Dashcam gegen Schutzlücke?

637276_web_R_by_Gabi Eder_pixelio.deWelche Auswirkungen Beweismittel haben, von denen besonders Zivilrechtler sagen, sie seien unzulässig, kann in einem Artikel von Michael Mielke in der Morgenpost studiert werden.

Die – verbotene – Video-Aufzeichnung
einer einvernehmlichen Begattung war der Gegenbeweis, der zum Freispruch von einem Vergewaltigungsvorwurf führte.

Und zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens
vermutlich wegen falscher Verdächtigung, Falschaussage, mittelbarer Freiheitsberaubung udn was-weiß-ich-nicht-noch-alles.

Wenn nun in manchen Männern der Gedanke reift, sich und ihre Wohnungen mit Videokameras auszurüsten und einzurichten, muß man sich nicht wundern.

Wundern
tut sich auch der Hamburger Strafverteidiger Mirko Laudon. Und zwar über den Richter, der vorgibt, in 25 Jahren seiner Richtertätigkeit sei ihm noch kein Fall untergekommen, „in dem so energisch die Unwahrheit gesagt wurde“.

Recherche-Quickie
Ich habe mal eben ein paar wenige Minuten recherchiert. Auf die Schnelle fallen mir auf Vorhalt von Google säckeweise Fälle ein, in dem „energisch die Unwahrheit gesagt wurde“:

Jörg Kachelmann, Ralf Witte, Monika de Montgazon, Andreas Türck, Adolf S. und Bernhard M. (Fall Amelie), Herbert B., Harry Wörz, Horst Arnold, Pascal, Bauer Rupp, Gustl Mollath, Worms, Montessori … habe ich jemanden übersehen?

In den meisten dieser Fälle hätte eine Videoaufzeichnung viel Schaden verhindern können. Ist das wünschenswert?

Alternativen zur Totalüberwachung
Oder wären distanziertere Ermittler, objektive Staatsanwälte und unbefangene Richter (die energisch gesagte Unwahrheiten als solche erkennen) nicht die bessere Lösung?

Ganz nebenbei gefragt:
Welches Organ der Rechtspflege war in der überwiegenden Zahl der Fälle eigentlich die treibende Kraft bei der Aufklärung der Justizirrtümer?

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Bild: © Gabi Eder / pixelio.de

Dieser Beitrag wurde unter Justiz, Politisches, Richter, Staatsanwaltschaft veröffentlicht.

18 Antworten auf Dashcam gegen Schutzlücke?

  1. 1
    asca says:

    > habe ich jemanden übersehen?

    Ja.
    Wenn auch namentlich nicht möglich zu erwähnen, aber eben all jene die zu Unrecht verurteilt wurden und bei denen eben bis heute niemand dies festgestellt hat.

    Frage mich, ob ich wissen wollen würde, wie hoch da die Dunkelziffer ist.

    Grausig wird’s, wenn man wegen irgendwas beschuldigt wird und dann tauchen plötzlich zig „Zeugen“ auf, die alle angeblich rein gar nichts mit dem Nebenkläger zu tun haben. Als Angeklagter (und eigentliches Opfer) kann sich da eine ziemliche Ohnmacht einstellen und nicht jeder ist informiert genug, auch einen guten Rechtsbeistand sich an seine Seite zu holen.

    Aber beschäftigen will sich damit auch kaum jemand mit Jura – „betrifft mich ja nicht“ … obwohl es eigentlich jeden treffen kann.

    Von daher ist jeder Rechtsblog wertvoll, wo auch „betrifft mich ja nicht“-Leute mal mit Juristik problemfrei in Berührung treten können und eventuell eine Umdenke stattfindet.

    Gruß,
    asca

  2. 2

    Der Verdächtig(t)e hat hier zweimal umsichtigt gehandelt:
    1. Er hat präventiv gefilmt.
    2. Er hat von seinem Aussagerecht Gebrauch gemacht.
    Das beides setzt voraus:
    1. Er hat entsprechende Erlebnisse schon als Erfahrungsschatz angehäuft und seine Lehren daraus gezogen.
    2. Er ist (deswegen= äußerst abgebrüht und
    3. offensichtlich strafrechterfahren bei vermutlich schlauer rechtlicher Beratung.

    So konnte einmal nichts vertuscht werden.

