Spam vom Gefängnisdirektor

Auf Spam reagiere ich bekanntermaßen empfindlich Ich muß – dank eines stets griffbereiten Textbausteins – auch nicht lange nachdenken, wenn die Reaktion Gestalt annehmen soll.

Am Freitagmorgen erreichte mich eine besondere Art der unverlangten Werbung: Ich bin zum Ziel der Promotionaktion eines Gefängnisdirektors geworden.

Dr. Thomas Galli heißt der Mann, der seit geraumer Zeit in der JVA Zeithain einsitzt. Nicht als Gefangener, sondern als deren Leiter.

Und deswegen(?) hat er ein Buch geschrieben, in dem er, der Gefängnisdirektor, von der „Schwere der Schuld“ erzählt. Während seiner Zeit im Knast ist in ihm …

… die Überzeugung gereift, dass die massive staatliche Gewalt, die in den Gefängnissen ihren Ausdruck findet, Ausfluss einer ungerechten gesellschaftlichen Verteilung juristischer und moralischer Schuld ist. Ich bin fest überzeugt, dass Gefängnisse unter dem Strich die Kriminalität nicht reduzieren und gegenüber den Inhaftierten (und ihren wohlgemerkt völlig unschuldigen Familien) eine übermäßige Anwendung staatlicher Gewalt sind.

Ich habe das Buch (noch) nicht gelesen, es wird erst am 14. März 2016 erscheinen. Aber das, was Dr. Thomas Galli mir in der Werbe-eMail annonciert hat, hört sich eigentlich ganz vielversprechend an. Und vielleicht bietet sich auch bald mal – in Berlin, nicht nur in Dresden und Leipzig – die Gelegenheit, dem Autoren bei Vorlesen zuzuhören.

Dieser Beitrag wurde unter Knast, Unerwünschte Werbung, Vollstreckung veröffentlicht.

18 Antworten auf Spam vom Gefängnisdirektor

  1. 1
    Martin says:

    Wie der wird nicht abgemahnt?

  2. 2
    BV says:

    Das Thema ist für mich nicht so interesant, dass es mich zur Lektüre des Buches veranlassen könnte. Aber mich würde interessieren, was der Autor gegebenenfalsl als Alternative vorschlägt und ob das umsetzbar ist. Vielleicht gibt’s ja März/April einen Blogeintrag hierzu… ;-)

  3. 3
    Mitleser says:

    Wie will man denn sonst abschrecken, wenn die Haft nicht wenigstens als ultima ratio zur Verfügung steht?
    Mit der Abschaffung der Haft fallen auch Geldstrafen flach (wenn man nicht in teuren Grosstädten lebt kommt man mit 1.080 EUR (Pfändungsfreigrenze) im Monat sehr gut hin*, der Harzter lebt von ca. 800) – wie will man die Menschen also noch motivieren, sich an Recht und Ordnung zu halten?

    * zumal ich dann ja noch bei ÖPNV und beim „Einkauf“ massiv Geld sparen kann.

    • „Ventilieren“ Sie mal den Gedanken an einen Ladendieb / Schwarzfahrer, der im Knast eine Freundschaft zu einem Gefangenen knüpft, dessen Vorstrafenregister eine Bibliothek füllt. Sie sperren einen Ladendieb ein und bekommen einen … sagen wir mal … Waffenschmuggler zurück. Erkennen Sie das Risiko? crh
  4. 4
    rajede says:

    Was für ein schreckliches Schicksal. Macht einen Job, den er ablehnt. Er wird Beratung benötigen. Ach, ist das alles schrecklich.

  5. 5
    Duncan says:

    „Wie will man denn sonst abschrecken, wenn die Haft nicht wenigstens als ultima ratio zur Verfügung steht?“ – Da war der Mensch schon immer sehr erfinderisch. Ein Besuch des Kriminalmuseums in Rotenburg ob der tauber ist da empfehlenswert. Aber auch diverse Halsgerichtsordnungen, Landgerichtsordnungen oder auch mal der Blick in andere Strafrechtsformen wie die Scharia. Sie finden ganz sicher Ladenbesitzer die dem Gedanken Langfingern die Finger einzukürzen durchaus etwas abgewinnen können…
    Bann- und Ächtungsstrafen wären da auch noch, vom Pranger über Hausverbot und Hausarrest sowie vieles mehr (registrierte ‚Sexualstraftäter‘ in einigen US-Bundesstaaten z.B.).
    Einiges so verabscheuungswürdig wie anderes diskutabel.

  6. 6
    Mitleser says:

    @Duncan, #5
    Das ist laaaange her und nicht mit dem GG vereinbar und die linken und/oder grünen guten Menschen würden da im Dreieck springen (mMn: Gott sei Dank).

