Deine Freiheit ist mir egal, Brüderchen.
Das ist der Gedanke, der mir bei der Lektüre des Beitrags „Frankreich: Zwei Jahre Haft für Besuch dschihadistischer Websites“ von Martin Holland auf heise online gekommen ist.
Da surft jemand durchs Netz, besucht ein paar politisch mißliebige Seiten, speichert von dort einige bunte Bildchen auf seinem Rechner und nutzt ein applaudierendes Paßwort. Und dafür fährt er zwei Jahre ein.
Grundlage dieses Urteils ist ein Gesetz, das in Frankreich für den „regelmäßigen Besuch terroristischer Internetseiten“ bis zu zwei Jahre Gefängnis und eine Geldstrafe in Höhe von 30.000 Euro vorsieht. Wie Martin Holland berichtet, ist dieses Urteil nicht das erste und einzige auf dieser Grundlage, die als Reaktion auf die Anschläge in Paris folgte.
Ok, ich gehe an diese Urteile und Gesetze mit meiner 1949er-grundgesetzlichen Sozialisation heran. Aber die „Liberté“ gibt es hier wie dort. Oder sollte ich sagen: „Gab es“?
Nein! Ich sympatisiere nicht mit den Ideologien des Daesh. Aber jemanden beim Surfen zu überwachen, seine Passwörter auszuspionieren, um ihn anschließend in den Knast zu stecken, weil es gerade gut in die politische Stimmung paßt, erinnert fatal an die kruden Vorschriften, die der IS durchzusetzen versucht.
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Bild: © zerfe / pixelio.de
Es erinnert auch fatal an die Gedankenverbrechen aus Orwells vielzitiertem 1984. Der Weg den wir gehen, ist fatal.
Das ist auf jeden Fall eine brilliante Art, jemanden der (möglicherweise) gerade an seiner Radikalisierung arbeitet, dabei zu unterstützen.
Parallel zur „liberté“ wurde bekanntlich damals auch „guillotiner“ eingeführt.
Das erinnert nicht nur an den IS, sondern an viele andere politische Geschehen. Aktuell wäre da z.B. Herr Erdogan zu erwähnen.
Im Rahmen des „Kampfes gegen den Terror“ sind Bürgerrechte einfach überflüssig. Wobei: „Terror“ wird von den Herrschenden immer so definiert, wie es benötigt wird, damit man selbst als legitim dasteht. In Frankreich ist Terror folglich was ganz anderes als in der Türkei, wo man schon als Kurde automatisch als Terrorist gilt.
Bei diesen ganzen „Terror“-Bekämpfungen und der damit einhergehenden Selbstzerstörung demokratischer Strukturen/Menschenrechten wird leicht übersehen, dass die „Terroristen“ möglicherweise einen Kampf gegen diejenigen führen, die aus ihrer Perspektive die wahren Terroristen sind? Wenn ich so an die Bomben und Drohnenmorde mancher Länder denke, könnte ich es verstehen, wenn sich die Opfer terrorisiert fühlen.
Letztlich ist der Punkt, dass man Terrorismus nicht bekämpfen kann, Es liegt in der Natur der Sache, dass „Kampf“ keinen Frieden hervorbringt. Statt Bomben sollte man Brot regnen lassen, also Freunde statt Feinde schaffen. Wäre auch viel billiger.
Den größten Schaden kann man bei Terroristen anrichten, wenn man sie ignoriert und so tut, als ob sie einem gar nichts können.
Urteile dazu gibt es ja schon, aber auch ein rechtskräftiges? Und ist wirklich jemand dafür schon eingefahren?
Das Bauchweh ist den Franzosen ja auch nicht fremd, und der Conseil Constitutionnel hat auch schon anderen Blödsinn (Burkini-Verbot) kassiert.
„Politische mißliebige Seiten“ klingt nach den Anschlägen in Frankreich in meinen Ohren zynisch.
Ich finde es gut, dass der Mensch zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde.