Mittwochs-OWi: Eine Linie ist kein Punkt

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Der Vorwurf
Eine einfache Geschwindigkeitsüberschreitung.

Das Problem
Die Fahreridentität war nicht mehr in Abrede zu stellen. Der Mandant hatte bereits auf die erste Anhörung eingeräumt, der Fahrer gewesen zu sein, als das Auto mit einem Lichtschrankenmessgerät gemessen wurde. Also blieb noch die Frage nach der korrekten Bedienung der Technik durch die Polizei.

Die Verteidigung
In solchen Fällen sind Kenntnisse des Verteidigers über den Aufbau der Messeinrichtung von entscheidendem Vorteil. Hier ging es nun um eine Linie, um die sogenannte Fotolinie. Damit man überprüfen kann, ob das Fahrzeug richtig gemessen wurde und auch, ob das Gerät korrekt aufgestellt wurde, muss die Fotolinie, also die Linie, auf der die Kamera auslöst, dokumentiert werden. Und zwar auf einem Extrafoto.

Eine Linie ist aber eine Linie ist eine Linie. Und kein Punkt. Allein an einem einsamen Punkt kann man keine eindeutige Linie ausrichten, sondern unendlich viele. In dieser Akte fehlte die Dokumentation der Messlinie. Der Beamte hatte lediglich eine Stelle – einen Punkt – auf der Leitplanke markiert.

Das Ergebnis
Die Messlinie konnte nicht nachvollzogen werden und damit war die Richtigkeit der Messung nicht überprüfbar. Das Verfahren wurde sanktionslos nach § 47 II OWiG eingestellt. Keine Geldbuße, keine Punkte und kein Fahrverbot.

Nebenbei:
Wer meint, er brauche in Bußgeldsachen keinen Verteidiger, oder wer sich keinen leisten möchte – der kann sich ja mal zu unserem kostenlosen eMail-Kurs anmelden: Selbstverteidigung in Bußgeldsachen. Mit ein bisschen Glück geht’s auch ohne Verteidiger.

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Bild: © E. Kopp / pixelio.de

Dieser Beitrag wurde unter Mittwochs-OWi, Ordnungswidrigkeitenrecht veröffentlicht.

5 Antworten auf Mittwochs-OWi: Eine Linie ist kein Punkt

  1. 1
    Hansi Popansi says:

    Einstellung heißt aber, der Mandant darf seine Anwaltsgebühren selber bezahlen, sofern er nicht RS-versichert ist, oder?

    • Das ist richtig und in Berlin leider die häßliche Regel. Nur im Fall eines Freispruchs wäre das Land verpflichtet, die „notwendigen Auslagen“ (d.h. insbesondere die Verteidigerkosten) zu erstatten. Und genau das wollen (sollen?) die Richter vermeiden. Gegen die Einstellung nach § 47 II OWiG gibt es im Übrigen kein Rechtsmittel. crh
  2. 2
    reChtHabEr says:

    Eigentlich sollen auch in solchen Fällen die notwendigen Auslagen der Staatskasse auferlegt werden. Hier: http://www.123recht.net/Achtung-Haftungsfalle-fuer-den-Rechtsanwalt-__a119115.html beschreibt’s ein Kollege. Hat bei mir bisher auch nie geklappt…:-(

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    emhazett says:

    Lieber Herr Hoenig,

    ich freue mich über jede positive Entscheidung in VOWi-Sachen.

    Aber natürlich wissen Sie genauso gut wie ich, dass die Messung mit sachverständiger Hilfe hätte gehalten werden können – und zwar auch OLG-(bei Ihnen dann wohl KG-)fest.

    Daher ja auch § 47 Abs. 2 OWiG und kein Freispruch..

    Dennoch sehr schön :)

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