Beim Sparen der Kosten auf Kosten anderer sind die Berliner Kostenfestsetzer erfinderisch. Es geht einmal mehr um die Erstattung der Aufwendungen, die wir beim „Kopieren der Ermittlungsakten“ hatten. Diesmal sind nicht die Kopien einzelner Seiten „nicht notwendig“, sondern – wenn es nach der Ansicht der Rechtspflegerin ginge – alle von uns angefertigten Kopien.
Aufgehängt ist das Problem an der Ziffer 7000 Nr. 1a RVG VV. Dort ist geregelt der Anspruch auf eine
Pauschale für die Herstellung und Überlassung von Dokumenten:
1. für Kopien und Ausdrucke
a) aus Behörden- und Gerichtsakten, soweit deren Herstellung zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache geboten war,
Ich war meinem Mandanten zum Pflichtverteidiger bestellt und habe nach Abschluß des Mandats beantragt, die Kosten festzusetzen:
In weiser Voraussicht habe ich gleich auch mal anwaltlich versichert,
dass die in der […] Berechnung enthaltenen Auslagen bei meiner Tätigkeit entstanden sind, und teile vorsorglich mit, die Kopien der Akten ausgedruckt zu haben.
Das hat die Rechtspflegerin offenbar zum Anlaß genommen, die Kosten erst einmal nicht festzusetzen. Sie teilt mit:
Die Dokumentenpauschale wurde zurückgestellt. Insoweit ist nunmehr die Versicherung erforderlich, ob die Kopien ausschließlich in Papierform hergestellt wurden.
Ich habe mich in Geduld geübt und höflich geantwortet:
Das reichte der Rechtspflegerin nicht. Sie rief zunächst in unserer Kanzlei an und wollte wissen, ob die Kopie der Ermittlungsakte ausschließlich in Papierform erstellt worden sei. Ich wollte es genauer wissen und habe schriftlich um schriftliche Fragestellung gebeten. Die kam dann auch recht flott via Fax:
Auf über zwei langen Seiten (pdf) habe ich daraufhin erläutert, was ich mit den Ermittlungsakten gemacht habe und argumentiert, warum dadurch der Kostenerstattungsanspruch entstanden ist:
Genützt hat es nichts – die Rechtspflegerin lehnt meinen Antrag ab:
Die Begründung erscheint mir mehr als abenteuerlich und ausschließlich von dem Motiv getragen, auf Teufel komm raus den Aufwand, den ein Verteidiger bei seiner Arbeit hat, nicht erstatten zu müssen.
Was bleibt mir nun übrig, wenn ich nicht auf den Kosten sitzen bleiben möchte? Mit der vorhandenen Technik kann ich keine Kopien herstellen, die den Anforderungen der Rechtspflegerin entspricht. Also werde ich mich – auf Teufel komm raus – gegen diese unsinnige Entscheidung zur Wehr setzen. #DasWollenWirDochMalSehen
Update:
Heute, am 30.07.2015, schreibt auch der Kollege Detlef Burhoff zu diesem Thema einen Blog-Beitrag, in dem er einen Beschluß des LG Berlin vom 23.07.2015 – (537 KLs) 255 Js 381/14 (28/14) – vorstellt und der einen vergleichbaren Unsinn enthält, wie die Entscheidung „meiner“ Rechtspflegerin.
Kennt noch jemand aus der Schule früher diese Matrizen, Billig Kopien auf Recyclingpapier, ausschließlich in blauer Schrift. Da musste man noch mit der Hand kurbeln. Nix digitales. Evtl. wird erwartet das der kostenbewusste Anwalt darauf zurückgreift, damit entfällt der bei heutigen ScanKopierFaxKaffemaschinen der Digitalisierungszwang. Schlage doch vor so etwas auf Staatskosten anzuschaffen, nebst einem Mitarbeiter Dr fleißig kurbelt…
Oh, das Gericht argumentiert ernsthaft(?), digitale Aktenkopien (=Scan) seien hinreichend nutzbare Arbeitsmittel. Man will es als regelmäßiger Leser des hiesigen Blogs gar nicht glauben!
