Haftgrund: Erheiterung der Staatsanwaltschaft

Manche Staatsanwälte sollte man besser in den Tagebau schicken, da wären sie vielleicht besser aufgehoben.

Der Berliner Tagesspiegel berichtete über den gewaltigen Einsatz der Polizei, mit dem in dieser Woche eine „arabische Großfamilie“ aufgemischt wurde.

Die Journalistin Fatina Keilani stellte die an einen (leider nicht namentlich benannten) Staatsanwalt gerichtete Frage nach dem Fortgang des Verfahrens. Schließlich habe man jetzt ja acht Beschuldigte in Untersuchungshaft genommen.

Zutreffend schildert der Ermittler zunächst, daß jetzt erst einmal die Auswertung der bei den Durchsuchungsmaßnahmen sichergestellten Beweise erfolgen muß. Und dann fängt für den befragten Staatsanwalt die Lästigkeit an:

… dann bekämen die Beschuldigten rechtliches Gehör. Und dann sei es denkbar, dass man als Staatsanwaltschaft am Ende froh sein könne, wenn man die Männer mal für ein paar Monate in Untersuchungshaft hatte – weil sie am Ende vielleicht nicht mal verurteilt werden könnten.

Was ist das für eine unprofessionelle Einstellung? Die „objektivste Behörde der Welt“, wie sich die Ermittler gern selbst bezeichnen, macht Party, wenn man Verdächtige in Untersuchungshaft genommen hat. Es gibt im Gesetz (§§ 112 ff StPO) keinen Haftgrund „zur Erheiterung der Staatsanwaltschaft“.

Ich möchte mich der Frage der Journalistin anschließen:

Wie bitte?

Wenn ein „anderer Staatsanwalt“ reklamiert …

Meist beschäftigen die arabischen Clans die besten Strafverteidiger, die fürstlich bezahlt werden und die dafür alle Register der Strafprozessordnung ziehen.

… ist der Zweifel nach der Herkunft (Jahrmarktsbude? Hinterhofdruckerei?) des Abiturzeugnisses dieses Ermittlers berechtigt. Das Recht, „sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen“, scheint dem zitierten Kirmesjuristen eher unbekannt zu sein. Aber vielleicht ist es auch der blanke Sozialneid, der dem Beamten das Hirn vernebelt.

Was wäre denn die Alternative? Wie stellt sich so einer die Verteidigung von inhaftierten Beschuldigten vor? Oder vielleicht gar keine Verteidigung? Das hatten wir ja schon einmal. Vielleicht sollte man es dieses Mal ohne (solche) Staatsanwälte versuchen.

Dieser Beitrag wurde unter Staatsanwaltschaft veröffentlicht.

14 Antworten auf Haftgrund: Erheiterung der Staatsanwaltschaft

  1. 1
    Riddle says:

    Der ganze Fall riecht doch nach Politik.

    Berichtet wird als Highlight die Beschlagnahmung einer (!) Waffe und eines Porsche Cabrio (Baujahr 97-06), an der Spitze der Anschuldigungen ein versuchter (!) Auftragsmord (bei Craigslist inseriert und ein BKA Mitarbeiter hat sich dann gemeldet?), und das berichtet wird als wäre da grade die gesamte Abou Chaker Familie festgenommen worden.

    Ein mal in ein beliebiges Vereinsheim der Hells Angels einmarschiert und man findet mehr Waffen und mehr Vermögensgegenstände. Aber das sind Rocker, Politik macht sich besser in dem man dem rassistischen Mob etwas vorsetzt, indem man ein paar Linke Hausbesetzer terrorisiert oder ein paar dunkelhäutige Kleinkriminelle zum arabischen Superbösewicht stilisiert.

    Was der Staatsanwalt da von sich gibt bläst ins gleiche Horn, ob für das obligatorische „endlich sagts mal einer“ des rechten Pöbel oder weil er Teil selbigen ist sei mal dahingestellt.

