Die klassische Sitzposition des Verteidigers wird immer mal wieder erörtert. Die beiden auseinander stehenden Stühle zeigen sich in folgender Geschichte:
Dem Berliner Mandant wird eine kleinere Straftat in Thüringen zur Last gelegt. Die dortige Staatsanwaltschaft beantragt den Erlaß eines Strafbefehls, den das Amtsgericht erläßt und dem Mandanten zustellt. Der legt Einspruch ein, ich beantrage und erhalte Akteneinsicht. Das war vor ein paar Monaten.
Das Gericht setzt nun für einen Tag im Oktober einen Termin zur Hauptverhandlung an. Zur Vorbereitung auf den Hauptverhandlungstermin habe ich (ergänzende) Akteneinsicht beantragt. Soweit der übliche Gang eines Strafbefehlsverfahrens.
Beim vereinbarten Besprechungstermin vor ein paar Tagen legte mir der Mandant einen Brief des Gerichts vor: Der Termin im Oktober wurde aufgehoben. Neuer Termin im Dezember.
Ich wollte wissen, warum mich das Gericht nicht umgeladen hat. Der Anruf meiner Assistentin auf der Geschäftsstelle des Gerichts ergab: Die Akte sei mir zusammen mit der Umladung vor knapp zwei Wochen übermittelt worden. Hier ist aber weder die Akte noch die Umladung angekommen.
Zum Termin in der kommenden Woche werden der Mandant und ich nun auch ohne förmliche Abladung nicht anreisen.
Aber was mache ich, wenn die Akte nicht mehr auftaucht (vielleicht weil ein DHL-Bote sie irgendwo im Nirvana zugestellt hat)? Und das Gericht mich bittet, eine etwaig hier noch vorhandene Kopie der Akte zur Verfügung zu stellen, damit das gegen meinen Mandanten geführte Verfahren weiterbetrieben werden kann.
Weitere Vorschläge bitte gern in die Kommentare.
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Bild: © Gabriele Schmadel / pixelio.de
Öh, der Kanzleihund hat die Akte leiderleider aufgefressen und der Server mit der digitalisierten Akte ist bedauerlicherweise abgeraucht und gerade für die Akte hat das Backup nicht funktioniert…
Akten, die von der Post verschlampt wurden sind für Juristen ein alltägliches Problem. Die Post ist leider auch nicht mehr das, was sie mal war. Insbesondere bei Zustellungen von rechtlich bedeutsamen Erklärungen oder Unterlagen scheinen solche Schlampigkeiten erstaunlich häufig vorzukommen. Jedes belanglose Schreiben kommt an, aber Kündigungsschreiben nie. Als ob die Zusteller das wüssten.
Mein Tipp: Schauen Sie nochmal in Ihrer Abstellkammer nach. Vielleicht liegt die Akte ja dort. Vielleicht liegt sie auf dem Stapel mit Zeitschriften neben der Toilette unter der NJW von letzter Woche. Ärgerlich wäre es natürlich, wenn sie zusammen mit der Werbung im Müll gelandet wäre. Kann in der Hektik schon mal passieren.
Man macht sich doch auch Kopien um darauf Notizen zu machen und warum sollten Sie dazu verpflichtet sein die in ihrer Freizeit zu schwärzen.
Wie oft: es kommt darauf an. Wenn der Mandant zustimmt, ja. Wenn die Akte in der Sphäre des Anwalts verschwand, vielleicht. Ansonsten: nein.
Ohne eine Antwort darauf zu haben: Aber ich finde es grundsätzlich immer wieder schön, solche „Rätsel“ hier zu lesen. Ich bin kein Jurist, aber sich auch einfach mal zu überlegen, wie die Rechtslage den *sein sollte* ist mit solchen Dilemmata auch schon immer wieder etwas „praktische Philosophie“ :)
(Ich persönlich finde, dass es darauf ankommen sollte, in wessen Verantwortungsphäre der Verlust auftrat. Wenn es schon/noch in der Sphäre des Anwalts war, sollte der Anspruch an das Organ der Rechtspflege höher wiegen, wenn es noch/schon in der Späre der Justiz/StA war, sollte der Anspruch des Mandanten höher wiegen.)
Wie wäre es wenn Ihr Mandant das Mandat beendet? Dann gehören doch eigentlich die Akten ihm und Sie müssen ihm diese herausgeben. Und er als Beschuldigter muss sich ja nicht selbst belasten oder der Gefahr aussetzen belastet zu werden ergo müsste er die Akten doch nicht herausgeben oder gar bei der Rekonstruktion behilflich sein!?