Moment. Wenn von „Kopien und Ausdrucken“ die Rede ist, ist doch klar, dass ein Ausdruck etwas anderes ist, als eine Kopie, aber für beides eine Vergütung gefordert werden darf.
Da sollte sich doch argumentieren lassen, dass es sich bei den Dokumenten, die hier in Rechnung gestellt werden, eben nicht Kopien (mittels Analogkopierer erstellt), sondern ausgedruckte Scans sind.
Reichen Sie den Antrag mal neu ein, mit der Formulierung „Dokumentenpauschale für Ausdrucke aus Behörden- und Gerichtsakten“, und schauen Sie, was passiert?
Vllt. will die Behörde auch nur den Rechtsanwalt zu endlich mal medienbruchfreiem Arbeiten erziehen, wie es in den Behörden schon seit Jahren vorzufinden sein sollte? ;)
Also wen ich ein Analoges Medium Digitalisiere ist es keine Kopie ?
Da kann ich ja mal meine Plattensammlung Online Stellen :D
Recht hat die Rechtspflegerin damit, dass es nicht nötig war Scans anzufertigen:
Man hätte die Akte,
a) abschreiben können (offensichtlich Unfug),
b) Scannen können (Weg CRH) oder
c) Kopieren können.
Da es sich offenkundig bei dem Erstattungsanspruch um den Aufwand für die Herstellung notwendiger Arbeitsmittel handelt zieht auch die – von CRH angestellte? – Erwägung nicht, dass auch beim Kopieren zumindest kurzzeitig ein digitaler Abzug im Zwischenspeicher des Kopierers angelegt wird.
Hätte man die Akten also einfach nur kopiert (und daher „ausschließlich in Papierform hergestellt“) würde die Rechtspflegerin wohl keinen Aufstand machen. Soweit zu der technisch m.E. unsauberen Replik des Strafverteidigers.
Zu kurz greift auch die Wortklauberei in Beitrag #3. Korrekt, die Ausdrucke müssen zwangsläufig aus einer digitalen Quelle erfolgen. Diese wären aber dann gleichwohl nicht erstattungsfähig (was auch die Schine der rechtspflegerischen Argumentation zu sein scheint), wenn deren Herstellung nicht geboten war (lit. a), z.B. weil die digitalen Akten zur Bearbeitung des Mandats ausreichend waren (die moderne Kanzleiausstattung… vielleicht hilft hier ja ein Ortstermin mit der Rechtspflegerin?).
Fraglich ist die Argumentation allein soweit, als die Notwendigkeit der Herstellung von Kopien unbestritten ist, die Rechtspflegerin sich aber auf den Standpunkt stellt wegen der Anfertigung _auch_ digitaler Abzüge müsse ein Erstattungsanspruch entfallen. Denn dann wäre es willkürlich in solchen Fällen zu erstatten in denen die Akten zunächst kopiert (und nach Erstattung eingescannt) werden, die Erstattung jedoch zu verweigern, wenn die Akten zunächst gescannt und aus der persistenten Datei heraus gedruckt würden.
Was bei diesen Argumentationen immer gänzlich unter den Tisch fällt, sind die Personalkosten. Der Kollege Hoenig rechnet hier 120 Euro für 684 Seiten ab. Papierkosten sind das runde 3 Euro, Toner 7 Euro, rechnen wir runde 10 Euro Material.
Dass die Sekretärin zwei Stunden damit beschäftigt ist, Heftklammern und Trennblätter zu entfernen und hinterher wieder einzusetzen, den Papierstau im Einzug zu entfernen, weil der staatsanwaltschaftliche Kaffeefleck die Blätter zusammengebacken hat, sorgfältig zu kontrollieren, dass tatsächlich auch jede (Rück-) Seite vervielfältigt wurde, eventuell noch den badischen Aktenknoten zu lösen und hinterher wieder hinzufriemeln, die ganze Akte wieder zu verpacken und zurückzuschicken, das steckt in den restlichen 110 Euro alles drin.
Und all diese Tätigkeiten fallen an, egal oder das Vervielfältigungsprodukt nun ein Stapel Papier oder eine PDF-Datei ist.
