Monatsarchive: Juni 2017

Das Urteil in Sachen ‚Der Autodoc und seine Silke‘

Genug am Cliff gehangen! Die lang erwartete Entscheidung ist eingetroffen.

Das Landgericht Berlin hat über meine Klage gegen den Spammer Autodoc entschieden. Trotz intensiver Bemühungen einer gewissen Silke hat die 16. Zivilkammer des Gerichts gegen die fundierte Expertise der Cottbuserin am 04.05.2017 unter dem Aktenzeichen 16 O 538/16 für Recht erkannt:

Überschaubar und wie – zumindest von Fachkundigen – zu erwarten fielen die Gründe aus. Die eMail von Autodoc an mich war unerwünschte Werbung und damit eine Rechtsverletzung, die zu unterbleiben hat. Die Entscheidung beinhaltet nichts, was nicht schon seit mehr als einem Jahrzehnt bekannt war.

Um so unverständlicher ist es, daß sich der Spammer mithilfe seiner Berater auf die Hinterbeine gestellt und versucht hat, sich gegen eine stabile Rechtsprechung der beiden dafür zuständigen Zivilkammern des Landgerichts Berlin zu stellen.

Die Konsequenzen dieser Dummheiten sehen nun so aus:

Es kommen noch ein paar hundert weitere Euro oben drauf, weil Autodoc und seine Prozeßbevollmächtigten bereits Probleme mit dem Aufhebungsverfahren hatten und auch dort schon auf die Nase gefallen sind. Das Gericht hat es dem Spammer ausführlich erklärt (PDF), der hat seinen Antrag auf Aufhebung der Einstweiligen Verfügung zurückgenommen und trägt nun auch dafür noch Kosten (pdf) – in gut dreistelliger Höhe.

Weitere Kosten in vergleichbarer Höhe für die Einstweilige Verfügung (jpg) selbst runden dann das Bild der Buchhaltung des Gebrauchtteilehändlers ab.

Diese Kosten – deren Höhe ich schon nicht gar mehr berechnen kann – hätten wirklich nicht sein müssen, wenn mir der Autodoc nicht so einen Blödsinn geschrieben hätte.

Danksagungen
Ich bedanke mich bei dem Spammer – und ganz besonders bei Silke – für die gute Unterhaltung der Blogleser in immerhin sechs Blogbeiträgen.

Und ganz besonders bei Rechtsanwalt Bert Handschumacher, der mich wieder einmal in bewährt kompetenter Weise in dieser an sich völlig überflüssigen Auseinandersetzung kompetent vertreten hat. Wir hatten viel Spaß dabei … ;-)

Und ja, liebe Silke, vorsorglich:
Das Urteil des Landgerichts ist noch nicht rechtskräftig. Sie und der Spammer können es ja in der Berufungsinstanz vor dem Kammergericht gern noch einmal versuchen. Ich habe hier reichlich Platz für weitere Blogbeiträge …

, 38 Kommentare

Schuld sind immer die anderen

Aus dem Beschluss des Landgerichts Koblenz vom 29. Mai 2017, mit dem das Aktionsbüro-Mittelrhein-Verfahren gemäß § 206a StPO wegen des Verfahrenshindernisses der überlangen Verfahrensdauer eingestellt wurde:

Darüber hinaus kam es zu Abbrüchen von Hauptverhandlungstagen durch zwei Stinkbombenanschläge mit Buttersäure im und vor dem Sitzungssaal, die zur teilweisen Räumung des Gerichtsgebäudes und zu Feuerwehreinsätzen führten. Zu Verzögerungen kam es in einem Fall auch durch inszenierte lautstarke Proteste rechtsgerichteter Personen im Zuschauerraum unter Mitführung von Plakaten. Eine weitere Verzögerung ergab sich aufgrund einer Aktion eines Verteidigers, der es als „Organ der Rechtspflege“ für nötig befand, auf den Tisch zu klettern von dort stehend verbale Äußerungen von sich zu geben. Demgegenüber trug ein in Reimform vorgetragener Antrag eines anderen Verteidigers nicht zur Verfahrensverzögerung bei. Während einer kurzen Unterbrechung der Vernehmung eines politisch linksgerichteten Zeugen sammelten sich in Abwesenheit des Zeugen mehrere Angeklagte um den Zeugentisch. Als die Zeugenvernehmung fortgesetzt werden sollte, befand sich Spucke auf dem Zeugentisch. In einem anderen Fall wurde die im Sitzungssaal aufgehängte Jacke eines politisch linksgerichteten Zeugen in einer Verhandlungspause bespuckt. In den von den Angeklagten benutzten Toiletten kam es mehrfach zu groben Verunreinigungen und Hakenkreuzschmierereien. Keiner dieser Vorfälle konnte einer konkreten Person zugerechnet werden.

