Monatsarchive: November 2016

Verquaste Aufgaben des Richters am Finanzgericht

Im Zusammenhang mit einer Steuerstrafsache konnte ich es nicht vermeiden, Kontakt mit dem Finanzgericht Berlin-Brandenburg aufzunehmen. Das Finanzamt hat in seiner bescheidenen Art eine Rechtsansicht vertreten, die im Widerspruch zu der von mir vertetenen Ansicht steht. Es ging schlicht um den Umfang einer Vollmacht, nicht um steuerrechtliche Probleme.

Ich habe dann im Auftrag meines Mandanten um Hilfe gerufen, nämlich beim zuständigen Finanzgericht. Dort ist man bemüht, den von beiden Seiten vorgetragenen Sachverhalt zu ermitteln. Dabei soll ich nun mithelfen. Das ist erst einmal und grundsätzlich in Ordnung; auch ein Strafverteidiger hilft gern wo er kann.

Nun erreichte mich ein Fax aus Cottbus:

aufgabenverteilung

Hey, warum muß mir der Richter, der mich um Vorlage einer Urkunde und Mitteilung einer internen Information bittet, einen Brief in dieser völlig verquasten Sprache schreiben? Kann der Mann (oder ist es eine Frau, ich weiß es nicht) mich nicht persönlich anreden, mich nicht bitten, statt mir was von oben herab aufzugeben, und den Brief nicht selbst namentlich unterschreiben? Warum gibt er (oder sie) mir mit diesem Sprachmüll das Gefühl, ich sei verpflichtet, nach seiner Obrigkeitpfeife tanzen zu müssen?

Was sind das für Leute da in der Finanzgerichtsbarkeit? Sind die alle so übel drauf? Und warum „geben die mir auf“, Mandatsgeheimnisse auszuplaudern?

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Flug LH181

Meine Reisevorbereitungen – Einchecken und Bordkarten erstellen, um in die JVA Frankfurt zu fliegen – haben mich stutzig werden lassen:

lh-181

Flug Nr. LH 181

Ich hatte plötzlich dieses Bild von der „Landshut“ aus dem Oktober 1977 wieder im Kopf:

lh-181-landshut

Die selbe Flugnummer hatte die am 13. Oktober 1977 durch vier Pälestinenser entführte „Landshut“ (Boeing 737-200 der Lufthansa) im heute so genannten „Deutschen Herbst“. Die GSG-9 hat die Passagiere am 18. Oktober 1977 in Mogadischu körperlich nahezu unverletzt befreit.

Eine kurze Übersicht der damaligen Ergeignisse findet man auf Wikipedia; Peggy Hoschling hat ein 6-teiliges Video mit dem Titel „Die RAF – Der Herbst des Terrors Reportage über die RAF“ auf Youtube veröffentlicht.

Manche Zahlen vergißt man auch nach fast 40 Jahren nicht.
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Bild: Video-ScreenShot / © ARD

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Laternengarage

Es wird Herbst und das Winterlager steht bevor. Noch relativ knapp vor der Einmottung hat der Kreuzberger Maler William Wires die Wanne entdeckt und mir dieses Photo geschickt.

laternengarage

Gern veröffentliche ich weitere „Abschieds-Photos“ von der Wanne, wenn sie noch jemand entdeckt.

Nebenbei:
Bill hat die Wanne nicht nur mit dem Photoapparat eingefangen, sondern auch mit dem Pinsel. Besten Dank auf diesem Weg …

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Bild: © William Wires

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Unsere monatliche Telekomrechnung

Die Rechnung der Telekom ist eingetroffen:

telekom

Man spart, wo man kann.

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Eine nicht geringe Menge getrocknete Schlafmohnkapseln

764563_web_r_k_b_by_rosel-eckstein_pixelio-deWas alle und jeder bisher schmerzlich vermißt haben … Das Warten hat ein Ende:

Mit Urteil vom 8. November 2016 – 1 StR 492/15 – setzt der Bundesgerichtshof (BGH) den Grenzwert der nicht geringen Menge für getrocknete Schlafmohnkapseln fest. Endlich!
 
