Monatsarchive: Januar 2016

Spam vom Gefängnisdirektor

Auf Spam reagiere ich bekanntermaßen empfindlich Ich muß – dank eines stets griffbereiten Textbausteins – auch nicht lange nachdenken, wenn die Reaktion Gestalt annehmen soll.

Am Freitagmorgen erreichte mich eine besondere Art der unverlangten Werbung: Ich bin zum Ziel der Promotionaktion eines Gefängnisdirektors geworden.

Dr. Thomas Galli heißt der Mann, der seit geraumer Zeit in der JVA Zeithain einsitzt. Nicht als Gefangener, sondern als deren Leiter.

Und deswegen(?) hat er ein Buch geschrieben, in dem er, der Gefängnisdirektor, von der „Schwere der Schuld“ erzählt. Während seiner Zeit im Knast ist in ihm …

… die Überzeugung gereift, dass die massive staatliche Gewalt, die in den Gefängnissen ihren Ausdruck findet, Ausfluss einer ungerechten gesellschaftlichen Verteilung juristischer und moralischer Schuld ist. Ich bin fest überzeugt, dass Gefängnisse unter dem Strich die Kriminalität nicht reduzieren und gegenüber den Inhaftierten (und ihren wohlgemerkt völlig unschuldigen Familien) eine übermäßige Anwendung staatlicher Gewalt sind.

Ich habe das Buch (noch) nicht gelesen, es wird erst am 14. März 2016 erscheinen. Aber das, was Dr. Thomas Galli mir in der Werbe-eMail annonciert hat, hört sich eigentlich ganz vielversprechend an. Und vielleicht bietet sich auch bald mal – in Berlin, nicht nur in Dresden und Leipzig – die Gelegenheit, dem Autoren bei Vorlesen zuzuhören.

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Reiz-Reaktions-Modelle bei der Staatsanwaltschaft

405960_web_R_by_Rike_pixelio.deIn einer umfangreichen Wirtschaftsstrafsache hat ein fleißiger Staatsanwalt lange Zeit ermittelt. Der Tiger endete jedoch als Bettvorleger. Als ich nach den Gründ für die Einstellung fragte, kam nur ein indifferentes Miauen, mit dem ich als Katzenhaarallergiker nichts anfangen konnte. Darüber und über meine Beschwerde bei den Tierpflegern hatte ich bereits im September berichtet.

Es ging dann ein wenig zäh voran mit meiner Beschwerde und dann knurrte die Mietzekatze auch noch richtig böse in Richtung meines Mandanten. Auch das hatte ich dem Publikum hier schon mitgeteilt.

Da das Kätzchen nicht mehr mit mir reden wollte, habe ich an den Zirkusdirektor geschrieben. Und der meldete sich ein paar Monate später mit dieser Zurückweisung meiner Dienstaufsichtsbeschwerde zurück:

Gerade noch ausreichend

Einmal abgesehen davon, daß ich diesen Hinweis auf die Akteneinsicht, die ich hatte, eher als einen Ausdruck der Hilflosigkeit bei der Suche nach substantiellen Argumenten betrachte. Das Wörtchen „noch“ macht mich nachdenklich. Es gibt mir Anlaß zu einer Spekulation. Meint der Herr General vielleicht „gerade noch so eben„?

So oder so: Als unverbesserlicher Opitimist hoffe ich, daß die Dressur des müden Katers noch ein wenig Feinschliff bekommen hat. Hinter den Kulissen selbstverständlich.

Dann geht der Dompteur noch auf das zweite, gravierendere Problem ein.

Kein Aktenvermerk

Ich fasse das mal zusammen:
Der Staatsanwalt hat meinem Mandanten nicht gedroht, weil er, der Staatswalt, über seine Androhung empfindlicher Übel keinen Aktenvermerk gefertigt hat. Ja nee, ist klar. Das überzeugt natürlich!

Nochwas:
Wenn ich in einer Beschwerde schreibe, der Mandant habe es „so verstanden“, daß er genötigt wurde, bedeutet das nicht, daß der Nötiger durch diese Hintertür schlüpfen soll. Was hätte der Mandant wohl zu erwarten gehabt, wenn ich geschrieben hätte, daß der Staatsanwalt eine Nötigung begangen hat, indem er …. usw.?

Nun,
ich (Optimist, s.o.) hoffe und lese zwischen den Zeilen, daß der Katzenbändiger sich mit dem Prinzip der operanten Konditionierung auskennt und mit dem Tigerchen ein paar warme Worte gesprochen hat.