Im Ergebnis scheint mir die Rechtspflegerin Recht zu haben. Anhörung und Begründung hätten etwas präziser ausfallen können (okay, wann nicht?). Aber wenn man – wie Max – die Argumente einmal herausarbeitet, hat das doch viel für sich.
Und es erscheint in der Tat etwas kurios, als Rechtsanwalt einerseits auf die Übersendung digitaler „Kopien“ zu drängen, diese dann aber ausdrucken zu wollen. Ist auch erklär- und argumentierbar, ja, aber zur Erforderlichkeit müsste man da m. E. erst einmal Überzeugungsarbeit leisten.
Berichten Sie uns, wie die Sache ausgeht, Herr Hoenig?
Kann man der Person nicht vermitteln, daß es gar nicht um den Preis von wohlfeilen Blättern Papieres (und ein bißchen Tonerstaub) geht, sondern um den Zeitaufwand? Irgendwer muß die Papierakte ja sorgsam, Blatt für Blatt, auf den Scanner legen, kontrollieren, ob wirklich jede Seite kopiert oder gescant wurde, und in der richtigen Reihenfolge wieder einheften. Dafür gibt es noch keine Maschine, und einen Fremdservice darf ein Anwalt hierfür gewiß nicht nutzen.
Als Grafiker schreibe ich für solche unkreativen, aber notwendigen Arbeiten „Handling“ in die Rechnung, zu einem niedrigeren Stundensatz. Andere Berufe haben das ebenfalls.
Ich würde ja „lol“ schreiben, wenn die SAche nicht eigentlich so traurig wäre. Naja, jetzt wird sich ein Richter damit befassen müssen, aber an die Kosten scheint die Rechtspflegerin nicht zu denken.
Mich würde mal folgendes interessieren: Wie gedenkt die Dame denn zu entscheiden, wenn erst (rein analoge!) Kopien erstellt werden, und diese dann alsgleich (womöglich sogar automatisch, mit einem ans Kopierer-Ausgabefach angedockten Ssanners) einzuscannen?
Ich sehe hier schon eine neue Marktlücke aufkommen: Rein analoge Kopierer mit nachgehend angeschlossenem Scanner. Das Xerox (Minolta, oder wer auch immer) Anwaltsmodel…
@ Kinki (#7):
Richtig, sie haben aber noch die Abschreibung / Miete (je nachdem, wie crh das macht) vergessen. Der Kopierer kostet ja auch.
Überraschend ist nicht die sehr penible Auslegung der Rechtspflegerin, sondern das die elektronische Kopie und deren pauschale Vergütungen immer noch nicht in den VV geregelt sind.
Und das ein Jahr vor Einführung des digitalen Briefkastens für die Anwälte…
Einstweilen wäre zu überlegen, ob der geflissentliche Anwalt nicht erst die Papierakte kopiert, die Kostenerstattung abwartet und d a n n eine digitale Sicherheitskopie herstellt…
Wenn eine digitale Kopie keine „Kopie“ im Sinne der VV 7000 RVG ist, weiß ich auch nicht mehr. Wo steht (Kommentierung, Entscheidung, woauchimmer), dass es eine PHYSISCHE Kopie des Akteninhalts sein muss (wobei man sich darüber streiten kann, ob Bits und Bytes nicht auch irgendwo physische Kopien sind)?
Auch, wenn ich gerne mal Lanzen für Kollegen breche, aber die Entscheidung ist auch aus meiner Sicht rechtlich nicht haltbar.