  2. 2
    Waschi says:

    Dann sollte man aber auch den Kontext des Artikels zitieren. In den Zitaten geht es nicht nur um die angeblich hochbezahlten Anwälte, sondern auch – und vor allem – um Einschüchterung von Zeugen. Und wenn Zeugen „umkippen“ und dadurch ein zuvor dringender Tatverdacht zusammenbröselt, stelle ich mir das schon frustrierend vor.

    Und was soll diese künstliche Empörung darüber, dass ein Staatsanwalt ‚froh‘ ist, wenn er jemanden hinter Gitter bringt? Wenn man seinen Job gut machen will, muss man auch mit einem gewissen Ehrgeiz bei der Sache sein. Und der Job des Staatsanwalts ist nunmal die Strafverfolgung.

    • Sie verkennen die Aufgaben der Staatsanwaltschaft. Sie hat […] den Sachverhalt zu erforschen und nicht nur die zur Belastung, sondern auch die zur Entlastung dienenden Umstände zu ermitteln, § 160 StPO. Da steht nichts von Hinter-die-Gitter-bringen. Der Job ist Aufklärung zu betreiben. Und zwar mit den Mitteln, die das Gesetz vorsieht und nicht nach Laune und Tagesform eines Allmachtsphantasts. crh
  3. 3
    Denny Crane says:

    Das fällt doch bestimmt in die Kategorie: „Aus dem Zusammenhang gerissen und falsch zitiert.“….

    Im übrigen zielt die Kritik in die falsche Richtung. Haftbefehle werden noch immer von Richtern erlassen und ihre Aufrechterhaltung regelmäßig von Richtern überprüft. Solange die Staatsanwaltschaften immer wieder Haftrichter finden (Wochenendvertretung aus dem Mietrechtsdezernat, seit der Proberichterzeit kein Strafrecht mehr gemacht), die jeden Blödsinn erst einmal unterschreiben – bevor er vom LG oder OLG kassiert wird -, ist mir das eher ein Problem der Judikative und nicht der Exekutive.

    Und der Spruch „U-Haft schafft Rechtskraft“ wurde uns doch schon im Referendariat stolz vermittelt. Daß es de facto verschleierte Haftgründe gibt, die nicht im Gesetz stehen, ist kein Geheimnis. Ich begrüße es eher, daß ein Staatsanwalt das einmal offen gegenüber der Presse zugibt.

  4. 4
    Leser says:

    Der Blogautor lässt leider den sich unmittelbar anschließenden und für den Sinn der staatsanwaltlichen Äußerung weg: „Das Einschüchtern der Belastungszeugen übernähmen die Familien allerdings lieber selbst.“

    • Ich bin mir nicht sicher, ob der Staatsanwalt das belastbar belegen kann (das würde dann zu einer strafrechtlichen Verurteilung führen) oder ob es sich dabei um eine frustrationsgesteuerte Emotion handelt, weil er sich durch von ihm als überflüssig erachteten rechtsstaatlichen Verfahrensgarantien an einer persönlich motivierten Vendetta gehindert sieht. Man weiß es nicht … crh
  5. 5
    RA Fuschi says:

    @Denny Crane:
    Wenn 95% aller Ermittlungsrichter HAftbefehlsvordrucke der Staatsanwaltschaften quasi blind unterschreiben, dann darf ich auch fordern, dass der Staatsanwalt, der genauso Recht und Gesetz verpflichtet ist, nicht Anträge schreibt, von denen er selbst weiß, dass sie nicht rechtmäßig ergehen würden – selbst wenn ein Richter sie unterschreibt.

  6. 6
    Mitleser says:

    …es mag Ihr Job als Strafverteidiger sein, sich hier zu echauffieren, aber genau diese Clans (die „rassische“ Herkunft ist doch dabei irrelevant, die kulturelle hat bestenfalls erklärenden Charakter) terrorisieren ganze Stadtbezirke.
    Ich sehe es eher als Schande an, dass Polizisten & Co bereits „Angst“ haben, nach hartem Durchgreifen gegen „Ausländer“ mit der Nazikeule verfolgt zu werden (siehe z.B. Riddle, #1).

