Verteidigervergütung am St. Nimmerleinstag

238114_web_R_K_B_by_Roxy_pixelio.deEs war ein ziemlich spektakuläres Verfahren in 2014, bei dem – vor der Feststellung der Personalien meines Mandanten – eine große Menge Feuerwehrautos unterwegs waren.

Nach dem Ermittlungsverfahren ging die Geschichte durch zwei Instanzen der Berliner Gerichte. Auch mit dem Ergebnis des Landgerichts, das über die Berufung entschieden hatte, war der Mandant unzufrieden. Deswegen habe ich für ihn die Revision zum Kammergericht erhoben und zwischenzeitlich auch schon begründet.

Gleichzeitig habe ich die bisher entstanden Kosten für die Pflichtverteidigung abgerechnet und beim dafür zuständigen Amtsgericht deren Festsetzung beantragt. Das war vor etwa 6 Wochen. Auf diesen Antrag reagierte das Gericht:

KFB am StNimmerleinstag

Selbstverständlich ist für diese systemimmanente Unverschämtheit nicht die Justizoberinspektorin verantwortlich, die diese höfliche Bitte freundlich grüßend unterzeichnet hat.

Aber was bleibt einem Pflichtverteidiger denn schon anderes übrig, als die Forderung nach dem Lohn für getane Arbeit mit Nachdruck einzufordern, wenn er nicht verhungern will. Ich werde der Dienstaufsichtsbeschwerde vielleicht eine Schachtel Pralinen als Vorwegentschuldigung an die Kostenbeamtin beifügen. (Aber die darf sie ja noch nicht einmal annehmen …)

Dieses nach altem Papier riechende Justizsystem aus dem vorletzten Jahrhundert ist einfach unerträglich.

__
Bild: © Roxy / pixelio.de

Dieser Beitrag wurde unter Justiz, Kosten veröffentlicht.

11 Antworten auf Verteidigervergütung am St. Nimmerleinstag

  1. 1
    meine5cent says:

    Das ist sicher misslich, dass die JOin ohne Akten die Vergütung nicht prüfen kann. Andererseits geht es meist doch schneller, wenn die Vergütung nicht erst nach Revisionseinlegung, sondern gleich für jeden Abschnitt abgerechnet wird, und man nicht den ganzen Aktenlauf von GenStA, KG, GenStA, StA, LG …abwarten muss. Oder das elektronische Aktendoppel, natürlich mit den gescannten HV-Protokollen, mitschickt.
    Und die Dame kann auch wenn Sie eine DAB einlegen schlichtweg die Akten ncht herbeizaubern und auch niemanden bei GenStA und KG zwingen, ihr ein Aktendoppel zu fertigen und zu schicken, das wissen Sie doch ganz genau. Außer einer Person Ärger zu machen, die schlichtweg gar nichts dafür kann, bringt diese DAB doch nichts.

  2. 2
    Duncan says:

    @meine5cent: das geht ganz einfach, wenn ein Kostenfestsetzungsantrag älter als 1 Monat ist friert die Vergütung für alle mit der Bearbeitung der Akte befassten Planstellen ein…Nach weiteren 14 Tagen verfallen die Ansprüche auf Entgeldzahlung, da ja keine zu entgeltende Tätigkeit geleistet wurde, weil ja keine Kosten dafür festgesetzt wurden…
    ;-)
    Und ja ich kenne die „Arbeitsüberlastung“ in der öffentlichen Verwaltung, das ist in der freien Wirtschaft eines Kleinbetriebes ein lauer, ganz ruhiger Tag.

  3. 3
    Flo says:

    @meine5cent, naja außer Schreibkram wieso warum die Bearbeitung so lange dauert dürfte bei der zuständigen Mitarbeiterin nichts hängenbleiben. Sie würde ja wenn sie könnte.
    Und was bringen dürfte die Beschwerde schon was. Die haben nämlich einen eigenen Dienstweg der auch in Richtung Chefetage etwas kürzer sein dürfte. Und wenn sich da genug Beschwerden ansammeln wegen analoger Aktenführung, wird irgendwann jemanden dämmern das man mit elektronischen Akten Geld sparen könnte.

  4. 4
    meine5cent says:

    @Flo und Duncan:
    Nein, so wird es nicht laufen. Denn an dem grundsätzlichen Arbeitsablauf wird sich vor Einführung der elektronischen Akte nichts ändern. Es gibt (grds) eine einzige Akte, die vom Amtsgericht zum Landgericht, von dort dann nach dem landgerichtlichen Urteil zur Staatsanwaltschaft, Generalstaatsanwaltschaft, zum Revisionsgericht, von dort zurück über die GenStA zur Staatsanwaltschaft und dann (ggf., falls Urteilsaufhebung) wieder zum Landgericht geht.
    Während dieser gesamten Zeit hat (und bekommt) das Amtsgericht die Akte nicht zu sehen. Und von daher kann die JOIn auch nicht erkennen, ob der Herr Hoenig an 5 oder 10 Tagen in der Hauptverhandlung war und ob er sich Längenzuschläge verdient hat. Weshalb sie wegen dieser Umstände auf ihr eigenes Gehalt verzichten soll (@Duncan), obwohl sie vermutlich nicht nur den Antrag von Herrn Hoenig auf dem Tisch hat, sondern durchaus anderes zu tun hat, ist mir nicht so ganz klar.
    An diesem Ablauf wird sich justizweit durch die DAB schlichtweg gar nichts ändern, das weiß Herr Hoenig auch ganz genau, und eben deshalb wäre es ja auch sinnvoll, die Pflichtverteidigervergütung einigermaßen zeitnah schon vor der Revision abzurechnen. Das geht ja , weil die Gebühren nach Verfahrensabschnitten entstehen und abgerechnet werden können. Also spätestens nach dem Urteil des Amtsgerichts könnte der erste (Teil)Vergütungsantrag gestellt werden, wenn einem die zeitnahe Zahlung der Staatskasse wirklich so wichtig ist.