@ Rechtspfleger, # 13:
Auch wenn ich diese Auslegung sypathisch finde, deckt sie sich wohl nicht mit der Idee des – freilich kostenbewussten – Gesetzgebers. Ich verweise insofern auf die Kommentierung im Beck’schen Online-Kommentar zum RVG (Rdnr. 4 f. zu Nr. 7000 VV RVG):
„Eingescannte Dokumente. Die neue Generation von Kopierern ermöglicht das Einscannen von Schriftstücken ohne die Fertigung eines entsprechenden Ausdrucks. Die Dokumente können dann auf einem Datenträger (zB CD-Rom) gespeichert oder als elektronische Datei versandt werden. In derartigen Fällen wurde vor dem 1.8.2013 die Dokumentenpauschale (auch ohne Ausdruck) vielerorts ebenfalls zugebilligt, da es sich auch um eine Vervielfältigung zwecks sachgerechter Verwendung handelt und die Dokumentenpauschale – jedenfalls vorrangig – den dadurch bedingten Aufwand und nicht die Papierkosten im Auge hat (BayLSG BeckRS 2013, 66018; OLG Bamberg NJW 2006, 3504; LG Dortmund BeckRS 2010, 04595; LG Arnsberg 12.3.2014 – I 5 T 18/14). Man hat dies damit begründet, dass der der Wortlaut der Vorschrift zwar nur von Kopien und Ausdrucken spreche, jedoch nicht die technische Entwicklung berücksichtige, so dass eine analoge Anwendung geboten erschien.
Dieser Ansicht hat der Gesetzgeber mit Änderung der VV 7000 zum 1.8.2013 eine eindeutige Absage erteilt. Durch das 2. KostRMoG wurde in allen Kostengesetzen den Begriff „Ablichtung“ durch den Begriff „Kopie“ ersetzt. Dadurch sollten Missverständnisse bei der Erstellung von elektronischen Dokumenten (Scans) vermieden werden. Da auch beim Scannen idR das Papierdokument „abgelichtet“ wird, wurde zum Teil unter den Begriff der „Ablichtung“ auch ein eingescanntes Dokument verstanden. Nunmehr hat der Gesetzgeber klargestellt, dass es sich hierbei gerade nicht um Ablichtungen iSd geltenden Rechts und damit auch nicht um Kopien im kostenrechtlichen Sinne handelt. Kopie iSd Kostenrechts ist die Reproduktion einer Vorlage auf einem körperlichen Gegenstand, bspw. Papier, Karton oder Folie (BT-Drs. 17/11471 (neu), 284 und 156). Auf die Rspr., die die Dokumentenpauschale auch für eingescannte Dokumente zugesprochen hat, kann somit seit dem 1.8.2013 nicht mehr zurückgegriffen werden.“
Wie gesagt, sachnäher ist die frühere Auslegung, da dudrch den Scan ja lediglich Toner- und Papierkosten entfallen, alles andere aber unverändert bleibt.
SChade,
Was machen denn Eure hübschen Praktikantinnen den ganzen Tag?
Die Kosten sind zu erstatten da es sich prinzipiell bei den Kopie ja auch um Kopien für den Mandanten handeln kann. Eine ordnungsgemäße Verteidigung setzt voraus, dass der Mandant den vollständigen Inhalt der Akte kennt.
Wieso sollte eine (digitale) Abbildung ausreichen? Das darf doch wohl der Anwalt selber entscheiden, ob er lieber in der Papierakte oder in einer elektronischen Akte arbeitet…
Bei dieser Argumentation bin ich schon froh, daß im RVG nichts von „Abschriften“ steht…
Kann man der guten Frau Rechtspflegerin gleich eine DA reindrücken oder muß man versuchen, den von ihr verzapften Schwachsinn noch auf eine andere Art und Weise aus der Welt zu schaffen?
Wieviel Geld hat die Frau Rechtspflegerin bisher für diesen Fall wohl schon abgebrannt?
Die Arbeitszeit der guten Dame scheint gering dotiert zu sein, wenn man bedenkt wieviel Zeit sie für diesen Vorgang verschwendet. Da geht jemand echt sorglos mit unseren Steuergeldern um.
Die staatliche Kontrolle der Kostenabrechnung ist grundsätzlich notwendig, um unberechtigte Forderungen abzuwehren und staatliche Untreue zulasten des Steuerzahlers zu verhindern.
Die Auffassung, eine digitale Kopie sei keine „Kopie“ im Sinne von VV 7000 Nr. 1a RVG ist auch nach der Gesetzesänderung völlig unhaltbar.
Ein Fotokopiergerät speichert die Ablichtungen ja auch erst einmal in einen elektronischen Zwischenspeicher bevor er sie wieder ausdruckt. Schon der normale Kopiervorgang wäre somit keine „Kopie“ im Sinne der Norm mehr, sondern ein Ausdruck einer elektronischen Kopie.
