einem Bezirk zusammengefaßt, obwohl diese Ossis da drüben, jenseits der Spree, mit uns Kreuzbergern ja nun gar nichts miteinander zu schaffen haben. crh
  2. 2
    Der Franke in Berlin says:

    @Herr Hoenig: Vielleicht als Erklärung: Der Grund, sich als Bewohner von Berlin-Mitte beim weit entfernten Bürgeramt Spandau anzumelden, dürfte darin liegen, dass man in Berlin gewöhnlich Termine auf dem Bürgeramt nur mit 6 Wochen Vorlauf bekommt und man bei Meldeangelegenheiten JEDEN noch so weit entfernten Termin wahr nimmt.
    In Bayern kennt man das so nicht. Dort geht man ohne Termin aufs nächstgelegene Amt, zieht eine Nummer und ist nach einer halben Stunde Wartezeit dran. Ich selbst habe vor drei Wochen in Berlin einen Termin für die Beantragung eines Reisepasses ausgemacht und bin Ende Mai dann auch schon dran.
    Für einen Fürther ist es absurd, dass er zur Anmeldung eines Wohnsitzes einen Termin in Nürnberg oder Erlangen ausmachen müsste.

    Abgesehen davon kann ich Ihnen als Franke bestätigen: Einen Franken als Bayer zu bezeichnen, geht wirklich gar nicht. Sie als Berliner würden sich ja auch nicht unbedingt gerne als Bayer bezeichnen wollen, oder? :-)
    Gleiches Problem:
    a) Baden vs. Schwaben
    b) Frankfurt vs. Offenbach
    c) Köln vs. Düsseldorf (bestellen Sie bitte niemals in Köln ein Alt)

  3. 3
    Wahlfuerther says:

    @Der Franke in Berlin

    Dort geht man ohne Termin aufs nächstgelegene Amt, zieht eine Nummer und ist nach einer halben Stunde Wartezeit dran.

    So lange dauert das aber nur in der Stoßzeit.

  4. 4
    RA Schepers says:

    @ Der Franke in Berlin
    Natürlich kann man in Köln ein Alt bestellen. Der Köbes serviert dann ein Kölsch und liefert die Bedienungsanleitung gleich mit: Da, nun trink, alt wird es von alleine.

  5. 5
    IANAL (nach Abstammung halber Franke) says:

    Franken vs. Bayern mit zwei Siegerländer Dörfern oder zwei Berliner Altbezirken zu vergleichen, geht gar nicht. Auch Frankfurt vs. Offenbach (ich lebe seit 6 Jahren in Frankfurt und weiß, wovon ich rede) und Köln vs. Düsseldorf greifen noch zu kurz. Mit Baden vs. Schwaben kommen wir langsam in die richtige Größenordnung.

    Jedenfalls wird nicht nur in Franken weit bessers Bier gebraut als die auf dem Symbolbild zu sehende Plörre der Staatsbrauerei, sondern wird Ihnen vor allem jeder Germanist gerne bestätigen, dass in Franken eben kein Bairisch gesprochen wird: https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Sprache#/media/File:Deutsche_Dialekte.PNG – wohingegen in Friedrichshain-Kreuzberg bekanntermaßen beiderseits der Spree das Schwäbische dominiert.

  6. 6
    HD says:

    In NRW kann man eine Adressdatenbank aufrufen, die einem nach Eingabe der PLZ das zuständige Gericht mitteilt. Insbesondere gibt es einen Hinweis darauf, dass amtsgerichtliche Strafsachen in Berlin am AG Tiergarten konzentriert sind. Gibt es so etwas in Bayern nicht?

  7. 7
    Falbala146 says:

    Auch wenn das schon mehrfach erwähnt wurde, muss ich es dennoch nochmals herausstellen:

    Fürth liegt zwar aus administrativer Sicht im Bundesland Bayern, sonst aber in Franken. Hier spricht man auch kein Bayrisch, sondern Fränkisch. Es mag sein dass es Sie nicht interessiert, aber beides in einen Topf zu werfen ist ähnlich ignorant wie Sächsisch und Berlinerisch zu verwechseln.

  8. 8
    Subsumtionsautomat says:

    Ich nutze meistens http://oertliche-zustaendigkeit.de – musste aber gerade beim Testen feststellen, dass das die besondere Zuständigkeit in Strafsachen ebenfalls ignoriert. Insoweit kann so ein Fehler schon einmal passieren.

    Was Bayerisch/Fränkisch betrifft: Das Bundesland heißt nunmal Bayern – so gesehen ist das AG Fürth also ein bayerisches (in Bayern liegendes) Amtsgericht. Man kann ja beim AG Stuttgart auch von einem baden-württembergischen Amtsgericht sprechen, auch wenn es im Schwabenland und nicht etwa im Badischen liegt.

  9. 9
    RA Schepers says:

    By the way:

    Die Argumentation des fränkischen (bayrischen oder was auch immer) Richters lautet (?):

    Ich bin zwar unzuständig, kann aber nicht herausfinden, wer zuständig ist, also bin ich zuständig. Und wenn ich zuständig bin, bin ich auch nicht befangen.

