Monatsarchive: Januar 2017

Sport-Studienteilnehmer gesucht

Für eine Studie an der Berliner Charité werden noch Probanten gesucht. Die Studienleiterin, Frau Mareike Benitz, hat mich gebeten, mal in der Runde unserer Blogleser nach „Freiwilligen“ zu fragen.

Mir hat die Teilnahme nicht nur Spaß gemacht. Ich kenne nun auch ein paar Punkte mehr, an denen ich meinen sportlichen Ausgleich optimieren kann.

Wer also sich immer schon mal komplett aus- und vermessen lassen werden will und sich dann vollständig verkabelt mit gefilterter Luft versorgt auf einem Fahrrad austoben möchte, sollte sich mit Frau Mareike Benitz in Verbindung setzen:

Weitere Kontaktdaten von Frau Mareike Benitz gebe ich gern auf Anfrage weiter.

5 Kommentare

Hirnlose Technokraten bei der Staatsanwaltschaft

Ich muß einfach mal Luft ablassen.

Da gibt es einen psychiatrisch kranken, HIV-positiven Mandanten. Der im Jahr 2008(!) aus seiner Not heraus ein paar strafrechtlich relevante Fehler gemacht hat, als er das illegale, aber lukrative Angebot eines Apothekers annahm.

Seit dieser Zeit hat sich der Mandant stabilisiert, ist nicht noch einmal straffällig geworden und verarbeitet mühsam seine Ängste u.a. auch vor diesem jahrelang offenen Strafverfahren. Seine Betreuerin berichtet fortlaufend über das ganz langsam dicker werdende Eis, auf dem sich der Mandant bewegt.

Im Mai 2015 habe ich mit dem Staatsanwalt die strafrechliche Verantwortungsreife des Mandanten besprochen und die Voraussetzungen der §§ 20, 21 StGB vorerörtert. Er wollte weiter ermitteln und mir dann nochmal Gelegenheit zur Stellungnahme geben. In der nachfolgenden Zeit habe ich mehrfach vorsichtig angeklopft, den Sachstand abgefragt und ergänzende Akteneinsicht beantragt. Reaktionen des Staatsanwalts? Keine!

In der vergangenen Woche habe ich dann mit einem dicken Vorschlaghammer auf den Tisch dieses Staatsanwalts geschlagen. Das ging allerdings ins Leere, weil dieser promovierte Technokrat sich die Akte zwischenzeitlich mit einem Strafbefehlsantrag von eben diesem Tisch geschafft hat.

Ende vergangener Woche erhalte ich das Ergebnis dieser Aktion: Einen Strafbefehl, wonach der arbeitsunfähige Mandant eine Geldstrafe in Höhe von 3.000 Euro (100 Tagessätze zu je 30 Euro) nebst Kosten zahlen soll.

Ich frage mich, was ein Staatsanwalt außer kalter Subsumtionstechnikinstrumente sonst noch in seinem verbeamteten Hirn hat? Und dabei denke ich hier jetzt noch nicht einmal an die – entweder schusselige oder aber vorsätzliche – Verletzung des rechtlichen Gehörs.

________________
Update/Erläuterungen
Nachdem der erste Zorn ein wenig verraucht ist, gebe ich dem geneigten Leser ein paar Hinweise auf die Hintergründe:

  • Das Verfahren gegen die Haupttäter ist seit Jahren rechtskräftig abgeschlossen. Der zuständige Staatsanwalt hechelt seitdem legalitätsprinzipienreitend hinter den Randfiguren her. Im Dresdner „kino.to-Verfahren“ bspw. hat man das vergleichbare Problem großflächig über §§ 153, 153a StPO gelöst, um die Ermittler resourcenschonend für sinnvolle Aufgaben freistellen zu können.
  • Meine drei Sachstandsanfragen und meine Dienstaufsichtsbeschwerde blieben ohne jegliche Reaktion. Der „Vorschlaghammer“ war eine Strafanzeige, die dann binnen weniger Stunden zu mehrfachen Versuchen des Staatsanwalts führten, mich während meiner krankheitsbedingten Unerreichbarkeit ans Telefon zu bekommen. Bevor ich zurückrufen konnte, wurde uns der Strafbefehl zugestellt.
  • Dem Staatsanwalt sind sowohl die desolaten Sozialdaten des Mandanten bekannt als auch die Höhe seines Einkommens: ALG2. War es Chuzpe, daß er dennoch ein Einkommen von 900 Euro netto unterstellt; oder ist er schlicht zu faul, in die Akten zu schauen?
  • Den Strafbefehlsantrag rauszuhauen, ohne Rücksicht auf die Sachstandsanfragen (aka: Akteneinsichtsgesuche) der Verteidigung zu nehmen, belegt, daß der Mann besser bei Elektrolux am Fließband mit der Montage von Campingkühlschranktüren aufgehoben wäre. Dort könnte er seine überragenden Fähigkeiten zum stumpfen Arbeiten optimal verwirklichen.