  5. 5
    Steuerzahler says:

    Ja, wir sollten dieses nach altem Papier riechende Justizsystem aus dem vorletzten Jahrhundert endlich einmotten und zu dem modernen Pflichtverteidigersystem übergehen, wie es in den meisten Regionen der USA praktiziert wird: Pflichtverteidiger als öffentliche Bedienstete mit klarem Monatsgehalt. Vorteil: das ewige Genöle hört auf, und billiger ist es außerdem.

  6. 6
    Alles Wuscht says:

    @Steuerzahler
    Ein Gerichtsverfahren ist ein Kampf und da möchte ich nicht den bezahlten Gegner (weichgespülter Verfahrensbegleiter) auf meiner Seite sitzen haben.
    Bestes Beispiel ist die ach so tolle USA. Wer kein Geld hat, sitzt schneller im Knast als er gucken kann.

    Beispiele:
    http://www.welt.de/vermischtes/article155957221/Fuer-den-Preis-eines-Bechers-Kaffee-waere-er-frei.html
    oder
    http://www.welt.de/vermischtes/article148944869/Ohne-Geld-wird-die-Haft-auf-Rikers-Island-zur-Hoelle.html

    Und das sind nur Geplänkel im Vorfeld zur Verhandlung. Im Verfahren und danach wird es nicht besser.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Gef%C3%A4ngnissystem_der_Vereinigten_Staaten
    Weiter geht es mit Privatunternehmen, die zum Teil die Gefängnisse unterhalten. Da ist der Verurteilte immer herzlich willkommen und zur Ware degradiert. Resozialisierung und das ganze Gedöns kennen die nicht.

    Nein, ich bin sehr froh, dass wir solche miesen Zustände wie in der USA nicht in Deutschland haben.

  7. 7
    Flo says:

    @meine5cent, das die Beschwerde keine akut schnellere Bearbeitung bringt ist schon klar.
    Aber die Einführung einer elektronischen Akte dürfte das auf Dauer beschleunigen. Wenn nämlich den richtigen Stellen dämmert das dann die Bearbeitung von diversen Dienstaufsichtsbeschwerden entfallen kann weil deren Grund wegfällt.

  8. 8

    @meine5cent(s): der EGMR hat im Fall Lamy/Belgien im Jahre 1984 festgehalten, dass die Verweigerung der Akteneinsicht (zur Zeit) mit der Begründeung, die Akten würden anderswo gebraucht, unzulässig sei und gegen das Gebot des fair trial verstosse. Eine solche Ausrede sei in Zeiten des Fotokopierers kein Thema mehr, die Akten könnten kopiert werden. Nun den Kopierer gibt es immer noch, zudem den Scanner und andere nette Bürogeräte sowie Email und Internet. Ich möchte nicht wirklich lesen, was Strassburg zum Organisationsverschulden Deutscher Gerichte schreiben würde. Mit DAB kommt der Verteidiger zwar nicht nach Strassburg, aber es könnte ihm Einfallen eine Rechtsverweigerungs- oder Rechtsverzögerungsbeschwerde einzureichen, die wäre dann zielführend.

    • Lieber Stefan. Es lohnt nicht, sich mit Trolls auseinander zu setzen, die ihre Aufgabe darin sehen, in anderer Leuts Weblogs stets opponierende Kommentare zu schreiben. Diesen Troll, auf den Du Dich beziehst, habe ich bislang nur deshalb nicht gesperrt, weil er sich trotz seiner Gegenreden an die Umgangsformen hält, wenngleich seine Kommentare in der Regel ohne Sachkenntnis formuliert sind und oftmals nur aus heißer Luft bestehen – wie hier auch. Als Dummschwätzer würde ich ihn aber noch nicht bezeichnen wollen. crh
  9. 9
    Subsumtionsautomat says:

    Das Schöne ist ja, dass man zum Bearbeiten der Dienstaufsichtsbeschwerde was braucht? Genau, die Akte! Da beißt sich die Katze irgendwie in den Schwanz…

  10. 10
    Gerecht says:

    An dieser Stelle kann man drei Dinge festhalten:

    1) Den Mandatsvertrag hat nicht das Land Berlin unterzeichnet, sondern der Mandant. Vielleicht wäre es nach den simplen Regeln des Vertragsrechts nicht zuviel verlangt, einmal dort um seine Vergütung nachzusuchen.

    2) Augen auf bei der Berufswahl. Wähle keinen Beruf, bei dem man auf Zahlungen durch den Staat angewiesen ist. Werde also im nächsten Leben Anwalt für M&A.

    3) Es zeugt von gehörig Frust, eigene Versäumnisse (Vergessen der Abrechnung nach jedem Verfahrensabschnitt) nun am schlecht bezahlten Justizpersonal auszulassen.

  11. 11