Razzia bei VW – ein bisschen spät, nicht?

742777_web_R_by_H. Thimm_pixelio.deWie unter anderen die Süddeutsche Zeitung heute berichtet, hat die Staatsanwaltschaft Braunschweig ein paar Volkswagen-Büros in Wolfsburg und anderenorts durchsuchen lassen. Wie alle Durchsuchungen hatten auch diese Razzien zum Ziel, Beweise zu sammeln und zu sichern, die für die strafrechtliche Bewertung der Abgas-Affäre bei Diesel-Autos von Bedeutung sein könnten.

Ich weiß nicht, wieviel Wochen schon ins Land gegangen sind, seitdem die Informationen über die gefakten Abgaswerte die Runde gemacht haben. Ziemlich sicher bin ich mir allerdings dabei, daß diejenigen, die damit rechnen müssen, als Verantwortliche an den Kanthaken genommen zu werden, die Zeit genutzt haben, um noch einmal gründlich aufzuräumen.

Aber vielleicht finden die schneidigen Kavalleristen ja noch was aus Käfers Zeiten, das sie dann noch als Jagderfolg verkaufen können. Wollten die Strafverfolger in dem Staats(nahen)konzern überhaupt etwas finden?

Dieser Beitrag wurde unter Staatsanwaltschaft veröffentlicht.

11 Antworten auf Razzia bei VW – ein bisschen spät, nicht?

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    Erwin says:

    Die kennen sich doch alle von der Feuerwehr oder vom Scützenverein ,wie das halt so ist open Dorpe.

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    meine5cent says:

    Die Vorwürfe, um die es geht, sind halt auch strafrechtlich nicht sooooo einfach, dass man eben mal per Schnellschuss einen ggf. auch einigermaßen bestimmten und ggf. zur Verjährungsunterbrechung geeigneten Beschluss erwirkt. Zumal vor ein paar Wochen nur von Manipulaitionen in den USA die Rede war (Auslandstat? Deutsche beteiligt? Strafbarkeit im Ausland?) und nicht soooo ganz klar ist, wer denn welche Straftaten begangen haben könnte (Betrug in mittelbarer Täterschaft an X VW-Diesel-Käufern? Vermögensschaden?)
    Und bei einem Großkonzern empfiehlt sich auch erst einmal eine Objektabklärung, d-h. was wird wo aufbewahrt, wo ist die Forschung und Entwicklung , wo arbeiten die eventuell Verantwortlichen etc. Damit man nicht in Wolfsburg am Werkstor steht und es dann heißt: Ätscbätsch. das ist konzernweit zentralisiert und steht in Ingolstadt oder an einem Standort in Tschechien oder Ungarn….und die Server sind in der Schweiz.

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    moep says:

    Wäre es für den Konzern und den Staat als Eigentümer von Anteilen nicht sogar besser, wenn man die Verantwortung dem kriminellen Personal zuschieben könnte?

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    WPR_bei_WPS says:

    Was viele nicht wissen: So gut wie alle Firmen haben heutzutage ein E-Mail Archivsystem. Da stehen die Emails auch drin, wenn sie alle Empfänger und Sender aus ihren Mailboxen gelöscht haben. Ganz einfach, um den Aufbewahrungsfristen für Geschäftsdokumenten / – korrespondenz zu genügen. Die einzige Frage ist: Wie wurde es konfiguriert? Nur für externe Kommunikation wuerde reichen, und dann waere man wieder aus dem Schneider. Aber ich kenne genug Firmen, die einfach alles einfangen…

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    Klobert says:

    In der Zeitrechnung bei Staatsanwaltschaften ist das doch schon fast Überschallgeschwindigkeit.

    Würde die Presse nicht über den Fall berichten und würden die Amis nicht zuschauen, wäre in drei Wochen nicht mehr als eine Aktenschieberei von A nach B erfolgt, nicht wahr?

