Strafverschärfung als Politik?

Die Tagesschau berichtete heute morgen, Herr Bundesjustizminister Maas wolle noch vor Weihnachten einen Gesetzesentwurf vorlegen. Ok, das wird er nicht selber machen, dafür hat er ein paar studierte Leute, die ihm der Steuerzahler dafür finanziert.

Thema dieses Tagesschauberichts war einmal mehr eine Strafverschärfung. Heute im Angebot:

Härtere Strafen bei Wohnungseinbrüchen.
Einbrecher sollten mit mindestens sechs Monaten Haft bestraft werden.

 

einbruchsdiebstahlverschaerfung

Justizminister Gnadenlos?
Keineswegs. Denn für den seit dem 1. April 1998 (ich hab’s ausgerechnet: seit 18 Jahren und 7 Monaten) geltenden § 244 Abs. 1 Ziff. 3 StGB war Herr Maas nicht verantwortlich. Seit diesem Datum schon bekommt ein Wohnungseinbrecher mindestens 6 Monate, höchsten 10 Jahre Freiheitsentzug.

Und was hat es genützt?
Gibt es den Junkie vom Kotti, der einen Bruch plant, und sich vorher Gedanken über die Mindeststrafe macht? Die ihn dann davon abhält, in die Kreuzberger Hinterhauswohnung einzusteigen? Oder die Touristen aus dem bettelarmen Osteuropa, die sich wegen der gewerbs- und bandenmäßiger Begehung ihrer Einbrüche ohnehin keine Gedanken über die Mindestfreiheitsstrafe machen müssen, weil für sie eher die Obergrenze in Betracht kommt?

Dazu noch die These,
daß ein eingesperrter Wohnungseinbrecher mit sehr großer Wahrscheinlichkeit nach professioneller Schulung im Knast die künftigen Brüche qualitativ hochwertiger ausführen können wird.

Was soll das also?
Fischen der Wählerstimmen unter den Dresdner Montagssparziergängern?

Update/Korrektur:

Die Tagesschau hat die Absicht des Herrn Ministers verkürzt dargestellt. Es soll der minder schwere Fall nach § 244 Abs. 3 StGB wegfallen.

kommentierte zutreffend RA Jörg Jendricke

Dieser Beitrag wurde unter Knast, Kreuzberg, Politisches, Strafrecht veröffentlicht.

15 Antworten auf Strafverschärfung als Politik?

  1. 1
    Non Nomen says:

    Was dabei natürlich nicht gesagt wurde ist, dass künftig an jeder Eingangstür ein Warnhinweis angebracht sein muss -analog zu Zigarettenschachteln- der mit drastischen Bildern und Text die Einbrecher von der Verderblichkeit ihres Tuns überzeugen soll.

  2. 2
    Der wahre T1000 says:

    Was ist eine „Strafverschärftung“? :-)

    • Fixed. Danke. crh

    Das mit den 6 Monaten ist sowieso Unfug, weil nahezu immer mit Bewährung, also total straffrei. Statt der 6 Monate sollte man lieber im Gesetz vorschreiben, dass Bewährung ausgeschlossen ist.

    • Ihre „nahezu immer mit Bewährung“-Behauptung bestätigt sich in der Praxis nicht. Die erhöhte Untergrenze hebt – ausgehend von dem Mittelmaß – aber insgesamt das Strafmaß, hat also insoweit durchaus eine relevante mittelbare Auswirkung.
       
      Und Ihre Forderung nach Abschaffung von Bewährungsstrafen paßt zur gegenwärtigen dumpfen Trump-Wendt-Höcke-Todesstrafe-für-Kinderschänder-Stimmung und offenbart Ihre (und deren) mangelhaften Kenntnisse der Strafzwecktheorien, die aber notwendig wären, um kompetent über (Un-)Sinn und Zweck(los) von Strafe zu diskutieren. crh
  3. 3
    RA Jörg Jendricke says:

    Die Tagesschau hat die Absicht des Herrn Ministers verkürzt dargestellt. Es soll der minder schwere Fall nach § 244 Abs. 3 StGB wegfallen.