  10. 10
    Der wahre T1000 says:

    Was soll die ganze Unterscheidung von „fränkisch“ und „bayrisch“? Das Kaff liegt südlich von Hannover und ist damit unterhalb des Weißwurstäquators: also bayrisch.

    Alles Andere ist nur wortklauberei.

  11. 11
    schneidermeister says:

    @HD: Man braucht ja in Bayern keine eigene Adressdatenbank erstellen, wozu das Rad zweimal erfinden.
    Es würde ja reichen, wenn die Richter (und auch Zivilanwälte, das spart Verweisungsanträge und ggf. Kosten….) die NRW-Datenbank bei den Favoriten/Lesezeichen im Browser speichern und sie dann auch nutzen ;-)

  12. 12
    Praktiker says:

    Als Richter hätte ich die Akte einfach an das AG Spandau (= Gericht des Erstwohnsitzes) abgegeben. Das hätte die Akte dann bei eigener Unzuständigkeit an das AG Tiergarten weiterreichen können.

    Sorry, aber jede Zuständigkeitskonzentration in jedem pisseligen Bundesland kann man weiß Gott nicht auf dem Schirm haben.

  13. 13
    Th. Koch says:

    Offenbar war die fränkische Richterpersönlichkeit verwirrt, weil der Betroffene sich in Spandau angemeldet hat, der Verteidiger aber zum Erstaunen des Richters die Abgabe an das AG Tiergarten beantragt hatte.

    Was macht ein vernünftiger Richter?

    a) Er geht recherchieren, ob es einen Grund für den Antrag des Verteidigers gibt

    oder

    b) er ruft den Verteidiger an und fragt nach (Richter müssen nicht alles wissen – das unterscheidet sie von Anwälten).

    Was macht ein Amtsrichter in Bayern?

    c) Irgendwas anderes…

  14. 14
    rakuemmerle says:

    @Der Franke in Berlin: Es ist nicht so, dass dem Fürther Richter das Procedere einer Anmeldung beim Bürgeramt in Berlin nicht ausführlich geschildert wurde. Es hat aber offenbar seine Vorstellungskraft gesprengt, dass man Termine online, also ohne dass da eine „Amtsperson“ einen Stempel auf ein Papier knallt, vereinbaren kann.

  15. 15
    fürther says:

    Allmächd. Schon allein für die Frechheit als Bayern beschimpft zu werden, gehört ihm die Zulassung entzogen!

  16. 16
    WPR_bei_WBS says:

    @Ein Ermittlungsrichter

    Ob der bayrische Richter jetzt mit einer Zuständigkeitskonzentration in Berlin rechnen muß oder nicht, halte ich erstmal für ziemlich unerheblich. Denn die Frage, ob von Fürth jetzt an ein (welches auch immer) berliner Gericht abzugeben ist kann ja wohl schlechterdings davon abhängen, ob dass jetzt B-Spandau oder B-Tiergarten ist. Insofern desiqualifiziert der Richter sich hier selbst, da er im Grunde vollkommen unzusammenhanglos „argumentiert“.

    Soweit ich weiß (man korrigiere mich, wenn ich falsch liege) ist es jetzt ein netter „Service“ des Verteidigers gewesen, dass zuständige Gericht gleich mitanzugeben. Selbst wenn dem nicht so wäre („Mein Mandant wohnt jetzt in 1xxxx Berlin, Musterstr. 123“) hätte der Richter tätig werden müssen und dann halt im Zweifel selbst recherchieren, an welche Kollegen er abgibt.

    Dass er letzteres nicht tat und dann auch noch so wirr argumentiert kann eigentlich nur eine von zwei Möglichkeiten bedeutet: Entweder befangen (Veruteilungswillen ggü. dem Angeklagten) oder unfähig. Da wir über Bayern rede gehe ich von ersterem aus, evtl. auch beides :-).

  17. 17
    Der Franke in Berlin says:

    @RaKümmerle: Ich kann verstehen, dass das die Vorstellungskraft eines fränkischen Richters gesprengt hat. In Franken kennt man das mit der Online-Terminvergabe nicht. Dort schaut man wirklich einfach ohne Termin am Donnerstag Abend um 19 Uhr nach der Arbeit noch kurz spontan am Amt vorbei, da die am Donnerstag eine Abendsprechstunde haben und bis 20 Uhr geöffnet sind. Wie „Wahlführter“ schon schreibt hat man sogar in der Stoßzeit nur eine halbe Stunde Wartezeit.

    Ich weiß, dass in Berlin dieses Onlineverfahren als das absolute Nonplusultra gefeiert wird. Die Situation war ja hier vor ein paar Jahren die, dass man zur Beantragung eines Personalausweises morgens um 6 Uhr am Amt sein musste, damit man nach Öffnung des Amts um 8 Uhr an diesem Tag noch einen Termin bekam. Um 8.15 Uhr waren alle Termine für diesen Tag vergeben. Mittlerweile wartet man in Berlin trotz Termin noch weitere zwei Stunden.

