Monatsarchive: März 2016

Flotte Rechtspflegerin

443804_web_R_by_campomalo_pixelio.deEs ist ja nicht alles schlecht, was „unsere“ Kostenbeamten in den Justizbehörden machen. Und ich will ja nicht immer nur auf den armen Rechtpflegern herumhacken. Deswegen hier mal wieder etwas Erfreuliches aus Moabit.

Wenn einer unserer Strafverteidiger zum Pflichtverteidiger seines Mandanten bestellt wird, läuft bei uns eine Routine ab: Die zuständige Assistentin des Verteidigers beantragt unmittelbar nach Zugang des Bestellungs-Beschlusses die Festsetztung eines Vorschusses auf die bisher angefallenen Pflichtverteidigergebühren (§ 47 RVG). Und gegebenenfalls auch einen Auslagenvorschuß.

Diese Praxis haben wir uns bei den Richtern, Staatsanwälten und Kostenbeamten abgeguckt: Die arbeiten auch nur dann, wenn sie zu Beginn (!) des Monats ihr Gehalt auf dem Konto haben.

Da es sich bei den Pflichtverteidigergebühren um Festbeträge handelt, deren exakte Höhe im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz geregelt sind, gehen solchen Kostenfestsetzungsanträge regelmäßig auch recht flott durch das Festsetzungsverfahren.

In dem Fall, über den ich hier heute berichte, hatten wir am 8. März den Kostenfestsetzungsantrag nach Moabit geschickt:

KFA PV

Am 30. März trudelte exakt dieser Betrag auf unserem Kanzlei-Konto ein. 14 Arbeitstage zwischen Antrags- und Zahlungseingang, das ist gut. Besten Dank!
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Das Eigentor des Wirtschaftsrechtlers

ErmittlungsAktendeckelDie GmbH in der Krise ist ein Standardproblem in der wirtschaftsrechtlichen Beratung. Die Geschäftsführer holen sich kompetenten Rat in einer Wirtschaftskanzlei ein. Der Fachanwalt für Steuerrecht berät eigentlich kompetent, kann aber die Einleitung eines Insolvenz-Strafverfahrens nicht verhindern.

Also:
Neues Mandat – jetzt nicht mehr als Wirtschaftsrechtler, sondern als Strafverteidiger. Sowas muß schiefgehen.

Konsequent war daher hier die Arbeit auch nicht erfolgreich: Das Ermittlungsverfahren wurde nicht – wie per Fax vorab inkl. beglaubigter Abschrift beantragt – eingestellt. Im Gegenteil:

Steuerrechtliche Beratung

Es ist eine Sache,
den Jahresabschluß verspätet zu erstellen. Eine GmbH ist zur Einhaltung einer „einem ordnungsgemäßen Geschäftsgang entsprechenden Zeit“ verpflichtet (§ 243 HGB). Kapitalgesellschaften haben für Jahresabschlüsse drei bzw. sechs Monate Zeit (§ 264 Abs 1 S 2, S 3 HGB, § 267 HGB). Die längeren steuerrechtlichen Pflichten sind unbeachtlich – was ein häufig anzutreffender Beratungsfehler (der Zivilisten!) ist. In der Krise sind Bilanzen und Inventar jedoch unverzüglich aufzustellen(*).

In der Regel Praxis einer gesunden Gesellschft spielt eine verspätete Erstellung keine Rolle, weil und wenn sie schlicht nicht entdeckt wird.

Eine andere Sache ist es,
als ungeübter Verteidiger der Strafverfolgungsbehörde die objektiven Tatbestandsvoraussetzungen des § 283 Abs. 1 Nr. 7b StGB quasi frei Haus zu liefern, der die Strafbarkeit der verspäteten Abschlußerstellung unter Strafe stellt.

Die Wirtschaftskanzlei hatte ihren Verteidigungsschriften jeweils den Jahresabschluß der Gesellschaft für 2009 beigefügt, den der Steuerberater erst in der zweiten Hälfte des September 2010 erstellt hat.

Da hat ein auch nur mittelmäßig aufmerksamer Staatsanwalt keine Chance: Er muß einen neuen Deckel anlegen.

