Im neuen „digitalen“ Kammerton 2016/06 der Rechtsanwaltskammer Berlin wird über die Tauchstation im Referendariat berichtet.
Die Tauchstation ist meist die letzte Ausbildungs-Station des juristischen Referendariats unmittelbar vor den Examensklausuren. Die findet in der Regel in einer Anwaltskanzlei statt und wird von den Referendaren gern zur Examensvorbereitung genutzt. Es wird also nicht ausgebildet, sondern für das Examen gelernt.
Und das sehen die zuständigen Aufseher bei der Rechtsanwaltskammer nicht gern. Deswegen:
Die Referendarabteilung des Kammergerichts wird in Zukunft stärker gegen die weit verbreitete (Un)sitte vorgehen, dass Referendare und Referendarinnen während der Anwaltsstation auf „Tauchstation“ gehen.
Die Argumente, die für den Versuch streiten, diese Praxis möglichst zu unterbinden, sind nicht ganz von der Hand zu weisen.
Denn durch das „Tauchen“, welches ausschließlich in der Anwaltsstation stattfindet, wird die Zeit, die für die Ausbildung der Referendarinnen und Referendare im Hinblick auf den Anwaltsberuf zur Verfügung steht, die ohnehin kürzer ist als der Teil, der für die Ausbildung aus „staatlicher Sicht“ genutzt wird, noch weiter reduziert.
Das hat was, ja.
Aber wenn ein Referendar eben tauchen will, darf der Ausbilder, das heißt der Rechtsanwalt, regelmäßig mangels entgegen stehender Hinweise davon ausgehen, daß es sich dabei um eine Entscheidung eines erwachsenen Menschen handelt.
Wir bilden seit vielen Jahren Referendare aus. Das heißt: Wir liefern den angehenden Volljuristen ein Angebot, das sie annehmen können. Wenn nicht, dann eben nicht. Freiberufler, wenn sie es ernst meinen, sind nicht Teil des Zwangs, der von den Justizbehörden auf die Auszubildenden gerne ausgeübt wird.
Ich weiß nicht, wie sich die „Referendarabteilung des Kammergerichts“ ihr Vorgehen „gegen die weit verbreitete (Un)sitte“ vorstellt. Aber bevor wir uns als Freiberufler von den Leitfossilien aus der Elßholz- und Littenstraße kontrollieren lassen, ob wir als Hilfs-Aufseher funktionieren, müssen die Herrschaften sich schon was einfallen lassen. Auch wir sind erwachsen.
Ceterum censeo,
daß sich Freiberufler von Klammeranwälten nicht beaufsichtigen lassen werden.
Ein vorsorgliches Obiter Dictum:
Unsere Ausbildungskapazitäten für 2017 sind bereit erschöpft.
Und nein:
Ich habe kein großes Latinum. ;-)
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Bild: © Jerzy / pixelio.de
Interessant! Wie wird ein untergetauchter Referendar denn bezahlt?
@1: Untergetauchte wohl gar nicht ;)
„Tauchende Referendare“ bekommen ihr Geld ganz normal weiterhin vom Land.
@Tobi: Haha, genau! ;)
Mir war nicht klar, dass Anwaltspraktikanten in Deutschland vom Staat bezahlt werden. Auch interessant!
Vorsicht bitte mit dem Begriff „Praktikant“. Ein Praktikum gibt es bei uns auch und zwar im Rahmen der ersten Ausbildungsphase, also wenn die Studenten noch an der Uni sind. Und dann sind da noch die Schülerpraktikanten, die sich in der Berufswelt orientieren sollen/wollen.
Während Referendare idR. aufgrund ihrer Vorausbildung bereits als aktive juristische Mitarbeiter in den genannten Stationen unterwegs sind, haben Praktikanten eher den Status eines Hospitanten.