Und auch im materiellen Strafrecht dürfte der Gedanke, eine elektronische Kopie sei ja gar keine Kopie, völlig neue Verteidigungsansätze eröffnen…
Auf so einen Unsinn kann wirklich nur die Justiz kommen.
@crh zu #13:
Rechtsmittel einlegen, was anderes bringt nichts ;-) Es gibt einige Rechtspfleger, die nicht belehrbar sind (in manchen Gebieten muss ich das für mich leider auch eingestehen). Angesichts der Hartnäckigkeit der Kollegin bei der Frage, ob denn AUSSCHLIEßLICH Papierausdrucke als Kopien vorliegen, ist eine Abhilfe nicht zu erwarten.
Vielleicht hört der zur Entscheidung berufene Richter ja auch mal den Bezirksrevisor an und der gibt zu, dass Sie in diesem Fall Recht haben ;-)
Als Zwischenruf aus der IT-Ecke und für alle zum Mit- bzw. Hinter-die-Ohren-Schreiben:
Ein „analoges“ Kopiergerät war, ist und bleibt ein Oxymoron! Wie bereits von anderen Kommentatoren korrekt dargestellt, wird beim Kopieren mit einem solchen Gerät IMMER, zumindest temporär, eine digitale Kopie erstellt und das Ergebnis dann gedruckt.
Es sei denn, man verwendet einen Kopierer von der Scheibenwelt. Der wäre dann analog. Allerdings müsste dann der kleine Dämon, der im Gerät sitzt und in Windeseile alles abpinselt, separat entlohnt werden *SCNR*
@Sysadmin: Es gab mal in grauer (so kamen die Kopien da raus) Vorzeit, echte analoge Kopiergeräte, bei denen keine Digitalisierung stattfand sondern die Belichtung der Photoleitertrommel als fotografischer Prozess erfolgte.
Diese Geräte (noch Ende der 1980er) erkannte man daran, dass für Mehrfachkopien die Originale mehrfach eingezogen wurden oder (mechanisch sehr spannend) in einem Arbeits-Papierfach abgelegt und von dort dann in den Sorter verteilt wurden. Das auch für doppelseitige Kopien…
@Sysadmin #24
Ein Kopierer, der nach dem Xerographie-Verfahren von 1938 arbeitet, erstellt sehr wohl ein ephemeres, elektrostatisches, analoges Abbild auf einem Zylinder aus halbleitendem Material. Offensichtlich ist dies der Stand der Technik bei Berliner Gerichten.
Stimmt, die Nasskopierer hatte ich ganz vergessen, die waren auch toll. Und man konnte mit dem Fingernagel Anmerkungen zu den Kopien schreiben :-(
In meiner Schule wurden diese wertvollen Kopien (Kosten im Schulbetrieb so ca. 50 Pfennig/Stück) daher zwei Tag zum Trocknen hingelegt und dann laminiert (ab etwa 1975).
So moment, bin ich der einzige der hier „Kopien UND AUSDRUCKE“ liest? Offensichtlich wurde hier zwar keine Papierkopie angefertigt, aber doch ganz klar ein Ausdruck?!
@Sonstwer, Sandra:
Ihr habt Recht. Me culpa. Die analoge Welt blendet man als IT’ler gerne mal aus.
Die Norm unterscheidet zwischen
– Kopien und
– Ausdrucken.
Ob ein „Scan“ als „Kopie“ im Sinne dieser Vorschrift zu verstehen ist, erscheint sehr fraglich. Kopieren meint die Herstellung eines möglichst naturgetreuen Doppels, aber ein Scan erzeugt kein Doppel, sondern eine digital gespeichertes Bild des Objektes.
Funktional und im Sprachgebrauch einiger ist das eine Kopie, aber m. E. nicht im Sinne dieser Norm. Umgekehrt würde man doch auch nicht von einer Kopie sprechen, wenn man eine Datei ausdruckt – sondern eben von einem Ausdruck.