  4. 4
    RA Feske says:

    Ich fasse zusammen:
    ein Minister kündigt an, das geltende Recht ändern zu wollen. Ohne zu wissen, was rechtlich ohnhin schon gilt.
    Das der Minister vor Scham im Boden versinkt, ist leider nicht zu erwarten. Wahrscheinlich wird Herr Maas statt dessen seinen Pressereferenten feuern. Aber auch wer fremder Leute Unsinn öffentlich vorliest scheint mir als Minister ungeeignet.

  5. 5
    anon says:

    Vllt liegt Herr Maas schon eine Statistik über Einbrüche für das Jahr 2016 vor, woraus hervorgeht, dass die Zahl der Einbrüche stark gestiegen ist. Etwaige Anzeichen/Berichte tauchten in den Medien bereits auf.
    Auf Basis dessen wird Herr Maas vllt proaktiv tätig, um bei bei der Veröffentlichung der Statistik sagen zu können, er arbeite ja schon ganz aktiv an Gegenmaßnahmen…

  6. 6
    Thomas B. says:

    Mit dem Hinweis, dass vorher bei der Tat ja sowieso die Konsequenzen nicht bedacht werden, kommt man auch nicht weiter. Strickt man dieses Argument weiter, können wir ja alle Strafen abschaffen. Das dürfte ein Super-Event werden !

    Die Strafe dient nicht nur zur Abschreckung, sondern auch wenn es von vielen verträumten Ideologen abgelehnt wird, mitunter auch der Vergeltung.

    Dass mit einem Einbruch nicht nur materiell großer Schaden entsteht, sondern und insbesondere auch Ängste (in schweren Fällen gar psychische Probleme) beim Opfer hervorgerufen werden, ist keine Neuigkeit. Wenn man dies bedenkt, halte ich die Mindeststrafe für angemessen, wenn nicht sogar zu niedrig.

  7. 7
    Der wahre T1000 says:

    @crh: Ich habe sicher nicht soviel „Kenntnisse der Strafzwecktheorien“ wie Sie. Doch im Wort „Theorien“ stecken zwei wichtige Informationen. Zum einen scheint es davon nicht nur eine (richtige) zu geben. Und zum anderen sind Theorie und Praxis bekanntlich zwei verschiedene Dinge.

    Strafe soll resozialisieren, so sehen es viel Strafjuristen, weil es ihnen im Studium so eingebläut wird. Tatsächlich dient Strafe aber zunächst mal der Abschreckung und an zweiter Stelle dem Schutz der nicht-Straftäter. (Wer weggesperrt ist, kann keinen Unfug machen.) Gäbe es keine Drohung von Strafe, würde jeder hemmungslos machen, was er will – allein der Gedanke es könne eine Racheaktion folgen würde noch abschrecken. Abschreckung setzt jedoch voraus, dass etwas abschreckt. In ausgesprochen vielen Fällen wird Bewährung auch noch bei der dritten oder vierten Straftat gegeben. Das ist ein völlig falsches Zeichen!

    Ich weiß, dass Sie das – schon aus beruflichen Gründen – anders sehen (müssen).

    Anders als von Ihnen unterstellt plädiere ich nicht für härtere Strafen, sondern für die tatsächliche Vollstreckung der Strafen.

    • Ihr Blickwinkel wäre zu eng, wenn er nur „Gefängnis“ als einzige Möglichkeit der Bestrafung erkennt. Informieren Sie sich bitte über die zahlreichen Alternativen, die es bereits gibt und die von entsprechend ausgebildeten Fachleuten gefordert, zumindest vorgeschlagen werden. Und die am Ende effektiver wirken, was beispielsweise die Rückfallgefahr angeht; wobei der Schutz vor gefährlichen Straftätern nicht außer Acht gelassen wird. Resozialisierung durch Knast (meint: Desozialisierung) funktioniert nicht, jedenfalls nicht unter den derzeit gegebenen Bedingungen.
       