 

Aus der Pressemeldung des BGH Nr. 199/2016 vom 08.11.2016:

Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat den Angeklagten G. unter anderem wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und den Angeklagten U. wegen Beihilfe hierzu zu Freiheitsstrafen von fünf Jahren und neun Monaten bzw. drei Jahren verurteilt und die Unterbringung des Angeklagten G. in einer Entziehungsanstalt angeordnet.

Nach den Feststellungen des Landgerichts erwarb der Angeklagte G. in Österreich 48 Kilogramm getrocknete Schlafmohnkapseln und führte sie nach Deutschland ein. 15 Kilogramm hatte er mit Geld und im Auftrag des Mitangeklagten U. erworben und bewahrte sie für diesen auf. Der Angeklagte G. konsumierte üblicherweise morgens und abends je zwei Teelöffel gemahlener Kapseln mit warmem Wasser. Verlangte der Mitangeklagte U. nach Kapseln, händigte er diesem (gemahlene) Kapseln aus. Der Wirkstoffgehalt der Mohnkapseln lag zwischen 0,19 % und 1,55 % Morphinbase. Die eingeführte Menge enthielt somit insgesamt etwa 507 Gramm Morphinbase.

Das Landgericht hat den Grenzwert der nicht geringen Menge entsprechend zu Opium bestimmt und rechtsfehlerhaft auf 6 Gramm Morphinhydrochlorid festgelegt.

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat im Verfahren über die Revisionen der Angeklagten diese Grenzwertfestsetzung beanstandet, weil das Landgericht nicht berücksichtigt hat, dass die durchschnittlichen Verbrauchsportionen völlig unterschiedlich sind. Nach Anhörung von zwei Sachverständigen setzt der Senat nunmehr den Grenzwert der nicht geringen Menge für getrocknete Schlafmohnkapseln auf eine Wirkstoffmenge von 70 Gramm Morphinhydrochlorid fest. Diese Festsetzung entspricht den wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Gefährdungspotential des in getrockneten Schlafmohnkapseln enthaltenen Morphins im Vergleich zu intravenös injizierten Morphinzubereitungen, für die der Senat mit Urteil vom 22. Dezember 1987 (1 StR 612/87) den Grenzwert der nicht geringen Menge auf 4,5 Gramm Morphinhydrochlorid festgesetzt hat.

Auf Grundlage der festgestellten Wirkstoffmengen hat der 1. Strafsenat die Schuldsprüche wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge bzw. Beihilfe hierzu bestätigt. Bei dem Angeklagten G. hat es den Rechtsfolgenausspruch infolge der nun für den Angeklagten (deutlich) günstigeren Festsetzung des Grenzwerts aufgehoben.

Bei dem Angeklagten U. führte ein weiterer Rechtsfehler neben demjenigen bei der Bestimmung des Grenzwerts zu einer Umstellung des Schuldspruchs und einer Aufhebung des Strafausspruchs.

Und hier gibt es eine Übersicht über nicht geringe Mengen Betäubungsmittellieferanten, die von Richtern und Staatsanwälten sowohl in Nürnberg, als auch teilweise auch in Karlsruhe immer wieder gern mal angesprochen werden. Ein Prosit!

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Bild: © Rosel Eckstein / pixelio.de

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Was für ein Blödsinn

Wie man nicht auf eine freundliche (!) Abmahnung, mit der keinerlei Kostenfolge verbunden war, reagieren sollte, zeigt dieser Fall.

Der PR-Manager eines PKW-Teile-Händlers schickt uns eine eMail, in der er mich um die „Präsentation unseres Projektes“ auf der Kanzlei-Website bittet.

Kann man so machen, aber dann isses halt Spam.

Und dafür habe ich unseren bewährten Minutenbaustein, den ich ihm dann zurück geschickt habe. Statt darauf kleinlaut (oder zumindest überhaupt nicht) zu reagieren, haut er eine freche Antwort raus:

wasfuereinbloedsinn-01

Das war am 2. November, also vor einer Woche. Gestern hatte ich das hier in der Post:

wasfuereinbloedsinn

Ich weiß nicht, was sich manche Leute vorstellen, wenn sie zuerst irgendwelchen unerwünschten Müll in der Gegend herumschicken, um sich anschließend anzumaßen, die Rechtslage besser zu kennen als jemand, der seit zwei Jahrzehnten seinen Lebensunterhalt mit der Klärung von Rechtsfragen verdient hat.

