eMail-Adressen der Kriminalrichter

Neues zum Thema: Entzug des gesetzlichen Richters.

Im Fernsprechverzeichnis des Amtsgerichts Tiergarten aus dem Jahre 2009 gab es sie noch nicht: Die eMail-Adressen der Richter. Die Berliner Strafverteidiger waren froh, wenigstens die Durchwahlen nachschlagen zu können.

In den mir vorliegenden Telefonsbüchern aus 2013 und 2014 waren sie aber (endlich) drin:

Telefonverz01

Nachdem ich heute Vormittag vergeblich versucht hatte, eine kurze Information an einen Richter loszuwerden (um ihm die Terminsplanung zu erleichtern), scheiterte ich zunächst an seinem Telefon. Er war nicht erreichbar, seine Geschäftsstelle auch nicht und für ein Anrufbeantworter fehlt dem Gericht entweder das Geld oder das Know How.

Also gucke ich in das aktuelle 2016er Telefonsbuch:

Telefonverz02

eMail-Adressen? Wie Sie sehen, sehen Sie nichts.

Man faßt es nicht! Also nutze ich ab 2016 wieder das Fax, oder was? Sauft doch ab in Euren antiquarischen Strukturen.

Dieser Beitrag wurde unter Justiz, Richter veröffentlicht.

15 Antworten auf eMail-Adressen der Kriminalrichter

  1. 1
    Mirko Laudon says:

    In Hamburg gibt es nicht einmal ein Telefonverzeichnis, d.h. man muss immer die Geschäftsstellen durchbimmeln. Oder warten, dass der Richter einen anruft und dann die Telefonnummer auf ewig im kanzleiinternen Telefonbuch speichern. E-Mail? Fehlanzeige!

  2. 2

    Die Hinbedeutungen zu den hyperredundanten „s“ (sogenanntes „Sigma-Flooding“) – eine Spezialität juristischer Institutionen – haben ihr Ziel (u.a. meine Augen – Sehbahn – visueller Kortex – assoziative Felder) nicht verfehlt.

    Originalbeispiel extern: „§ 227 ZPO Terminsänderung“

    Die konsequente Anwendung („um ihm die Terminsplanung zu erleichtern“, „Telefonsbuch“) machte mich auf längere Zeit lachen. Ein guter Start in den freien Tag.

    Höflichst verbleibend.

  3. 3

    Vorname.nachname@ag-tg.berlin.de

    • Ok, das Muster ist bekannt. Nicht aber alle Vornamen. crh
  4. 4
    Oliver Hansen says:

    In der nds. Finanzverwaltung dürfen die eMail-Adressen auch nicht rausgegeben werden, zum einen weil eMails nach draußen nicht verschlüsselt werden können und man somit gegen § 30 AO verstößt, zum anderen ist für ankommende Mails ausschließlich die Adresse der Poststelle anzugeben.

    Und dort… da werden 2016 die eMail ausgedruckt und wie normale Eingangspost bearbeitet. So erreicht beispielsweise die eMail eines Schuldners mit gepfändetem Konto, der eine Zahlungsbestätigung schickt, den Sachbearbeiter gern mal erst nach 2 Tagen. Und wer glaubt, das ein Fax da schneller ist, irrt leider. Schließlich müssen alle Vorgesetzten ihren farbigen Strich durch den Eingangsstempel machen.