und:

Zahlreiche Angeklagte und Verteidiger haben das Verfahren bewusst und vorsätzlich sabotiert, um die Verfahrensdauer soweit hinauszuzögern, dass der Vorsitzende das Verfahren nicht mehr bis zu seinem zwingenden Eintritt in den Ruhestand abschließen konnte.

Den Link auf den Beschluß habe ich gefunden auf Twitter; und zwar in einem Tweet meines geschätzten Kollegen Lars Ritterhoff aus Freiburg, der einen zutreffenden Kommentar dazu veröffentlicht hat:

Wer sich auch aus anderer – nicht richterlicher – Perspektive mit dem Verfahren beschäftigen will, wird erkennen, daß es nicht allein oder gar überwiegend vermeintliche Sabotageakte einzelner Verteidiger gewesen sind, die zum Platzen geführt haben. Es soll Richter geben, die sehr genau wissen, wie man solche Ergebnisse wie das vorliegende ziemlich sicher vermeidet. Die Fähigkeit zur Verhandlungsführung ist jedoch nicht jedem Vorsitzenden gegeben.

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U-Bahnhof Schönleinstraße: Haftbefehle aufgehoben

Kurz vor dem Wochenende hat das Landgericht Berlin die Haftbefehle gegen fünf der sechs Angeklagten aufgehoben.

Den sechs Angeklagten wird vorgeworfen, im U-Bahnhof Schönleinstraße einen schlafenden Obdachlosen angezündet zu haben. Die Anklage ordnete diese Tat als versuchten Mord ein.

Die Vorsitzende Richterin hat nach gut einmonatiger Beweisaufnahme am Vormittag einen rechtlichen Hinweis (§ 265 StPO) gegeben: Statt Mordversuchs komme auch versuchte gefährlicher Körperverletzung oder unterlassene Hilfeleistung in Betracht.

Damit sinkt die mögliche (Rest-)Strafenerwartung auf ein Maß, daß die Fortdauer der Untersuchungshaft während der restlichen Prozeßdauer nicht mehr rechtfertigt.

Die fünf Angeklagten wurden noch vor dem Wochenende aus der Untersuchungshaft entlassen.

Off Topic:
Auf Berlin.de ist eine Agenturmeldung zu den aktuellen Geschehnissen veröffentlicht. Bebildert ist die Meldung mit dem Landgericht Berlin in der Littenstraße, das im Wesentlichen für Verkehrsunfälle und andere Zivilsachen zuständig ist. Strafsachen werden im Kriminalgericht verhandelt. Is aber auch schwierig, drei Standorte ein- und desselben Gerichts auseinander zu halten …

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Keine Langeweile für Wirtschaftsstrafrechtler

Die bekannten und in bestimmten Kreisen der Bevölkerung beliebten Umsatzsteuer-Karussells – Insider sprechen auch von Missing trader fraud – sind eigentlich out. Zuviele Steuerfahnder haben das System mittlerweile verstanden.

Deswegen haben sich findige Sparfüchse neue Steuertricks einfallen lassen: Die Cum-Cum- oder Cum-Ex-Tricks. Hört sich fast ein bisschen öbszön an, die Beträge, über die aktuell in den Medien gesprochen wird, sind es aber auch.

Wie man mit diesem relativ aktuellen Steuersparmodell an das Geld anderer Leute kommt, ohne dafür arbeiten zu müssen, hat Zeit Online in einem Erklärvideo verständlich aufgearbeitet.

Um welche Beträge es sich dabei handeln soll, haben ein paar findige Journalisten anschaulich darzustellen versucht, auf Zeit Online: Bummelige 31,8 Milliarden Euro soll der angeblich-vermutliche Steuerschaden betragen. Einfach zu berechnen ist das nicht, deswegen bin ich vorsichtig mit dieser Behauptung.

