Der Bezirksrevisor und die Zeit

Wir hatten einen Kostenfestsetzungsantrag gestellt. Das bedeutet: Wir haben unsere Arbeit, die wir im Auftrag des Landes Brandenburg für unseren Mandanten geleistet haben, abgerechnet. Also: Es ging um die Früchte unserer Tätigkeit.

Der Job hat irgendwann im Spätsommer/Herbst vergangenen Jahres angefangen und war im November dann erledigt. Das Kostenfestsetzungs-Verfahren kam in Gang. Aber nur kurz. Bis es auf dem Tisch eines Bezirksrevisors landete.

Die weitere Entwicklung ergibt sich aus dem folgenden Schreiben des Amtsgerichts Königswusterhausen.

AG Königswusterhausen

Was ist das für ein Betrieb, in dem ein Antrag auf Entlohnung länger als ein Vierteljahr unbearbeitet liegen bleibt? Was sind das für Menschen, die in so einem Laden arbeiten? Bekommen die da Geld für?

Lieber Bezirksrevisor, schäm‘ Dich!

Dieser Beitrag wurde unter Justiz veröffentlicht.

15 Antworten auf Der Bezirksrevisor und die Zeit

  1. 1
    Alles Wuscht says:

    Jemand der ohne Leistungsdruck jeden Monat zum 1. sein üppiges Gehalt auf seinem Konto vorfindet, ist der Füllstand vom Kühlschrank eines Anderes völlig wurscht..

    Oder kurz gesagt:
    Wieso hast du Hunger, ich bin doch satt.

  2. 2
    Moneypenny says:

    Es ist eigentlich nicht so schwer zu verstehen: Wenn die Arbeitskapazität eines Strafverteidigers mittelfristig ausgelastet ist, kann er anfragende Mandanten an einen Kollegen verweisen. Der Bezirksrevisor kann das nicht (sondern allenfalls einen fruchtlosen Appell an den Haushaltsgesetzgeber richten, weitere Stellen einzurichten); er muss zusehen, wie der Stapel eingegangener und nach Eingangsreihenfolge abzuarbeitender Akten immer weiter anwächst. Warum gerade Ihre Akte abweichend von der Eingangsreihenfolge bevorzugt bearbeitet werden sollte, müssten Sie jedenfalls noch erklären.

    (Und da Sie all dies natürlich auch genau wissen, sind vielmehr Sie es, der sich schämen müsste, einem für wenig Geld sich abstrampelnden Bezirksrevisor derartig haltlose persönliche Vorwürfe zu machen. Die Vorwürfe müssen Sie an die für die Stellenauszehrung politisch Verantwortlichen richten, an niemanden sonst.)

  3. 3
    rakuemmerle says:

    @moneypenny Wenn in Ihrem Beitrag irgendwo Sarkasmus versteckt war, habe ich ihn offenbar übersehen.

    Gern übernehme ich Ihren Text aber als Vorlage, wenn umgekehrt die öffentliche Hand mal Geld haben möchte. Dann teile ich mit, dass ich den Stapel nach Eingangsreihenfolge abarbeite, da ich gerade mittelfristig anderweitig ausgelastet bin und ich nicht wüsste, warum ich nun ausgerechnet diese Forderung bevorzugt bezahlen sollte.

  4. 4
    Mitleser says:

    @crh
    „Was sind das für Menschen, die in so einem Laden arbeiten?“
    Das sind Menschen, die ’nichts anderes gelernt‘ und nun nur die Wahl zwischen letztenedlich Hartz IV oder diesem (einem solchen) Job haben. Soweot sie noch nicht kapituliert haben (z.B. wegen ungerechter Kritik ad hominem) versuchen sie dem vernehmen nach, ‚das Beste‘ aus der verfahrenen Situation zu machen.
    „Bekommen die da Geld für?“
    Das hoffe ich doch sehr!
    Wenn nicht als Gehalt/Sold, dann als Schmerzensgeld.

    @rakuemmerle, #3
    Sie haben den Post der moneypenny nicht (oder absichtlich miss-) verstanden.
    Kritik am Staat als Verantwortlichen: OK
    Kritik ad hominem an einem weiteren Opfer des Staates*: nicht OK

    *jaja, „der kann ja woanders arbeiten“

  5. 5
    WPR_bei_WBS says:

    Also wenn man im Zivilleben nicht in der Lage ist, die Rechnungen in einem vernuenftigen Zeitrahmen zu pruefen, dann darf man sich ueber einen Mahnbescheid, …, Vollstreckung nicht wundern. Wenn der Herr Bezirksrevisor also meint, er habe zuviel Arbeit, dann muß er halt schneller arbeiten, indem er das ganze durchwinkt. Bzw. Würde ich das schon sagen, wenn es um den Rechtspfleger geht. Beim Bezirksrevisor erst recht, dann darf er halt nur soviele Faelle pruefen, wie er auch erledigen kann.

  6. 6
    Ö-Buff says:

    Wer sich darum kümmern kann, ob auf die Rechnungsposition „Briefporto“ Mehrwertsteuer zu erheben ist oder nicht, hat ein bisschen verbale Dresche durchaus verdient.