Irgendjemand scheint da an intellektueller Mangelernährung zu leiden. Denn warum sonst bittet ein „PR-Manager“ (Hört! Hört!) eines Autoersatzteilhändlers einem Strafverteidiger, Werbung für sein Zeug zu machen??

Besten Dank an Rechtsanwalt Bert Handschumacher, der mich in dieser Zivilsache einmal mehr erfolgreich vertreten hat.

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Die Berufung und das Verschlechterungsverbot

Wenn das Amtsgerichts in einer Strafsache ein Urteil spricht, kann man das mit der Berufung angreifen. Dann muß das Landgericht die Sache noch einmal be-urteilen.

naziaerscheDas ist so in dem Verfahren gegen den tätowierten Nazi Brandenburger NPD-Politiker Marcel Zech abgelaufen. Zech hatte sich die Silhouette des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau und den Spruch „Jedem das Seine“ vom Eingang des Konzentrationslagers Buchenwald auf die Fettpolster den unteren Rücken tätowieren lassen. Und mit diesem Arschgeweih-Ersatz ist er dann durch’s Spaßbad stolziert.

Dafür hat er sich vor dem Amtsgericht Oranienburg eine Freiheitsstrafe von 6 Monaten gefangen, deren Vollstreckung für 3 Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Gegen dieses Urteil wurde Berufung eingelegt. Und nun hat das Landgericht Neuruppin das Urteil des Amtsgerichts aufgehoben und den NPD-Kommunalpolitiker zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 8 Monaten verurteilt. Das erstinstanzliche Urteil wurde also erhöht; verbösert, wie die Strafjuristen sagen.

Es stellt sich nun die Frage: Darf ein Berufungsgericht die Strafe erhöhen, wenn der erstinstanzlich Verurteilte ein Rechtsmittel eingelegt hat?

Grundsätzlich gilt das Verschlechterungsverbot; das heißt, der Verurteilte soll nicht davon abgehalten werden, ein Rechtsmittel einzulegen, „nur“ weil er damit das Risiko eingeht, daß es am Ende noch schlimmer wird. Und das ist auch gut so.

Wenn aber – und jetzt kommt die Ausnahme – auch die Staatsanwaltschaft „in Berufung geht“, darf die Strafkammer beim Landgericht noch nachlegen. Dann gilt die Grenze der ersten Instanz nicht mehr.

So war es hier: Zunächst hatte Marcel Zech die Berufung eingelegt, um sein Verteidigungsziel, den Freispruch, auch im Rechtsmittel noch zu verfolgen.

Aber auch die Staatsanwaltschaft hat sich mit dem Ergebnis des ersten Durchgangs unzufrieden gezeigt; dort hatte man sich 10 Monate „pur“, das heißt: ohne Bewährung, vorgestellt. Deswegen kam das Rechtsmittel – die Berufung – auch von der Anklagebehörde.

Wenn also beide Seiten – Verteidigung und Staatsanwaltschaft – „ins Rechtsmittel gegangen“ sind, ist das Ergebnis nach unten und nach oben völlig offen. Hier hat es den arschgeweihten NPD-Kreistagsabgeordneten erwischt: Er wird dann wohl – zumindest einen Teil – der 8 Monate absitzen müssen … wenn das Urteil des Landgerichts rechtskräftig wird.

Denn auch jetzt noch gibt es ein weiteres Rechtsmittel, die Revision, das wiederum sowohl der Verurteilte als auch die Staatsanwaltschaft einlegen können.

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Die Wanne bei der SOKO Wismar

Noch ist es nicht soweit, daß den Beschuldigten in der Vorabendserie ein Strafverteidiger zur Seite gestellt wird. Trotzdem haben wir schonmal geübt und zumindest das Kanzleifahrzeug entsprechend positioniert:

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Es ist allerdings noch viel Überzeugungsarbeit vonnöten, damit die Verantwortlichen beim ZDF es zulassen, daß die Wismarer Kriminalhaupt- und oberkommissare von einem querulatorischen Rechtanwalt bei ihrer Arbeit gestört werden.

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Bild: © Dr. Hendrik Wieduwilt

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JVA Tegel: Bestrafte Hinweise

jva-tegelWie die Gefängnisleitung mit Häftlingen umgeht, die auf augiastische Miststände in der JVA-Tegel hinweisen, ist Inhalt eines Fernsehbeitrags im ZDF.