Ich traue mir die wirtschaftsrechtliche Beratung einer kriselnden GmbH nicht zu. Deswegen packe ich solche Sachen nicht an und vermittele kompetente Kollegen, die sich damit auskennen. Wenn der Wirtschaftsrechtler im umgekehrten Fall die Finger von der Strafverteidigung gelassen hätte, wäre hier ein (weiteres) Strafverfahren locker vermeidbar gewesen. Jetzt sind die Türen zum § 153a StPO und sehr wahrscheinlich auch zum Strafbefehlsverfahren verschlossen.

Mein Rat also:
Auch die zivilrechtlichen Schuster sollten bei ihren Leisten bleiben.

(*): Für die Studenten unter unseren Lesern: Fischer StGB § 283 Rn 29; NK-StGB/Kindhäuser StGB § 283 Rn 85; Schönke/Schröder/Heine/Schuster StGB § 283 Rn 45

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Überlastet, krank, Urlaub, Rücksprache

In einer Verkehrsunfallsache meldet sich eine Groooooßkanzlei für den von unserem Mandanten verklagten Versicherer. Die Kanzlei verfügt bundesweit über fünf Niederlassungen. An dem Standort, von dem aus die Klage bearbeitet werden soll, arbeiten grob geschätzt 40 bis 50 Kollegen (jedenfalls soviel, daß die Grenzen des Zahlenraums, den ein durchschnittlicher Strafverteidiger beherrscht, deutlich überschritten ist).

Auf die Fristsetzung zur Klageerwiderung schreiben diese Kollegen an das Landgericht Berlin:

Überlastung

Die Kollegen tun mir echt Leid. Alle überlastet. Alle krank. Alle im Urlaub. Und dann auch noch der Versicherungsnehmer, mit dem man sich unterhalten muß. Gute Güte. #mimimimi

Obiter dictum:
Was – bitteschön – ist eine krankheitsbedingte Urlaubsvertretung?

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RA-Micro und der abgeschossene Posteingang

FreundschaftWie man den mit einem Update den Posteingang einer Kanzlei abschießt, hat uns RA-Micro mit dem Update 2016 gezeigt. Ich berichte heute darüber auf www.Kanzleisoftware-Berlin.com.

Wir hatten die Update-Installation ganz bewußt auf einen Freitag gelegt – um die stets bei einer solchen Installation zu erwartenden Probleme über das Wochenende abfangen zu können. Die Techniker von RA-Micro Berlin Mitte haben die Installation auch routiniert erledigt. Die ersten Probeläufe kurz vor dem Wochenende verliefen unerwartet positiv.

Und dann kam der Montag. Die erste etwas anspruchsvollere Aufgabe im Alltag, die wir dem Programm RA-Micro stellten: Digitalisieren und Einpflegen der Eingangspost, die uns über das Wochenende erreicht hat. Ein Job, den die Software seit August 2014 recht gut erledigt hatte.

Das war der Beginn einer wunderbaren Freundschaft mit dem Support von RA-Micro … lesen Sie bitte hier weiter.

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Der Bezirksrevisor und die Zeit

Wir hatten einen Kostenfestsetzungsantrag gestellt. Das bedeutet: Wir haben unsere Arbeit, die wir im Auftrag des Landes Brandenburg für unseren Mandanten geleistet haben, abgerechnet. Also: Es ging um die Früchte unserer Tätigkeit.

Der Job hat irgendwann im Spätsommer/Herbst vergangenen Jahres angefangen und war im November dann erledigt. Das Kostenfestsetzungs-Verfahren kam in Gang. Aber nur kurz. Bis es auf dem Tisch eines Bezirksrevisors landete.

Die weitere Entwicklung ergibt sich aus dem folgenden Schreiben des Amtsgerichts Königswusterhausen.

AG Königswusterhausen

Was ist das für ein Betrieb, in dem ein Antrag auf Entlohnung länger als ein Vierteljahr unbearbeitet liegen bleibt? Was sind das für Menschen, die in so einem Laden arbeiten? Bekommen die da Geld für?