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Bild: ©Rike / pixelio.de

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Der Irrsinn mit den Häppchen

PapiermännchenSeit 2011 (oder vielleicht auch schon früher) versucht ein Staatsanwalt, Unmengen an Papier in den Griff zu bekommen. Der bedauernswerte Mann scheint seit Jahren daran zu verzweifeln, seine Ermittlungen einigermaßen sinnvoll zwischen die Aktendeckel zu bekommen.

An der mittelalterlichen Aktenführung, die mal was trennt, dann wieder verbindet, hat sich auch im Jahre des Herrn 2016 scheinbar nichts geändert.

In dem neuerlichen Durchgang des Potenzpillen-Komplexes bastelt besagter Ermittler weiter und weiter an Zweit-, Dritt-, Viert- und X-fach Akten. Diese Kopiesätze geistern durch die Weltgeschichte und werden heute hier, morgen dort (*) geführt und ergänzt.

Dieser Irrsinn äußert sich dann in so einer Bedienungsanleitung für ein Aktenpuzzle:

Aktenführung

Es ist wirklich nicht zu fassen, womit sich die Potsdamer Staatsdiener beschäftigen.

Nun ist es ja nicht so,
daß den Ermittlungsbehörden, insbesondere denen im Lande Brandenburg, keine (technischen) Möglichkeiten zur Verfügung stünden, die Akten auch in Umfangsachen übersichtlich zu führen. Das was (mir) die Anbieter auf dem letzten EDV-Gerichtstag vorgeführt hatten, hat selbst mich überrascht.

Es gibt sie, die Software für die elektronische Aktenführung in der Strafjustiz. Und es gibt Staatsanwaltschaften, die sie bereits nutzen. Dabei ist schon klar, daß es bislang noch keine gesetzlichen Grundlagen für die digitale Akte im Strafprozeß gibt. Diese werden auch noch reichlich Zeit auf sich warten lassen. Und daß noch viele Hürden überwunden werden müssen, bis sie verbindlich und einheitlich in der Praxis Einzug halten … geschenkt, das sind sie eben, die justiziellen Mühlen.

Aber daß ein Cybercrime-Verfahren wie der millionenschwere Onlinehandel mit Potenzpillen seit Jahren mit dem lyrisch anmutenden Gebastel dieses Staatsanwalts klarkommen muß, ist schlicht eine Zumutung für alle Beteiligten. Das Recht auf Akteineinsicht kann auch dadurch vereitelt werden, daß man dem Verteidiger die umfangreichen Akten chaotisch zusammengewürfelt und häppchenweise zur Verfügung stellt.

WadergrüßtdenStaatsanwalt

So vergeht Jahr um Jahr,
und es ist mir längst klar,
dass in Potsdam es bleibt,
wie es war.

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Bild oben: © bardo / pixelio.de
Bild rechts: © Robert Weißenberger / scala

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Korrespondenz mit einem Geschmacksprimaten

FrenchPriss Eine Nachricht, offenbar aus einer anderen Welt, erreichte mich vor ein paar Tagen:

… ich habe heute meine erste Dröhnung French Press geschlürft. Ich bin überrascht, eine gute Alternative für zwischendurch.

Das Zeug kenne ich noch aus meiner WG-Zeit in Marburg. Dieser Kaffee war genauso szenetypisch wie Vollkornkuchen und Grünkernbratlinge. Ich habe mich in den seitdem vergangenen 35 Jahren weiter entwickelt und muß mich nicht mehr ernähren, als wäre die gesamte Evolution spurlos an mir vorbeigegangen.

Geht mir bloß weg mit diesem Zeug …

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Update zum Is-mir-egal-Haftbefehl

Im Zusammenhang mit den Ersatzfreiheitsstrafen für Schwarzfahrer, über die ich im Dezember geschrieben hatte, blieb ein Aspekt unberücksichtigt.

Im Tagesspiegel Checkpoint schreibt Lorenz Maroldt, journalistischer Berufsoptimist, einen Tag später:

Diese „Ersatzfreiheitsstrafen“ treffen übrigens meistens Leute, die sich schon kaum die Fahrkarten leisten können, geschweige denn eine oder gar mehrere Geldstrafen (oder eben einfach nicht zahlen wollen). Falls aber doch noch ein bisschen was zum Leben übrig ist, müssen sie dann wenigstens während des Absitzens ihrer Tagessätze zum Cannabiserwerb nicht mehr vor die Tür gehen (nennt sich positiv thinking).