Ich merke beim Schreiben der Erläuterungen, daß mir immer noch der Kamm schwillt. Besser, ich höre jetzt hier auf …

__
Bild: © Klaus Stricker / pixelio.de

18 Kommentare

Keine audio-visuelle Protokollierung trotz vorhandener Möglichkeiten

In einem Saal des Landgerichts steht der Tisch für die Zeugen ziemlich nahe zum Richtertisch. Die meisten Verteidiger und Angeklagten sehen die Zeugen also nur von hinten. Sie können also dessen Gestik und Mimik bei den Aussagen nicht sehen. Allenfalls die roten Ohren sind erkennbar, jedenfalls bei Kurzhaarschnitten. Deswegen stelle ich regelmäßig Anträge zur Sitzordnung, damit ich imstande bin, einer Pinocchio-Nase beim Wachsen zuzusehen.

Die Verwaltung des Gerichts will solchen Anträgen, die oft für reichlich Turbulenzen sorgen, zuvorkommen und hat eine Videoanlage installiert.

Vorn-oberhalb des Zeugentisches hängt nun eine Kamera, dahinter ein Beamer und schließlich vor der Galerie eine Leinwand. Einen weiteren Beamer gibt es im Zuschauerraum, damit auch die Gäste den Zeugen von vorn sehen können, hinten auf der Leinwand.

Insgesamt eine sehr gute Sache.

Da liegt nun der Gedanke nahe, die Zeugenvernehmung gleich aufzuzeichnen, zumal alle Beteiligten ohnehin in ein Mikro sprechen, wenn sie verhandeln. Mein entsprechender (informeller) Antrag wurde mit der Begründung abgelehnt, das „wir das hier noch nie so gemacht haben„. Ich habe das Begehren „aus Gründen“ nicht weiter verfolgt.

Aber da hat man nun mal die Gerätschaft für eine neutrale und nahezu vollständige Protokollierung der Hauptverhandlung vor einer Strafkammer, und dann wird sie nicht genutzt. Unglaublich! Statt dessen wird überhaupt kein Inhalt der Verhandlungen protokolliert. Jeder schreibt für sich das auf, was er für wichtig hält. Und das unterscheidet sich dann ebens meistens – je nach Interessenlage und je nach Filter, der bei jedem Menschen ein anderer ist. Jeder merkt sich etwas anderes.

Es gibt kein überzeugendes Argument dafür, auf eine Protokollierung einer Verhandlung zu verzichten, in der regelmäßig über ganze Biographien von Menschen entschieden wird. Daß aus technischen Gründen keine Aufzeichnung erfolgen kann, wird durch die Installation in diesem Gerichtssaal widerlegt.

Update/Ergänzung:

Dazu ein Tweet von @KanzleiHoenig.

11 Kommentare

Justiz non calculat

Wenn die Justiz rechnen würde, gäbe es einen solchen Blödsinn sicher nicht:

Wer als Unternehmer in der freien Wirtschaft auf ehrliche Weise sein Geld verdient, käme mit Sicherheit nicht auf das schmale Brett, eine qualifizierte und langjährige [lies: teuer bezahlte] Mitarbeiterin

  • Briefe schreiben zu lassen,
  • Porto zu investieren,
  • Sollstellungen, Zahlungs- und Wiedervorlagefristen zu notieren,
  • Zahlungseingänge zu verbuchen,
  • Fristen wieder zu löschen,

um einen Betraf von Dreieurofuffzich einzusammeln.

Haben die da bei der Justiz eigentlich nix Besseres zu tun, als wertvolle Ressourcen sinnlos im Landwehrkanal zu zu versenken?

Und unsere Ressourcen gleich mit, weil ich nicht nur die Überweisung und die Buchung veranlassen, sondern auch noch einen Blogbeitrag über diesen sinnlosen Quatsch schreiben muß.