    Nach meiner Meinung stehen wir an der Grenze zum Verlust staatlicher Kontrolle/Gewalt (so wir sie nicht in 2015 bereits überschritten – die neuMigranten binden nämlich erhebliche Polizeikräfte, primär zum Schutz der neuMigranten voreinander, sekundär zum Schutz vor „Nazis“, tertiär zum Schutz der Bürger vor „den Einzelfällen“ unter den Migranten).
    Wenn wir als Gesellschaft nicht schnell deutlich härter vorgehen (z.B. Beweislastumkehr in Fällen, wo grosse Mengen Bargeld bei Hartzern gefunden werden), werden bei uns mMn Zustände wie in Mittelamerika oder den US-Slums Einzug halten.
    Das mag Ihnen nichts ausmachen, weil Sie das Geld und die Kontakte haben, sich zu schützen. Otto Normalverbraucher kann daran kein Interesse haben.

    tl;dr: Kuscheljustiz ist phantastisch für „Friedenszeiten“, im Moment aber völlig fehl am Platz. Nicht zuletzt Dank MMe Merkel.

    P.S. nur als aktuellstes halbwegs neutral berichtetes Beispiel vom Kottbusser Tor.

    • Wir sind uns eins, wenn es um die Beurteilung von (organisierten) Straftaten und (ebensolchen) Straftätern geht. Darum geht es mir in meinem Beitrag aber nicht. Das Verhalten bzw. die Äußerungen der Staatsanwälte ist, wie ich meine, nicht akzeptabel.

      Zum Thema „schnell deutlich härter vorgehen“ habe ich auch nichts zu erinnern. Solange das in den Grenzen unserer Vorschriften abgeht. Geben Sie diese Grenzen auf, sind wir dort, wo Willkür Fuß faßt. crh

  7. 7
    runkelrübenmann says:

    Haben Sie schon einmal die Bundestagsdrucksache
    Nr. 3713 vom 29. September 1952 gelesen? Sonderlich S. 17 bis 19.

  8. 8
    Sebastian says:

    Ich frage mich warum in der heutigen Zeit die Dialektik so beliebt ist:
    „wenn sie gegen die Staatsanwaltschaft „mimimi“ weil die „mimimi“ dann heisst das ganz eindeutig das sie in diese Ecke zu stecken sind und diese Dinge bejahen und Entschuldigen, daher „Nazi! Vergewaltigungsentschuldiger! (gibt eine Reihe von Feministinnen der letzten Generation die sich mit dem Vorwurf und taetlichen Angriffen ausgesetzt sind weil sie irgendwelche Aussagen verneinen die nichts mit dem Thema zu tun haben.

    In diesem Fall ist es ja ganz klar: Wenn sie ein Problem damit haben dass Staatsanwaelte und eine Behoerde die an und fuer sich Objektiv sein sollte in der Wahrnehmung ihrer Gewalt so ueber den Rechtsprozess aeussert und irgendwelche Leute daraus lesen, dass sie dafuer sind das arabische Clans ganze Stadtbezirke terrorisieren.

    Fuer mich ist das eine Dialektik die primaer im Internet vermehrt wurde, die ich frueher eigentlich nur von Amerikanern, Propagandaopfern oder wenig intelligenten Leuten kannte.

    Im Moment ist es aber eher so das es unmoeglich ist sich irgendwo im Internet zu unterhalten ohne dass irgendwelche Menschen mit „solchen Sorgen“ daher kommen, die absolut nicht in der Realitaet fassen und nur in ihren Koepfen entstanden.

    Wieso passiert das? Bilde ich mir nur ein dass es diese Dialektik frueher seltener gab oder das Leute nicht so argumentierten?

  9. 9
    Mitleser says:

    @Sebastian, #8
    Hä???