Lieber Bezirksrevisor, schäm‘ Dich!

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Schrotthandel

303764_web_R_K_B_by_Rita Köhler_pixelio.deWer wie ich in den 50er, 60er Jahren in einer Region gelebt hat ist, die mit der Eisen- und Stahlindustrie groß geworden ist, kennt den Geruch von altem Eisen.

Einen meiner ersten Jobs hatte ich als Hilfsarbeiter in dem Betrieb eines Sportsfreunds meines Vaters. Das war ein Schrotthandel.

Wir haben die Schienen stillgelegter Eisenbahnen aus den Gleisbetten gehoben, in Röhrenwerken den Ausschuß abgeholt und das Alteisen aus den umliegenden Betrieben eingesammelt.

An diese Zeit erinnert mich dieses Bild von Rita Köhler, das mir passend erschien als Schmuck für einen Blogbeitrag auf Kanzleisoftware-Berlin.com über RA-Micro, die Software, die auch in unserer Kanzlei zum Einsatz kommt. Und uns zur Zeit in den Wahnsinn zu treiben versucht.

Der Schrott wurde verwertet und nach entsprechender Behandlung – die meist mit mehr oder weniger Druck verbunden war – entstand dann später wieder etwas Brauchbares. Ich gebe auch bei RA-Micro die Hoffnung nicht auf.
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Bild: © Rita Köhler / pixelio.de

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Fachanwalt für gute Scherze

752659_web_R_K_B_by_Astrid Götze-Happe_pixelio.deWir haben für unseren Mandanten einen recht heftigen Unfall reguliert. Der Versicherer weigerte sich zunächst, den Schaden zu ersetzen. Also haben wir für den Mandanten geklagt. Das Gericht hat den Versicherer zur Zahlung eines fünfstelligen Betrags verurteilt.

Und was macht der Versicherer?
Er zahlt immer noch nicht. Nach Ablauf der üblichen Fristen, die die Zivilrechtler kennen, haben wir dann eben förmlich die Zwangsvollstreckung angedroht. Und die dafür entstehenden Kosten – auch schon fast im lustigen vierstelligen Bereich – gleich mit in Rechnung gestellt.

Jetzt auf einmal jault der Versicherer auf.
Besser gesagt, seine Prozeßbevollmächtigten, eine namhafte Berliner Kanzlei mit sechs Anwälten, fünfe davon Fachanwälte für Versicherungs- und für Verkehrsrecht. Und was schreibt uns der qualifizierte Kollege?

Die von uns geltend gemachte Forderung der Anwaltskosten sei nicht begründet. Und warum nicht?

WitzigerKollege

Ist er nicht süß? Versicherern muß man nicht drohen, die zahlen immer freiwillig!

Ja, nee. Is klar. Und Käse ist ein Gemüse.

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Bild: © Astrid Götze-Happe / pixelio.de

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Neues Weblog: „Kanzleisoftware-Berlin.com“

Neu!Wir haben uns lange genug über den Hersteller und Entwickler der Kanzleisoftware RA-Micro geärgert. Um genau zu sein: Seit dem 29. Januar 2016. Bis dahin ging’s ja recht gut.

Der 29. Januar war der Tag, an dem wir das Update 2016 eingespielt haben. Der Beginn einer Phase, in der das gesamte Team der Kanzlei keine Probleme mehr mit niedrigem Blutdruck hatte.

Was wir bis zum 29. Januar 2016 gemacht haben, kann man hier nachlesen: Das Elend begann mit dem Update.

Und was danach geschah, steht in dem Blogbeitrag Bananen für die Kunden

Und wie es weiter geht, kann man miterleben und -erleiden: Täglich ein neuer Erfahrungs- und Fehlerbericht und über das, was den Anwender der Kanzleisoftware RA-Micro zum Wahnsinn treibt. Auf www.Kanzleisoftware-Berlin.com

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Ein paar Fragen zu „Amtsgericht-bestraft-Helfer“

595772_web_R_B_by_Rainer Sturm_pixelio.deIn den letzten Tagen war wieder einmal ein gehetztes Borstentier im medialen Dorf unterwegs.