HTH. crh
Ist das Tauchstadion eines der Stadien der EM? ;-)
Das geht doch nur, wenn man in den Pflicht-AGs auch auf das Examen vorbereitet würde. Wenn man aber – aus Mangel an guten Lehrkräften – jedermann machen lässt, dann werden die Ref weiterhin versuchen zu tauchen. Natürlich ist es nicht „richtig“ i.S.d. Ausbildungsordnungen, aber es ist notwendig, da Anspruch (Examen) und Wirklichkeit (das Ref bereitet auf die Klausuren vor) auseinander klaffen. Der Kommentar der RAK zeigt zudem Engstirnigkeit, der er ersichtlich nur aus dem Ideal – der Ref schaut 1-2x je Woche in die Kanzlei, holt eine zu bearbeitende Akte und geht ggf mal zum AG – abgeleitet wird, dass seit 15 Jahren nur noch auf die Kleinkanzleien passt, die in der Kammer überrepräsentiert sind. In großen Einheiten ist ein Anwalt ganz anders tätig, eben eher beratend als forensisch am pathologischen Fall. Da ist eine Anwesenheit von 4 Tagen je Woche erforderlich, freilich mit der Folge, dass dann am Ende 2-3 Monate getaucht wird (Überstunden abgebummelt werden) und nebst Urlaub also 3-4 Monate Examensvorbereitung möglich sind. Es gibt natürlich immer wieder Ref, die das System ausnutzen und eine Vollzeittauchanwaltsstation von 9 Monaten einlegen. Das dürfte allerdings die Minderheit sein.
Ich vermute, der dezente Hinwies auf das (fehlende) Latinum soll darauf hinweisen, dass absichtlich ce(n)terum censeo verwendet wurde.
Hör doch endlich mit diesem ewigen saudoofen Gezeter über die angeblichen Leitfossilien in der Littenstraße auf!
Zuständig für die Aufsicht ist nicht die Rechtsanwaltskammer, sondern die Präsidentin des Kammergerichtes (Behörde). Allerdings wird aus dem Haushalt der Rechtsanwaltskammer den Kollegen, die an der Referendarausbildung (Arbeitsgermeinschaft) teilnehmen eine Aufstockung gezahlt, um positiv auf die Qualität der Ausbildung einzuwirken.
wenn die Referendare beim Land angestellt (bzw. auf Widerruf verbeamtet) sind dann haben sie auch den Anweisungen des Landes folge zu leisten (in den Grenzen des Rechtsstaats etc.). Da die Anweisung ziemlich sicher u.a. darin besteht, nicht auf Tauchstation zu gehen bzw. zumindest eine gewisse Anzahl Stunden rechtsanwaltlich tätig zu sein darf dies m.E. auch kontolliert werden. Wie diese Kontrolle aussehen kann ist ein anderes Thema…
In der Dualen Ausbildung – in der die Azubis oft auch schon über 18 sind (jedenfalls am Ende der Ausbildung) – ist der Ausbildungsbetrieb gar dazu verpflichtet, bestimmte Ausbildungsinhalte dem Azubi nahezubringen und ihn nicht nur machen zu lassen was dieser will (wobei hier der Ausbildungsbetrieb allerdings auch der „Zahler“ ist) – ist analog hierzu bei Praktikanten eine Regelung denkbar?
§ 21 IV berlJAO: „Soll die Zuweisung an eine andere Ausbildungsstelle als ein Gericht oder eine Behörde des Landes Berlin erfolgen, ist zugleich eine schriftliche Einverständniserklärung der gewählten Ausbildungsstelle vorzulegen und anzugeben, wer für die Ausbildung verantwortlich ist.“
§ 22 II berlJAO: „Die praktischen Aufgaben am Arbeitsplatz sind so zu bemessen, dass die Rechtsreferendarin oder der Rechtsreferendar unter Berücksichtigung der Belastung durch die Arbeitsgemeinschaften, andere Ausbildungsveranstaltungen und die Examensvorbereitung ganztägig beschäftigt ist.“
Conclusio: Kein RA wird gezwungen, Referendare auszubilden. Er tut das freiwillig. Wenn er es tut, übernimmt er aber Verantwortung für das Stattfinden einer sinnvollen Ausbildung und muss insbesondere § 22 II JAO beachten. Tauchstationen sind unzulässig.
@ „PräsKG“:
Die Conclusio interpretiert allerdings Dinge in die JAO die dort – dem Wortlaut nach – nicht zu finden sind. Auch wenn man die Station und Examensvorbereitung „blockt“, ist der Referendar noch ganztätig beschäftigt. Und dafür, dass diese Aufteilung vollkommen sinnlos und untauglich wäre, sind Sie leider beweisbelastet geblieben.
Und so ein Schwachsinn kommt von der Kammerbeauftragten für die Juristenausbildung. Man hätte sich viele Punkte suchen können, um sich als neue Beauftragte zu profilieren.