  5. 5
    Berliner says:

    Mal rein logisch überlegt: Die Verwaltung und Justiz hat ein rechtsstaatliches Verfahren zu gewährleisten. Das bedingt nicht nur den gesetzlichen Richter, sondern auch rechtliches Gehör. Um letztes zu gewährleisten ist eine ordentliche Aktenführung unumgänglich. Die Akten haben ordentlich, chronologisch und vollständig zu sein. Das heißt, sämtliche verfahrensrelevanten Ereignisse sind zu dokumentieren, dazu gehören auch Terminsabsprachen bzw. Terminsverlegungsanträge. Ein Anwalt, der auf unvollständige Akten trifft (es liegt eine Umladung vor, ohne dass ein Verlegungsantrag ersichtlich ist), dürfte ziemlich sauer sein. Wie wird nun die Vollständigkeit der (Papier!)Akte gewährleistet? Zur Zeit eben dadurch, dass die Richter/StA verfügen und die Geschäftsstellen ausführen und ablegen bzw. Posteingang erfassen und ablegen. Wie soll in dieses Konzept nun Email-Verkehr des Richters sinnvoll eingebunden werden? Man stelle sich nur vor, beim Richter gehen in dessen Urlaubsabwesenheit 2-3 Emails eines Verteidigers ein, vielleicht nicht nur Terminsverlegungsanträge sondern sogar Schriftsätze mit erheblichem Inhalt. Wie soll nun die Geschäftsstelle davon Kenntnis erlangen? Sie müsste Zugriff auf den Email-Account haben. Bei personenbezogenen Email-Adresse eher nicht denkbar, es müsste also zumindest Dezernats-Adressen geben. Zudem müsste geregelt werden, dass die Papierakte nicht allein relevant ist, sondern auch zentral abgelegte Online-Dokumente dazu kommen, die bspw. die Geschäftsstelle in ein DMS packt. Von chronologischer Aktenführung wäre man dann weit weg, es sei denn, man druckt dann doch wieder alles aus. Ich mag da bereits nicht an Akteneinsicht oder Zuständigkeitswechsel (nicht nur Dezernent, sondern ggf. Gerichts- oder gar Landeswechsel) denken. Merke: Manches ist nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick erscheint.

    Aus dem gleichen Grund werden auch ungern direkte Telefonverbindungen rausgegeben, denn die Zuführung des Inhalts des Telefonats (Telefonvermerk) wird dem Richter aufgebürdet. Er muss nun den wesentlichen Inhalt des Telefonats vermerken und zur Akte bringen. „Zwingt“ man jedoch den Anwalt dazu, dass er ein Fax schickt, sorgt dieser selbst für die Verkörperung des Inhalts seiner Gedanken für die Akte. Das dürfte auch vorteilhaft sein, weil es später keinerlei Diskussion über das tatsächlich Gesagte geben kann.

  6. 6
    Thorsten says:

    Sind vielleicht schon abgesoffen in der E-Mail-Flut. ;-)

  7. 7
    meine5cent says:

    Angesichts zB der Reichsbürgerbewegung(en) und diverser Mitmenschen , die sich auch gerne mal an Rechtsanwälte mit „kurzen Fragen“ oder Anfragen nach dem Schema „Suche Anwalt mit Biss, der bereit ist, mit mir gegen horrendes Unrecht bis zum Letzten zu kämpfen; Näheres in den 5 Umzugskartons, die ich zur Erstberatung mitbringe, für die Sie mindestens 8 Stunden einplanen sollten“
    ist mir einigermaßen klar, weshalb die dienstlichen Email-Adressen nicht allgemein zugänglich sind.

    • Die Telefon- und eMail-Verzeichnisse, von denen hier die Rede ist, sind nicht öffentlich, sondern nur den „Organen der Rechtspflege“ zugänglich. crh

    @RA Schmidt: Im Telefonverzeichnis stehen ja die Vornamen nicht…..

  8. 8
    Oliver Hansen says:

    @Nr. 6 Berliner: Ich kann nur für die nds. Finanzverwaltung sprechen, da gibt es bei eMail s.g. Vertreterregelungen, die können (!) bei Abwesenheit aktiviert werden, dann gibt es entweder eine automatische Rückmail „Bin nicht da, Ihre eMail wird nicht weitergeitet, in dringenden Fällen….“ oder ein Vertreter kümmert sich in der Abwesenheitszeit ums Postfach, oder… es passiert gar nichts, weil der Urlauber (oder spontag erkrankte) diese Möglichkeiten nicht nutzen möchte.