Nun sind zwar auch Ausdrucke erstattungsfähig – jedoch nur Ausdrucke „aus“ der Behörden- oder Gerichtsakte. Dem Wortlaut nach umfasst das nur den Fall, dass diese Akte digital geführt wird, der Rechtsanwalt eine Kopie dieser Datei(en) erhält und diese dann ausdruckt.
Wenn er erst selbst einen Scan herstellt und diesen dann ausdruckt, ist das nicht dasselbe.
Das ist auch zu unterscheiden von der Herstellung einer Kopie mittels eines digitalen Scanners: Dort ist der Scan reiner Zwischenschritt, während der Scan für die Benutzung am PC ein eigenständiges Ergebnis ist.
Ein Gericht mag die Norm hier über ihren Wortlaut hinaus auslegen, um einen vermuteten gesetzgeberischen Fehler zu korrigieren – aber sicher ist das nicht.
Es mag durchaus sein, dass der Gesetzgeber es eben nicht vergüten wollte, wenn ein Rechtsanwalt zur tatsächlichen Arbeit einen Scan herstellt und sich später nur zu Vergütungszwecken das ganze ausdruckt, und das nicht nur über die „Gebotenheit“ verhindern wollte, sondern auch über die präzise (Nicht)Erfassung verschiedener technischer Vorgänge.
@ Leser / #30:
Ich widerspreche. Kopie meint nunmal die Herstellung einer Kopie, also eines (um sie zu zitieren) „möglichst naturgetreuen Doppels“. Von mir aus können wir das sogar noch gerne weiter einschränken, in dem wir sagen „eines möglichst naturgetreuen physischen Doppels eines physischen Originals“.
Genau das hat crh getan: Er hat ein (physisches) Original in den Prozeß / die Maschien gegeben, und als Ergebnis ein physisches, ziemlich originalgetreues Doppel erhalten. Also eine Kopie.
Nirgendwo steht geregelt, dass der Prozße nur nach einem haarklein definierten Schema ablaufen darf, nirgendwo steht gereglt, welche detailierte Art von Geräten und in welcher Konfiguration verwendet werden darf.
Wie hier schon mehrfach geschrieben, heutige Kopere arbeiten eh digital. Das heßt der Prozeßablauf ist Einlegen -> Scannen -> Speichern -> Drucken -> Löschen.
Weder sehe ich eine Vorschrfit, die es verbietet, den letzten Schritt (löschen) wegzulassen, noch sehe ich eine Vorschrift die vorschreibt, dass der ganze Prozeß automatisch abzulaufen hat (der Benutzer in also nur anstoßen darf) und man die einzelnen Schritte nicht /zum Teil) manuell ausführen darf.
Dieser Unfug muss auch dringend im Gesetz geändert werden. Akten sollten grundsätzlich nur noch elektronisch geführt werden. Wenn Richter, Staatsanwalt oder Verteidiger den Quatsch ausdrucken wollen, dann doch bitte auf eigene Kosten.
Allein die CO2-Bilanz des Papiers der unsinnigen Ausdrucken für starrsinnige Juristen ist verheerend. Bei recyceltem Papier liegt das bei ca. 1 kg Papier zu 1 kg CO2.
684 Seiten * 3.8 g/Seite (60 g/qm) = 2,6 kg Papier => 2,6 kg CO2. Bei Normalpapier sogar über 3 kg!
Und den ganzen Quatsch dann noch vom Staat subventioniert. Da sehe ich dringenden Änderungsbedarf.
@ WPR bei WBS
Würden Sie eine Vergütung pro Seite nach dieser Norm als angezeigt ansehen, wenn eine digitale Akte digital kopiert wird?
Vielleicht führt das zu dem Problem, dessen Existenz einige hier verneinen: Mit „Kopie“ meint der Normgeber erkennbar eine physische Kopie einer physischen Aktenseite. Das mag man idiotisch finden, über CO2-Bilanz und über pingelige, überbezahlte Rechtspfleger fabulieren – bitte, einiges davon teile ich. Aber das ändert nicht den Wortlaut der Norm. Und der enthält da nun einmal einen Stolperstein, an dem der Kollege CRH offenbar hängen geblieben ist. Vielleicht wird eine Beschwerde darüber hinweghelfen, vielleicht nicht – ich bin auf das Ergebnis gespannt, das hier ja hoffentlich veröffentlicht wird.
