Es ist gar nicht so selten, daß sich Juristen und juristische Laien nicht verstehen.
Oder deren Ansichten stehen sich genau entgegengesetzt gegenüber. Wie in diesem Fall.
Am Ende meines Beitrags vom Freitag über die Anforderungen an ein ärztliches Entschuldigungsschreiben hatte ich eine Frage und zwei Antworten zur Verfügung gestellt:
Das (mich) wenig überraschende Ergebnis:
86% von immerhin 541 Stimmern (Stand 11.02.17, 11 Uhr) liegen „daneben“!
Das ist um so erstaunlicher, als daß der Ermittlungsrichter bereits im allerersten Kommentar unter diesem Blogbeitrag das „richtige“ Ergebnis verraten hatte.
Ich zitiere mal (für die Juristen unter den Lesern) neben dem angesprochenen Beschluss des OLG Hammm vom 3. 6. 2008 – 5 Ss OWi 320/08 – aus KK-OWiG/Senge OWiG § 74 Rn. 23 – 37:
In der Vorlage eines ärztlichen Attestes liegt konkludent die Erklärung des Betroffenen, dass er den ausstellenden Arzt von der Schweigepflicht entbinde (OlG Braunschweig NStZ-RR 2010, 352; OLG Bamberg OLGSt StPO § 329 Nr. 31; OLG Karlsruhe Justiz 1994, 185).
Man darf also getrost davon ausgehen, daß die ganz überwiegend herrschende Ansicht der Schwarzkittel in der Praxis von einer Schweigepflichtentbindungserklärung ausgeht, wenn der Angeklagte bzw. Betroffene ein unzureichendes ärztliches Attest vorlegt.
Das Rechtsgefühl steht also im krassen Widerspruch zur Rechtspraxis.
Welche allgemeine Schlußfolgerung bietet sich nun an, wenn das beileibe kein Einzelfall ist?
- Sollten sich juristische Laien von Bewertungen juristischer Sachverhalte enthalten?
- Oder sollten sie Juristen dem Volk auf’s Maul schauen?
- Vielleicht von beidem ein bisschen?
Eines, meine ich, aber ist sicher:
Es ist für den justizfernen Bürger immer ratsam, sich mit eigenen Beurteilungen zurückzuhalten, wenn es möglich ist, kompetenten Rat einzuholen. Manchmal reicht es dafür schon, einen Blogbeitrag (und die dazugehörigen Kommentare) zu lesen.
Obiter dictum:
Was führt eigentlich zu dieser bürgerfernen Rechtsprechung? Ein ganz einfacher Grundsatz: Wo kämen wir denn hin, wenn …
… die Vorlage eines Gefälligkeitszweizeilers dann doch ausreichen würde, um sich zu drücken.
Quelle: Ein Ermittlungsrichter.
So sind’se, die Richter: In dubio sind der Angeklagte und sein Arzt immer die Bösewichte. ;-)
__
Bild: © Anja-Maria Kind / pixelio.de
‚Gesprochenes‘ Recht (a.k.a. Praxis) muss nicht Recht sein. Ich sehe, insbesondere bei Zeugen, den schweren Grundrechtseingriff als nicht gerechtfertigt.
Verständnisfrage: Bei HDs schreien Sie und Ihre Kollegen doch auch Zeter und Mordio, Herr Hoenig. Wieso sind sie bei mindestens ebenso sensiblen Anamnesen so viel staatsnäher?
Was sagt eigentlich die Bundesdatenschutzbeauftragte dazu ?! Ich vermute mal, die würde wohl vor Entsetzen vom Stuhl fallen, wenn sie das wüsste. (angeblich konkludente Einwiligung zur Preisgabe hochsensibler persönlicher Informationen an den Richter durch den Arzt – ohne Wissen und Zustimmung des Patienten!)
sorry, Herr Hoenig, ich schon wieder… (mit meinen nervigen neunmalklugen Kommentaren…)
@ Johann L. : was sind HDs ?