Unabhängig von meiner persönlichen „Idee“ als Nichtjurist habe ich bei Google einen ähnlichen Fall gefunden: http://fachanwaltstrafrechtberlin.de/2015/06/hilfe-herr-anwalt-wir-haben-die-akten-verschlampt/
Wie wäre es wenn Ihr Mandant das Mandat beendet? Dann gehören doch eigentlich die Akten ihm und Sie müssen ihm diese herausgeben. Und er als Beschuldigter muss sich ja nicht selbst belasten oder der Gefahr aussetzen belastet zu werden ergo müsste er die Akten doch nicht herausgeben oder gar bei der Rekonstruktion behilflich sein!?
Unabhängig von meiner persönlichen „Idee“ als Nichtjurist habe ich bei Google einen ähnlichen Fall gefunden: http://fachanwaltstrafrechtberlin.de/2015/06/hilfe-herr-anwalt-wir-haben-die-akten-verschlampt/
Scheint wohl in Berlin zur guten Sitte zu gehören :D
Habe noch im Rechtspflegerforum was gefunden wo eine Akte weg war. Ist ja auch immer interessant dort mitzulesen wie sie es handhaben.
http://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php?28902-Akte-verschwunden!/page3
Dort steht:
Ist der Aktenverlust bei der Justiz eingetreten, ist der Verteidiger ohne Zustimmung seines Mandanten nicht berechtigt (und schon gar nicht verpflichtet), seine Ablichtungen zur Rekonstruktion zur Verfügung zu stellen. Ist allerdings der Verteidiger für den Aktenverlust verantwortlich, soll er verpflichtet sein, bei der Rekonstruktion zu helfen. Fundstellennachweise bei Burhoff, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 7. Aufl., 2013, Rn. 338.
Sofern der Strafbefehlssoldat den Strafbefehl verweigert ist das eine strafbare Handlung – meine Meinung.
Vom Hörensagen weiß ich, dass auf diese Weise oft Nachbarschaftskriege trickreich befriedet wurden (sogenannte „Selbstbefriedung“).
PS: [sic]
Rechtlich dürfte der Hinweis von Daniel zutreffen. Wenn der Anwalt die Akte selbst bzw. durch seine Mitarbeiter verschlampt hat, wird er helfen müssen (quasi als Schadenersatz für die Nichterfüllung der Rückgabepflicht), ansonsten wird er es nicht müssen und ohne Einverständnis des Mandanten nicht einmal dürfen.
Rein praktisch wird es vom Einzelfall abhängen, o man dem Mandanten zur Zustimmung rät. Dass Originalbeweismittel (außer Zustellungsurkunden) mit der Akte unwiederbringlich verloren wären, dürfte eher selten sein, Polizeiprotokolle und polizeilich protokollierte Zeugenvernehmungen werden bei nicht abgeschlossenen Verfahren höchstwahrscheinlich auch auf dem Rechner der Polizeidienststelle noch vorhanden sein, Gerichtsprotokolle auf dem Justizserver schlummern, zur Verfügung gestellte Beweisunterlagen von Dritten bei denen nochmal zu bekommen sein, ist nur halt wesentlich umständlicher, zeitaufwändiger und kostspieliger, das alles wieder zusammen zu suchen, als es aus zusammenhängenden Aktenkopien zu rekonstruieren. Ergo: Wenn die Chance besteht, dass tatsächlich erhebliches Belastungsmaterial unwiederbringlich verloren sein könnte, natürlich eher nicht mithelfen. Wenn der Mandant Interesse an einem möglichst langen Verfahren hat, auch eher nicht. Wenn er Interesse an schneller Erledigung hat, tendenziell eher mithelfen. Und natürlich erst recht, wenn der Verlust von entlastendem Material zu besorgen ist.
Wie sollte CRH bei der Rekonstruktion dieser beispielhaften Akte eine „etwaige“ Kopie beitragen können? Sie hat ihn ja nie erreicht.
Es sollte ja eigentlich für derartige Dinge einen Zustellbeleg geben bzw für diese Akte eben keinen oder zumindest keinen, der von CRHs Kanzlei unterschrieben sein kann.
Aber wahrscheinlich werden inzwischen selbst derartige behördliche Sendungen auf billigste Art versendet.
@matthiasausk, in diesem Fall könnte crh zur Rekonstruktion beitragen. Er hatte schon früher mal Akteneinsicht und der alte Stand ist unbestritten bei ihm angekommen.