Ich beziehe mich auf den Artikel von Tim Höhn in der Stuttgarter Zeitung (StZ) vom 12. März 2016. Der Journalist berichtet einigermaßen sicher über den Sachverhalt; seine Bewertung macht aber aus professioneller Sicht ein paar Anmerkungen notwendig.

Zunächst einmal:
Es geht hier nicht um Notwehr, sondern um Nothilfe. Aber das ist eigentlich nicht entscheidend.

Das dem Fall zugrunde liegende Problem ist ein Klassiker: Es stellt sich die Frage nach der „Gegenwärtigkeit“ des Angriffs. Diese Voraussetzung muß sowohl bei der Notwehr (§ 32 Abs.2 Var.1 StGB), als auch bei der Nothilfe (§ 32 Abs.2 Var.2 StGB) gegeben sein.

Nur wenn der rechtswidrige Angriff noch andauert, kann eine Notwehr-/Nothilfe-Tat gerechtfertigt und damit straflos sein.

Die Richterin stand also vor dem Problem, das Gewusel des Vorfalls auseinander dröseln zu müssen. Nach einer wohl umfangreichen (und – so wie es sich liest – nicht emotionslosen) Beweisaufnahme ist sie zu dem Ergebnis gekommen:

Es hat eine Zäsur stattgefunden.
Der eigentliche Angriff, bei dem der Angeklagte helfen wollte, war – für die Richterin – beendet. Damit dauerte – aus Sicht der Richterin – der Angriff nicht mehr an, er war nicht mehr gegenwärtig und damit lagen die Voraussetzungen des § 34 StGB nicht mehr vor. Aus die Maus.

All diejenigen, die jetzt darüber diskutieren, waren in der Gerichtsverhandlung nicht anwesend und konnten sich kein Bild von den (glaubhaften?) Aussagen der (glaubwürdigen?) Zeugen machen. Auch die notwendigen Aktenkenntnisse fehlen.

  • Sollte man sich dann nicht mit einer Bewertung dieser Entscheidung zurückhalten?

Und noch eine sehr schwierige Frage stellt sich:
Darf eine Richterin – die unabhängig und nur dem Gesetze unterworfen ist, Art. 97 GG – sich von den gesellschaftlichen Folgen ihrer Entscheidung beeinflussen lassen? Das von diesem Urteil ausgehende Signal ist für einen couragierten Nothelfer ganz bestimmt nicht hilfreich.

  • Also lieber gegen das Gesetz entscheiden, wenn Volkes Seele sonst das Kochen anfängt?

Der Fall hat aber noch weitere Besonderheiten.
Die Staatsanwaltschaft hat Anklage erhoben und dem „Helfer“ darin eine gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Am Ende der Beweisaufnahme beantragt der Sitzungsvertreter der Anklagebehörde einen Freispruch. Das ist ganz sicher nicht die Regel. Tim Höhn beschreibt das Phänomen in seinem Artikel vom 11. Februar 2016 in der StZ so:

Dass ein Gericht eine Strafe verhängt, nachdem die Staatsanwaltschaft Freispruch gefordert hat, ist eine Seltenheit. Wie es überhaupt selten vorkommt, dass die Anklagebehörde sich derart weit von der Anklage distanziert – weil damit immer das Eingeständnis verbunden ist, dass bei den Ermittlungen Fehler gemacht wurden.

Das ist erstens richtig und zweitens falsch.
Der von der Staatsanwaltschaft beantragte Freispruch hat eher den Charakter einer totalen Sonnenfinsternis auf dem Kreuzberg; zutreffend, das kommt nur alle 375 Jahre mal vor.

Aber ein Fehlereingeständnis?
Nein, einfach nur eine am Gesetz (§ 160 Abs. 2 StPO) orientierte Entscheidung. Wenn sich vor Gericht der Verdacht(!), der der Anklage zugrunde liegt, in der Beweisaufnahme nicht bestätigt, muß auch der bissigste Terrier der Staatsanwaltschaft den Freispruch beantragen.