Ich lag auch als Assessor, der nie Strafrecht macht, daneben. Ich finde – bei allem Respekt für „Ermittlungsrichter“ – diese Schlussfolgerung nicht zwingend.
Ich finde vielmehr zwingend, ein nicht ausreichendes Attest für einen versäumten Verhandlungstag stellt eine nicht ausreichende Entschuldigung dar, die dann die üblichen Konsequenzen haben sollten – so als ob gar kein Attest vorgelegen hätte.
Als juristischer und medizinischer Laie habe ich auch Bauchschmerzen bei dem Gedanken, dass der Zweizeiler den Arzt automatisch von der Schweigepflicht befreit. Da empfinde ich die Nichtbeachtung vom Zweizeiler durch den Richter als den „besseren“ Weg.
@Silke
Hausdurchsuchung
Ich kann die von Herrn Hoenig suggerierte Kritik nicht nachvollziehen.
Timo schrieb: „Ich finde vielmehr zwingend, ein nicht ausreichendes Attest für einen versäumten Verhandlungstag stellt eine nicht ausreichende Entschuldigung dar, die dann die üblichen Konsequenzen haben sollten – so als ob gar kein Attest vorgelegen hätte.“
Und genau das wäre für den ehrlichen Betroffenen, der tatsächlich erkrankt ist und nicht darum weiß, dass das Attest schlicht unzureichend ist, ziemlich unbillig. Genau aus diesem Grund forschen die Gerichte ja nach. Was von Herrn Hoenig hier als im Verletzung des „gesunden Rechtsempfindens“ des Bürgers durch die bösen „Schwarzkittel“ dargestellt wird, kommt dem Betroffenen im Zweifel nämlich entgegen. Die Alternative wäre, die AU zu ignorieren, weil sich aus ihr keine Hinweise auf eine Verhandlungsunfähigkeit entnehmen lassen, geschweige denn diese glaubhaft gemacht wäre
Ich selbst bearbeite als Richter am Amtsgericht unter anderem auch Ordnungswidrigkeitensachen. Es fällt auf, dass, während in anderen Rechtsgebieten kaum Ausfälle zu verzeichnen sind, in Ordnungswidrigkeitensachen, in denen ein Fahrverbot im Raume steht, ein deutlich zweistelliger Prozentsatz der Verhandlungen auszufallen droht, weil der Betroffene leider kurzfristig (und meist auch nur für diesen einen Tag) erkrankt ist. Diese Diskrepanz alleine mit der einen wirklichen Brechdurchfall auslösenden Angst vor dem Fahrverbot zu begründen, scheint mir wenig tragfähig.
Und die gebotenen Nachforschungen bringen oft noch etwas anderes ans Licht: Gerade letzten Monat wollte ich einem Arzt kurz erklären, dass es einen Unterschied zwischen Arbeits- und Verhandlungsunfähigkeit gibt und weshalb dieser wichtig ist. Er hat mir dann erklärt, er kenne den Unterschied; genau deshalb habe er dem Betroffenen auch nur Arbeitsunfähigkeit bescheinigt: Verhandlungsunfähig sei der nämlich keinesfalls, und das habe er ihm auch gesagt.
Bricht man Hoenigs Kritik also auf den Kern runter, ärgert er sich darüber, dass Richter nicht eine am Morgen der Verhandlung per Fax hineingeworfene AU blind akzeptieren (müssen), sondern dass diese die Frechheit besitzen (dürfen), nachzufragen.
Hier würde ich gerne noch einmal meinen Kommentar wiederholen, mit dem ich auf den Beitrag von „Der Ermittlungsrichter“ geantwortet hatte. Da sieht man mal, wie etwas durch begründungsfreie Querverweise zur herrschenden Meinung werden kann. Oder habe ich eine inhaltliche Begründung übersehen?
