SOKO Wismar und das Plus

Im Frühjahr 2016 kamen Katinka Seidt, studierte Film- und Fernsehproduzentin, und der Filmwissenschaftler Jakob Krebs mit einer ungewöhnlichen Idee auf mich zu. Ich sollte Fernsehgucken. Und anschließend darüber sprechen. Im Fernsehen. Gemeinsam mit einer Staatsanwältin und moderiert von einem Journalisten.

Die beiden Fernsehmacher sind Mitglieder des (Berliner) Teams von Cinecentrum, die

hochwertige Fiction-Programme und Dokumentationen für die verschiedenen deutschen Fernsehsender

produzieren. Unter anderem seit 2004 die Vorabend-Kriminalserie „SOKO Wismar“.

Oberstaatsanwältin Claudia Lange, Pressesprecherin der Schweriner Staatsanwaltschaft, und Dr. iur. Hendik Wieduwilt, Korrespondent für den Wirtschaftsteil der „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ konnten von Cinecentrum als weitere Juristen für dieses neue Fernsehformat gewonnen werden.

Unsere Aufgabe besteht darin, die Episoden der SOKO Wismar unter die juristische Lupe zu nehmen. In von Hendrik Wieduwilt moderierten Gesprächen diskutieren Claudia Lange und ich die Frage: Was hätten die von den SOKO Wismar Ermittlern überführten Täter im realen Leben von der Strafjusitz zu erwarten?

„SOKO+ Wismar“ ist Unterhaltung auf juristischer Grundlage: Keine Scripted Reality, sondern wirkliche Juristen stellen sich der Frage nach Schuld und Strafe, nach Recht und Gerechtigkeit. Der Zuschauer erhält einen spannenden, abwechslungsreichen und authentischen Nachschlag zu seinem beliebten Format.

Claudia Lange, Hendrik Wieduwilt und meine Wenigkeit sind also fortan das Plus der SOKO.

Ich möchte an dieser Stelle den Juristen unter den Lesern empfehlen, die Folgen einmal durch die Strafrechtsbrille anzuschauen. Bei den Vorbereitungen auf die „Talkrunde“ habe ich mich nicht selten vor rechtliche Probleme gestellt gesehen, mit denen ich seinerzeit im Examen schon zu kämpfen hatte. Bei Lichte betrachtet sind die Fälle alles andere als trivial.

Am vergangenen Mittwoch ging es los mit der ersten Folge der SOKO+ Wismar Serie:
 
soko-stille-wasser

Anschließend die Unterhaltung auf juristischer Grundlage unter dem Titel, den sich eigentlich nur Nichtjuristen ausgedacht haben können ;-) :

Fragen nach Schuld und Strafe, nach Recht und Gerechtigkeit.

soko-stille-wasser

To be continued …

Dieser Beitrag wurde unter SOKO+ Wismar veröffentlicht und mit den Begriffen verschlagwortet.

10 Antworten auf SOKO Wismar und das Plus

  1. 1
    Duncan says:

    nette Idee. Wird in der Reihe nur auf den Hauptfall des Krimis eingegangen oder auch mal auf die Ermittler? Als ich noch fern gesehen habe ist mir gerade bei den dt. Krimis und entspr. Serien aufgefallen, dass die Polizisten da sich doch zahlreiche Verstöße gegen die StPO geleistet haben bis hin zu handfesten Straftaten. Von der „vergessenen“ Belehrung bis zur Folter. Oder haben die einen „Freischein“?

    • Haben Sie bitte ein Nachsehen: Wenn die Beamten im Krimi jeden Beschuldigten auf seine Rechte hinweisen müßten, dauerten die Filme nicht 90 Minuten, sondern 900. Aber ein paar richtige Klopse gibt’s auch und die werden besprochen. crh
  2. 2
    meine5cent says:

    Na ja. wäre ja schon schön, wenn in den deutschen Krimis die Polizisten nicht immer den Zeugen/Beschuldigten am Ende einer „Vernehmung“ diesen Schwachsinn „Sie halten sich zu unserer Verfügung und verlassen die Stadt nicht“ mit auf den Weg geben würden…..oder dass innerhalb von 48 Stunden Haftbefehl ergehen muss… oder dass ein Verteidiger gleich drei Beschuldigte vertritt, die dann alle gemeinsam in seiner Anwesenheit vernommen werden….

  3. 3
    Holger says:

    Schöne Sache. Habe ich mir gerade angesehen, hat mir sehr gut gefallen.

    Danke für den Hinweis darauf. Ich lade mir die Folgen mit MediathekView herunter und es ist durch den Filter gefallen, da das Plus nur ca. 7 Minuten dauert.

  4. 4
    Denny Crane says:

    1. Wie kann man nach so vielen Jahren in Berlin noch immer einen deutlichen siegerländischen Zungenschlag haben? :-)

    • Gehört – wie die Wanne – zur Marke. ;-) crh

    2. Die Frage nach den 20.000,- Euro sollte man doch auch noch als Strafjurist beantworten können. Oder gibt es jetzt einen speziellen Jurastudiengang „Strafrecht“? Als Volljuristen haben wir doch alle auch mal Zivilrecht gelernt.

    • Ich werd‘ ’nen Teufel tun und mich über Erbrecht auslassen, von dem ich das letzte Mal vor 25 Jahren an der Uni am Rande einer Erstsemesterparty gehört habe, daß es dazu Vorlesungen geben soll. crh

    3. Das ist man vom öffentlich-rechtlichen TV gar nichtmehr gewohnt, daß qualitätsvolle Antworten von Profis gefragt sind. Früher bei den Sendungen „Verkehrsgericht“ und „Ehen von Gericht“ war das noch Standard. In den letzten 2 Jahrzehnten durften ja eher Journalisten ihr gefährliches Halbwissen ins Mikrofon blöken. Und dann wird im Sinne der Ausgewogenheit auch noch ein Strafverteidiger eingeladen. Warum? Normalerweise genügt den Medien doch die Sichtweise der Ermittlungsbehörden.