Darf die das?
Staatsanwaltschaft und Verteidigung haben den Freispruch beantragt. Darf die Richterin dann trotzdem verurteilen? Auch hier hilft der Blick ins Gesetz, und zwar in dasselbe, das einem Richter hilft, sich gegen das gesunde Volksempfinden zu stellen: Art. 97 Abs. 1 GG und § 261 StPO. Wäre auch noch schöner, wenn das Gericht nach der Pfeife der Staatsanwaltschaft tanzen müßte. ;-)

Schwer verständlich,
aber zulässig ist das Verhalten der Staatsanwaltschaft dann in der Woche nach dem Urteil. Obwohl der in der Beweisaufnahme anwesende Staatsanwalt den Freispruch wollte, legt seine Behörde – also derjenige, der auf der Hühnerleiter weiter oben sitzt – ein Rechtsmittel gegen das Urteil ein. Und zwar mit dem Ziel, den Verurteilten noch härter zu bestrafen.

Auf den Punkt gebracht
Um eine solche Konstellation einem strafrechtlich unbedarften Mandanten zu verständlich zu machen, braucht ein Strafverteidiger Engelszungen:

  • Die Staatsanwaltschaft beantragt Freispruch,
  • das Gericht verurteilt dennoch wegen einer fahrlässigen Körperverletzung,
  • die Staatsanwaltschaft geht ins Rechtsmittel und
  • strebt die Verurteilung wegen vorsätzlicher gefährlicher Körperverletzung.

Also:
Das Verfahren vor dem Amtsgericht Ludwigsburg ist unter reichlich Gesichtspunkten eine hoch spannende Geschichte. Wenn da nur nicht ein Mensch beteiligt wäre, der deswegen bereits in Untersuchungshaft gesessen hat und dessen gesamte wirtschaftliche Existenz vom Ausgang dieses Strafverfahrens abhängt. Aber er muß eben Opfer bringen, damit die Strafjustiz auch in außergewöhnlichen Fällen ihre Funktionsfähigkeit unter Beweis stellen kann. Nicht wahr? Oder??

Conclusio

    Eingehüllt in feuchte Tücher,
    prüft man die Gesetzesbücher
    und ist alsobald im klaren:
    Strafrecht ist ganz schön verfahren.

Aber das bisschen Strafrecht macht man ja gern mal nebenher.

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Gedicht frei nach Christian Morgenstern .

Bild: © Rainer Sturm / pixelio.de

Besten Dank an Maximilian G. für den Anstupser zu diesem Beitrag.

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Der Nachtrunk und die Begleitstoffanalyse

735871_web_R_B_by_günther gumhold_pixelio.deDem Mandanten hat es doppelt geschmerzt: Er hat er sein Mopped verbogen und dann hat man ihm auch noch die Fahrerlaubnis (vorläufig) entzogen. Als Zugabe bekam er einen Strafbefehl, der eine Geldstrafe, die Entziehung der und eine Sperre für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis festsetzte.

Er hat Rechtsanwalt Tobias Glienke, Fachanwalt für Strafrecht und für Verkehrsrecht, mit seiner Beratung und Verteidigung beauftragt. Hier nun der Bericht über die erfreulichen Folgen dieses Auftrags.

Aus dem Urteil, das das Amtsgericht Tiergarten nach drei (!) Verhandlungstagen gesprochen hat.

Die Staatsanwaltschaft hatte ihm zur Last gelegt:

Er befuhr [um 05.00 Uhr], fahruntauglich infolge Alkoholgenusses bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,07 Promille zurzeit der Blutentnahme um 08.45 Uhr, mit dem Krad, amtliches Kennzeichen B-* die Straße nach F*, wo er in einer Rechtskurve alkoholbedingt von der Fahrbahn abkam und am Waldrand gegen einen Baum stieß. Seine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit hätte er bei gehöriger Selbstprüfung erkennen können und müssen.

Vergehen der fahrlässigen Trunkenheit im Straßenverkehr, strafbar nach §§ 316 Abs. 1, 21, 69, 69 a StGB.