@Timo, #3; Bernd, #4; Briag, #5
Ich kann mir Wenige vorstellen, die ein echtes Problem mit einer richterlichen Rückfrage an den Arzt in der Art von
„Hallo, Herr Arzt, der XY hat mir ein Attest von Ihnen vorgelegt und da komme ich nicht ganz draus:
Wir erwarten für *Verhandlungsunfähigkeit* die Erfüllung der Kriterien X, Y und/oder Z.
Sind Diese erfüllt JA/NEIN?“ und einem Arzt, der diese JA/NEIN-Frage beantwortet.
Was mich aber massivst störte wäre aber die Weitergabe einer echten Anamnese „Syphilis / Krebs (Chemo) / Brechdurchfall / whatever“ an einen Richter: Der Richter kann eine Anamnese sowieso nicht sinnvoll beurteilen (bestenfalls Laienmediziner) und ein „Lügen-Arzt“ mit gefakten Attest wird am Telefon um so mehr lügen: Es ist ja mangels Aufzeichnung nicht einmal nachweisbar – da kann er sonsteine Anamnese herbeifantasieren.
Reden wir also nur aneinander vorbei und die „Datenschützer“ verlangen Obiges und die Richter meinen das auch? Oder wollen/sollen Richter wirklich *Anamnesen* bekommen. Wann Letzteres: Warum?
My 2 cents dazu:
Auf was für einen Fall / Attest bezieht sich denn die zitierten OLG Entscheidungen? Handelte es sich da um Atteste mit Diagnosen (wo der Vorsitzende dann noch mal konkreter Nachfragen wollte), oder um eine reine „ist nicht Verhandlungsfähig“ – so wie im vorligenden Fall?
Mal abgesehen davon, dass man natürlich auch anderer Meinung sein kann als die OLGs (was natürlich nichts an der faktischen Rechtslage ändert), vielleicht möchte der Patient gewisse Teile der Diagnose gerade nicht bekannt geben, macht das für mich nämlich schon einen gewissen Unterschied aus. Mag man bei einer, wie auch immer gearteten, Diagnose auf dem Attest von einer konkuldenten Aufhebung ausgehen, so stellt sich die Lage ohne jegliche Diagnose dann doch schon anders da. Da sehe ich gerade keinen Ansatzpunkt für eine Konkludenz. Ganz zu schweigen davon, dass ein Arzt, der einfach am Telefon Auskungt gibt, geschlagen gehört – da kann man ja garnicht verifizieren, mit wem man spricht.
Als nächste Frage stellt sich mir die der praktischen Umsetzung. Will meinen: Auch wenn man de facto davon ausgeht, eine Schweigepflicht / -recht besteht nicht mehr, was macht das Gericht, wenn der Arzt das anders sieht, und auf einer expliziten Entbindung (oder einem förmlichen Bescheid des Gerichts) besteht? Die Ärzte werden die zitierten OLG Entscheide wohl kaum kennen.
Und last but not least: Als potentieller Patient ziehe ich daraus den Schluß, dass ich im Falle eines solchen Attestes bei entsprechendem Wunsch meinen Arzt explizit nicht von der Schweigepflicht entbinde – dann hat es sich mit der Konkludenz doch auch, oder?
Mir stößt die datenschutzrechtlich bedenkliche Vorgehensweise mit der telefonischen Anfrage sauer auf. Da könnte ja wirklich jeder – sprich, ein Zuschauer der Verhandlung – kommen und hinterher anrufen und sich als Richter ausgeben. Ich bezweifle, dass in den meisten Arztpraxen dann im Telefonbuch nachgeschlagen wird, um die offizielle Rufnummer des jeweiligen Gerichts herauszusuchen und zurückzurufen.
Und umgekehrt – schaut der Richter erst im Telefonbuch nach, ob die Telefonnummer auf dem Attest auch wirklich zu einer Praxis gehört?