    Bitteres Fazit:
    Die Strafjustiz als kostengünstig buchbarer Racheverein. Offensichtlich ein florierendes Geschäftsmodell, bei denen Justizirrtümer nur peinlich sind und EDEKA-präventiv (Ende DEr KArriere) gern vermieden und deren Aufdeckung behindert werden.
    Nicht wenigen Unschuldigen ist es so ergangen. Beim Casus und Mensch Harry Wörz z.B. halfen nur übermenschlicher Widerstand gegen das Einknicken und engagierte Verteidigung. Trotzdem hat nur des Schicksals Glück geholfen, eine Wiederaufnahme seines Verfahrens zu erreichen. Meiner Kenntnis nach ist der wirkliche Mörder noch nicht überführt, es wird aber vermutet, dass auf Seiten der Polizei derjenige welcher stecken könnte …
    https://www.youtube.com/watch?v=lHaKgBXg7m4

    Wenn Realitäten von der Wirklichkeit abweichen … kann einem Angst und Bange werden. Insbesondere unter dem Einschluss möglicher weiterer Wahrscheinlichkeiten.

    Harry Wörz ist trotz juristischer Rehabilitation seelisch zerbrochen …
    Ich möchte gar nicht wissen, wie oft Justizirrtümer zur Regel werden.

  3. 3
    asca says:

    @2 / OscarTheFish(p@k):

    Der Verdächtig(t)e hat hier zweimal umsichtigt gehandelt:
    > Er hat präventiv gefilmt.

    Ob das wirklich aus „Umsicht“ geschah oder nicht doch vl. aus ganz anderen Gründen ;-)
    Und gut finde ich das sicher nicht, wenn „aus Umsicht“ die Leute anfangen sich gegenseitig (heimlich?) beim Sex zu filmen, nur um juristisch ein Wehrmittel zu haben.

    2. Er hat von seinem Aussagerecht Gebrauch gemacht.

    Wenn man ein Einbringen eines Beweismittels als „Aussage“ betrachtet – ansonsten aber wohl nicht, laut:
    http://www.morgenpost.de/article207469275/

    Zitat:

    Abdallah F. machte vor Gericht von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch – was von vielen als eine Art Schuldeingeständnis gewertet wird.

    „Toll“ auch der zweite Teil in diesem Satz -.-

    Gruß,
    asca

    OT: @crh: Ich hab’s (glaub ich) hier noch nicht raus mit der Zitiermöglichkeit. Bitte mal für die Zukunft verraten, wie das hier geht ;-)
    Oder eine Vorschaufunktion! Danke!

  4. 4
    Catweazle says:

    In einigen der beispielhaft genannten Fälle hätte eine etwa vorhandene Videoaufzeichnung womöglich eher zur Überführung der Angeklagten beigetragen als zu deren Entlastung.

  5. 5
    Spandauer says:

    Im Fall Donald Stellwag hat allerdings eine Art Videoaufzeichnung (Überwachungskamera in Verbindung einem Gutachten das Gegenteil bewirkt.

  6. 6
    WPR_bei_WBS says:

    Spätestens seit dem Fall Kachelmann sollte sich das doch ernsthaft jeder Mann überlegt haben. Das bei einem Vergewaltigungsvorwurf die Unschuldsvermutung schnell umgedreht wird ist ja leider nichts neues. Ebenso wenig, dass solche Vorwürfe viel zu oft zur Rache oder Waffe im Sorgerechtsstreit verwendet werden.

  7. 7
    BrainBug2 says:

    Ich propagiere ja schon seit längerem eine – möglichst – lückenlose Videoüberwachung, die mit der Zeit und der Technik ohnehin kommen wird (sowohl im privaten wie auch im öffentlichen Bereich). Dann dürften einige Lügen kurze Beine bekommen.

  8. 8
    Kai says:

    Darf die Polizei eine Dashcam am Mopped eigentlich beschlagnahmen, wenn man zufällig in eine Polizeikontrolle kommt? Reicht ggf. eine Gechwindigkeitsübertretung aus? Ich frage mich das schon lange, da ich gerne Mopped mit dashcam fahre.

  9. 9
    Der wahre T1000 says:

    Es ist doch lange bekannt, dass mehr als die Hälfte aller Vergewaltigungsvorwürfe falsch sind und anderen Zwecken dienen. Insofern sollte man solche Vorwürfe sehr kritisch hinterfragen – im Zweifel für den Angeklagten.

    Die Quote der falschen Vorwürfe liegt allerdings nicht so sehr daran, dass es wenige echte Vergewaltigungen gibt. Es liegt vielmehr daran, dass echte Vergewaltigungen oftmals gar nicht erst zur Anzeige kommen. Gerade bei den echten Fällen gibt es nämlich viele Gründe, warum die Opfer schweigen.