16 Kommentare

Geldstrafe, Ersatzfreiheitsstrafe, Arbeit statt Strafe

Wenn jemand (s)eine Geldstrafe nicht bezahlt, muß er damit rechnen, sie ersatzweise absitzen zu müssen. Das ist dann die Ersatzfreiheitsstrafe.

Eine völlige blödsinnige Idee, die zur kostenintensiven Übervölkerung der Knäste führt. Dort sitzen reichlich Leute ein, die z.B. beim Schwarzfahren erwischt wurden, weil sie kein Geld für ein Bahnticket hatten. Dafür gibt es dann eine Geldstrafe (§ 40 StGB), die diese Menschen aus demselben Grund nicht zahlen können, weshalb sie schwarz gefahren sind. Man muß schon hochwirksames Kraut rauchen, um auf solch abgefahrene Ideen zu kommen.

Nun gibt es aber auch noch solche Kandidaten, die zwar über die finanziellen Möglichkeiten verfügen, sich aber nicht von ihrem Geld trennen können oder wollen. Sie gehen sehenden Auges für ein, zwei Monate in den Knast; für jeden Tagessatz der Geldstrafe einen Tag Ersatzfreiheitsstrafe, § 43 StGB.

Das halten aber nur die allerhärtesten Schwaben bis zum Ende durch. Denn so ein Knast hat sehr, sehr wenig Gemeinsamkeiten mit einem Wellnesshotel auf der Alb.

Die meisten dieser „freiwilligen“ Knackis ziehen dann in den ersten ein, zwei Tagen die Notbremse. Sie zahlen die Geldstrafe und werden mit Zahlungseingang wieder vor die Gefängnistür gesetzt.

Es gibt noch die Alternative: Schwitzen! Statt zu sitzen oder zu bezahlen besteht die Möglichkeit, die Geldstrafe abzuarbeiten. Wir empfehlen unseren Mandanten in geeigneten Fällen die Straffälligen- und Bewährungshilfe Berlin. Dort gibt es ein Programm namens ASS – Arbeit statt Strafe, mit dem Menschen in schwierigen sozialen Lagen oder wirtschaftlichen Situationen geholfen wird.

Das Ganze funktioniert allerdings nur im Zusammenhang mit Geld-Strafen. Bei Geld-Bußen, also die Knöllchen wegen Zuschnellfahrens, funktioniert das nicht. Weder mit dem Absitzen, noch mit dem Abschwitzen. Zahlt jemand nachhaltig seine Geldbuße nicht, gibt es „nur“ die Erzwingungshaft, § 96 OWiG. Das heißt: Der Schnellfahrer wird bis zu 6 Wochen eingeknastet, um ihn zur Zahlung zu bewegen.

Das macht eigentlich kein klar denkender Mensch mit: Wegen einer Geldbuße in Höhe von 100 Euro begibt man sich nicht für 6 Wochen in staatliche Obhut. Um dann danach die Geldbuße doch noch zu bezahlen.

Eigentlich. Es gibt Ausnahmen. Über eine solche werde ich im nächsten Blogbeitrag berichten.

__
Bild: © Peter Reinäcker / pixelio.de

8 Kommentare

Zivilisten, Strafrecht und der unterbliebende Blick ins Gesetz

Im Rahmen einer zivilrechtlichen Auseinandersetzung teilte die beklagte Rechtsanwältin ein paar Details aus dem (ehemaligen) Mandatsverhältnis mit. Das geschah mit Schriftsatz vom 07.04.2015 an das Kammergericht.

Die Prozeßbevollmächtigten der Klägerin sind alles hochdekorierte Rechtsanwälte, sechs Stück laut Briefkopf:

Diese Mitteilungen der Beklagten waren recht unangenehm: Die Glaubhaftigkeit einer entscheidenden Zeugenaussage war danach perdu. Das führte zunächst zu üblen Konsequenzen für die Klage. Und in der Folge dann zu einer grandiosen Idee der Dekorierten. Sie holten tief Luft und schrieben:

Ziemlich aufgeplustert war der – per Fax vorab, selbstverständlich – an die Staatsanwaltschaft gerichtete Schriftsatz.

Die Staatsanwaltschaft legte eine Akte erst an und diese dann dem zuständigen Staatsanwalt auf den Tisch. Der freute sich nach der Lektüre der ersten beiden Seiten der Strafanzeige, da er sofort danach verfügen konnte:

Wobei haben sich die hochqualifizierten Zivilisten zu dusselig angestellt? Und was hätten sie statt dessen ganz locker besser machen können?