Sie müssen natürlich nicht helfen.
Aber der Fehler ist, dass sowas überhaupt an den Verteidiger geschickt wird. Mag er die Akten da einsehen, wo sie sind, oder sie dort durch seine Mitarbeiter abholen und wieder zurückbringen lassen.
257c StPO!
Die Überlegung ist natürlich, ob die Akte nicht bereits an Hand von Ausdrucken der Polizei, StA oder Gericht wieder hergestellt werden kann (Zeugenvernehmungen etc. werden wohl gespeichert sein) Daher kommt es vielleicht auf das zugrundeliegende Delikte an – Urkunden dürften verloren sein. Da hilft die Kopie womöglich auch nicht weiter. Mir ist das selbe in einem Verfahren passiert, in dem wir auf Anfrage eine Kopie zur Verfügung gestellt.
MfkollG
Wendt, RA aus OL
In der Regel wird doch verfügt das ein Retent angelegt wird, damit das Gericht für den Fall, eine Kopie der Akte hat. Ich würde dem Gericht glaubhaft machen, dass nichts eingegangen ist und dann ist es deren Sache, wie und ob weiter verfahren wird.
Also aus meiner Sicht ist das eindeutig: Strafverteidiger bzw. RAe im Allgemeinen sind zwar Organ der Rechtspflege, aber kein „Rechtspfleger“ der Ermilltungsbehörde. Die Stellung als Strafverteidiger ist eindeutig auf Seite des Mandanten, damit Waffengleichheit im Verfahren herrscht. Er ist nur seinem Mandanten verpflichtet, und gewiss nicht der Ermittlungsbehörde. Das dürfte für den Verteidiger durchaus nicht ungefährlich sein, der Staatsanwaltschaft in einer solchen Situation zur Seite zu springen. Es mag eine Ausnahme geben, wenn die Übersendung der Akte das Verfahren zu Gunsten des Beschuldigten beenden würde und sich aus der Akte nichts belastendes ergeben würde; das dürfte aber wirklich eine Ausnahme sein. In größeren Verfahren werden ja ohnehin Duplo-Akten angelegt……andernfalls hat die StA einfach Pech gehabt, wenn sie nicht aus eigenen Mittel rekonstruieren kann. Dann muss eben eingestellt werden…..
Ich bringe mal ein weiteren Aspekt ins Spiel.
Angenommen, der Verteidiger weigert sich, seine (bekanntermaßen digitalen) Kopien zur Verfügung zu stellen und die Justiz schafft die Rekonstruktion nicht mit ihren Bordmitteln, will aber die Strafverfolgung nicht aufgeben:
Denkt hier niemand an eine richterliche Verfügung, die auf eine Kanzleidurchsuchung mit Beschlagnahmeanordnung (ggf. mit Abwendungsbefugnis) hinausläuft?
Ich halte das für rechtlich bedenklich und würde mich auf die Hinterbeine stellen (und den Behörden die Zugangsdaten zu unserer EDV verweigern).
Ich nehme an, dass sie erstens die Daten auf den Servern verschlüsselt, zweitens ein Backup außerhalb der Reichweite einer Kanzleidurchsuchung gelagert haben.
Sollen sie doch kommen. ;)
Es wird wirklich Zeit, eine lebenslange Erzwingungshaft gegen renitente Aufwiegler einzuführen!!!1!
Ich empfehle das britische Modell.
Es kommt darauf an, was den Interessen dem Mandanten dient. Es besteht durchaus die Wahrscheinlichkeit, dass die Akten auch ohne Hilfe des Verteidigers rekonstruiert werden können. Das kann dann länger dauern und hindert die noch spätere Durchführung des Verfahrens nicht. Längjährig nicht abgeschlossene Verfahren können auch eine Belastung sein. Dass die Akten nicht rekonstruiert (die Vernehmungen nicht wiederholt werden, Kopien der belasteten Unterlagen nicht mehr beschafft werden können) ist eher unwahrscheinlich. Wahrscheinlich wird sich bei fehlender Mitwirkung die Jusitz besondere Mühe geben und vielleicht findet sie noch mehr belastendes, als sich bisher in den Akten befunden hat.
Ich würde genau überlegen, ob eine Ablehnung der Mitwirkung sinnvoll ist. Allerdings muss das mit d. Mandant. abgestimmt werden.
