Anwaltliches Outing

Neulich, in der Kirchstraße, Moabit.

Polizist 1
Guten Tag, allgemeine Verkehrskontrolle. Bitte Ihren Führerschein und die Fahrzeugpapiere.

Verteidiger
*Grummel*
Hmm. Mist. Nur den Fahrzeugschein habe ich hier.
Mein Führerschein liegt im Gericht.

Polizist 1
*bekommt große Augen*
*macht grimmiges Gesicht*
Ihr Führerschein ist BEIM GERICHT??

Polizist 1 zu Polizist 2
Kannst Du den hier mal übernehmen, Fahren ohne Fahrerlaubnis!!

Verteidiger zu Polizist 2
Wenn Sie einen Moment hier warten möchten, dann fahre ich kurz zurück und hole meine Tasche aus dem Anwaltszimmer im Kriminalgericht. Da ist mein Portemonnaie mit meinem Führerschein drin.

Nach eine paar weiteren freundlichen Ehrenworten durfte der Verteidiger dann – ohne Führerschein, aber mit Fahrerlaubnis – zurückfahren, um die vergessene Geldbörse zu holen.

Einer der ganz seltenen Fälle, in denen es für einen Strafverteidiger sinnvoll ist, sich als solcher zu outen.

Und: Besten Dank an die beiden Beamten für ihr Vertrauen!

Dieser Beitrag wurde unter Polizei, Strafverteidiger veröffentlicht.

6 Antworten auf Anwaltliches Outing

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    tapirat says:

    Nun ja, die 10 Euro Verwarnungsgeld hätten sie auch überlebt … ;-)
    Und eine interessante Auffassung, weshalb man der Pflicht zum Mitführen der Fahrerlaubnis generell nicht nachkommen sollte, finden Sie hier:

    http://www.kanzlei-nierenz.de/warum-man-besser-seinen-fuhrerschein-nicht-dabei-hat/

  2. 2
    whocares says:

    Geben Sie es zu, es hat Ihnen Spaß gemacht, die beiden Uniformierten mit der vermeintlichen FoFE zu trollen! ;-)

    Und dieser Willi/Wilhelm Brause scheint ja ein echt schlimmer Finger zu sein. Nun treibt der auch schon im Siegerland sein Unwesen… ^^

  3. 3
    Linksamwald says:

    Hatten Sie denn Ihren Anwaltsausweis dabei, Herr Verteidiger? Oder haben die Beamten Ihnen einfach geglaubt?

  4. 4
    RA Ullrich says:

    Der von tapirat verlinkte Beitrag ist mit Vorsicht zu genießen. Es stimmt zwar, dass die Polizei selbst nicht die Fahrerlaubnis vorläufig entziehen kann, wenn sie das Führerscheindokument nicht ad hoc beschlagnahmen kann, der Staatsanwalt muss dann die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis durch das Gericht beantragen. Die Darstellung, dass dann der Ermittlungsrichter dem Beschuldigten erstmal in aller Ruhe zwei Wochen rechtliches Gehör gibt und dann noch schön zwei Wochen dranhängt, wenn sich am letzten Tag ein Verteidiger meldet und erstmal Akteneinsicht haben will, stimmt hingegen so nicht oder allenfalls in Fällen, welche das Gericht selbst als zweifelhaft ansieht. Vor Erlass eines 111a-Beschlusses muss nicht zwingend rechtliches Gehör gewährt werden und der Ermittlungsrichter erlässt den gerade in Fällen der mutmaßlichen Trunkenheitsfahrt oft sehr zügig, gerne gleich verbunden mit einem Durchsuchungsbeschluss, um die Wohnung nach dem Führerschein zu durchsuchen, falls der nicht freiwillig herausgegeben wird. In manchen Bezirken stellt man das erstmal im gelben Umschlag zu und wartet ein paar Tage auf den Führerschein, in anderen wird der Beschluss gleich von zwei Herren in blau überbracht, die dann den Führerschein gleich mitnehmen oder aber die Durchsuchung vollziehen wollen.

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    Dimitros says:

    @RA Ullrich:
    Danke für die ergänzenden Hinweise!