    Sie dürfen mir glauben, dass ich nach meinem Umzug nach Berlin auch Bauklötze gestaunt habe, nachdem man mir erzählt hatte, dass das mit dem spontanen Termin auf dem Amt hier in Berlin nicht ist.

    @T1000: Für den Berliner werden alle Personen südlich von Hannover als „Schwaben“ bezeichnet, nicht als „Bayer“. Der Weißwurstäquator ist je nach Definition entweder südlich des Mains, der Donau oder die Stadt München selbst. Sorry für die Korrektur, aber es ist hier schon schwierig genug, den Berlinern zu sagen, dass Österreich seit 1945 kein Bundesland von Deutschland mehr ist (mit PISA hat man es hier nicht so). Mit dem Erklärungsversuch einer Unterscheidung zwischen Franken und Bayern bzw. Schwaben und Baden fangen wir an, wenn das mit Österreich bei der Berliner Bevölkerung mal sitzt. Die Unterscheidung zwischen Schwaben einerseits und Hessen, Bayern und Baden-Württemberg andererseits machen wir, wenn der Flughafen BER eröffnet wird (der Termin wird in Bayern als „Sankt Nimmerleinstag“ bezeichnet). :-)

  18. 18
    t.H., RiLG says:

    Es ist dringend davon abzuraten, einen Schwaben als Badener zu bezeichnen oder umgekehrt. Sollte diesem Rat nicht gefolgt werden: gute Besserung. ;-)

  19. 19
    Wahlfuerther says:

    @ Der Franke in Berlin:
    < …wenn der Flughafen BER eröffnet wird (der Termin wird in Bayern als „Sankt Nimmerleinstag“ bezeichnet).

    Bei einer bekannten Fürther Qualitätszeitung hat man hinsichtlich des Eröffnungstermins noch andere Vorstellungen: http://tinyurl.com/8lz4yh4

  20. 20
    Der Franke in Berlin says:

    @Wahrfürther: Mussten Sie jetzt unbedingt noch weiter Salz in diese Wunde streuen? :-)

    Der Berliner ist stolz auf seine Verwaltung. Der Berliner ist stolz auf seinen Flughafen. Der Berliner ist stolz auf seine S-Bahn. Der Berliner ist stolz darauf, beinahe die Olympiade hier gehabt zu haben. Der Berliner ist stolz darauf, dass Berlin arm, aber sexy ist.
    Man muss ehrlich sagen: Würden die Dinge in Bayern so effizient wie in Berlin laufen, wäre die CSU abgewählt. Und das ist etwas, was in Bayern und Franken am Sankt Nimmerleinstag passiert. :-)

    Aber lassen wir den Berlinern den Fußball. Hertha ist erste Liga, während Greuther und Glubb in der zweiten Liga sind. Da können wir Franken echt nicht mithalten. :-)

    So, ich ziehe jetzt los und kaufe mir beim Bäcker ein paar Weggla/Semmeln und einen Faschingskrapfen.und lasse mich dann thiersemäßig belehren, dass das hier Schrippe und Pfannkuchen heißt. :-)

    Disclaimer: Berlin ist ne tolle Stadt. Ich lebe gerne hier. :-)
    @Herr Hoenig: Bitte mit Humor nehmen. Sie haben angefangen mit der Stänkerei… :-)

  21. 21
    dingens says:

    Was hat denn jetzt der BER mit Berlin zu tun?

    Das ist tiefstes Brandenburg. ]:-)

  22. 22
    Der Franke in Berlin says:

    @dingens: Brandenburg ist Schönefeld aber nur, weil die Brandenburger 1996 mit 62,7% keinen Bock hatten, dass Berlin mit ihrem Bundesland vereinigt wird. Die Berliner waren ja mit 53,4% dafür.

    Aufsichtsratsvorsitzender ist beim BER trotzdem Michael Müller – der OB der Stadt Berlin.

    Übrigens: Der Flughafen München liegt auch nicht in München, sondern gehört zu den Lankreisen Erding und Freising. Trotzdem funktionierte das dort von Anfang an.
    Der fränkische Flughafen Nürnberg ist zugegebenermaßen mit 120 Millionen Euro verschuldet. Aber diese Kosten fallen beim BER innerhalb von 4 Monaten regelmäßig an (pro Monat Bauverzögerung ein Bistum Limburg in Höhe von 30 Millionen Euro). Aber auch trotz dieser 120 Millionen Euro funktioniert der Flughafen NBG.

    Ich denke, ich habe Dein Argument widerlegt. :-)

  23. 23
    Friedhelm says:

    Lieber Franke, bevor Sie auf dem Bildungsniveau der Berliner rumhacken, lassen Sie sich von einem Waschechten zwei Dinge erklären:

    1. Die Olympiade bezeichnet den Zeitraum zwischen zwei Olympischen Spielen

    2. Oberbürgermeister gibt es nur in der Provinz. In Metropolen amtiert der regierende Bürgermeister.

  24. 24
    MaxR says:

    Wie sagt doch der Bayer voller Resignation:

    Man muß Gott für alles danken. Selbst für einen [Ober|Mittel|Unter]franken.