… und zusätzlich bekommen die kiffenden Schwarzfahrer im Knast das Frühstück ans Bett gebracht: La vita è bella!

Haschisch im Knast, is mir egal …

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Abkömmlichkeit der Ermittlungsakte

Der freundliche Staatsanwalt hatte mir mitgeteilt, die Ermittlungsakten seien „unabkömmlich“. Deswegen hat er mir die beantragte Akteneinsicht verweigert. Darüber hatte ich vor ein paar Wochen bereits berichtet.

Es ist in einem solchen Verfahren wie diesem nicht allzu viel vorstellbar, weshalb einem Verteidiger die Akten nicht zur Einsicht vorgelegt werden. Einer von wenigen Gründen ist so ein Beschluß, der sich in der Akte befindet:

Durchsuchungsbeschluß

Die Suche nach Beweismitteln hat selbstredend eine größere Erfolgsaussicht, wenn der Durchsuchte nicht damit rechnet. Nun, wenn eine Akte „unabkömmlich“ ist (ich übersetz‘ das jetzt ‚mal: … wenn die Akteneinsicht den Untersuchungszweck gefährden kann, § 147 StPO), konnte sich der Beschuldigte an einer Hand abzählen, warum das der Fall ist. Jedenfalls dann, wenn er von einem Strafverteidiger beraten wird.

Aber diese Information war in diesem Fall noch nicht einmal wirklich nötig. Denn:

Durchsuchungsbeschluß02

Was, bitteschön, erwartet die Potsdamer Ermittlungsbehörde in einem Cybercrime-Verfahren, wenn der Tatzeitraum bis zu acht(!) Jahre zurückliegt. Hat dieser Staatsanwalt wirklich auf seinem Schemel vor dem Resopalschreibtisch davon geträumt, bei einem Informatiker noch Rechner zu finden, auf denen sich „verräterische“, also für das Verfahren verwertbare Spuren entdecken lassen? Mir fallen da gerade ein paar ziemlich flache Beamtenwitze ein …

Die Kriminalbeamten vor Ort, die sowieso schon Dunkles ahnten, waren allerdings ein wenig klüger und erfahrener: Nach der TrueCrypt-Paßwortabfrage beim Booten haben sie die Finger von den (und die) Rechner/n stehen lassen.

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Karneval in Riga

73190_web_R_by_Telegonos_pixelio.deDer Rückgriff der Senatsinnenverwaltung auf das Allgemeine Sicherheits- und Ordungsgesetzt (ASOG), mit dem man die richterliche Kontrolle ausgetrickst entbehrlich gemacht hat, faßt dem Innensenator nun von hinten an die Füße.

200 Polizisten und eine SEK-Einheit statteten dem „Autonomen-Wohnhaus“ Rigaer Straße 94 einen Besuch ab. 350 weitere Beamte paßten auf, daß nicht noch mehr Polizeibeamte nachrückten. Oder so ähnlich. § 36 ASOG stand auf ihrem Marschbefehl, der interessante Stimmen in den Medien auslöste.

Die Rigaer Straße als Symbol für den Kampf um eine lebenswerte Stadt – vielleicht wird es Zeit für einen Dankesbrief an Frank Henkel, der mit einer bemerkenswert dämlichen Strategie den Autonomen zu längst vergangener Bedeutung verhilft.

schreibt Malene Gürgen, Redakteurin der taz.berlin.

John F. Nebel formuliert es ein Häppchen deutlicher:

Ich muss kein Freund der Rigaer Straße sein, um Grundrechtsverletzungen scheiße zu finden.

Frank Henkel ist kein Jurist, aber er ist trotz seiner Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann sowie als studierter Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler zum Senator für Inneres und Sport des Landes Berlin geworden. Wenn er schon selbst keine Ahnung von dem hat, was er da macht, sollte er sich zumindest mal daran erinnnern, daß eine Menge Juristen in seinem Dunstkreis abhängen, die er mal fragen könnte.

Dann hätte er wie Malene Gürgen und John F. Nebel, die sicherlich auch keine Grundrechtsdogmatiker sind, merken können, daß diese Überfälle auf die Bleibe von ein paar verstreuten und autonomen Polizeibeamtenerschreckern diesen zu einer solidarischen Publicity verhelfen, die ihnen eigentlich gar nicht zustehen. Eben weil hier ein Grundrecht eingegriffen wurde, das nicht nur die Villa am Wannsee schützt, sondern auch die Wohnung in einem (ehemals) besetzten Haus. Ob dieser Eingriff rechtmäßig war, wird nun von ein paar Verwaltungsrechtlern in der Kirchstraße 7 geprüft werden.