Das sind die Gründe dafür, daß ich einerseits immer wieder dazu auffordere, von Sachen die Finger zu lassen, von denen man keine Ahnung hat. Und andererseits die Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche mithilfe des Strafrechts regelmäßig ziemlich daneben ist.

Update/Auflösung:

Die Kommentatoren A.Hirsch, meine5cent und RA Ullrich lagen richtig:

Der Grund für die sofortige Einstellung war sicherlich die seit langem abgelaufene dreimonatige Strafantragsfrist.(§ 203 StGB ist ein reines Antragsdelikt).

Aber sowas haben die unroutinierten Strafrechtslaien (Aka: Hochdekorierte Zivilrechtler) nicht drauf. Also: Finger weg (von Zivilrechtlern, wenn’s um’s STrafrecht geht.)!

17 Kommentare

Kafkas vorbefaßte Krähen und der verständige Angeklagte

Zu welchem Gemurkse das deutsche Strafprozeßrecht und deren Hüter fähig sind, zeigt ein Detail aus dem Kafka-Verfahren.

Gottfried Gluffke wurde verurteilt. Die fünf Richter – drei Berufsrichter und zwei Schöffen – befanden Gluffke einer Beihilfe schuldig. Er sei der Gehilfe mehrerer Haupttäter gewesen.

Einer dieser Haupttäter soll Wilhelm Brause heißen. Dazu schreiben die fünf Richter in ihrem Urteil, mit dem sie Gluffke der Beihilfe schuldig sprechen:

Die Feststellungen zur Verantwortlichkeit des Zeugen Mephisto und des gesondert verfolgten Brause für das Geschäftskonzept […], die Konzeption der Internetseite und die Installierung eines gestuften Mahn- und Inkassosystems zur Beitreibung der vorgeblichen Verbindlichkeit stehen zur Überzeugung der Kammer aufgrund der umfassenden und glaubhaften Angaben des Zeugen Mephisto fest.

Der Kundige erkennt bereits an diesem Zitat: Der – gesondert verfolgte – angebliche Haupttäter Brause war an dem Verfahren gegen den Gehilfen Gluffke gar nicht beteiligt. Das ist richtig. Das Gericht hatte das Verfahren gegen Brause abgetrennt, vorübergehend eingestellt und erstmal in Ruhe gegen Gluffke strafprozessiert.

In einem zweiten Durchgang soll nun gegen Brause verhandelt werden. Und zwar bei demselben Gericht. Über die Frage, ob Brause sich strafbar gemacht hat, wie die Staatsanwaltschaft es in ihrer Anklageschrift behauptet, sollen jetzt dieselben Berufsrichter und einer der beiden Schöffen entscheiden.

Nochmal in deutlicheren Worten:
Die vier Richter, die zuvor in dem Urteil gegen Gluffke die Verantwortlichkeit Brauses für das strafbare Verhalten (Konzept, Betrieb der Website, Inkassosystem …) festgestellt haben, werden in einem zweiten Verfahren entscheiden müssen, ob die Behauptung der Staatsanwaltschaft zutrifft, daß Brause das Geschäftskonzept […], die Konzeption der Internetseite und die Installierung eines gestuften Mahn- und Inkassosystems zur Beitreibung der vorgeblichen Verbindlichkeit zu verantworten hat.

Brause reibt sich verwundert die Augen.
Und er trägt vor: Diese vier Richter sind für sein Verfahren „verbrannt“; auf juristisch: Befangen. Er drückt sich sogar zurückhaltend aus: Er hat die Sorge, daß die Richter nicht mehr unvoreingenommen sein könnten. Und gießt diese Sorgen in ein Ablehnungsgesuch.

Darüber entscheiden andere Richter, allerdings solche, deren Dienstzimmer von den Dienstzimmern der abgelehnten Richtern genauso weit voneinander entfernt liegen, wie die Zellen im Knast Wien-Favoriten – Außenstelle Münchendorf.

Die Entscheidung der ZellenDienstzimmernachbarn liest sich so:

Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen ist die Besorgnis der Befangenheit betreffend die abgelehnten Richter nicht gegeben. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die abgehlehnten Richter im Verfahren gegen Gottfried Gluffke unsachliche oder nicht gebotene abwertende Äußerung in Bezug auf den Angeklagten Brause gemacht haben. Auch aus den im Ablehnungsgesuch zitierten Auszügen aus dem Urteil gegen Gluffke ergibt sich solches nicht.