  5. 5
    Klara says:

    Sorry, völlig offtopic:
    Bevor ich das Video konzentriert zu Ende sehen kann, muß ich erstmal mein Bild von Ihnen korrigieren.
    Für mich waren Sie bisher nicht nur in Anwaltskreisen eine Größe, sondern auch körperlich.

  6. 6
    WPR_bei_WBS says:

    @meine5cent:

    Richtig. Genauso wie der Humbug „sie sagen es jetzt / wir können jetzt hier reden, oder sie kommen mit auf die Wache“. ALso vielleicht nicht Humbug, dass das auch im realen Leben so gesagt wird, aber der Humbug, dass das eine rechtliche Grundlage hätte.

  7. 7
    HugoHabicht says:

    Gar nicht eitel, der Herr Hoenig. Neulich Focus, jetzt das hier… Ob der Kanzlei-Namensgeber im Kanzleialltag gelegentlich auch nochmal einen Fall bearbeitet?

    Sein Schließfach beim Kriminalgericht soll er ja aufgegeben haben, wie ich aus für gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen erfuhr.

  8. 8
    Jurist says:

    Zum 1. Fall: Warum wird kein minder schwerer Fall nach § 213 StGB diskutiert? Das würde den Strafrahmen erheblich senken und angesichts der vorangegangenen Provokation liegt sogar ein benannter msF (Alt. 1) nicht fern. Dazu mutmaßlich Ersttat und weitere gewichtige Milderungsgründe. Diese Aspekte hätte ich von einem Verteidiger eigentlich schon erwartet…

    • Hier mal der Wortlaut aus dem Sachverhalt, der für die Frage „§ 213 – ja oder nein“ entscheidend ist:

      Er hat gesagt, daß er diese Katja noch liebt und daß er zu ihr zurück will. Schöne Hölle, hat er gesagt, und daß ich abhauen soll. Du kannst mich nicht einfach von Bord werfen, habe ich geschrien. Da hat er meine Koffer genommen und ins Wasser geworfen.

      Zu diesem nach Fisch stinkenden Krüppel willst Du zurück?!

      Da hat er mir ne Ohrfeige gegeben. Ich wollte zurückschlagen. Dann lag dieses Ding da. Wieso lag das denn da?

      Es ist einfach passiert.

      § 213 Alt 1 StGB will den Täter privilegieren, der aus *berechtigtem* Zorn handelt, weil er vor der Tat seinerseits durch ein ihn schwer beleidigendes Verhalten des Opfers angegriffen worden ist (BGHSt 34, 37 f = NJW 1986, 2517 f; BGH NStZ 1996, 33). Wenn Sie mal tiefer in diese (und andere) Entscheidungen sowie in weitere Kommentare einsteigen würden, kämen Sie voraussichtlich zu dem Ergebnis, daß 213 (immer) eine schöne Verteidigeridee ist, wenn es „nur“ um Totschlag geht. Der hier geschilderte Sachverhalt reicht aber mE. dazu ganz deutlich nicht aus. Und dann war da noch „der nach Fisch stinkende Krüppel“, der auch noch Berücksichtigung zu finden hat. *Berechtigter* Zorn der Täterin?
       
      Ich gebe Ihnen Recht: Versuchen muß ein Verteidiger sowas, auch wenn es ex ante keinen Erfolg verspricht – jedenfalls im Gerichtssaal. In einem Fernsehstudio kann man solche komplexen Ideen nicht sinnvoll msetzen, schon weil die zeitliche Deadline eine echte Grenze ist.
       
      Und wenn ich jetzt ein Staatsanwalt wäre, würde ich sogar noch an Heimtücke und niedrige Beweggründe denken … aber das bin ich ja glücklicherweise nicht.
      crh

  9. 9
    Andreas says:

    Klasse Idee, erinnert mich an den Prof. in Marburg der mit seinen Studenten Dr. House Fälle analysierte.
    Das Gespräch hätte ich gerne mal zum letzten Tatort aus Dortmund gesehen ;)

    Oh shit, ich habe mich gerade geoutet

  10. 10
    Urs Marti says:

    Sehr geehrte Damen und Herren,
    Als regelmässige Zuschauer der SOKO WISMAR sind wir, d.h. meine Partnerin und ich, über diese „rechtlichen Belehrungen“ sehr erfreut. Diese kurzen Sendungen sind echtes Plus für die SOKO und hoffen auf viele weiter Episoden und deren rechtliche Aufarbeitungen.
    Wir freuen uns nicht nur über die schauspielerischen Leistungen und die Drehbücher, sondern als „eidgenössische Binnenländler“ ebenso an den herrlichen Landschaften, besonders an den Hafen- und Meeres-Szenerien der SOKO Wismar.
    Und natürlich möchten wir den herrlichen Humor in der Serie nicht unerwähnt lassen, ergänzt durch die gelegentlichen historischen Rückblicke in die alte „Ost-Zeit“, die für uns Schweizer immer spannende Aspekte vermitteln.
    Bitte macht weiter so ! Die SOKO WISMAR – plus PLUS – gehören zu unseren klaren Favoriten !

    Freundliche Grüsse

    Urs Marti & Silvia Baumann,
    Horgen, Schweiz