Das Bundeszentralregister (BZR) gibt auch dem Verteidiger ein paar Hinweise, mit welcher Art des Mandanten er zu tun hat. Handelt es sich eher um ein Exemplar aus der robusten Kategorie oder trägt er seidene Hemden? Zahlreiche Ladendiebstähle im BZR geben ebenso Aufschluß über die soziale Integration wie die klassischen Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz. Auch Verteidiger arbeiten hier gern mit Schubladen, räume ich ein.
Eine ganz seltene Spezies ist mir nun untergekommen:
„Straftaten gegen die Pflicht zur militärischen Dienstleistung“ haben in jüngerer Zeit eher Seltenheitscharakter, jedenfalls in unserer Kanzlei. Der § 15 WStG gehört sicherlich heute nicht mehr zu einem Massendelikt.
Das war „zu meiner Zeit“ noch anders. Ich mußte erst mühsam eine verwaltungsrechtliche Streitigkeit (Einberufung – Widerspruchsverfahren – (erfolgreiche) Klage vor dem Verwaltungsgericht) ausfechten, bevor man mich aus dem Geltungsbereich des Wehrstrafgesetzes entlassen und mich von meiner Pflicht zur militärischen Dienstleistung entbunden hat. Das war damals echt knapp.
Ansonsten wären das die Hausnummern gewesen, die der Reihe nach in dem Strafregister eines sturen Siegerländers gestanden haben dürften:
Straftaten gegen die Pflichten der Untergebenen
§ 19 Ungehorsam
§ 20 Gehorsamsverweigerung
§ 21 Leichtfertiges Nichtbefolgen eines Befehls
§ 22 Verbindlichkeit des Befehls, Irrtum
§ 23 Bedrohung eines Vorgesetzten
§ 24 Nötigung eines Vorgesetzten
§ 25 Tätlicher Angriff gegen einen Vorgesetzten
§ 27 Meuterei
§ 28 Verabredung zur Unbotmäßigkeit
§ 29 Taten gegen Soldaten mit höherem Dienstgrad
Glücklicherweise habe ich mich dann als Kriegsdienstverweigerer mit staatlich geprüftem Gewissen und engagierter Zivildienstleister um obdachlose Menschen kümmern dürfen, denen ich mich noch heute verbunden fühle.
Zwischen einem sauberen Führungszeugnis und Eintragungen in Bibliotheksstärke sind die Grenzen sehr oft sehr dünn.
Gratulation.
Einer der größeren Fehler meiner Jugend war der temporäre Beitritt zum tarngefleckten Kasperleverein.
Wäre als Zivi schneller fertig gewesen, hätte bei der richtigen Zivistelle mehr verdient, wäre nicht mehrfach von irgendwelchen Idioten in Uniform durch schiere Inkompetenz fast gehinunfallt worden, nicht fast an – trotz diagnostizierter Grippe – durchzuführendem Dienst im Freien verreckt und hätte schließlich mangels Erfahrungen noch einen Rest an Respekt vor dem gesamtdeutschen Truppenkörper erhalten.
Muß ich erwähnen, das es nicht die beste Erfahrung meines Lebens war? Dabei war ich wohl nicht mal ein schlechter Soldat, und bin auch vorstrafenlos geblieben. Zumindest wurde ich hinterher gefragt, ob ich nicht Zeitsoldat werden wöllte. Das Gesicht vom Zivilangestellten, als ich schallend loslachte, hab ich immer noch vor Augen.
Auf der positiven Seite: Ich kann seitdem bei dem größten Schwachsinn mitmachen und gleichzeitig ein geradezu unglaubliches Pokerface aufrechterhalten. Und das ich als damaliger Nachschubler eine Liebe zu Abk. entwickelt habe, d. meine heut. Koll. i. d. Wahnsinn treibt.
Ok, ok, in der Gegend rumballern war auch irgendwie cool.
Mit Zickenrott gings ohne Zivildienst…
naja, als Zivi hat man nicht mehr verdient (außer man konnte mehr abrechnen, weil man nicht in der Dienststelle futterte oder weil man eigene Klamotten trug statt Uniform) und kürzer war’s auch nicht, im Gegenteil.
Und mein Stubenkamerad damals im Altenheim versuchte sich zu erhängen, weil die Altenpflege ihn überforderte … auch keine schöne Situation.
Und eher hirnlose Vorgesetzte gab’s auch reichlich … so toll war Zividienst auch nicht.
@Roland:
Doch – wenn man eine Stelle mit Schichtdienst oder auswärtiger Tätigkeit erwischte.
Wir hatten bis, na, so 2006 oder 2007 immer mal wieder Zivis mit eben Auswärtstätigkeit bei mir an der Arbeitsstelle (ich arbeitete damals für ein Landesamt). Und wenns nicht zwischendurch eine wesentliche Steigerung desselbigen gab, war deren Verdienst im Vergleich zu den maximal 4,5 Mark am Tag oder was es für den Wehrdienstler gab schon ordentlich. Plus, ich hätte damals daheim wohnen können, ich hatte über den Vater eines Schulkameraden Aussicht auf eine Zivistelle in der Nähe.
Und Zivildienst war tatsächlich vier Monate länger – nur wurde ich erst ein halbes Jahr nach dem Abi gezogen, als Zivi hätte ich direkt anfangen können. Länger gezivit, aber früher mit dem Studium begonnen.
Wobei mir wieder eingefallen ist, das wir auch mal einen im Cafe Viereck für eine knastlose Nachbarkaserne in Verwahrung hatten. Als Wache mußten wir ihn immer zum Essen bringen und später durfte/mußte er bei mir im Nachschub helfen.
Den haben sie während der BWL-Diplomarbeit gezogen, trotz seines Einwands – er war verständlicherweise grundlegend unglücklich mit der Situation. Als ihm dann ein um einiges jüngerer Fähnrich die Welt erst erklären und dann befehlen wollte, kam es zum Streit und dann lief der Fähnrich auch noch in die Faust des BWLers. Zwei Mal.
Zwei Monate bei uns, um die dann auch noch seine Wehrdienstzeit verlängert wurde und divere Disziplinarstrafen waren, wenn ich mich recht erinnere, die Konsequenz.
Es ist schon lange Zeit her, da wurde ich auch zur Musterung geladen (der ich natürlich gefolgt bin).
Vor Ort habe ich dann nach Verweigerung der körperlichen Untersuchung und der sehr eindringlichen Androhung eines Bussgeldes (Meine Antwort: „viel Spass“) nichts mehr gehört.
Und das war wohl zu diesem Zeitpunkt nicht mehr unüblich.
Ich für meinen Teil hätte lieber das Land verlassen, als diesen ganzen Quatsch mitzumachen.
Ich war W10er, und in der 2. Woche ist bei uns einer stiften gegangen, oder wie es im deutsch in BW-einfach hieß: „UA“.
Offenbar hat er sich so dünne machen können, dass er sich hinter einer Laterne verstecken konnte – bis zu meiner Entlassung haben ihn die Feldjäger nicht einfangen können.
Hm … also ich für meinen Teil habe die Erfahrung gemacht, dass die größten Pazifisten grün tragen (die Erbsensuppentapeten gab´s damals noch nicht).
Ich erinnere mich auch, das unser Chef vor Begin der Aga´s immer ganz froh war, wenn wieder ein Rekrut seine KdV durch hatte. –> Arbeitsschutz (wie schütze ich mich vor Arbeit^^).
Als VU habe ich aber auch gelernt, dass die Beschaffungsmethoden der Fernsehserie M.A.S.H. nicht überzogen sind … naja, zumindest waren.