    Es mag meiner intellektuellen Unterbelichtung geschuldet sein, aber ich verstehe nur Bahnhof. Was, genau, wollen Sie kritisieren oder aussagen? Ich vermag nicht einmal auseinander zu halten, ob ich Sie den „Nazis“ oder den „Antifanten“ zuzurechnen hätte.

    Können Sie Ihren Post bitte nochmal ‚ins Reine‘ schreiben? Für einfachere Menschen wie mich, bitte?

  10. 10

    Ja – die Mafia zahlt im Normalfall überdurchschnittliche
    Honorare. Ein paar 100.000 € in einer etwas bedeutenderen Sache ist da nichts Ungewöhnliches.
    Einen großen Teil des Honorars erhält aber oft nicht der Verteidiger. Das Geld fließt durch den gesamten Ermittlungs – und Verfolgungsapparat, und landet dann dort, wo es den meisten Nutzen bringt. Auf diese Weise entsteht ein kooperatives Geschäftsklima, nicht zu viel Stress, sowie Ruhe und Ordnung. Auch der Sozialneid wird dann in vertretbaren Grenzen gehalten.

    Ach ja, noch etwas: bei den vermeintlichen Arabern scheint es sich eher um Kurden zu handeln. Das weiß man aber nicht so genau.

  11. 11
    Waschi says:

    @crh: Die Aufgabe der Staatsanwaltschaft ist „Strafverfolgung“ und nicht „Sachverhaltsaufklärung“. Und ein Staatsanwalt, der nicht ein gesundes Maß an Ehrgeiz daran setzt, Menschen Straftaten nachzuweisen, taugt nichts.

    Und ehrlich gesagt: ich hätte dieses Interview so nicht gegeben. Zumindest nicht den Teil mit den hochbezahlten Anwälten. Aber die moralische Höhe, aus der Sie Ihre Kritik abfeuern, finde ich dann doch etwas übertrieben.

  12. 12
    BV says:

    @ Waschi, # 11:

    Andere Ansicht: das Gesetz. Das ist aber auch recht logisch, weil Strafverfolgung Sachverhaltsaufklärung voraussetzt. So verlangt § 160 I StPO von der Staatsanwaltschaft ganz ausdrücklich, „den Sachverhalt zu erforschen“. Und dabei hat die Staatsanwaltschaft eben nicht nur Belastendes zu ermitteln, um die Strafverfolgugn zu ermöglichen, sondern auch eben auch Entlastendes (§ 160 II StPO).

    Das ist letztlich auch der Grund dafür, das es mehr Veruteilungen als Freisprüche gibt: die Staatsanwaltschaft sortiert Sachverhalt, bei denen eine Straftat nicht vorliegt bzw. nicht mit hinreichender Sicherheit bewiesen werden kann, vor Anklageerhebung aus.

  13. 13
    ThorstenV says:

    @BV
    „Das ist letztlich auch der Grund dafür, das es mehr Veruteilungen als Freisprüche gibt: die Staatsanwaltschaft sortiert Sachverhalt, bei denen eine Straftat nicht vorliegt bzw. nicht mit hinreichender Sicherheit bewiesen werden kann, vor Anklageerhebung aus.“

    Das ist letztlich auch der Grund dafür, dass einen das nicht aufregen muss. Die Staatsanwaltschaft verfolgt wo sie schon zu der Meinung gekommen ist, dass sie verfolgen soll. Da die Entscheidung ob verfolgt werden soll schon vorher gefallen ist, ist das kein Beweis für Voreingenommenheit, sonst wäre jeder voreingenommen, der seine eigene Meinung vertritt, egal wie lange er gewissenhaft gegrübelt und untersucht hat um zu dieser zu kommen.

  14. 14
    ThorstenV says:

    @Mitleser #6
    „(z.B. Beweislastumkehr in Fällen, wo grosse Mengen Bargeld bei Hartzern gefunden werden),“

    Wie soll das konkret aussehen, insb. sich von der schon geltenden Rechtslage unterscheiden? Vgl. § 60 SGB I, etwa OLG München, 4 St RR 159/07 vom 31.10.2007