Nach entsprechender Vorbereitung ging es dann in die Verteidigung gegen diesen Vorwurf. Das Gericht stellte am Ende dann folgendes fest

Der Angeklagte selbst gab an, dass er gegen 04.00 Uhr mit seinem Krad auf dem Heimweg gewesen sei und dann plötzlich mit dem Hinterrad weggerutscht und in den Wald gerutscht sei.

Dann hätte ihn eine unbekannt gebliebene Person mitgenommen zum Bahnhof R* und dort hätte er auf dem Bahnhof zwei Flaschen Wodka zu 0,2 ml, die er in der Jackentasche mit sich führte, ausgetrunken. Als Grund hierfür gab er an, dass er nach dem Unfall sehr geschockt gewesen sei.

Der Zeuge K* fand das Krad des Angeklagten gegen 06.00 Uhr im Wald liegen und stellte fest, dass der Motor noch warm war. Er rief dann die Polizei, die ca. 15 bis 20 Minuten später kam.

Der Polizeibeamte PK W* gab an, dass er vom Zeugen K* gerufen Schmutz auf der Fahrbahn feststellte und Unfallspuren und das Krad ohne Aufbruchsspuren im Wald vorfand. Auch bei seinem Eintreffen war der Motor noch warm. Eine Halterabfrage ergab, dass die Mutter des Angeklagten angab, dass sich der Angeklagte bei Freunden in R* befinden würde. Später tauchte der Angeklagte dann bei seiner Mutter auf. Die ihm entnommene Blutprobe ergab um 08.45 Uhr eine Blutalkoholkonzentration von 1,07 Promille.

Das Gericht ordnete dann eine Begleitstoffanalyse an, die ergab, dass der vom Angeklagten vorgetragene Nachtrunk von 2 Flaschen Wodka zu 200 ml bei ca. 37,5 bis 40 Volumenprozent und einem angenommenen Gewicht des Angeklagten von 75 Kilo bei 21 Jahren Lebensalter erklärbar war.

Lediglich der Wert für Methanol entsprach nicht dem angegebenen Nachtrunk. Dieser wäre bei 0,17 bis 1,31 mg/kg erwartbar gewesen und hatte tatsächlich einen Wert von 2,41 mg/kg. Der Sachverständige Dr. B* vom B* Institut für Rechtsmedizin, dem sich das Gericht noch aus eigener Sachkunde anschloss gab hierzu an, dass der Methanolabbau erst unterhalb einer Ethanolblutkonzentration von etwa 0,4 mg/g einsetzt und deshalb eventuell später abgebaut wurde, da noch Vortrunk im Blut hätte gewesen sein können.

Dieser Vortrunk war jedoch mit wissenschaftlichen Mitteln nicht exakt bezifferbar. Der Sachverständige erklärte, dass diese erhöhten Methanolwerte auch ein Indiz dafür sein könnten, dass der Angeklagte sich auf einer längeren Trinktour befunden hätte bzw. Alkoholmissbrauch betrieben hätte.

Insofern konnte dem Angeklagten nicht nachgewiesen werden, dass er sich zur Tatzeit in einem alkoholischen Zustand befand. Nach dem Grundsatz in dubeo pro reo war der Angeklagte insofern freizusprechen.

Diese Art der Verteidigung setzt profunde rechtsmedizinische Kenntnisse voraus. Denn einerseits muß der Verteidiger wissen, daß in den meisten Fällen mit einer Begleitstoffanalyse recht gut die Art des Getränks nachweisen läßt. Bier, beispielsweise, hinterläßt ganz verräterische Spuren im Blut. Vodka nicht.

Bekannt sein sollte auch, welche Wechselwirkungen zwischen Alkoholmengen und Bodymaßindex bestehen, wenn Trinkmenge und die gemessene Blutalkoholkonzentration zueinander passen sollen.

In diesem Fall war daher das Ergebnis – der Freispruch – gut vorhersehbar. Nur deswegen konnte der Mandant die umfangreiche Beweisaufnahme riskieren. Das Urteil ist rechtskräftig.

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Bild: © günther gumhold / pixelio.de

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