    Die Haftstrafe ist nach meinem Empfinden ausser der Pfändung (so sie denn schreckt, s.o.) das einzige Repressionsmittel, das dem Staat heute noch zur Verfügung steht.
    In Teilbereichen mag es dann noch den Pranger geben, aber der lohnt sich nur für Delikte, die als „bäh“ gelten (also alles mit Sex und/oder Kindern) – ein GEZ-Verweigerer erntet lauten Beifall, ein Schwarzfahrer erhält noch ein Schulterklopfen des Umfeldes, der Dieb erntet ein Schulterzucken…

  7. 7
    Mitleser says:

    @crh Danke für Ihre Antwort!
    Aber ich hyperventiliere gar nicht, sondern stelle meine ganz persönlichen wohlüberlegten Gründe dar, mich selbst an die herrschende Ordnung zu halten.
    Ohne (letztendliche) Haftandrohung zahlte ich ganz sicher keine GEZ (bin Gegner wegen des offensichtlichen Missbrauchs dieser Gelder), deutlich weniger Geldbussen (bestenfalls Die, wo ich ein Fehlverhalten mit Gefahr/Schaden für Dritte einsehe) und beim ÖPNV auch nicht für jede Fahrt 2.20/3.60 EUR.

    Ihre Abwägung ist sehr sinnvoll, könnte aber über die Trennung der Deliktsarten bei der Haft wahrscheinlich ganz gut vermieden werden. Gibt dann halt wieder einen Schuldturm :)

  8. 8
    Kai says:

    Für GEZ Zahlungen bräuchte man keinen Knast. Einfach die Außenstände aus dem Gehalt pfänden.

  9. 9
    Mitleser says:

    zur Motivation für Sie, Herr Hoenig:
    Nach meiner Überzeugung macht die Abschaffung der Haftstrafe Sie (und Ihre MA) mittelfristig arbeitslos. Wer braucht noch einen Strafverteidiger, wenn es schlimmstenfalls Geldstrafen geben kann?!
    Ihre wohlhabende Clientel gibt einen Bruchteil Ihres Honorars für eine (einmalige) Vermögensverschiebungs-Beratung (naiv/simpel: an Frau/Freund, enhanced: an irgendein (inoffiziell) selbst kontrolliertes Finanzkonstrukt) aus und lebt fortan mietfrei in „absoluter Armut“.
    Ihre weniger wohlhabende Clientel schickt sich ins (durch (schon wieder: nur mit uneinbringbaren Geldstrafen „straf“bewehrte) „Eigeninitiative“ aufgebesserte) Leben eines Hartzers.

    Die Umstellung wird nicht schlagartig erfolgen, aber viel schneller, als wir Beide uns wünschten.

    Ich wäre übrigens eher einer der Profiteure einer solchen Entwicklung.

  10. 10
    Mitleser says:

    @Kai, #8
    Das geht eben -wie bei privaten Forderungen- nur bis 1.080 EUR netto (Pfändungsfreigrenze/P-Konto).
    Aber der Staat ist „besser“ und droht bei der GEZ im Endeffekt Haft an. Ich habe das Schreiben gerade nicht zur Hand, suche es morgen mal.

  11. 11
    Der Gefängnisdirektor says:

    Das haben Sie doch alles erfunden, Sie selbst sind der Spamer, der Gefängnisdirektor würde so etwas nicht tun. Hören Sie sofort auf mit diesen (vollen) Beschuldigungen.

  12. 12

    au fjeden Fall ist der Mann im richigem Job. Jemand, der das was er tut kritisch hinterfragt, kann so schlecht nicht sein.
    Und warum so pessimistisch. Den Leuten eine streng reglementierte Alternative zum Knast anzubieten, bei der sie etwas lernen, sich selbst mal anstrengen und das belohnt wird durch Verzicht auf den Vollzug / Verkürzung der Haftstrafe. Mir fallen da ganz viele Möglichkeiten ein, die ohne Handabhacken auskommen und bei denen die Leute keine Langeweile haben und deswegen eine Weiterbildung als Waffenschmuggler zu machen.

  13. 13
    Der wahre T1000 says:

    Viele Kriminelle lachen sich doch jetzt schon halb kaputt über die faktische Straflosigkeit der meisten Straftaten.

    Erst werden die nur bei jeder 10. bis 20. Straftat erwischt und dann wird – wenn überhaupt – jahrelang vor Gericht gestritten. Am Ende gibt es eine Geldstrafe oder Bewährung. Selbst so erlebt bei einem Betrüger mit einem Schaden von 140.000.- Euro.

    Ich weiß nicht, ob Knast die Leute besser macht. Aber praktische Straflosigkeit in vielen Fällen führt definitv zu weiteren Straftaten. Der vorstehend genannte Betrüger zockt jetzt andere ab.

    Ich bin einfach zu oft Opfer von Straftaten geworden und habe JEDES MAL sehen müssen, dass das für die Täter faktisch keine Folgen hatte.

    Daher bin ich in der Tat dafür Knast abzuschaffen und Dieben beim 3. Diebstahl die Hand abzuhacken. Oder bei entsprechenden Taten die Grundrechte zu entziehen („Freiwild“). Nur leider lässt sich das hier in D nicht durchsetzen.

  14. 14
    Mitleser says:

    @Kai, #8
    Korrektur und Ergänzung zu #10:
    Lohnpfändung geht eben -wie bei privaten Forderungen- erst ab 1.080 EUR netto / Monat (Pfändungsfreigrenze/P-Konto).