…ich will mal sehen, welcher Richter diesen 103er-Beschluss erlässt….achso, wenn Tiergarten zuständig ist, geht vieles ;-)
Wie wäre es denn, wenn der Verteidiger „seine“ Unterlagen zur Verfügung stellt, aber diese ZUFÄLLIG – ohne davon Kenntnis zu haben oder dies mitzuteilen – zugunsten des Mandanten leider nicht ganz vollständig sind? Kann das Probleme geben?
Praxis-Frage an Bernd und crh:
Die mir bekannten Verschlüsselungen verlangen zur Entschlüsselung Besitz (Token) und/oder Wissen (Passwort).
Wie löst man das im KMU-Umfeld, besonders der Anwaltpraxis? Sind die Systeme (ausser nach Reboot) immer ‚entschlüsselt‘ (wie bei FDE mit PBA) und der Anwalt verlässt sich darauf, dass die MA bei Razzia ‚den Stecker ziehen‘? Sind sie in Abwesenheit des RA ‚gelockt‘?
Wie gestaltet man das in der Praxis?
@Ralph S.
„und der Anwalt verlässt sich darauf, dass die MA bei Razzia ‚den Stecker ziehen‘?“
Ganz schlechte Idee. Ich kenne jemanden der hat bei der Hausdurchsuchung vor den Augen der Polizei die Steckdosenleiste ausgeschaltet. Folge war ein Haftbefehl wegen Verdunkelungsgefahr
@Ralph S.:
Ich habe sehr viel mit Verschlüsselung zu tun. Damit einher kommt die Erkenntnis, dass es keine vollständige Sicherheit gibt. Gegen USB-Dongles hinterm Rechner, die in 5 Sekunden zwischen Tastatur und Rechner gesteckt werden und die niemand bemerkt, ist kaum Kraut gewachsen; da braucht es schon Keyfiles oder extra Dongles. Gegen Trojaner, die per Email kommen gibt es kaum Abhilfe (außer dem Virenscanner „Brain 1.0“ aka Mitarbeiterschulung), genauso wenig wie gegen einen Schlagring, der zur Herausgabe der Zugangsdaten nötigt.
Dann gibt es noch manipulierte BIOS oder Bootsektoren usw. Dass man keine Funktastaturen benutzen darf liegt genauso auf der Hand, wie eine einfache Abschirmung der Räume gegen elektronische Abschnorchelung.
Gegen einfache Angreifer – z.B. stumpfe Staatsanwaltschaften – hilft eine FDE (full disk encryption) recht gut. Man muß nur aufpassen, dass sich die Rechner in kurzer Zeit bei Nichtbenutzung sperren. Zieht der Beamte, weil er keinen Zugriff hat, den Stecker, dann wird alles gut. [Bringt er einen Profi mit, der die RAM-Module mit Strom versorgt ausbaut und die Keys ausliest, dann eher nicht.]
Hilfreich ist es auch Zugangsrechte für Dateien auf dem (verschlüsselten) Server zu vergeben.
Kommt die Polizei zur Beschlagnahme, dann hat sich daneben ein Hauptschalter für Strom (sollte jeder sicherheitsbewusste Mensch haben, kostet unter 100 Euro) bewährt. Zumeist wird man ja nicht gleich festgenommen, sondern kann noch irgendwo hingehen und einen Handgriff überraschend tätigen.
Ein großes Problem ist die Verteilung der Passwörter. Fällt der Strom aus und der Chef ist bei Gericht, dann geht gar nichts mehr, wenn nur er die Passwörter kennt. Werden die Passwörter verteilt, ergeben sich die Sicherheitslücken schneller als man das Passwort eingeben kann. Das beginnt bei mißgünstigen Mtarbeitern, geht über notierte Passwörter auf Zetteln (immer wieder gern von der Polizei gesehen) und endet (nicht) bei deren Erlangung durch social engeneering.
Und das Backup muß auch immer verschlüsselt werden.
Kurz: man kann vorsichtig sein und damit recht viel erreichen. Aber einen wirklich guten Schutz zu realisieren, der eine Kanzlei auch arbeitsfähig hält, das ist echt schwer. Da muß ein Profi dran. Zum Glück dürften gerade Anwälte dafür senisbilisiert sein, dass sich die Arbeit (und die Kosten) eines Profis auszahlen.
Dann gibt es noch Verschlüsselungen, die sehr wahrscheinlich eingebaute Hintertüren haben, wie z.B. Bitlocker oder Filevault. Aber das dürfte eine Anwaltskanzlei eher nicht stören, weil die den Geheimdiensten vorbehalten sind.