@ Leser:
Sie haben mich nicht richtig verstanden (oder ich mich nicht richtig ausgedrückt):
Wie ich schon schrieb, ich sehe es genau so, dass mit „Kopie“ das physische Duplikat eines physischen Originals gemeint ist. Nur: Genau das hat crh gemacht, er ist da nirgendwo hängen geblieben.
Er hat einen (technischen) Prozess gestartet, der (grob gesprochen) aus einlesen des Originals und anschließender Produktion auf Papier bestand. Das ist genau das, was ein Kopiergerät nun mal macht.
Nirgendwo ist definiert, dass dieser Prozeß nur dann „kopieren“ ist, wenn er mit nur einem Tastendruck anstatt mit zwei Tastendrucken vonstatten geht. Es ist auch nirgendwo definiert, dass es sich nicht um kopieren handelt, wenn neben dem eigentlichen Ergebnis des Prozesses (die physische Kopie) weitere verwendbare Nebenprodukte abfallen.
Ansonsten kürzen die Rechtspfleger demnächst noch die Fahrtkosten, weil im Auto die Heizung angeschaltet wurde, und man dafür ja schließlich nicht zahle.
Die unterschiedliche Sichtweise in Blog sowie zwischen dem Kollegen und der Rechtspflegerin mag in unterschiedlichen Annahmen zum Sachverhalt begründet sein.
Die Darstellung enthält meinem Überblick nach ggw. keine Angabe dazu, wann die Seiten ausgedruckt wurden und ob – ggf. wozu – das von Anfang an beabsichtigt war. Denn da mag der Unterschied liegen.
Wenn das Scannen bloßer technisch erforderlicher Zwischenschritt ist, wird wohl unstreitig eine Kopie gefertigt. Wenn aber zeitlich und nach Absicht des Anwenders erst ein Scan gefertigt wird, der dann vielleicht auch noch ausgedruckt wird, wird es knifflig in Bezug auf „Kopie der Akte“ vs. „Ausdrucken eines Scans“ und bgzl. der Gebotenheit, letzteres gerade vor dem Hintergrund, dass der Kollege sehr öffentlich und sehr vehement für digitale Aktenführung eintritt.
Was das Ergebnis ist, wird man sehen müssen. Rechtlich wie tatsächlich mag es da noch Diskussionsbedarf geben. Ich bin gespannt auf Ergebnis und dessen Begründung.
@ Leser:
Wenn Sie auf den Auszug aus crh’s Begründung klicken kommen Sie einem PDF mit dem kompletten Brief. Da geht er auf Ihre Punkte ein.
Konkret: Er hat die Akten eingelegt, „Kopieren & Scannen“ gewählt, und auf los gedrückt. Das MuFo-Gerät hat daraufhin alles gescannt, dann sofort alles gedruckt und gleichzeitg die eh entstandenen digitalen Daten irgendwo (vermutlich FTP-Server) abgelegt.
Aber, wie ich ja schon schrieb: Die Frage wieviele Sekunde / Minuten da jetzt zwischen liegen, ist für mich unerheblich. Der springende Punkt ist, dass es sich um einen Prozeß handelt, der physische Duplikate von physischen Originalen erzeugt. Die Definition von Kopie.
@ Leser 35 der Beitrag erweckt den Eindruck crh hab nur deshalb Ausdrucke angefertigt, um die Pauschale abrechnen zu können.
Dem widerspreche ich, ein Dokument digital sicher aufzubewahren erfordert durchaus einigen Aufwand: verschlüsseln/hashquersumme erstellen, Dokument und keyfile speichern und von beidem auch ein Backup speichern. Bei mehrjährigen Aufbewahrungszeiten kommt ggf auch noch ein Umkopieren aufgrund Medien/Technikwechsel dazu.
Ist schon etwas mehr, als nur einen ‚Scan‘ oder ‚Save‘ Button zu drücken.
Soweit ich es verstehe ist die Pauschale ja hauptsächlich für den damit verbundenen Arbeitsaufwand gedacht, der ist digital so viel weniger nun nicht.