Meiner (laienhaften) Meinung nach wäre die pragmatische Vorgehensweise, bei einem vorgelegten, aber die Anforderungen nicht erfüllenden Attest:
a) Hat die kranke Person einen Anwalt, dann den Anwalt darüber informieren, dass das Attest nicht den Anforderungen genügt, und sich der Mandant schnellstmöglich um „Nachbesserung“ zu kümmern hat – entweder durch erneutes Aufsuchen des Arztes/nicht nur konkludente, sondern explizite Aufhebung der Schweigepflicht + Fax an/Anruf beim Gericht, oder durch freiwillige Vorstellung beim Amtsarzt.
b) Ist die betreffende Person ohne anwaltliche Vertretung, dann entsprechende Belehrung durch das Gericht, falls Person telefonisch erreichbar, ansonsten Streife an der Meldeadresse bzw. dem bekannten/vermuteten Aufenthaltsort vorbeischicken.
Ziel dann zum einen die o.g. Belehrung, zum anderen kann die Person dann natürlich auch gleich „eingesackt“ werden, wenn sie weder das Attest ergänzen/Schweigepflicht aufheben, noch den Amtsarzt aufsuchen will.
Ist die Person nicht mit dem oben beschriebenen vertretbaren Aufwand erreichbar, sollten die Rechtsfolgen wie bei einem unentschuldigten Fernbleiben eintreten – wobei eine Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegeben sein sollte (weil Gottfried Gluffke z.B. nicht bei Mütterchen Mü bettlägrig daheim liegt, sondern bei seiner Freundin, deren Adresse nicht bekannt ist – der betreuende Mediziner aber auch nachträglich die Verhandlungsunfähigkeit attestieren kann, weil er zum Hausbesuch beim Patienten war, und an seiner Verhandlungsunfähigkeit kein Zweifel bestand).
So, jetzt bin ich gespannt, wie die mitlesenden Juristen meinen Vorschlag zerfleischen und erklären, warum das nicht geht.
„Reden wir also nur aneinander vorbei und die „Datenschützer“ verlangen Obiges und die Richter meinen das auch? Oder wollen/sollen Richter wirklich *Anamnesen* bekommen. Wann Letzteres: Warum?“
Nach § 74 Abs 2 OWiG hat das Gericht zwingend einen Einspruch gegen den Bußgeldbescheid zu verwerfen, wenn der Betroffene ohne genügende Entschuldigung (und ohne von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen entbunden zu sein) nicht erscheint. Es gibt da kein Ermessen. Es kommt (insoweit positiv für den Betroffenen) nicht darauf an, ob er sich hinreichend entschuldigt hat, sondern, ob er objektiv entschuldigt war. Dies zu prüfen ist Aufgabe des Gerichts.
Das bedeutet aber, dass der Richter jedenfalls eine hinreichend genaue Beschreibung der Auswirkungen der Erkrankung, um die Frage, ob es dem Betroffenen möglich und zumutbar ist, zur Verhandlung zu erscheinen, selbst beantworten zu können, benötigt. Die bloße Beantwortung der ja/nein-Frage: „ist der Betroffene verhandlungsfähig?“ reicht gerade nicht, da dem Richter die eigene Subsumtion dadurch nicht möglich wird. Man kann jedenfalls nicht sicher davon ausgehen, dass jeder Arzt überhaupt weiß, was Verhandlungsfähigkeit überhaupt bedeutet: Zudem gibt es in der Praxis häufig Fälle, in denne z.B. erkrankungsbedingt die Konzentrationsfähigkeit so herabgesetzt ist, dass einem Betroffenen ein ganzer Verhandlungstag nicht zuzumuten ist, eine Verhandlung von der Länge einer halben Stunde aber ohne Probleme möglich ist. Sowas lässt sich mit ja/nein-Fragen regelmäßig nicht klären.