Aber vielleicht war es ja auch Henkels Ziel, daß NachbarInnen der Rigaer-Hausprojektszene diese mit die Unmengen veganer Torten noch träger machen sollten, als sie es bisher schon war. Ich fürchte aber, das geht diesmal in die Hose. Auf die autonome Folkloreveranstaltung am 6. Februar können wir gespannt sein.

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Bild: © Telegonos / pixelio.de

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Adblock Plus: Für ein Web ohne Springer!

Auch das Landgericht Köln hat nun mit Urteil vom 29.September 2015 (Az.: 22 O 132/14) entschieden, daß Springer keinen Unterlassungsanspruch gegen den Werbeblocker Adblock Plus hat.

Wie die Kanzlei Dr. Bahr berichtete, schließt sich das LG Köln …

… damit den bisherigen Urteilen anderer Gerichte in dieser Angelegenheit an: Zeit.de war mit seiner Klage gegen AdBlock Plus vor dem LG Hamburg (Urt. v. 21.04.2015 – Az.: 416 HKO 159/14) gescheitert. RTL war in München erfolglos (LG München I, Urt. v. 27.05.2015 – Az.: 37 O 11843/14), ProSiebenSat.1 ebenfalls (LG München I, Urt. v. 27.05.2015 – Az.: 37 O 11673/14).

Ich bin erleichtert, daß ich dieses wunderbare Plugin auch künftig für gegen den Werbe-Müll von der Nordseite der Kreuzberger Rudi-Dutschke-Straße nutzen kann.

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Nachhilfeunterricht in 2015

Ich habe den naßkalten Samstag mal dazu genutzt, um aufzuschreiben, wo und wie ich im vergangenen Jahr so manches Wochenende verbracht habe.

Fortbildung 2015

Ich bedanke mich bei den Dozenten und Veranstaltern dafür, daß ich trotz meines fortgeschrittenen Alters 8-) und nach fast 20 Jahren anwaltlicher Tätigkeit wieder viel Neues und Spannendes dazu lernen konnte. Stets lohnend waren auch die Pausengespräche während der Veranstaltungen mit den Kollegen, die ich neu kennen gelernt oder die ich wieder getroffen habe.

Fachzeitschriften durchzublättern, während ich auf der Couch liege, oder auf dem Tablet während meiner Zug- und Flugreisen z.B. zu auswärtigen Gerichten Urteile und Aufsätze zu lesen, waren weitere Bausteine meiner Fortbildung.

Ich freue mich auf das kommende Ausbildungsjahr 2016

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Gewichtige Socke

207504_web_R_by_serena_pixelio.deDie Jungs hatten es eilig. Zu eilig für die Zivilstreife. Deswegen fuhren die Ermittler hinterher, um sich das Auto und – wichtiger – die Insassen mal genauer anzuschauen. Das wiederum führte dann eher nicht zur Entschleunigung.

Um den Beamten dann doch noch entkommen zu können, begannen die Jungs, das Gewicht ihres Fahrzeugs zu verringern. Sie entledigten sich eines Teils der Ladung durch das geöffnete Beifahrerfenster. Das wiederum fanden die Fahnder spannend, die dann etwas später das Zeug wieder einsammelten. Die Jungs wurden von ihren Kollegen angehalten und unspektakulär festgenommen.

Mich erreichte die Nachricht von dem Vorfall beim Abendessen. Eine Socke mit 70 bis 80 Gramm Kokain sollten die beiden aus dem Fenster geworfen haben.

Als ich dann heute morgen nochmal auf der Wache nachgefragt habe, ob es denn schon Neuigkeiten gibt, teilte mir der freundliche Beamte mit, daß man gestern wohl vergessen hatte, vor dem Wiegen das Betäubungsmittel aus der Socke herauszunehmen. Jedenfalls habe man nun „nur“ noch mickerige sechs bis acht Gramm in den Asservaten.

Schauen wir mal, was am Ende netto noch übrigbleibt. Entscheidend ist der Wirkstoffgehalt und nicht die Menge der Streckmittel und schonmal gar nicht das Gewicht der Socke.

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Bild: © serena / pixelio.de

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