Wer etwas tiefer in diese Materie einsteigen will und trotzdem (zumindest erst einmal) die staubige Fachliteratur nicht anpacken möchte, kann es sich mit dem Artikel unter der Überschrift „Der größte Steuerraub in der deutschen Geschichte“ heute Abend auf der Couch bequem machen.

Aber Vorsicht!
Don’t try this at home. Das Modell ist nur etwas für Erwachsene. Auch die zu erwartende Freiheitsstrafe, wenn sich denn eine Verurteilung nicht vermeiden läßt.

Ich kann mir schon gut vorstellen, wie sich gelangweilte WiJs-Staatsanwälte und unterforderte Wirtschaftsstrafkammern auf diese abwechslungsreichen Verfahren freuen …

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Aktives Nichtstun

Gottfried Gluffke wurde der Handel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a BtMG) vorgeworfen. Eigentlich wollte er dem Polizeibeamten „alles erklären“. Schließlich habe er ja nichts zu verbergen. Ich habe ihm dennoch geraten, sich besser mit „Erklärungen“ zurück zu halten. Das ist Gluffke schwer gefallen, aber er war nicht beratungsresistent.

Eine weitere Runde wurde eingeläutet, als Gluffke vom Staatsanwalt direkt befragt werden sollte. Auch hier waren reichlich warnende Worte des Verteidigers vonnöten, damit Gluffke nicht Gefahr läuft, sich um Kopf und Kragen zu reden.

Wir haben dann schlicht den Akteninhalt wirken lassen und eine entspannte Verteidigung durch aktives Nichtstun betrieben.

Hier nun nach zwei Monaten des Wartens das erfreuliche Ergebnis:

Ganz ohne gefahrerhöhende Erklärungen ist das Verfahren genau so ausgegangen, wie Gluffke es sich gewünscht hat. Weil er auf seinen Verteidiger gehört hat.

Das ist doch erfreulich, oder? 8-)

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Bild: © Rainer Sturm / pixelio.de

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Betriebsausgabe

Nur mal schnell zwischendurch: Wofür Rechtsanwälte das viele Geld ausgeben, daß sie von der Justizkasse (stets im Überschwang!) und von den Mandanten erhalten:

Es ist nicht so, daß die Zahlungseingänge einer Rechtsanwaltskanzlei ungekürzt in die Spielereien des Anwalts umgesetzt werden können, liebe Sozialneider.

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Digitale Dilettanten bei der Staatsanwaltschaft Cottbus

Seit August 2016 versuche ich in einer für den Mandanten existenzbedrohenden Strafsache Akteneinsicht zu erhalten.

Mithilfe von wiederholten Erinnerungen, Dienstaufsichtsbeschwerde und Verzögerungsrüge ist es mir gelunden, ein wenig Schwung in die Bude der Staatsanwaltschaft Cottbus zu bekommen.

Nun hat sich etwas bewegt.

Das Ergebnis habe ich in Form vierer Datenträger erhalten. Auf den vier CD befinden sich die digitalisierten Ermittlungsakten. Und das sieht für Band 1 von ca. 14 Bänden der Akte so aus:

Zur Erläuterung:

Die Staatsanwaltschaft Cottbus hat für jedes Blatt der Akten eine eigene Datei angelegt. Band 1 enthält also 165 Blatt, das ergeben 165 Dateien mit durchschnittlich 5,3 MByte.

Wenn ich(!) nun versuche, aus diesem Sammelsurium eine einzige Datei herzustellen, damit ich damit arbeiten kann, bekomme ich ein Monstrum von 875 MByte. Den Zeitaufwand für diese Herstellung solcher Dateien (und deren späteren Komprimierung auf eine handhabbare Größe) entspricht dem Zeitaufwand, den ein durchschnittlich begabter Hauptschulabsolvent für das händische Abschreiben der Akteninhalte benötigt.

Ich habe in diesem Fall unter Fristsetzung die Original-Akten angefordert. Und bin gespannt, ob die Staatsanwaltschaft mir die Akten mit einer Postkutsche zuschickt.

Kann jemand mir den Job abnehmen und den Dilettanten in Cottbus mitteilen, wie man Akten professionell digitalisiert? Ich bin aus emotionalen Gründen überfordert und dazu nicht mehr in der Lage.

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