Und schließlich kommt noch ein weiterer Aspekt hinzu: Es gibt nun mal eine extrem große Anzahl an Gefälligkeitsattesten oder Attesten, die nicht auf einer wirklichen Untersuchung, sondern nur auf der (oft telefonischen) Beschreibung der Erkrankung durch den Betroffenen beruhen. Nur, wenn ich eine Beschreibung der Anamnese und eine wirkliche Diagnose habe, kann ich so etwas (notfalls amtsärztlich) überprüfen und dann ggf. auch Konsequenzen einleiten (das Ausstellen wie auch das Gebrauchen unrichtiger Atteste ist strafbar).
Wer nicht möchte, dass der Richter nachfrage, kann ja entweder ein vernünftiges Attest einreichen oder aber einfach (wie von WPR_bei_WBS vorgeschlagen) dem ausstellenden Arzt mitteilen, dass er ihn nicht von der Schweigepflicht entbindet. Nur liegt das regelmäßig nicht im in Interesse der (redlichen) Betroffenen, weil eine solche Aussage regelmäßig zur Verwerfung des Einspruchs oder zur sehr kurzfristigen Anberaumung eines Termins beim Amtsarzt führen wird.
Und ein kurzer Nachtrag zum Datenschutz:
Das Argument „da könnte ja jeder anrufen“ sehe ich ähnlich deshalb schicke ich immer, wenn möglich, einen Fragebogen per Fax und biete gleichzeitig an, ggf. auch bei Gericht anzurufen.
@ Silke
Hüft(gelenks)dysplasie
Hausdurchsuchung
@ Briag
Bitte, wie kann das Gericht die „objektive Entschuldigung“ prüfen? Dazu müsste der Spruchkörper aus studierten Medizinern bestehen. Wie viele Juristen mit abgeschlossenem medizinischen Studium sind Ihnen bekannt?
Wir haben es auch mit den Problematiken der Humanmedizin zu tun, die in sehr vielen medizinischen Disziplinen Interpretationsspielräume offenlässt, die nur von Eingeweihten verstanden werden. Dies im Gegensatz zu -beispielsweise- Formeln zur Brems- und Anhaltewegberechnung, die in aller Regel ein Abiturient ‚alten‘ Schlages tatsächlich nachrechnen kann (jaja, Iudex non calculat…). Die medizinisch zutreffende Anamnese, Diagnose und Prognose vermag ein Richter n.m.M. mangels Kenntnis nicht nachvollziehen.
Darum sollte es auch reichen, wenn ein Richter sich in aller Regel damit zufrieden gibt, wenn er vom Medicus unterfertigt etwa lesen kann: „Nach pflichtgemäßem Ermessen und auf den Regeln der Heilkunst beruhenden Erkenntnissen ist der Vor Name nicht verhandlungsfähig.“
Wo wir hinkämen, wenn die Vorlage eines Gefälligkeitszweizeilers dann doch ausreichen würde, um sich zu drücken?
Da, wo wir im deutschen Arbeitsleben bereits angekommen sind: Ich hatte mal einen Mitarbeiter, der war knapp sechs Wochen krank, dann ein paar Tage wieder da, und wieder für sechs Wochen krank.
Psychisch, natürlich, als Folge eines Meinungsaustauschs mit der Geschäftsführung über seine Arbeitsweise.
Wie mir mal ein Arbeitsrechtler sagt: wir sind vom Gesetzgeber aufgefordert, uns immer geschickter gegeseitig zu besch…
Aus meiner Sicht spräche wenig dagegen, die Argumentation des OLG Hamm auf den Arbeitgeber auszudehnen. Der hat ja auch ein berechtigtes Interesse daran, sich von der Korrektheit der AU zu überzeugen.
@Non Nomen
In einer idealen Welt, in der Ärzte sich stets redlich verhalten und insbesondere so etwas erst nach eingehender eigener Untersuchung versichern, gebe ich Ihnen Recht. In unserer allerdings brauche ich etwas mehr Substanz.