  10. 10
    DashCam-Owner says:

    @Kai, #8
    Ich fahre seit ca. 5 Jahren nur noch mit DashCam. Die Wahrnehmung meiner Mitmenschen ist doch „zuweilen“ recht verzerrt (nein, nein, die lügen nicht. Nieee!), aber Auto. Ich habe sie -seinerzeit mehr aus praktischen Gründen*- hinter dem Rückspiegel (d.h. zwischen Scheibe und Spiegel) positioniert und sie ist noch nie aufgefallen (inkl. AT ;)). Deshalb mein Tipp: Kleines, unauffälliges Teil zulegen und versteckt anbringen.
    Ich habe einige Überlegungen dazu schon vor 1 1/2 Jahren in einem Datenschutzblog dargelegt, die Menge würde hier den Rahmen sprengen: https://www.datenschutzbeauftragter-info.de/dashcam-videokamera-im-auto-zur-unfalldokumentation-ist-unzulaessig/

    * heute täte ich das schon, um Vandalismus vorzubeugen

  11. 11
    DashCam-Owner says:

    sorry, in #10 vergessen:
    Die Veröffentlichung/Weitergabe (ausser an Exekutive und Juristiktive) sollte mit hohen Strafen bewehrt werden (analog zum § 201 StGB – aber nicht die Aufnahme, sondern die Veröffentlichung strafbar machen (das ist der Unterschied von Täterschutz zu Opferschutz)).
    Das -durchaus stimmige- Hauptargument gegen Videoüberwachung ist der Missbrauch der Aufnahmen – insbesondere, wenn bei HD-Aufnahmen Personen/Details zu erkennen sind.

  12. 12
    Mikado says:

    Der Verdächtigte hat vor allem das Beweismittel erst eingebracht, nachdem es eine eindeutige Tatversion gab und wahrscheinlich auch eine eindeutige Tendenz zum Verurteilungswillen des Gerichts.

    Zu früh und , neben § 201a StGB, hätte das Opfer [Achtung Satire] die Aussage anpassen können und um eine Erpressung genau mit diesem Video erweitern oder abändern können. Vielleicht bestand aber auch die Hoffnung auf einen Freispruch durch Mangel an Beweisen oder dass sich das Opfer in Widersprüche verwickelt.

  13. 13
    Ein juristischer Laie says:

    Laut Morgenpost-Artikel droht der lügenden Zeugin nun u.a. ein Strafverfahren wegen “falscher uneidlicher Aussage“.
    Also ist sie wohl nicht vereidigt worden.
    Hätte denn der Angeklagte und sein Verteidiger eine Möglichkeit gehabt, die Vereidigung der Zeugin durchzusetzen, oder liegt die Vereidigung von Zeugen allein im Ermessen des Gerichts ?

    • § 59 StPO wird Ihnen diese Frage (oberflächlich) beantworten. Weitere Einzelheiten dazu können Sie aber googlen. crh
  14. 14
    rediktio says:

    . Denn das Kunsturhebergesetz verbietet und bestraft nicht bereits die Anfertigung von Bildern, sondern erst deren unbefugte Verbreitung und Zurschaustellung.
    https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2015/bvg15-072.html

    Man darf also auf der Straße Filmen und Fotografieren.

  15. 15

    Meine Dashcams haben bei noch keiner Polizeikontrolle gestoert, verheimlichen war da garnicht notwendig. :-P

  16. 16

    „Habe ich jemanden übersehen?“

    Die Antwort auf diese (rhetorische) Frage ist traurig: Allein ich habe im vergangenen Jahr etwa 10 Falschbeschuldigungen wegen Sexualdelikten zur Einstellung gebracht (bzw. sind jetzt einstellungsreif). Das ist in den meisten Fällen sehr kompliziert, da immer Aussage gegen Aussage steht und teilweise auch Verletzungen selbst beigebracht wurden. Wenn ich diese Zahl hochrechne zeichnet sich ein grausiges Bild.

    Mir scheint, dass nicht nur die Dunkelziffer bei nicht angezeigten, sondern auch die bei falsch angezeigten Sexualdelikten erschreckend hoch sein dürfte.

  17. 17
    Maik says:

    In praktisch allen Gerichtsbarkeiten wird im Verfahren und vor Gericht gelogen, egal ob Sozial-, Arbeits- oder Zivilgerichtsbarkeit. Leider meinen Richter/Staatsanwälte ähnlich wie medizinische Gutachter häufig, Lügner qua Berufserfahrung erkennen zu können. Dabei gibt es zumindest bei Gutachtern Untersuchungen darüber, das deren Erkennensrate von Simulanten im Bereich der Ratewahrscheinlichkeit liegt.

    Nicht umsonst wurden Testverfahren entwickelt, um Inkonsistenzen, Lügen, Aggravation und Simulation aufzudecken.

    Die Aussage des Richters zeugt nur davon, dass er meint zur Spezies der erfahrenen Richter zu gehören, die Lügner erkennen würden, was natürlich unwahrscheinlich ist.

  18. 18