    Aber der Staat hat sich für die GEZ einen Trick einfallen lassen:

    § 12 RBStV – Ordnungswidrigkeiten

    Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig […] den fälligen Rundfunkbeitrag länger als sechs Monate ganz oder teilweise nicht leistet.

    Dann wird nach OWiG ein Bussgeld erhoben. Wird das Bussgeld nicht gezahlt eskaliert es ein paar Mal (u.A. Pfändungsversuch) und kommt schlussendlich zu §96 OWiG – Anordnung von bis zu 3 Monaten Erzwingungshaft *je*Bussgeldbescheid*.

    Und selbst die Offenbarungsversicherung schützt nur im Ausnahmefall davor (siehe z.B. die Gründe, *ausnahmsweise* von Erzwingungshaft abzusehen, hier bei Burhoff.)

  15. 15

    Der Autor hat völlig recht. Wenn man sich ansieht, wer so einsitzt und wer nicht, dann wird man zu dem Ergebnis kommen, dass es sich um ein zutiefst darwinistisches beziehungsweise sozialdarwinistisches Strafensystem handelt. Es sitzen diejenigen, welche aufgrund ihrer mangelnden Intelligenz oder ihrer defekten Triebstruktur die Begehung ihrer Taten nicht unter Kontrolle haben.

    Interessant, dass in einer postindustriellen Informationsgesellschaft ein Strafensystem existiert, welches Mittel benutzt, die aus dem späten Mittelalter beziehungsweise der frühen Neuzeit stammen. Also Gefängnisse, deren Nutzen etwa für die Resozialisierung höchst fraglich ist.

    Für die eigentliche Abschreckung ist der Mediensektor zuständig: in zahllosen Krimiserien wird suggeriert, dass der Böse am Ende immer geschnappt wird. Das ist zwar die Umkehrung der Realität in ihr Gegenteil ( nicht der Böse, sondern der Dumme wird erwischt, und die meisten Bösen laufen völlig frei herum ), wird aber geglaubt, weil die Mehrzahl der Zuschauer zwischen Fiktion und Realität nicht unterscheiden kann.

    In Ergänzung dazu hält der Staat Institutionen vor, welche die dunkle und diffuse Drohung produzieren, dass man als armseliger Zivilist vielleicht doch hinter diesen Mauern landen könnte.

    So hält sich dann die Kriminalitätsrate in einigermaßen erträglichen Grenzen.

    • In diesem Zusammenhang fallen mir einige Passagen aus der Fischer-Kolumne vom 26. Januar 2016 ein. Unter anderem diese hier:
       

      Merke: Eine „Verbrecherbande“ sind immer die anderen. Nicht die Vorstände unserer Flughafenbauten, sondern die Subunternehmer, die frech Sozialabgaben hinterzogen oder Container mit Elektronik aus dem Cargobereich ins weite Land entführten. „Bande“ ist ein Haufen tumber Drecksäcke auf der Domplatte, aber keinesfalls ein Konsortium von Bibliotheksversenkern.

      Wir sind uns mal wieder einig. crh

  16. 16
    Der wahre T1000 says:

    @Arne Rathjen:

    nicht der Böse, sondern der Dumme wird erwischt, und die meisten Bösen laufen völlig frei herum

    Der Satz trifft zwar im Kern, aber suggeriert eine falsche Realität. Ich würde ihn umformulieren wollen:

    Nicht der Böse, sondern der Dumme wird erwischt, und die Mehrzahl aller Straftäter läuft völlig frei herum.

    Schaut man sich die Kriminalstatistik an, welche sowieso nur eine Teilmenge der Straftaten umfasst (vieles wird gar nicht mehr gemeldet), so sieht man, dass Täter in ca. 90% aller Fälle erst gar nicht ermittelt werden. Von denen, die man erwischt, wandern dann weniger als 10% wirklich in den Knast. Kurz: weniger als 1% der Straftaten führen tatsächlich hinter Gitter.

  17. 17
    Maximilian says:

    Sehr interesanter Artikel. Mich interessiert das Buch ebenfalls. Soweit ich weiß, hat nur der Organisations Theoretiker John van Maanen etwas ähnliches geschrieben.

    Was ich ebenfalls begrüßen würde wäre ein ethnografischer Ansatz.

    Viele Grüße!

  18. 18
    Engywuck says:

    „„Ventilieren“ Sie mal den Gedanken an einen Ladendieb / Schwarzfahrer, der im Knast eine Freundschaft zu einem Gefangenen knüpft, dessen Vorstrafenregister eine Bibliothek füllt.“

    Da gibt es doch eine „ganz einfache“ Lösung: Isolationshaft für alle Gefangenen. Wer nicht mit anderen kommunizieren kann kann mit diesen auch keine Kontakte knüpfen…

    Und nein, ich meine das nicht ernst – aber *eine* Lösung für „die bekommen in Haft Kontakt zu den ganz ganz Bösen“ wäre es (neben „separate Trakte/Gefängnisse je Verurteilungsgrund“, „eigentlich sollte man gar nicht einsperren“, „schwere Fälle hinrichten“ und anderen).