Letztlich ist das total extreme Sicherheitsniveau mancher Verschlüsselungen (z.B. Veracrypt) nur ein Feigenblatt vor den eigentlichen Angriffsvektoren.
@ Serkan
Ein Retent nützt herzlich wenig, damit hat man dann „aktlich“ , was man eh schon weiß: Dass die Akte zum Anwalt versandt wurde
@ Verschlüsselung:
Sich in diesem Umfeld auf Füll Disk encryption zu verlassen, ist zwar gut gemeint – aber wir wir alle wissen, ist dass das Gegenteil von gut. Im Büro laufen die Rechner den ganzen Arbeitstag, wenn dann die Staatsmacht zur Durchsuchung anklopft, haben sie die (nur per FDE verschlüsselten) Daten.
Dazu komme noch, dass in Kanzleien mittlerweile oft, und im Fall CRH definitiv, die Daten garnicht auf dem Rechner selbst liegen (zumindest nicht primär), sondern auf einem Server. Der läuft logischerweise 24/7, und daher ist dort eine FDE genau so sinnvoll wie Türschlösser an einem 24-Stunden-Laden. Datei- bzw. Datensatzlevel Verschlüsselung ist hier das Mittel der Wahl, am besten kombiniert mit dem Rechtemanagement.
@ U-Haft wegen Verdunkelungsgefahr:
Ja, beim Standardfall (Durchsuchung beim Verdächtigen / Beschuldigten / Angeklagten), aber nicht in so einem Fall wie hier.
Zum Thema Datensicherheit: Bei uns gab es vor wenigen Jahren eine Durchsuchung gem. §103 StPO. Die Kripo hatte extra einen Dienstleister mitgebracht, der so „schlau“ war, den Server vom lokalen Netzwerk, und somit auch vom Internet, zu trennen, damit wir ihn aus der Ferner nicht herunterfahren. Man kann einem Server (Linux) allerdings per Script beibringen, dass er auch so etwas merkt. Die wollten den Server unter Saft mitnehmen (synchrone USV) und dann in Ruhe auslesen. Hielt ich für eine nette Idee, nach 30 Minuten ist er dann runtergefahren, also die ihn gerade in den Fahrstuhl schieben wollten ;-) Das Geschrei war groß, und unsere innere Freunde auch. Die Daten, die der Ermittlungsbehörde zustanden, haben wir dann freiwillig überspielt, aber eben nur diese…..
@WPR_bei_WBS:
FDE ist natürlich nutzlos, wenn jemand auf den laufenden Rechner zugreifen kann. Das ist allerdings der Knackpunkt: „zugreifen kann“. Wenn ein Rechner gesperrt ist, dann kann die Polizei das nicht und kommt somit nicht an die Daten. Die übliche Methode, Rechner dann mitzunehmen und die Festplatte (ausgebaut) auslesen zu wollen, ist zum scheitern verurteilt. Deswegen schrieb ich auch, dass man darauf achten soll, dass sich die Rechner schnell sperren sollten wenn niemand daran arbeitet. Ich halte 3 Minuten für angemessen, denn wenn die Polizei kommt, wird man wohl den Durchsuchungsbeschluss lesen und dann dürfte schon die Sperre greifen. Ist also nicht ganz nutzlos, zumal die Polizei von der Verschlüsselung möglicherweise gar nichts weiß.
Gerade wenn die Daten verschlüsselt auf einem zentralen Linux-Server liegen, der 24/7 läuft, dürften sie recht sicher sein, so man denn den Zugang zu den Daten darauf mit einem wirksamen Rechtemanagmenent (und eventuell einer zusätzlichen Dateiverschlüsselung) versieht. Am Server selbst dürfte mangels Zugangsdaten und LUKS nichts zu holen sein.
Wie ich schon schrieb: es gibt zahlreiche Angriffsvektoren, aber gegen stumpfe Beschlagnahmungen kann man sich recht anständig wehren.
Wie behandeln die Strafverfolger so eine Festplatte, von der Sie 99% nicht lesen dürfen?
Und was passiert, wenn die dabei kaputt geht?
Was spricht eigentlich dagegen, den Serverraum an die „CRH Serverbetriebs GbR“ zu vermieten und die Server in den Räumen dieser Firma unterzustellen?
IIRC gilt ein Durchsuchungsbeschluss nicht gegen abgeschlossene Räumlichkeiten von Untermietern.
Die technischen Möglichkeiten sind da schon zuverlässiger und erfolgsversprechender … crh