Der Umstand, dass im Urteil gegen Gluffke […] auch Ausführungen zur Tatbeteiligung des Angeklagten Brause gemacht wurden, rechtfertigen ebenfalls nicht die Annahme, die abgelehnten Richter seien befangen.

Wie oben ausgeführt, ist die notwendige Vorbefassung des Gerichts ist für sich gesehen grundsätzlich kein geeigneter Befangenheitsgrund; dies gilt auch, wenn Verfahren gegen einzelne Angeklagte zur Verfahrensbeschleunigung abgetrennt werden und anschließend ein Schuldspruch wegen Beteiligung an später abzuurteilenden Taten erfolgt. Anders verhalt es sich lediglich beim Hinzutreten besonderer Umstände, die über die Tatsache bloßer Vorbefassung als solcher und die damit notwendig verbundenen inhaltlichen Äußerungen hinausgehen (vgl. BGH, NStZ 2011, 44). Dass Richter in einem Urteil gegen einen Mittäter [sic! crh.] zur Beurteilung seiner strafrechtlichen Verantwortlichkeit Feststellungen über das Verhalten eines Tatbeteiligten gemacht haben und später an dem Strafverfahren gegen ihn mitwirken, rechtfertigt auch nach Auffassung des EMRK gerade keine Zweifel an der Unparteilichkeit des Spruchkörpers (EGMR, Urteil vom 10.08.2006, NJW 2007,3553).

Vorliegend enthält das Urteil keine unsachlichen, abwertenden Äußerungen über den Angeklagten Brause. Die Ausführungen zu seiner Tatbeteiligung waren auch objektiv notwendig. Bei gemeinschaftlicher Tatbegehung bzw. miteinander verwobenen Tatbeiträge mehrerer Beteiligter können schlüssige Feststellungen anders nicht getroffen werden und eine nachvollziehbare Darstellung des Sachverhalts im Urteil ist nur unter Einbeziehung der Tatbeträge der anderen Tatbeteiligten möglich. Das Gebot der Sachlichkeit wurde hierbei nicht verletzt.

Daß es zu dieser eigenartigen Konstellation kommen mußte, hatte Brause vorhergesehen. Deswegen hat er auch den Beschluß, mit dem sein Verfahren abgetrennt wurde, mit einer Beschwerde angegriffen. Wie man sieht, haben die drei Berufsrichter die Beschwerde verworfen. Nebenbei: Mit einer vollständig inhaltlslosen Begründung.

Was haben die Berufsrichter sonst noch so gemacht?

  • In einem Haftbefehl festgestellt, daß Brause der ihm zur Last gelegten Taten dringend verdächtig ist.
  • In einem Eröffnungsbeschluß festgestellt, daß Brause wegen der ihm zur Last gelegten Taten wahrscheinlich verurteil wird.
  • In einem Urteil festgestellt, daß Brause die Taten konzipiert hat, zu denen Gluffke Beihilfe geleistet haben soll.

Die paar Spielereien drumherum – Haftbefehl statt Pflichtverteidigerbestellung, Vereitelung der Rechte im Zwischenverfahren – die ebenfalls Gegenstand des Ablehnungsgesuchs von Brause waren, sollen hier nur kurz am Rande erwähnt werden.

Die Entscheidung über den Befangenheitsantrag überrascht trotz alledem nicht. Brause war vorgewarnt. Deswegen rechnete er auch mit diesem einfältigen Schlußsatz der Richter, die über sein Ablehnungsgesuch entschieden haben:

Ein verständiger Angeklagter hat daher keine Grund zu der Annahme hat, die abgelehnten Richter seien ihm gegenüber voreingenommen.

Der Prozeß gegen Brause wird sich zu einem unwürdigen Theaterstück entwickeln, protegiert von Krähen, die ihren Nestnachbarn keine Augen auskratzen wollen. Man könnte sich die ganze Aufführung eigentlich auch sparen; das hat man doch vor ein paar Jahrzehnten doch auch schon so gemacht.

 
Was meint der geneigte Leser dazu?

Kann Wilhelm Brause noch mit einem fairen Verfahren rechnen?


     

 

Ergebnis anschauen

Wird geladen ... Wird geladen ...

__
Bild: © H.-P.Haack – Antiquariat Dr. Haack Leipzig / via Wikipedia

26 Kommentare

Lucy’s Lyric

Aus den unendlichen Tiefen eines automatischen Translators, per eMail hier eingegangen.

