Historische Verantwortung statt Soldateska

111537_web_R_by_Michael König_pixelio.deDer Einsatz der Bundeswehr im Inneren steht immer mal wieder auf dem Wunschzettel der Law-And-Order-Fraktion.

Wer sich einmal abseits des Wahlkampfgetöses der Wirsinddasvolksvertreter auf sachlicher Grundage informieren möchte: Hier (pdf) gibt es eine sachliche Darstellung der rechtlichen Voraussetzungen für eine Militär-statt-Polizei-Verwendung.

Den Fans einer Soldateska sei zur zurückhaltenden Mässigung geraten. Für den Einsatz von Kriegsgerät gegen einen schießwütigen Amokläufer gibt es jedenfalls nach den Spielregeln unserer Verfassung keine Grundlage. Und das ist auch gut so.

Dieser Beitrag wurde unter Politisches, Polizei veröffentlicht.

11 Antworten auf Historische Verantwortung statt Soldateska

  1. 1
    Roger says:

    Ich denke da wird die Rechnung gerade ohne die Soldaten gemacht:

    1. Die Soldaten der Bundeswehr sind auf das Recht und die Freiheit des Deutschen Volkes vereidigt, nicht auf die Regierung.

    2.Nach meiner Erfahrung während meiner 8-jährigen Dienstzeit sehen ein großer Teil der Offiziere und Unteroffiziere den Einsatz der BW im Inneren äußerst kritisch oder lehnen dies gar ab.

    Deshalb dürfte es zu etlichen Schwierigkeiten kommen, bei einem entsprechenden Versuch dies anzuordnen.
    Ich denke da an eine große Menge von KDV-Anträgen sowie schlicht mehrfache Gehorsamsverweigerung.
    Abgesehen von der personellen und Materiellen Situation der BW im allgemeinen.

  2. 2
    Roland B. says:

    Ich sehe da durchaus zivile Einsatzmöglichkeiten, wo die Polizei Personalknappheit hat. oder wenig Material Zum Beispiel bei der suche nach vermissten Personen. Oder bei Absperrungen. Man muß da nicht immer gleich an Panzer und Kampfjets denken.
    Andere Länder haben da auch bei Waffeneinsätzen keine Probleme, durchaus auch Länder, denen man eine gewisse Rechtsstaatlichkeit nicht absprechen kann.

  3. 3
    Ben says:

    Kommentar meiner Oma:
    Damals hätten bei Ihren Eltern auch Soldaten bei der Ernte geholfen. Ich habe ihr dann mal erläutert dass das Anfang der 40er durchaus eine ganz andere Situation war.

  4. 4
    Marner says:

    @ Roger
    Diesen Optimismus bezüglich der Integrität aller Soldaten teile ich, aus Erfahrung, nicht. Am ehesten gestehe ich das den unteren Dienstgraden zu. Ab den Hauptfeldwebeln in der Unteroffiziers- bzw. den Hauptleuten in der Offizierslaufbahn dürfte die Masse eher an der Erhaltung des eigenen Jobs interessiert sein oder Karriere machen wollen.
    Ausserdem besteht kein Grund die Soldaten in dieses moralische Spannungsfeld zu stoßen. Es ist ausreichend die für den Einsatz im Inneren schon ausgebildete Polizei zu verwenden und den Stellenabbau zurück zu drehen.
    @ Roland B. das Material welches die Bw vorhält ist nach völlig anderen Gesichtspunkten ausgelegt wie jenes der Polizei. Eine militarosierung der Polizei bringt nichts (außer Freude in der Rüstungsindustrie). Das hat ja auch Obama erkannt und die Weitergabe von militärischem Gerät an die Polizeikräfte eingeschränkt.

    Abschließend:
    Soldaten dienen zur Bekämpfung der Feinde des Staates.
    Polizisten dienen der Aufrechterhaltung der Ordnung im Staat.

    Wer Soldaten im Inneren einsetzen will zeigt für mich damit sehr deutlich was er von seinem Volk hält.

  5. 5
    Autolyse says:

    Das unterschiedliche Aufgabenspektrum von Militär und Polizei ist der Punkt: Soldaten machen „böse Menschen“ tot. Militärische Gewalt kennt keine Verhältnismäßigkeit, weil sie keine braucht, erst recht seitdem die Zeiten von „Smile and wave“ vorbei sind. Außerhalb der Feldjägertruppe gibt es faktisch keine polizeiliche Kompetenz im Militär, insofern ist das nur gefährliche Augenwischerei, dass Soldaten innere Sicherheit gewährleisten könnten.

    Gerade die Union treibt diese Sau regelmäßig durchs Dorf um davon abzulenken, dass nicht nur sie es war, die großzügig an der Polizei der Länder gespart hat, sondern vor allem zügig die Grenzschutztruppe aufgelöst und damit die robuste, in Verbänden aufgestellte Polizeitruppe des Bundes abgeschafft hat.

