Staatsanwaltschaftlicher Vorsorgehinweis

AnonymisierungEs gibt nicht nur richterliche Hinweise, sondern manchmal auch hilfreiche Fingerzeige seitens der Staatsanwaltschaft.

Das Leserpublikum unseres Weblogs besteht nicht nur aus Groupies, die den Blogautoren Blumen auf die Bühne werfen. Nicht wenige Leser sind Staatsdiener, also – ebenso wie Strafverteidiger – Träger der schwarzen Umhänge. Und wenn man denen an die Kittel geht, kutschen sie auch gerne auch mal retour.

Als gebranntes Kind bemühe ich mich daher grundsätzlich, Rückschlüsse auf konkrete Verfahren zu vermeiden. (Oder eben nicht, wenn ich bewußt provozieren will und das Risiko nicht fürchte.) Das funktioniert ganz gut, indem ich Namen und Aktenzeichen weiterstgehend verpixelt oder zur Explosion bringe.

Nun hatte ich hier ein Verfahren, in dem es mir daran gelegen war, die zuständigen Abteilungen der Justiz nicht zu outen. Deswegen hatte ich sowohl das staatsanwaltschaftliche als auch das gerichtliche Aktenzeichen bis auf die Buchstaben „Js“ und „Ds“ unkenntlich gemacht.

BarcodeEin aufmerksamer Staatsanwalt, mit dem ich über das Verfahren später telefoniert habe, frohlockte: Er habe „seinen“ Aktendeckel dennoch erkannt. Als ich ihn nach markanten Erkennungsmerkmalen wie Eselsohren, Beschädigungen und Klebestreifen fragte, verneinte er. Es sei der Barcode auf dem Aktendeckel, den er vom Bildschirm eingescannt habe.

Ok, vorsichtig wie ich bin, wenn ich wieder einmal die Justizarbeiter zu Ermittlungen wegen § 353d StGB gegen mich motiviere, berücksichtige ich beim Anonymisieren künftig auch die HighTech-Klebchen auf den Aktendeckeln.

Auf diesem Wege besten Dank an den staatsanwaltschaftlichen Hinweisgeber.

Dieser Beitrag wurde unter In eigener Sache, Staatsanwaltschaft veröffentlicht.

8 Antworten auf Staatsanwaltschaftlicher Vorsorgehinweis

  1. 1
    e says:

    Hat die Nummer 9783734774287 denn eine Bedeutung?

    • Wenn Sie den Zahlendreher da richtig gestellt haben: Ja. Aber sicher! crh
  2. 2
    David says:

    @e

    Nicht Kafka und auch nicht Handke

  3. 3
    tobi says:

    Beachten Sie auch, dass manche Unkenntlichmachungen sich rückgängig machen lassen. Manche Algorithmen für Verschwommenheit sind umkehrbar und es gibt Software dazu. Vielleicht kann man diese „Explosion“ auch umkehren, wenn sie deterministisch ist und nicht etwa zufällig.

    Ob sich die Mühe jemand macht ist eine andere Frage.

    Ich schwärze daher immer (oder nutze einen angenehmeren Farbton).

  4. 4
    drucker says:

    Sicher, dass der Barcode auf dem Aktendeckel nicht die Bestellnummer der Papphülle enthält? Dann wäre das mit dem Wiedererkennen auch keine gar so große Kunst.

  5. 5
    Bembel says:

    Irgendwie amüsiert mich die Vorstellung von einem Staatsanwalt, der mit seiner QR-App per Smartphone einen Code vom Bildschirm scant…

  6. 6
    @tobi says:

    Was das Rückgängig machen angeht. Es kommt ja noch hinzu, dass nicht das Originalbild (von der Zahl bzw. den Buchstaben) das interessante ist sondern der Inhalt. Wenn man eine Auswahl von Zeichen hat die an dieser Stelle stehen können (im einfachsten Fall z.B. nur Ziffern) kann man auch diese Zeichen selber „verpixeln“ und mit dem von crh verpixelten vergleichen. Bei verpixelten Personalausweisnummern geht das wohl recht gut. Da weiß man ja oft auch das die Leute im 20Jh (oder mittlerweile) 21 Jh geboren sind und das die Kontrollziffern sich korrekt errechnen lassen müssen.

  7. 7
    Happyfeet says:

    Nachdem ich schon mehrfach sehr angetan von der „professionellen Unkenntlichmachung“ in Ihren Beiträgen war: mit welchem Programm schafft man denn so etwas?

  8. 8
    asca says:

    (@)@tobi:

    Den Punkten kann ich nur beipflichten.

    Selbst wenn die Buchstaben eines Pixels „zufällig“ (man kann sich ja mal mit „Zufälligkeit beim IT-Systemen“ beschäftigen, wer Lust hat ;-) verteilt werden, kann durch viele andere Faktoren Rückschlüsse gewonnen werden. Oft nimmt z.B. der unkenntlich gemachte Text einen bestimmten Bereich ein. Ist die Schrift nicht dicktengleich (= jedes zeichen gleich breit), so dient dies schonmal um einzugrenzen. Zusätzlich eben dann die Anzahl der Pixel, welche „versprengt“ wurden, bzw. wo diese eben verteilt wurden. Eine „1“ wird ganz andere Muster erzeugen wie eine „8“.
    Hab auf diese Art selbst bereits öfter mal „professionell“ unkenntlich gemachtes rekonstruiert.

    @Happyfeet:
    Ein Hinweis darauf gibt ja das Icon im Screenshot:
    https://i2.wp.com/www.kanzlei-hoenig.de/wp-content/uploads/2016/04/Anonymisierung.jpg

    Es ist „irfan view“ dargestellt.
    Jedoch sollte eben das oben genannte berücksichtigt werden. Ein Verpixeln, Explosion oder Verwischen sieht vl. „professionell“ aus, ist es aber eben nicht.
    Professionell wird leider häufig mit „nicht jeder weiß wie’s geht“ verwechselt.

    Das beste ist also wirklich einen weißen/schwarzen/grauen Balken rüberzulegen (welcher jedoch den Text ERSETZT! – also nicht einfach in Word ein Viereck rüberlegen, sondern als Bild verarbeiten).
    Will man diesen Scheinbar professionellen Anstrich dabei haben, kann man ja auch weißen Balken rüberlegen, nun irgendeinen Dummy-Text einfügen und dann Verpixeln/Zersprengen. Sieht identisch aus, ist aber wirklich nicht zurücksetztbar. Setzt jemand die Pixelwolke zurück, erhält er nur den Dummy-Text.
    Für sowas muss man sich nur einmal einen sauberen Workflow zusammenbasteln und das dann halbwegs automatisieren. Vl. mal einfach einen befreundeten Informatiker fragen ;-)