  7. 7
    Jürgen says:

    @Ö-Buff:
    Prinzipiell gebe ich Ihnen recht, allerdings freuen sich nachgeordnete Kontrollebenen oder gar externe Kontrolleure total, wenn sie solche Positionen finden und ankreiden können. Wegen solcher kleinen, mickrigen Positionen, die eine Heidenarbeit verursachen, werden sehr gerne von übergeordneten Kontrollebenen die Backen aufgeblasen. Da geht es dann richtig rund.

  8. 8
    Ö-Buff says:

    Tja Jürgen,

    einem Selbstständigen macht das aber nur Arbeit. Und wenn man sich in den Berechnungsstellen mal ordentlich informieren würde, wäre das dann auch höchst unnötig.
    Man merkt halt, dass der Apparat offensichtlich nur zur Selbterregung da ist.

  9. 9
    RA Müller says:

    Ob das Geld aus der Staatskasse für BerH, PKH/VKH, Pflichtverteidigung oder für die vielen vom Staat verlorenen Prozesse heute, morgen, oder in einem halben Jahr kommt, ist doch gleichgültig. Es kommt jedenfalls. Und wenn wir unsere Roben mal an den Nagel hängen, tropft dafür noch 6-24 Monate lang Geld aus alten Kostenfestsetzungsanträgen auf das Konto.

    Ich ärgere mich viel mehr über Mandanten, denen ich hinterher rennen muß, weil ich aus Gutmütigkeit mal wieder keinen Vorschuß genommen habe.

    Die Staatskasse ist zwar langsam, aber zumindest zuverlässig.

    • Darf ich Sie zitieren, wenn demnächst unsere Mitarbeiterinnen nach ihrem Gehalt und unser Vermieter nach der Miete fragen?
       
      Nebenbei: Wir bezahlen die an uns gerichteten Rechnungen stets noch an dem selben Tag, an dem sie bei uns eingegangen sind. crh
  10. 10
    Rudi Ungemach says:

    nicht nur bei ihnen dauert es etwas länger. Beim AG Neukölln ist man schlichtweg überfordert, wenn ein nichtanwaltich vertretener Kläger, Porto und Kopierkosten geltend macht. Dort ist man der Meinung, dass das zur Mühewaltung gehören würde und zitiert eine Exotenmeinung aus dem Jahr 1976.

    • Das haben die da schon immer so gemacht. Da könnte ja sonst jeder kommen. Wo kommen wir denn da hin?! crh
  11. 11
    Rudi Ungemach says:

    „Das haben die da schon immer so gemacht. Da könnte ja sonst jeder kommen. Wo kommen wir denn da hin?! crh“

    Wo sie hingekommen sind weiss ich nicht. ;-)

  12. 12
    RA Müller says:

    @Hoenig

    Wollte damit sagen: als etablierte Kanzlei hat man doch einen relativ regelmäßigen monatlichen Grundumsatz und ein Finanzpolster. Man ist doch nicht darauf angewiesen, daß die Vergütung aus der Staatskasse pünktlich nach 7 Tagen auf dem Konto ist, weil anderenfalls Ebbe auf dem Konto und den Mitarbeitern Hunger droht. Im März kommt eben die Vergütung für Oktober und im September jene für März. Rein umsatztechnisch ist das doch Wurscht.

    Ich bezahle meine Rechnungen – auch jene der Staatskassen – ebenfalls immer am Tag des Rechnungseingangs. Aber man muß eben akzeptieren, daß die meisten Schuldner und insbesondere die Staatskasse eine schlechtere Zahlungsmoral haben.

  13. 13
    Mitleser says:

    @RA Müller, #12
    „Aber man muß eben akzeptieren, daß die meisten Schuldner und insbesondere die Staatskasse eine schlechtere Zahlungsmoral haben.“
    Nö, man könnte (im Rahmen seiner sozialen Verantwortung für die Gesellschaft) – gerade als solventer Anwalt – auch den normalen Weg der konsequenten und unmittelbaren Forderungsbeitreibung beschreiten. Das würde auf den ewig säumigen Schuldner uU erzieherisch wirken und/oder Präzedenzfälle schaffen, an denen sich Handwerker o.ä. orientieren können.

    P.S. …das ist eben das hinterfotzige am Staat:
    Ein (wirtschaftlich hinreichend situierter) Handwerker sagt sich „Kunden mit einer solchen Zahlungsmoral beliefere ich nicht!“. Der intelligente Handwerker dito (insb. wenn Materialwert und Dienstleistung in einem ungünstigen Verhältnis stehen -> drohender Ruin).
    Der Anwalt kann aber eine Beiordnung als Pflichtverteidiger nicht ohne Weiteres abwehren. Der Staat zwingt (nötigt?!) also zumindest im Beispiel der Pflichtverteidigung den Anwalt dazu, ihn zu beliefern.

  14. 14
    RA JM says:

    Man beachte: „ Zur Bearbeitung vorgelegt“. Von Zahlung steht da nichts. ;-)

  15. 15
    Lesekundiger says:

    Warum macht man eigentlich Geschäfte mit der Staatskasse? Auch das ist jedermanns freie Entscheidung. Hätte man sich nach dem Examen in den Bereich M & A orientiert, wüsste man nicht mehr, wohin mit der ganzen Kohle, die die Auftrsggeber, idR Großkonzerne, unaufgefordert aufs Kanzleikonto zahlen. Wenn’s unbedingt Strafrecht sein soll, warum nicht ausschließlich Wirtschafts- oder Steuerstrafrecht?

    Augen auf bei der Berufswahl!