Hitlergruß in Köln nicht strafbar?

Aus den Gründen eines amtgerichtlichen Urteils zum Thema „Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“

Nach der durchgeführten Beweisaufnahme gingen Staatsanwaltschaft und Gericht nicht mehr von dem zuvor ebenfalls angeklagtem Vorwurf aus, dass die Angeklagte durch Zeigen des Hiltergrußes sich des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen strafbar gemacht habe. Es sei nicht auszuschließen, dass die Angeklagte den Hitlergruß rein als Provokation und Beleidigung gegenüber den Polizeibeamten gezeigt habe. Die für die Erfüllung des Tatbestandes des § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB notwendige subjektive Identifikation mit dem ideologischen Gedankengut des Nationalsozialismus konnte nicht festgestellt werden.

Amtsgericht Köln, Urteil vom 02.02.2015 – 523 Ds 704/14, im Zusammenhang mit der Teilnahme an der „HoGeSa-Kundgebung“ im Oktober 2014.

Ja, ne, is klar. Die wollte nur spielen.

Dieser Beitrag wurde unter Politisches, Richter, Staatsanwaltschaft veröffentlicht.

10 Antworten auf Hitlergruß in Köln nicht strafbar?

  1. 1
    ct says:

    Ein Zivilist bittet um Aufklärung: In § 86a Nr. 1 StGB steht nichts von einer „notwendigen subjektiven Identifikation“, sondern lediglich etwas von „verwenden“. „Zeigen zur Provokation“ dürfte ja wohl darunter fallen.

    Ich erinnere mich an ein Verfahren vor einigen Jahren, in welchem einem AntiFa aufgrund eines „Nazis raus“-Aufnähers mit in den Müll geworfenem Hakenkreuz der Prozess gemacht wurde. Warum hat da niemand nach der „subjektiven Identifikation“ gefragt?

  2. 2
    Mathan says:

    @ct: Ihre Frage haben Sie sich doch schon selbst beantwortet. Ich zitiere: „[…]einem AntiFa[…]“

  3. 3
    Staatsanwalt says:

    @ ct

    Stichwort „Schutzzweck der Norm“, näheres bei Fischer § 86a Rz. 18, entwickelt für „Hitlergruß“ und „Parolen Sieg Heil“ linksgerichteter Demonstranten gegenüber Einsatzkräften der Polizei.

    Warum der Schutzzweck der Norm bei einer Demonstration der rechten Hogesa nicht tangiert sein soll erschließt sich mir auch nicht.

  4. 4
    ct says:

    Danke, verstanden.

    Bei dem damaligen Fall handelte es sich um eine offenbar viel kritisierte und später auch korrigierte Entscheidung des LG Stuttgart, die es hier zu lesen gibt (PDF).

    Allein die 100 Punkte umfassende Liste von eingezogenem AntiFa-Equipment zeigt recht deutlich, dass man sich dort offenbar nicht allzuviele Gedanken über den Schutzzweck der Norm gemacht hat…

  5. 5
    T.H., RiAG says:

    In Köln waren ja auch alle von dem dort bis dato vollkommen unbekannten Phänomen überrascht, dass Hooligans zur Gewaltausübung neigen….

  6. 6
    Andreas says:

    @ ct:

    Die Entscheidung des LG Stuttgart wurde vom BGH aufgehoben:

    Entgegen der Auffassung des LG erfüllt die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in Darstellungen, bei denen sich bereits aus ihrem Inhalt in offenkundiger und eindeutiger Weise ergibt, dass sie in einem nachdrücklich ablehnenden Sinne gebraucht werden, unabhängig von deren Umfang nicht den Straftatbestand des § 86a StGB.

    BGH, NJW 2007, 1602

    Der Hitlergruß kann unter bestimmten Umständen (insbesondere ablehnende Haltung) in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit fallen. Der Wortlaut des § 86a StGB ist daher verfassungskonform auszulegen (vgl. BVerfG, NJW 2006, 3052).

  7. 7
    Th. Koch says:

    Die Entscheidung dürfte grob falsch sein: Selbst wenn es überraschenderweise an der „subjektiven Identifikation“ mit dem Nationalsozialismus hier fehlen sollte, käme es darauf nicht an, denn das BVerfG stellt fest:, dass der „Schutzzweck des Gesetzes … nicht erreicht werden könnte, wenn die Strafbarkeit von dem Nachweis einer mit der Verwendung verbundenen verfassungsfeindlichen Absicht abhinge.“

    Wir lernen: In der BRD ist die Verwendung von Kennzeichen von NS-Organisationen nur strafbar, wenn dies durch linksgerichtete Aufrührer und andere staatsfeindliche Subjekte in kritischer Absicht geschieht.

  8. 8
    Martin says:

    Für eine ausdifferenzierte Betrachtung des Problems ist auch noch dieser Sachverhalt zu würdigen:

    http://m.welt.de/kultur/kunst-und-architektur/article123470073/Jonathan-Meese-durfte-Hitlergruss-zeigen.html

  9. 9
    ct says:

    @Andreas:

    Schon klar, hatte ich ja bereits angedeutet („und später auch korrigierte Entscheidung“). Ich finde es nur beachtet, dass landgerichtlichen Elitejuristen überhaupt solche groben Fehler unterlaufen. Oder anders formuliert: Eine gewisse a priori bestehende Verurteilungstendenz zu Lasten des „linken Packs“ scheint mir im Fall des LG Stuttgart nicht ganz fernliegend.

  10. 10
    larson says:

    hier in der sogenannten brd gelten ja auch noch nazi gesetze zum teil..
    siehe steuergesetz von ’34