Etwa mit einer Forderung endlich eine an aktuelle Examen angepasste Ausbildung anzubieten. Momentan lässt man Klausuren schreiben, die teilweise 10 Jahre alt sind und weder vom Umfang noch vom Inhalt her mit aktuellen Klausuren auch nur annähernd zu vergleichen sind. Oder mit der Frage, warum Referendare irgendwelche speziellen Randgebiete beackern lassen.
Hätte man machen können, aber das hätte sicherlich nicht so viel Reaktionen gegeben. Seinen eigenen Namen in den Nachrichten zu lesen ist anscheinend wichtiger als echte Probleme anzugehen.
Die Referendare werden in dem Moment aufhören zu tauchen, in dem Rechtsanwälte, KG und OLGs es hinbekommen eine auf das Examen angemessene Vorbereitung anzubieten.
Mich würde ja mal interessieren, ob das KG dann im Gegenzug auch anfängt zu kontrollieren, ob die Referendare wirklich nur ihre 4,8 h pro Tag in den Kanzleien sind oder ob es nicht vielleicht doch eher das Doppelte ist. Oder mal zu kontrollieren was ihre Auszubildenden eigentlich so in den Kanzleien tun müssen.
Aber das werden die Ausbildungsbehörden natürlich nicht tun, es ginge ja für den Referendar und nicht gegen ihn. Im Knechten sind sie ganz groß unsere Ausbildungsbehörden, im Ausbilden eher nicht so.
Letztlich zerstört man hier ein Arrangement, das bisher für alle Seiten von Vorteil war. Der Referendar stellt seine Arbeitskraft „im Vorfeld“ deutlich mehr zur Verfügung als er müsste, davon profitiert der Rechtsanwalt, der eben nicht nur eine 3/5 Kraft hat, sondern eine volle Arbeitskraft. Im Gegenzug kann sich dann der Referendar auf das Vorbereiten was für ihn wichtig ist, das Examen.
Keine Sau kräht nach bestandenem Examen danach, ob der Referendar in seiner Station verordnungskonform ausgebildet wurde. Was zählt ist die Note. Alles andere kann nur behaupten, wer mit der Weltfremdheit eines RAK-Vorstands geschlagen ist.
@ r.nuwieder: Ich kann dem Beitrag von RA Hönig nicht entnehmen, dass er unter „tauchen“ versteht, dass Ausbildungs- und Lernzeiten „geblockt“ und „aufgeteilt“ werden. Für mich liest sich das so, dass er eine Ausbildung übernimmt und bescheinigt, die de facto nicht stattfindet – nicht „geblockt“ und „aufgeteilt“, sondern gar nicht. Und natürlich ist § 22 II berlJAO so zu verstehen, dass der Referendar primär durch „praktische Aufgaben“ zu beschäftigen ist.
@ Referendar: 1) Die Ausbildung kann und sollte überall verbessert werden. Am schlechtesten ist aber eine Ausbildung, die von vornherein unterbleibt. So wie eben bei vielen Rechtsanwälten.
2) Wenn es nach den Bundesländern gegangen wäre, dann wäre die herkömmliche Referendarausbildung schon vor Jahren aus Kostengründen abgeschafft worden. Der Staat würde dann noch 10% der Jungjuristen für den öffentlichen Dienst ausbilden, der Rest müsste sich Ausbildungsstellen und -vergütung bei der Anwaltschaft suchen oder sehen, wo er bleibt. Wer die Ansicht vertritt, die Referendarzeit sei eine Art gegenleistungsfreies Staatsstipendium zur Examensvorbereitung (oder auch, um sich eineinhalb von zwei Jahren einen lauen Lenz zu machen), sorgt mit dafür, dass diese Ideen eher früher als später Wirklichkeit werden. Ihre Nachfolger werden es Ihnen danken …
Sorry, Herr Kollege, diese neueste Gängelung der freien Berufe hat mit den Syndici im Kammervorstand nicht das Geringste zu tun. Die haben für so einen Unfug nämlich weder Zeit noch Lust. Die Beauftragten für Juristenausbildung sind absolut freidenkende Freiberufler reinsten Wassers. Mehr zum Thema gerne mal bei einem Bier am Ufer.
Beste Grüße von um die Ecke.
@crh: Sie haben Mail:-)