Was passiert eigentlich am Ende einer Bewährungszeit? Also, der Mandant wurde am 06.05.2013 rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt. Die Vollstreckung dieser Freiheitsstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Die Bewährungszeit wurde auf 2 Jahre festgesetzt, endete also mit Ablauf des 06.05.2015. Was macht also das Gericht an diesem Tag? Richtig: Nichts.
Dies ist leider kein Einzelfall, deswegen packen wir die Akte nach rechtskräftigen Abschluß des Verfahren nicht einfach weg. Sondern wir setzen eine „Wiedervorlage“, das heißt, unserer Computer erinnert uns beizeiten daran, daß da noch etwas zu erledigen ist. So auch in diesem Fall.
Wir schreiben an das Amtsgericht:
In diesem Fall ging es recht flott und das Amtsgericht reagiert mit diesem Beschluß:
Erst jetzt ist es – grundsätzlich – nicht mehr möglich, die Strafaussetzung zur Bewährung zu widerrufen. Selbst dann nicht, wenn sich nachträglich doch noch herausstellen sollte, daß der Verurteilte sich nicht bewährt haben sollte.
Aus diesem Grund ist es wichtig, möglich knapp nach Ablauf der Bewährungszeit den entsprechenden Antrag zu stellen. Muß ein Verteidiger dran denken, wenn der Mandant ihn liebhaben soll. Und das ist dann die Folge, wenn der Mandant 2 Jahre nach Ende des Mandats überraschend erfreuliche Post vom Anwalt bekommt.
§ 56g Abs. 2 StGB gibt noch eine Möglichkeit zum Bewährungswiderruf nach Straferlass, wenn auch mit eher schmalem Anwendungsbereich (mir in der Praxis aber schon untergekommen).
Ich erinnere mich jetzt auch an einen Fall, in dem ich die Fristen des Abs. 2 geprüft und notiert hatte. Offenbar hatten die Ermittler diese Dunkelnorm seinerzeit aber auch nicht auf dem Schirm. crh
Das ist echt mal interessant. War mir als Laie garnicht bewußt, dass das Ende der Bewährungshaftstrafe / Bewährungszeit noch durch Beschluß explizit geregelt werden muß. Hätte jetzt gedacht, dass ist automatisch so, wenn keine Gegenteiliger Beschluß o. ä. vorliegt. Wieder mal dazu gelernt :-).
In beiden Fällen, die ich kenne, in denen diese Vorschrift für ein böses Erwachen gesorgt hat, war mir das Verhalten der jeweils beteiligten Verteidiger nur dadurch erklärlich, dass sie die Vorschrift nicht kannten, und deshalb nicht auf Zeit gespielt haben.
In einem der beiden Fälle (in dem es um eine Reststrafenbewährung von über 2 1/2 Jahren ging!) hätte schon alleine die Einlegung einer Revision dafür gesorgt, dass die Rechtskraft des Urteils nicht binnen der Jahresfrist eingetreten wäre. Da konnte man fast schon Mitleid bekommen…
„Nichts“ ist vielleicht etwas zu schwarz gemalt: In der Praxis wird das Bewährungsheft regelmäßig etwa 1 – 2 Monate vor Ablauf der Bewährungszeit wieder vorgelegt. Dann wird bei der Polizei und der Staatsanwaltschaft nachgefragt, ob noch neue Verfahren bekannt sind. Ist dies nicht der Fall, wird die Strafe erlassen. Leider lassen die Rückmeldungen oft auch sich warten, woraus sich dann eben Verzögerungen ergeben. Vergessen werden wie Erlassbeschlüsse aber (regelmäßig) nicht.
@briag: Zerstören Sie bitte keine lang gepflegten Vorurteile und Pauschalisierungen!