Also als Rechtspfleger der Kosten in Zivil und in Straf festsetzt und festsetze hätte ich das angewiesen. Mir ist doch klar, dass der Verteidiger die Akte braucht und den Inhalt kennen muss. Wenn also die Anzahl der Kopien zur Akte passt: Haken dran und festsetzen.
Aber ich bin vielleicht zu pragmatisch ;)
[…] wenn es nicht so ein grausames Beispiel von Amtsschimmel und Erbsenzählerei wäre. Es geht um die Möglichkeit von Pflichtverteidigern, ihre Kopierkosten abzurechnen, aber eben nur wenn sie Papierkopien machen. Scannen sie etwas und drucken es später aus, dann […]
[…] wenn es nicht so ein grausames Beispiel von Amtsschimmel und Erbsenzählerei wäre. Es geht um die Möglichkeit von Pflichtverteidigern, ihre Kopierkosten abzurechnen, aber eben nur wenn sie Papierkopien machen. Scannen sie etwas und drucken es später aus, dann […]
Mal technisch gesehen: „Analog“-Kopierer stehen normalerweise im Museum.
Stand der Technik: der „Kopierer“ erstellt ein Scan, schiebt diesen in den Speicher und druckt diesen – also den Scan – aus: Sofort, demnächst oder nie.
Der Gesetzgeber wollte doch auch gar nicht die Kosten der Kopien und Ausdrucke ersetzen. Die sind mit 50 Cent pro Seite für die ersten 50 Kopien und 15 Cent pro Seite für jede weitere Kopie viel zu hoch angesetzt (ich glaube, wir zahlen an unseren Kopierer-Vermieter 1,5 Cent pro Kopie).
Es sollen vielmehr die Kosten vergütet werden, die dadurch entstehen, daß irgendein ein Büromitarbeiter (im Zweifel der Anwalt selbst) an das Gerät stellen muß und den nervigen Scan-/Kopiervorgang durchführen muß. Schon deshalb ist die Unterscheidung zwischen Scan und Kopie Unsinn.
Viel eher sollte man doch fragen, weshalb „Ausdrucke“ digital zur Verfügung gestellter Akten ebenfalls mit 50/15 Cent pro Kopie vergütet werden, denn das bereitet gar keine Mühe, sondern erfordert lediglich einen Tastendruck.
siehe auch http://blog.burhoff.de/2015/07/scan-undoder-ausdruck-was-wird-bezahlt-oder-reihenfolge-wichtig/
Das LG Berlin hat also am 23.07.2015 in anderer Sache die Auffassung vertreten, die die Rechtspflegerin hier auch angewendet hat.
Ich hoffe, wir erfahren hier, was bei der Beschwerde in dieser Sache herauskommt.
#DasWollenWirDochMalSehen
Ich wäre ja dafür, jetzt eine völlig neue Auslegungsmethode zu erfinden. Man könnte sich überlegen, dass man neben dem Wortlaut eine Norm auch nach deren Sinn und Zweck auslegt. Das könnte man dann teleologische Auslegung nennen.
Unstreitig darf ein Anwalt sich eine Kopie (in Papierform) einer Akte anfertigen und sich, „soweit deren Herstellung zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache geboten war“, die Kosten erstatten lassen. Sinn und Zweck der Vorschrift dürfte sein, dass dem Anwalt durch die Erstattung der Kopierkosten die „sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache“ ermöglicht wird.
Auch wenn durch den veränderten Wortlaut durch das 2. KostRMoG reine Scans nicht mehr erstattungsfähig sein sollen (was inhaltlich durchaus diskussionswürdig ist, da der wesentliche Teil der Kosten – wie schon mehrfach angemerkt – bereits hier entsteht), sind durch den Ausdruck derselben in einer Gesamtbetrachtung (mindestens) die gleichen Arbeitsschritte notwendig, es entstehen mithin die gleichen Kosten und das Ergebnis ist eine Kopie der Akte in Papierform, mit welcher der Anwalt arbeiten kann. Um dem Anwalt auch über diesen Weg die „sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache“ zu ermöglichen, sind nach Sinn und Zweck der Regelung die Kosten zu erstatten.
Nur mal so als Überlegung.