Monatsarchive: August 2017

Rechtskraft um die Ecke

Der Job beim Landgericht in einer Berufungskammer ist unter Strafrichtern ziemlich beliebt. Denn oftmals gelingt es, sich der Akten, die auf ihrem Resopal-Schreibtisch landen, auf einfachem Wege zu entledigen. Dafür folgender Beleg.

Unser Mandant wurde entsprechend dem Verteidigungsziel verurteilt – zu einer mäßigen Freiheitsstrafe, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die unmäßige Staatsanwaltschaft legte am Tag nach der Verkündung gegen das Urteil die Berufung ein.

Wir haben es uns zur Regel gemacht, knapp vor Ende der Rechtsmittelfrist beim Gericht anzurufen. Ziel der Nachfrage ist es zu erfahren, ob das Urteil rechtskräftig wird. In diesem Fall informierte uns die Geschäftsstelle über die Berufung der Staatsanwaltschaft.

Um für unseren Mandanten alle Optionen in der Berufungsinstanz nutzen zu können, legen wir ebenfalls ein Rechtsmittel ein, quasi die Anschlußberufung (ein aus dem Zivilprozeß geklauter Begriff).

Ich weiß nun nicht sicher, was die Vorsitzende Richterin am Landgericht, bei der die Sache gelandet ist, gemacht hat. Mein Blick in den Caffèsatz verrät mir aber ein vertrauliches Gespräch in der Kantine zwischen ihr und dem zuständigen Staatsanwalt.

Das vorläufige Ergebnis dieser Besprechung war diese Faxanfrage:

Die Wege, auf denen die Verteidigung ihr Ziel erreicht, führen manchmal um die Ecke.

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Bild: © Rainer Sturm / pixelio.de

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Respekt vor einer Pflichtverteidigerbestellung

Die Richterin eines auswärtigen Gerichts rief mich an und fragte mich, ob ich bereit sei, eine Pflichtverteidigung in einer Wirtschaftsstrafsache zu übernehmen. Sie beabsichtige, mich einem Angeklagten zum Pflichtverteidiger zu bestellen.

Da ich sehr gern und oft auch außerhalb des Mollochs Moabit unterwegs bin, habe ich ihr zugesagt.

Es ist nicht das erste Mal, daß ich bei dieser Richterin verteidige. Wir kennen uns seit einigen Jahren und es hat immer wieder herrliche Auseinandersetzungen gegeben – ihr Verständnis von Ihrer Aufgabe wich nicht selten von meinen Vorstellungen ab. Die Beweisaufnahmen standen stets unter einem kontradiktorischen Stern.

Sie wußte also, daß ich kein Verurteilungsbegleiter bin und als Verteidiger keine „Sterbehilfe“ leiste. Dennoch oder gerade deswegen erging der entsprechende Beschluß und ich bin nun der gerichtsgewählte Pflichti des Mandanten.

In der Akte finde ich dann folgenden Vorlagebeschluß nach § 209 Abs. 2 StPO:

Die Staatsanwaltschaft hatte die Anklage zum Strafrichter erhoben, weil sie von einer Strafe von maximal zwei Jahren ausausgeht. Die Richterin, die über die Zulassung der Anklage zu entscheiden hatte, meinte nun, ihre Strafkompetenz reiche nicht! Deswegen soll das Schöffengericht ran an die Sache, weil ein Strafrichter, der von zwei Schöffen begleitet wird, maximal vier Jahre ausurteilen darf.

Das Schöffengericht lehnte die Übernahme allerdings dankend ab, eröffnete vor dem Strafrichter und schickte die Akte wieder zurück an die Strafrichterin.


Vor diesem Hintergrund und der Kenntnis des Verteidigungs-Engagements eines Kreuzberger Strafverteidigers ist meine Bestellung zu Pflichtverteidiger durchaus einen respektablen Blogbeitrag wert.

Ich freue mich, daß es Richter gibt, die Verteidiger, die ihre Aufgabe ernst nehmen, nicht als Störfaktor, sondern als unverzichtbaren Bestandteil eines fairen Strafverfahrens anerkennen.