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    NN says:

    @ WPR: Wer so blöd ist, illegale Machenschachten per email zu dokumentieren, der hat’s nicht besser verdient, als erwischt zu werden…

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    Denny Crane says:

    Aber es ist doch VW! Und die Staatsanwaltschaft Braunschweig! Da wird vertrauensvoll kooperiert. Wahrscheinlich wurde da auch gar nicht durchsucht, sondern um Herausgabe „aller relevanten Unterlagen“ gebeten (* Schuhkarton überreich*). :-)

    Kommt hier abgesehen von gewerbsmäßigem Betrug nicht auch der Tatbestand der Bildung einer kriminellen Vereinigung in Betracht (§ 129 StGB)?

    Bei „normalen“ Firmen werden schon bei geringeren Anlässen großzügig rote Zettel unter den Verantwortlichen verteilt. Aber bei VW ist ja niemand verantwortlich. Anscheinend jedenfalls keiner der Herren, die sechs-, sieben- oder achtstellige Jahresgehälter erhalten. Die bekamen sie offenbar nur, weil sie so fotogen sind, aber nicht, weil sie etwas konnten oder wußten, geschweige denn selbst angewiesen haben. Deshalb klären diese Herren jetzt persönlich auf! Dazu braucht man doch keine Staatsanwaltschaft, man ist doch selbst ein Staatskonzern. Außerdem war das der Dipl. Ing. aus Unterabteilung Q III 14., der sich das an einem Samstag Nachmittag ganz allein ausgedacht hat („Einen roten Zettel für den Schuft!“). :-)

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    AG says:

    Nun, dass es ein wenig gedauert hat ist doch verständlich. Sicher musste die ermittelnde StA erst einmal in diversen Ministerien in NRW nachfragen, ob man dort einen „Anfangsverdacht“ befürworten würde …

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    Alan Shore says:

    @meine5cent

    1. Die StA steht doch nicht das erste mal bei VW vor der Tür und dürfte deshalb schon wissen, wo man zu suchen hat. Abgesehen davon kann man auch während der Durchsuchung das angetroffene Personal höflich fragen, ob dieses behilflich sein möchte oder die mitgebrachten freundlichen Mitarbeiter von der Polizei anfangen sollen, Schränke umzustoßen und Fußleisten abzureißen (bei anderen Beschuldigten ist man doch ebenfalls nicht kleinlich).

    2. die Berichterstattung in den Medien in Verbindung mit den Eingeständnissen der VW-Führung haben locker einen Anfangsverdacht gegen die Vorstände begründet, der für §§ 102, 105 StPO reicht. Auch diesbezüglich ist man bei „normalen“ Beschuldigten nicht so kleinlich.

    3. An Straftatbeständen fallen mir gleich ein halbes Dutzend ein. Auch insoweit genügt ein einfacher Verdacht. Da muß man nicht wochenlang über einem Kommentar brüten. Jedes kleine Brainstorming in einer Studentengruppe des 3. Semesters bringt vermutlich binnen 5 Minuten tragfähige Ideen hervor.

    4. Man benötigt einen hinreichend bestimmten Beschluß, um die Verjährung zu unterbrechen? VW-Vorstandsprivileg? Auch sonst ist man doch nicht so pingelig, zumal solche Fehler bekanntermaßen nicht zu Verwertungsverboten führen. Im übrigen liegt das beliebte „Gefahr in Verzug“ doch schon dann vor, wenn anderenfalls die Beiseiteschaffung von Beweismitteln zu befürchten ist. Auch da sind die faktischen Anforderungen ganz gering (auch wenn das BVerfG das etwas anders sieht – Beweisverwertungsverbote will man i. d. R. auch in Karlsruhe nicht anerkennen, weshalb Förmlichkeiten wenig interessieren).

    Warum entdeckt die Justiz an solchen Beispielen die strengen Förmlichkeiten des Verfahrens für sich, aber nicht, wenn gegen den Drogi von nebenan der vage Verdacht eines Raubes besteht? Dem verwüstet man sofort die Bude und erhält von der zuständigen Beschwerdekammer des LG einige Wochen später zumeist die Bestätigung, daß alles i. O. gewesen sei.

    Nicht, daß ich hier weniger als die strenge Beachtung der StPO verlange. Aber weshalb nicht immer so?