      Und wenn Sie damit durch sind, verschaffen Sie sich mal eine solide Faktenlage, was die Strafaussetzung zur Bewährung angeht. In den allermeisten Fällen führt die zweite Straftat während einer laufenden Bewährung zur Verbüßung zweier Haftstrafen: Widerruf der Strafaussetzung plus kräftiger Nachschlag für die neue Sache. Nur in wenigen Ausnahmefällen gelingt es, eine dritte Chance zu bekommen.
       
      Abschreckung funktioniert nicht (so meine Ansicht), allenfalls in eng begrenzten Fällen (so die überwiegende Ansicht), wenn andere Faktoren (z.B. soziale Bindungen) hinzukommen. Auch insoweit findet der Interessierte reichlich Material zum Selbststudium.
       
      Obiter dictum: Ein Blinder kann nicht über die Qualität von Farben sprechen. crh
  8. 8
    Duncan says:

    hm – bei der Aufklärungs- und Überführungsquote könnte die Mindeststrafe auch bei 10 Jahren liegen und würde nicht viel verändern…
    Bevor wir hängt ihn höher rufen, wäre vielleicht angebracht überhaupt die weit überwiegende Zahl der Wohnungseinbrüche überhaupt soweit auszuermitteln und aufzuklären. Weil bisher geht wohl der durchschnittliche Einbrecher von einer Straferwartung von 0 aus, da er eh nicht ermittelt wird.
    Derzeit steuern wir eher auf die Tendenz zu, dass auch Wohnungseinbrüche wenn nicht von Versicherungen gefordert schon gar nicht mehr angezeigt werden, weil man der Polizei keine erfolgversprechenden Ermittlungen zutraut. Vielleicht sollte da ein Innenminister ansetzen. Ja weniger pressegängig und viel aufwändiger als nur Papier zu bedrucken.

  9. 9
    Silke says:

    Justizminister Maas will damit wohl vor allem sein derzeit heftig ramponiertes Image wieder aufbessern, da ja in dieser Woche („Frontal21“, ZDF, 23.11.) bekannt wurde, dass SPD-Größen, auch Justizminister Maas für gekaufte Gespräche mit Lobbyisten/ Konzernvertretern zur Verfügung stehen. Für 5000 bis 10.000 Euro können sich Vertreter von Autokonzernen, Pharmafirmen oder sonstwas mit dem Minister Maas in einem schicken Berliner Restaurant zum Essen treffen und ihm dort Vorschläge für Gesetzesänderungen u.ä. machen. Wie praktisch. Und dann wundern sich die „etablierten“ Parteien, warum so viele Leute die AfD wählen… Und keinerlei Vertrauen mehr in die derzeitigen Politiker haben. Genau wegen solcher Sachen. (Ich bin übrigens keine AfD-Wählerin, kann aber gut verstehen, weshalb viele diese Partei – aus Frust und Protest – wählen).
    Ein Hartz4-Empfänger oder ein Rentner, der 40 jahre schwer gearbeitet hat und trotzdem nur von einer kleinen Mindest)-Rente leben muss. kann sich solch ein „persönliches Gespräch“ mit dem Minister eben nicht erkaufen. Pech für die Armen. Gespräche mit Ministern – oder auch dem Berliner BM MÜller (SPD) gibts eben nur für Reiche. So ist das eben in diesem „sozialen“ Rechtsstaat.
    Aber Herrn Maas ist es ja hervorragend gelungen, mit seiner PR-Aktion „6 Monate Mindeststrafe für Einbrüche“ von der „Rent-a-Sozi“-Affäe abzulenken.