Und ich bin gespannt auf die Reaktion der Richterin, wenn ich mich mit meinem Mandanten laut über ein Ablehnungsgesuch unterhalte.

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Bild: © Angela Parszyk / pixelio.de

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Darlehnsangebot der Union Finance

Ich habe Post bekommen von der Union Finance LTD und auch gleich geantwortet – ein solches Angebot darf man sich einfach nicht entgehen lassen:

Ob Vanessa Cadena mir das Geld in Bar vorbeibringen wird? Damit wir uns gemeinsam den gewünschten „Schönen Tag“ machen können?

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Der Exekutor und sein Lieblingsdieb

Eigentlich sieht der Josef Ley gar nicht so aus, wie einer, der Spaß daran hat, Existenzen zu vernichten. Tut er aber. Nachhaltig. Bei der „Bild“.

Kennt man den Namen Götz Decker noch? Also, ohne zu googlen? Erstmal ehrlich klicken hier, und danach weiterlesen:
 

Götz Decker?


     

 

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Decker wurde wegen Diebstahls von 1,35 Millionen DM (sic!) vor knapp 17 Jahren zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 10 Monaten verurteilt.

Was genau passiert ist, kann man auf Wikipedia nachlesen: Wie der Mann einen Geldtransporter leergeräumt hat, nach Südafrika abgehauen ist und sich dann leichtsinnig mit dem deutschen Boulevard eingelassen hat. Nebenbei: Es wird berichtet, daß der Josef Ley der Autor des Wikipedia-Beitrags ist; der Duktus paßt jedenfalls.

Der Boulevard hat seinerzeit ausführlich über Decker berichtet und den Ermittlungsbehörden damit das Material dazu geliefert, ihn in Südafrika zu pflücken und einzutüten. Berichten zufolge soll Ley schon 2005 engagiert an der Sache dran gewesen sein.

Der „Bild“-Reporter Ley hat einen Narren an Decker gefressen. Investigativ deckt er auf: 2001 war die Tat, 2005 die Verurteilung, 2009 die Entlassung aus der Haft (mit Reststrafenaussetzung zur Bewährung) und dann eine psychische Erkrankung. Das war Herrn Ley erneut eine Schlagzeile wert. Und Anlaß dafür, sich über den am Boden liegenden Mann und seine Krankheit lustig zu machen.

Das war’s dann aber immer noch nicht. Decker hat sich über die Jahre wieder berappelt. Und hat einen Job bekommen. Das war Anfang Juli. Den Job hat er nicht mehr, berichtet Josef Ley stolz über den Erfolg seiner Veröffentlichung am 28.07.2017 auf der Titelseite der „Bild“.

In den Innenseiten liefert Ley das Ergebnis seiner Arbeit als Head Hunter ab. Details aus dem Arbeitsvertrag und Photos eines Registerauszugs veröffentlicht der Reporter. Ob er dem neuen Arbeitgeber Deckers ein Belegexemplar der Bild zugeschickt hat, um ihn zu der Kündigung des Arbeitsvertrages zu veranlassen, ist bislang nicht bekannt.

Sehr schön ist das Ergebnis dieser journalistischen Qualitätsarbeit. Josef Ley reichte es nicht aus, daß der Mann für seine Tat drei Jahre lang im Knast saß, sich danach in der Psychiatrie mit „therapeutischen Parksparziergängen“ behandeln lassen mußte und nun versucht, sich wieder auf die eigenen Füße zu stellen. Er mußte ihn wieder hinrichten.

Ich gratuliere dem Herrn Ley zu diesem wunderbaren Erfolg und verneige mich vor der Qualität seiner journalistischen Arbeit. Das hast Du wirklich gut gemacht, Josef!

via GIPHY

Epilog:

„Bild“ will gern eine richtige Zeitung sein. Also eine mit Journalisten, die recherchieren und besondere Dinge rausfinden und diese dann exklusiv veröffentlichen. Nicht mehr nur dieses ekelige Revolverblatt, das einfach mal Geschichten erfindet oder Leute fertigmacht.
Quelle: BILDblog

Auch bei „Bild“ wird man ja noch träumen dürfen.

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