Genau das ist das Problem, vor das mich die OLGs fortwährend stellen. Der von Ihnen eingerückte Satz ist sinngemäß einem Standardkommentar entnommen.
Irgendwie hab ich geahnt, dass das mit dem Zitieren so nicht funktioniert. Bitte klären Sie mich auf! ;-)
@briag
Einem Personalchef (nicht immer ein Studierter, aber mittlerweile immer öfter) wird es i.d.R. als nicht Regelkonform ausgelegt, wenn er die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eines Arztes anzweifelt, der sich an die sog. Arbeitsunfähigkeitsrichtlinie hält. So sollte es n.m.M. auch für Gerichte gelten.
Schwarze oder vielleicht anthrazitfarbene Schafe gibt es in jedem Berufsstande, auch bei Richtern. Davon berichten crh und auch rawsiebers regelmäßig. Ist das ein Grund die Redlichkeit eines jeden Arztes oder Richters erst einmal bis zum Beweis des Gegenteils anzuzweifeln? Schlummert da ein grundsätzliches Mißtrauen gegenüber allem Unbekannten? Nebenbei wird sich auch ein unredlicher Arzt im Zeugenstande nicht vom Inhalt seines Attestes distanzieren. Der zur Überprüfung eingesetzte Amtsarzt ist nota bene eben auch Arzt, und der VRiOLG eben auch Richter. Die Kollegialität unter Ärzten ist mindestens so ausgeprägt wie die unter Richtern. Das wird ein schwieriges Match, die einen im weißen Kittel, die anderen im schwarzen…
@ Briag
Ich vergaß hierzu meine Frage bereits in #17 zu stellen:
Wie würde sich die von Ihnen erwünschte „Substanz“ substantiiert darstellen?
@crh
Vielen Dank!
@ Non Nomen:
Wie gesagt: Wenn sich wirklich alle redlich verhalten würden, stimmte ich Ihnen zu. Es gibt allerdings zu viele schwarze Schafe. Selbst der E-Mail-Kurs der Kanzlei Hoenig rät ganz offen zum Zeit schinden, etwa durch Fristverlängerungsanträge in dem Wissen, dass überhaupt nicht Stellung genommen werden soll. Und ein solches Verhalten ist ja noch absolut Standard und üblich.
Wenn ich jedes Attest ungeprüft hinnehmen müsste, könnte ich gegen einige wenige Betroffene überhaupt nicht mehr verhandeln. Und das sind eben dann nicht die kleinen Handelsvertreter, die mal mit 148 im 120ger Bereich geblitzt wurden, sondern meist diejenigen, die mit 140 durch die Baustelle gerast sind oder mit 100 durch die Ortschaft.
Zur Ihrer Frage ein paar Beispiele aus meiner beruflichen Praxis:
Ich bekomme ein Attest, aus welchem sich ergibt, dass der Betroffene an einer akuten Grippeinfektion leidet und deutlich über 39 Fieber hat –> dem ist die Teilnahme an der Verhandlung sicher nicht zuzumuten. Das reicht.
Ein zweites Attest weist aus, dass der Betroffene „Verhandlungsunfähig“ ist. Auf mein Fax hin ruft der Arzt (Prof. Dr!!) mich an und erklärt, der Betroffene habe vor sechs Wochen einen Skiunfall gehabt und sich damals einen Bänderriss zugezogen. Natürlich sei er in der Lage, zu Gericht zu erscheinen, er könne sogar schon wieder im Büro arbeiten. Er hätte gedacht, es ginge darum, ob der Mandant auch selbst Auto fahren könne. –> Dieser Betroffene muss trotz Attest erscheinen.