    Abgesehen davon wäre es interessant zu wissen woher die Befürworter des Bundeswehreinsatzes im Inneren das Personal herbekommen soll, dass am Brandenburger Tor Wache stehen und das Regierungsviertel bestreifen soll. Soldaten fehlen schon an allen Ecken und Enden für den militärischen Kernauftrag, so dass ohne Operationen Heldenklau nur wenig läuft, was durch die SAZV nicht besser wurde.

  6. 6
    Grundgesetz says:

    Der Beitrag und die Kommentare zeigen mir, das es wohl noch einiges an Aufklärung bedarf, bis große Teile der Bevölkerung endlich aufwachen.
    Wieviele Meineide deutscher Politikspitzen, wieviele Gesetzesbrüche von BND (gerade wieder sehr aktuell) und Konsorten, wieviel ignorieren internationalen Rechts (Präsidentenflugzeug runtergeholt) braucht es den noch, damit die Leuten begreifen, das das Geschreibsel im Ernstfall niemanden interessiert.

  7. 7
    theo says:

    @Autolyse
    „Militärische Gewalt kennt keine Verhältnismäßigkeit“
    Ich empfehle einen Blick ins UZwGBw §12

    Kooperation zwischen Polizeikräften und der Bundeswehr war üblich und ist keine Erfindung des 21. Jahrhundert.

    Ich kann nicht erkennen warum dies nicht weiterhin in besonderen Lagen möglich sein sollte.

  8. 8
    Marner says:

    @ theo
    Der unmittelbare Zwang um den es im UZwGBw geht ist an die Sicherung der eigenen Truppe gebunden (§9).
    Das hat mit dem Einsatzszenario „Fang oder töte Terroristen“ bei dem die Bw wie im Verteidigungsfall agieren soll nichts zu tun. Den Einsatz von Panzern und ähnlichem Gerät über UZwGBw zu rechtfertigen ist juristisch ambitioniert würde ich sagen.

  9. 9
    Autolyse says:

    Der Blick in den Anfang eines Gesetzes hilft häufig bei der Bestimmung seines Anwendungsbereichs. Nach § 1 I UZwGBw sind das militärische Wach- und Sicherheitsaufgaben und die Anwendung von Zwang unterliegt noch strengeren Begrenzungen (wie oben bereits angerissen). Ist wie im 1. Semester immer gepredigt: Eine Norm sollte man immer im Zusammenhang lesen und ein Blick nach vorne und hinten schadet nicht…

    Und vorweg den Begriff der „minimum use of force“ der „Rules of Engagement“ mit der Verhätnismäßigkeit verwechseln, auch wenn er zum Teil so übersetzt wird. Das bedeutet vereinfacht nur, dass ich ein Haus nicht bombardieren lasse, wenn ich die irregulären Kräfte auch mit der Maschinenkanone vernichten(=die Kampfkraft auf unter 10% reduzieren) kann.

  10. 10
    theo says:

    @marner
    Einsatzszenario „Fang oder töte Terroristen“ ?
    Wir reden hier über einen Einsatz der Bw zur Unterstützung der Polizei. Die Zeit der Einsatzgruppen ist G.s.D. vorbei…

  11. 11
    Marner says:

    Genau das ist der Punkt.
    Unterstützung im Sinne der Amtshilfe (Arbeitsgerät und Unterkünft bereitstellen) sind bereits möglich. Es läuft aber der Versuch unter dem, vom BverfG entwickelten, Schlagwort „Ereignisse von katastrophischen Dimensionen“ auch die „terroristischen Großlagen“ einzuordnen.
    Bisher muss mindestens ein Bundesland in seinem Bestand bedroht sein um Soldaten als Soldaten einsetzen zu dürfen; und zwar nicht nur als grünes THW. Reicht da jetzt bald die Sperrung der münchener Innenstadt (ist doch groß)?
    Selbst das Drohpotential von Militär stellt das BVerfG schon als Einsatz heraus (kann man sehr schön dem verlinkten Pdf entnehmen).
    Anderes als eine unnötige und mMn verfassungswidrige Ausweitung der Einsatzmöglichkeit der Bw im Inneren können die neuerdings geplanten Übungen von Polizei und Bw garnicht bedeuten. Hier wird, analog zum Vorgehen beim Informationsaustausch zwischen Polizei und Geheimdiensten, wieder zusammengelegt was in den Kindertagen der Bundesrepublik bewusst und aus gutem Grund getrennt wurde.

    PS: Die Einsatzgruppen sind aus mindestens zwei Gründen ein schlechtes Beispiel:
    1. Godwin’s law
    2. Sie wurden im Ausland eingesetzt (was die Sache natürlich nicht besser macht).