Ich bin Frau Lucy Akanki aus Abidjan Cote d ‚ Ivoire (Elfenbeinküste) ich 22 Jahre altes Mädchen Waisenkind, das infolge eines ist bin, ich habe kein übergeordnetes Element ich über $ 4,5 Millionen USD habe 4 Millionen, fünfhunderttausend Einheitsstaat Dollar. Was ich von meinem verstorbenen Vater geerbt, die er in den Fonds eingezahlt behoben / Zwischenkonto in einem der erstklassigen Bank hier in Abidjan, mein Vater mein Name als seine einzige Tochter und einziges Kind für die nächsten Angehörigen an den Fonds verwendet. Zweitens auf die volle Zulassung zur Arbeit mit mir zu diesem Zweck bitte zeigen Sie Ihr Interesse durch Antwort zurück zu mir so dass ich Sie mit den notwendigen Informationen zu liefern wird und die Details zum weiteren Vorgehen weiter, ich Ihnen 20 % des Geldes für Sie für Ihre Hilfe, um mich bieten.Gott segne Sie für Ihre prompte Aufmerksamkeit. Meine besten und schöne Grüße an Sie und Ihre Familie als Sie kontaktieren Sie mich für weitere Details. Ich brauche deine Hilfe, wenn Sie mir helfen, mich der Fonds in Ihrem Landkreis Kontakt jetzt für weitere Details investieren können. Näheres hierzu wird ich mag dich, mich durch meine e-Mail-Adresse weitere Informationen (lucyakanki@yahoo.fr ) zu kontaktieren Vielen Dank Lucy Akanki

Wenn jeder Möchtegern-Betrüger sich so dämlich anstellen würde wie dieses 22 Jahre alte Mädchen Waisenkind, wären Strafverteidiger arbeitslos.

6 Kommentare

Langweiliger Standardhaftgrund

Seit 20 Jahren lese ich bundesweit in den Vermerken der Staatsanwaltschaften zur Entscheidung über § 121 StPO immer wieder den selben Text:

Wozu haben sich die Staatsanwälte eigentlich so für ihre Prädikatsexamina gequält, wenn sie am Ende doch immer nur dieselben rhetorischen Nullsummenspiele wiederholen, die sie von ihren VorVorVorgängern übernommen haben?

Was der Mensch nicht alles in Kauf nimmt, nur um monatlich am Ersten sein sicheres Gehalt auf’s Konto zu bekommen …

19 Kommentare

Spezialrechtsschutz empfehlenswert

742584_web_R_by_Andreas Hermsdorf_pixelio.deDer Aufwand für eine effektive Verteidigung in erwachsenen Steuer- und Wirtschaftsstrafsachen ist in aller Regel gewaltig.

Die gesetzlich vorgesehenen Vergütungen für die Arbeit des Verteidigers hingegen unterschreiten nicht selten den gesetzlich vorgesehenen Mindestlohn. Deswegen einigen sich Anwalt und Mandant regelmäßig über die Höhe des Honorars im Rahmen einer Vergütungsvereinbarung. In unserer Kanzlei vereinbaren wir meistens ein Zeithonorar.

Was passsiert nun,
wenn der Verteidiger erfolgreich ist und das Verfahren vor Erhebung der Anklage eingestellt wird? Richtig: Der Mandant bleibt zu 100 % auf seinen Kosten sitzen.

Also
sollte der Verteidiger besser versuchen, den Staatsanwalt zur Anklageerhebung zu motivieren, um sich dann beim Gericht den Freispruch zu abzuholen? Denn wenn der Angeklagte freigesprochen wird, lautet der zweite Satz des Urteils:

Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten trägt die Landeskasse.

Hört sich gut an?
Dann verkennen Sie den Begriff der „Notwendigkeit“ der Auslagen. Das ist aus Sicht der Landeskasse nur die gesetzlich vorgesehene Vergütung, für die eine solche Verteidigung nicht leistbar ist(s.o.). Also: Auch beim Freispruch trägt der Mandant den überwiegenden Teil seiner Kosten selbst.

Deswegen
raten Strafverteidiger ihren Mandanten mit den weißen Kragen zum Abschluß einer Spezial-Rechtsschutzversicherung. Darüber schreiben Stefan Glock und Johan van der Veer in der LTO Legal tribune Online vom 27.12.2015. Bitte mal alle lesen!

__
Bild: © Andreas Hermsdorf / pixelio.de

7 Kommentare