Ein dritten Fall: Ein Psychiater schreibt, der Betroffene sei „aufgrund einer psychischen Erkrankung jedenfalls die nächsten Monate verhandlungsunfähig“ Ich schicke ihn zum Amtsarzt. Ergebnis: Er hat (wenn überhaupt) eine leichte (!) depressive Episode, kann aber jedenfalls für die Dauer von bis zu zwei Stunden einer Verhandlung ohne Probleme folgen. Am Verhandlungstag selbst kommt der Betroffene nicht, dafür ein Attest seines Arztes, der dem Betroffenen nunmehr (wortgleich zum Amtsarzt) „eingeschränkte Verhandlungsfähigkeit“ bescheinigt, ohne das näher zu begründen. Würden Sie sagen, sein Ausbleiben ist jetzt hinreichend entschuldigt?
Sie merken: Es kommt auf den Einzelfall an, und sicher auch auf die Situation selbst. Wenn weder eine Verjährung noch sonst etwas dringendes im Raume steht, kann man sicher etwas großzügiger sein, wenn z.B. der Verteidiger Morgens vor dem Termin telefonisch eine Verlegung beantragt, weil sein Mandant krank ist.
@ Briag
Danke für für das lüpfen des Deckels des Töpfchens des prallen Lebens. Ich gewinne dabei den Eindruck, dass dieOobjektivierung von Krankheitszuständen im Hinblick auf Verhandlungsunfähigkeit dann doch von Spruchkörper zu Spruchkörper deutlich abweichen dürfte. Jedoch halte ich es im Interesse der Rechtssicherheit und der Gleichbehandlung für geboten, hier auf zu definierende, einheitliche Richtlinien zurückgreifen zu können. Das würde auch den „Drückebergern“ gleich ein Signal geben.
@Non Nomen
Dummerweise ist Herr Maas aber derzeit mit dem Kampf gegen DAS BÖSE™ in Gestalt des politischen Gegners beschäftigt – legal (Gesetze (aktuell speziell Parteien(nicht)finanzierung)) sowie extralegal (forcieren privater Anbieter zu ‚Zensur light‘ z.B. unter Zuhilfenahme der AAS oder des ‚Correctiv‘). Da wird das nicht so schnell mit solchen Kleinigkeiten.
@crh: Ich gaube, Ihren persönlichen Standpunkt zu den Bekämpften zu kennen. Bedenken Sie aber, wie schnell es kippen kann und dieselben Waffen gegen das Gute™ eingesetzt werden werden, da sie nunmal schon existieren und warmgelaufen sind (nur die Filter muss man schnell anpassen, die AAS gegen die Joe-Goebbels-Stiftung austauschen). Anschaulich dazu die USA mit der lückenlosen Überwachung, wo man nun aufwachte und besorgt feststellte, dass sie dem Trump in die Hände gefallen sei.
Ich habe fast 5 Jahre in einer JVA im Knastkrankenhaus
gearbeitet und so manches mit bekommen in der Tat!
Ich sage nur und daß ist meine Meinung: “ Alle Knast –
Ärzte, sind Anstaltskonform“ , sie haben ihre Entscheidung genommen bekommen,egal um was es hierbei geht – Die “ Vertrauensärzte sitzen im Justizministerium “ Die Mafia trägt schwarz „…
Naives zur Ausgangsfrage der konkludenten Einwilligung zur ärztlichen Schweigepflichtsentbindung: Wäre hier i.S. der Berufsordnung für Ärzte sowie von Datenschutzbestimmungen nicht vielmehr eine ausdrückliche, schriftliche Einwilligung zu fordern?
Angenommen man widerlegt diese „konkludent“ unterstellte Befreiung von der Schweigepflicht einfach von vorneherein, indem man dem eingereichten Attest eine formlose Erklärung mit Unterschrift beifügt, aus der eindeutig hervor geht, dass man den behandelnden Arzt mit Vorlage des Attests jedoch nicht von seiner Schweigepflicht entbindet!? Nur deswegen kann ein Richter solch ein Gesundheitszeugnis ja nicht einfach verwerfen/ignorieren.