    Die an jedem Arbeitsplatz vorhandene Voicefunktion der Telefonanlage darf im übrigen landesweit nicht mehr genutzt werden, nachdem Hacker über diese Funktion in einem Finanzamt Telefonkosten i.H.v. 100.000 EUR verursacht haben.

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  11. 11
    Engywuck says:

    ich schließe mich #4 und #5 (Oliver Hansen und Berliner) an: zwei der Hauptprobleme mit den email-Adressen sind tatsächlich, dass diese unverschlüsselt stattfinden und speziell archiviert werden müssen.

    Solange es bei reinen Terminfindungen etc., ggf. mit reinen Aktenzeichen, bleibt könnte man auf Verschlüsselung ggf. verzichten, aber spätestens wenn in der Email über die Verlegung des Prozesses „des Herrn Gluffke wegen kinderpornographischer Schriften“ geredet wird (egal ob von Richter oder RA) sollte Verschlüsselung zwingend sein. Aber das wird ja mit dem elektronischen Anwaltspostfach alles besser… :-)

    Die Archivierung ist auch nicht ganz so einfach – speziell solange Akten nicht elektronisch verbreitet werden. Dann muss nämlich spätestens von der Aktenführende Stelle doch ausgedruckt werden – und beispielsweise der Mailserver eine genau gehende Uhr verwenden (Absende-Zeiten sind sehr leicht fälschbar…)

    Im Übrigen ist bei Email-Adresslisten immer von einer gewissen Öffentlichkeit auszugehen – speziell wenn die Adressen nach einem logischen Muster wie Vorname.Nachname@… aufgebaut sind. Siehe die Webseite des bei manja #9 genannten „Väternotrufs“, der es sogar als Zensur ansieht, wenn Geburtstage nicht komplett veröffentlicht werden dürfen. Wundert mich fast, dass dort weder Durchwahlen noch Email-Adressen aufgelistet sind.

    Wenn „extern zugängliche“ Email-Adressen veröffentlicht werden (bzw. auch nur vorhanden sind) muss ich aber spezielle Vorkehrungen bezüglich Spams treffen – was einfacher ist, wenn diese Spam-Mails nur bei wenigen Mitarbeitern auftreffen, die dann weiterverteilen. Was ein Verschlüsselungs-Trojaner in einem Gericht anrichten würde möchte ich mir lieber nicht vorstellen – und das wäre noch eine harmlose Folge.

  12. 12
    Dr. No says:

    Wie wäre es, als Standard Emailadresse des Gerichts das Aktenzeichen@Gericht.de einzurichten, verschlüsselt natürlich. In der automatisierten Weiterleitung der eMail könnten dann sowohl Aktenführung als auch der jeweils zuständige Richter eingebunden werden.

  13. 13
    -thh says:

    Ich warte ja immer noch darauf, dass Rechtsanwälte und Strafverteidiger in größerer Zahl, ja geradezu allgemein, wenigstens den örtlichen Justizbehörden ihre Durchwahlen mitteilen, damit diese nicht immer das Sekretariat durchbimmeln müssen oder gar nur eine Ansage „Sie rufen außerhalb unserer Geschäftszeiten an“ erhalten …

  14. 14
    bm says:

    Oder so:

    Abteilungs#@ag-tg.berlin.de

    also zum Beispiel:

    210@ag-tg-berlin.de
    211@ag-tg.berlin.de
    215@ag-tg.berlin.de

    etc… ganz einfach, einfach ausprobieren!

  15. 15
    BV says:

    @ Dr. No, # 12:

    Das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) kommt. Und irgendwann in ein paar Jahren machen da dann auch die Gerichte mit. Dann haben wir sichere Übermittlungen mit Zugangsbeweis. Bis dahin wären E-Mail-Adressen mit Bezug zum Aktenzeichen auch noch nicht eingerichtet.