Zwei Gefangene, Timo F. und Benjamin L. berichteten über ein Schmuggel-Netzwerk in der JVA Tegel. Von einigen der dort beschäftigten Wachtmeistern werde eine Im- und Export-Unternehmung unterhalten und betrieben.

Mitte September 2016 veröffentlichten die Journalisten Christian Esser und Manka Heise, an die sich die beiden Gefangenen gewandt haben, in der Sendung Frontal 21 im ZDF einen Beitrag über diesen nicht akzeptabeln gefängnisinternen Übelstand.

Nachdem Timo F. über unsere Kanzlei detaillierte und ausführliche Hinweise über dieses Netzwerk an das Landeskriminalamt geliefert hat, läuft ein Ermittlungsverfahren. Gegen einen(!) Beamten. Aber immerhin: Die Staatsanwaltschaft ermittelt schon mal.

Weil nun aber Benjamin L. und Timo F. die Vorwürfe auch in Frontal 21 öffentlich gemacht haben, nachdem sich die JVA-Leitung und die Senatsverwaltung für Justiz nicht angemessen bewegen wollten, werden sie jetzt dafür von der Gefängnisleitung mit Disziplinarmaßnahmen überzogen; ihnen werden weitere zur Resozialisierung notwendige Hilfen gestrichen.

Über diese Reaktionen der JVA Tegel berichten Manka Heise und Christian Esser in einem weiteren Beitrag auf Frontal 21.

1280px-mosaico_trabajos_hrcules_m-a-n-_madrid_05Statt die Ställe Augias‘ in Tegel zu säubern, werden diejenigen bestraft, die auf den Mist hinweisen. Die Frage nach der grundsätzlichen Berechtigung eines Gefängnisses ist schon nicht einfach zu beantworten. Gute Argumente für deren Abschaffung liefert aber das Verhalten der JVA-Leitung und der Senatsverwaltung für Justiz in diesem Fall.

Ich gebe die Hoffnung aber nicht auf, daß wenigstens im Dezernat 34 des LKA Berlin der eine oder andere Herakles arbeitet.

Was sonst noch geschah, kann man in diesen Blogbeiträgen (mit weiterführenden Hinweisen) nachlesen.

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Bilder:
ScreenShot aus dem Videobeitrag vom 01.11.2016 / © ZDF
Mosaik / Luis García, CC BY-SA 3.0

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Huch – zu spät belehrt?

raserPolizisten sind auch nur Menschen, die sich manchmal vergaloppieren.

Das Auto auf dem Blitzerfoto soll zu schnell gewesen sein. Die Bußgeldbehörde konnte ermitteln, daß Halter des Fahrzeugs nicht der Fahrer war. Denn messerscharf geschlossen: Halterin war eine Frau, der Fahrer augenscheinlich ein Mann. Deswegen erhielt die Frau auch keine Anhörung als Betroffene, sondern als Zeugin.

Wie man sich als Ehefrau und Zeugin in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren verhält, ist entweder bekannt oder hier beschrieben: Man reagiert grundsätzlich nicht.

Verhindern kann man allerdings auch nicht, daß die Behörden dann weiter ermitteln. In diesem Fall hatten die Beamten gerade nichts Besseres zu tun. Sie besuchten zu dritt(!) die Halterin des Fahrzeugs. Der Mandant schildert folgende Geschichte, die ihm seine Ehefrau mitgeteilt hat.

Klingeln, drei Polizisten stehen vor der Tür, der eine hält meiner Frau das Blitzer-Bild des Fahrers unter die Nase und fragt, ob das Wilhelm Brause ist, worauf meine Frau natürlich „Ja!“ sagt. Dann fragt er sie nach dem Namen – Elfriede Amsel.

  • „Ah, in welchem Verhältnis stehen Sie zu Wilhelm Brause?“
  • „Nun, ich bin die Ehefrau.“
  • „Oh, dann muß ich Sie über Ihre Recht aufklären: Sie können die Aussage verweigern.“

Und jetzt? Ist das Ergebnis verwertbar? Was empfiehlt die rechtskundige Gemeinde der Verteidigung?

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Bild: Symbolbild ;-)

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