  10. 10
    BV says:

    Mal wieder reiner Populismus. Die grundsätzliche Mindeststrafe beträgt sechs Monate. Nur in minderschweren Fällen beträgt sie drei Monate. Und (nur) deise minderschweren Fälle sollen nun anders behandelt werden, indem auch für sie die sechs Monate gelten. Was soll das? Das könnte allenfalls dann Sinn ergeben, wenn es eine verlässliche Erhebung darüber gebe, dass „zu viel“ (also nicht quantitativ, sondern qualitativ) Gebrauch von der Annahme eines minderschweren Falls gemacht würde. Und eine solche Erhebung gibt es sicherlich nicht.

    Man merkt, die Wahl naht…

  11. 11
    Jürgen says:

    Höhere Strafen für alles kann man gerne fordern. Faktisch ist es doch so, dass diese Strafen erst verhängt werden können, wenn der Übeltäter gefasst, überführt und von einem Gericht verurteilt werden konnte. Das heißt wiederum, dass man eventuell mehr Polizisten anstellen müsste, um eine ordentliche Bearbeitung der Einbruchsfälle zu garantieren (mit Personal, das auch wirklich daran interessiert ist, seine Arbeit zu erledigen). Das geht aber wieder nicht, weil man damit die Landeshaushalte mit höheren Ausgaben belasten müsste, was wieder nicht möglich ist, weil man sparen muss (und demnächst die Schuldenaufnahme der Bundesländer gedeckelt wird, qua Grundgesetz – es lebe die schwäbische Hausfrau, die blöde). Das wiederum führt dazu, dass die Gesetzesverschärfung ins Leere läuft.

    • Nicht nur Polizisten, sondern auch Richter, Staatsanwälte, Pflichtverteidiger, Justizwachtmeister, Geschäftsstellenmitarbeiter, Bußgeldstellenmitarbeiter … Und dann wären da noch die Schreibmaschinen und Bürodrehstühle für dieses Leute. Und die Gebäudemiete, Stromverbrauch …. crh
  12. 12
    Waldmeister says:

    @BV: eine solche Erhebung wird es wohl schon geben. Die Ministerien verfügen über Zahlen. Sehr viele Zahlen. Die könnten Dir genau sagen, wieviele Leute weswegen welche Zeit gefaßt haben.
    Die PKS des BKA listet alleine 5 Seiten an Schlüsselnummern für den 244 auf.

    @crh: Ist die Rückfallgefahr/quote bei zur Bewährung ausgesetzter Strafe eigentlich höher als bei nicht zur Bewährung ausgesetzter Strafe?
    Strafe zur Bewährung + neue Tat = Rückfall
    Strafe nicht zur Bewährung + neue Tat = Rückfall.
    Bei Rückfallstatistiken wurden bis jetzt eigentlich immer nur die Leute betrachtet, die gesiebte Luft atmen mußten.

  13. 13
    Jürgen says:

    @11, Ergänzung/Kommentar crh:
    Richtig, auch das gehört dazu. Alles trägt dazu bei, die Wirtschaft anzukurbeln. Wobei von Seiten der Finanzer in den Verwaltungen am meisten Personalausgaben gleich welcher Art verabscheut werden. Sachkosten für Strom, Rechner und Tastaturen spielen letztlich eine untergeordnete Rolle.

    Nur, worauf wollen Sie letztlich mit dieser Ergänzung noch hinaus. Wollen Sie nur auf den weiteren Personalbedarf hinweisen oder bezwecken sie noch etwas anderes?

  14. 14
    Silke says:

    kleiner TV-Tip: heute, 21 Uhr: „Frontal21“, ZDF:
    „Rent a Sozi“, in der Hauptrolle: Justizminister Heiko Maas

  15. 15
    justizfreund says:

    Ich bin mal wieder beeindruckt wieviele Menschen höhere Strafen fordern und das gut finden.
    Da das nichts helfen wird, werden natürlich und selbstverständlich in ein paar Jahren wieder höhere Strafen gefordert usw.
    Als wäre es in das Gehirn eingebrannt. Aber es ist geistig am plumpesten.
    In den USA gibt es sogar Todesstrafe. Und hilft es?

    Ob die Straftaten derer, die Unschuldig verurteilt werden, dadurch auch sinken?