Sehr viele Ermittlungsverfahren, in denen es um Betäubungsmittel geht, beginnen mit einem Telefonat, an dem drei Personen beteiligt sind: Der Anrufer und der Angerufene, die sich unterhalten und ein Ermittler, der sich diese Unterhaltung anhört.
Das ist in der Szene natürlich auch bekannt. Deswegen nutzt man in der Regel Telefonkarten, die keine Rückschlüsse auf den Telefonisten zulassen. Man besorgt sich also Prepaid-Karten, bei deren Erwerb man sich nicht registrieren lassen muß. Die gibt’s im Ausland, bei eBay oder beim freundlichen Gebrauchthandydealer auf der Sonnenallee. Oder beim Discounter, der die Personalien nicht so genau überprüft.
Die Ermittler sind aber durchaus imstande, auch solche Telefone zu überwachen. Für den richterlichen Beschluß nach § 100a StPO sind nämlich die Personalien des Besitzers nicht zwingend erforderlich (§ 100b II Nr. 1 StPO), die Rufnummer reicht aus. Das führt im Einzelfall zu lustigen Ergebnissen.
Im Rahmen einer Ermittlung gegen ein paar „Landwirte“ bekommen die Protagonisten mit, daß ein Handy abgehört wird. Das führt zur sofortigen Entsorgung des Telefons und der SIM-Karte. Aber nicht in die Gelbe Tonne der Berliner Stadtreinigung (BSR). Sondern – das Ding funktioniert ja noch, kann man doch nicht einfach wegschmeißen – hier:
So oder so, mit der Entsorgung haben unsere Anbauern dann eine Sorge weniger. Und die Abhörer hören erstmal nichts mehr.
Nun gibt es andere Menschen, die sich ihr schmales Einkommen mit einem Zubrot aufbessern möchten, aber nicht über das notwendige Startkapitel verfügen. Es hat sich in dieser – sagen wir mal – Hobby-Szene herumgesprochen, daß es kostengünstige gebrauchte SIM-Karten und Telefone quasi an jeder Ecke in Neukölln und Kreuzberg gibt.
Und wie es der Teufel will, erwirbt unser Hobbydealer das oben beschriebene entsorgte Handy samt Karte (extrem günstiges Schnäppchen!) und verabredet sich mit seinen Stammkunden.
Der vorübergehend still gelegte Abhörer wundert sich über die neuen Stimmen am Telefon und stellt fest, daß das, was da besprochen wird, mit seinem ursprünglichen Fall nichts zu tun hat. Plötzlich geht es nicht mehr um einen Kräutergarten (vulgo: Cannabisplantage), sondern um die Versorgung der Gäste einer Gaststätte mit Turnschuhen (vulgo: Kokain i.n.g.M. – § 29a I 2 BtMG).
Der Turnschuhlieferant hat da wohl am falschen Ende gespart. Oder er war zu ungeduldig. Wenn er das Schnäppchen erst einmal für drei Monate in die Schublade gelegt hätte, wäre die Frist des § 100b I Satz 4 StPO abgelaufen und eine weitere Überwachung nahezu ausgeschlossen.
Verflixte Technik aber auch. Es geht doch nichts über ein persönliches Gespräch …
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Das ursprüngliche Bild war von © Tim Reckmann via pixelio.de. Er verschickt aber auch Rechnungen für die Veröffentlichungen seiner Photos, deswegen habe das Bild vom Server genommen und entsprechend ersetzt.
[…] Rechtsanwalt Carsten Hönig berichtet, kann man beim Kauf einer gebrauchten Prepaid SIM den Zuhörer gleich dabei haben. Ein Kokaindealer […]
Was für schöne Themen für eine zivilrechtliche Hausarbeit:
„Bestehender Beschluss nach § 100a StPO als Mangel der Kaufsache“
„Verabredung von Drogengeschäften als vertraglich vorausgesetzter Gebrauch eines Mobiltelefons“
„Schadensersatzanspruch wegen Ermittlungsverfahren“
@Leser: Da musste ich grade wirklich schmunzeln. Ich seh schon nen Prof sich die Hände reiben über solch tolle Ideen :-D
@Backlink („Prepaid SIM …“: Das ist Bullshit. Die PrepaidSIM wurde schin vor dem Wiederverkauf abgehört.
Herr Hoenig schrieb es doch: Nicht am falschen Ende sparen und für Straftaten ‚gebrauchte‘ SIM-Karten kaufen!
@Mitleser – oder sie halt auf Vorrat kaufen und erstmal liegen lassen… ;-)
Die Sprach- und Stimmerkennung ist seit den Frühzeiten in den Neunzigern mächtig perfektioniert worden. Wegwerf-Handies und SIM – Karten bringen im Zweifelsfall nicht mehr so viel, wie früher einmal. Marktgängige Kryptohandies sind zunächst einmal vor allem auffällig und haben einen „Fingerabdruck“. Falls sie vorwiegend ortsmäßig in der Nähe von überwachten Mobiltelefonen betrieben werden, muss man sich dann nicht wundern.