Die Verjährung beim Fensterputzen

Die Lektüre unserer Blogbeiträge und Mandanteninformationen führt oftmals zu illustren Reaktionen.

Eine solche Rückmeldung – in Gestalt einer „Ich-habe-da-mal-ne-kurze-Frage“-Frage – erhielt ich gestern per eMail.

Der Absender fällt mit der Tür in’s Haus und nimmt Bezug auf einen Blickpunkt:

Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt,

ich habe Ihren Beitrag Verjährung einer Straftat gelesen, und komme ins Grübeln.

Aus diesem Beitrag zitiert er mich:

Eine Beispielsfrist
Warum ist das nicht so simpel wie es auf den ersten Blick aussieht?

Schauen wir uns mal den einfachen Betrug an, der nach § 263 Abs. 1 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bestraft wird. Die Verjährungsfrist? Richtig, die Verjährungsfrist beträgt 5 Jahre.

So, und nun der besonders schwere Fall des Betruges: § 263 Abs. 3 StGB: Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahre. Verjährungsfrist 10Jahre? Falsch!. Weil es dabei um eine Schärfung des Grundstatbestands für den besonders schweren Fall geht; eine Strafzumessungsregel, die keinen Einfluß auf die Dauer der Verjährungsfrist hat, § 263 Abs. 4 StGB.

Ergebnis: Auch der Betrug im besonders schweren Fall verjährt nach 5 Jahren.

Das Zitat gibt ihm Anlaß, über ein Problem nachzudenken, das ihn beschäftigt:

Was bedeutet dieses Beispiel für die Üble Nachrede?

Damit ich auch weiß, wovon er redet, zitiert er den Gesetzestext:

Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Und dann beginnt er seine Analyse und entwickelt sein eigenes Problem:

Klaer Fall, die Verjährungsfrist ist 3 Jahre bei der Üblen Nachrede, wenn sie nicht öffentlich oder durch Verbeiten von Schriften begangen wurde. Oder irre ich mich schon da?

Was aber, wenn sie doch öffentlich oder durch Schriften begangen worden sein sollte?

Grübel, grübel.
Beträgt die Verjährungsfrist dann 5 Jahre, oder gilt es analog zu dem Beispiel des Betrugs, dann wären es ja wohl auch nur 3 Jahre?

Ich tendiere zu den 3 Jahren, bin mir aber keineswegs sicher.

Und was tut der Mann, wenn er nicht sicher ist? Er fragt einen Kundigen, einen Strafverteidiger. Kann man machen.

Er macht es so:

Vielleicht finden Sie ja die Zeit einem juristischen Laien, oder vielleicht Amateur ;) , diese Frage kurz zu benatworten.

Danke im Voraus.

Ok, ich soll mich jetzt also hinsetzen und – statt mich mit ernsthaften Problemen meiner Mandanten zu beschäftigen, einen Blogbeitrag zu schreiben oder ein Bier trinken zu gehen – ihm dabei helfen, seine juristischen Probleme zu löschen.

Ich habe diese eMail nicht sofort gelöscht, sondern ich habe ihm geantwortet:

Moin.

Vielen Dank für Ihre eMail und Ihre Fragen zum Thema Verjährung von Straftaten.

Wir haben hier Bedarf an sauberen Fenster, die im Herbst zuletzt geputzt wurden. Vielleicht finden Sie ja die Zeit, einem Fensterputzerlaien kurz wieder zum Durchblick zu verhelfen. Dann könnten wir ins (Tausch-)Geschäft kommen.

Ich bin auf die Reaktion gespannt.

In diesem Zusammenhang:
Wer sich dafür interessiert, warum ich diese Mal-eben-zwischendurch-Fragen nicht beantworten möchte, kann sich hier über meinen Tagesablauf informieren.

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Bild: © uschi dreiucker / pixelio.de

Dieser Beitrag wurde unter Anfrage der Woche, In eigener Sache veröffentlicht.

8 Antworten auf Die Verjährung beim Fensterputzen

  1. 1
    Sven Uhl says:

    …in manchen Fachbereichen ist das nunmal so

    Im bereich Elektrik / Computertechnologie / Mobilfunk kann ich da auch ein Liedchen von singen :D

    • Ich gebe die Hoffnung nicht auf, daß unsere Fenster irgendwann mal von einem Mal-eben-Frager geputzt werden. Dann gibt es noch ein, zwei Kellerräume, die mal aufgeräumt werden könnten.

      Vielleicht haben Sie auch noch entsprechenden Bedarf … fragen Sie nach! :-) crh

  2. 2
    Der wahre T1000 says:

    Mandanten gewinnt man, indem man sie gut behandelt. Zum Beispiel wenn man sie mit einem Blog „pflegt“. :-)

    Wer mal eine Frage nett beantwortet bekommen hat, der wird sich im Zweifelsfall auch an diesen Anwalt wenden, wenn er ein echtes Problem hat.

    Nach meiner Auffassung sollten Sie abwägen, ob die Beantwortung Arbeit macht oder nicht. Wenn Sie also z.B. erst selbst nachlesen müssen, dann ist die Reaktion mit dem Fenster putzen völlig richtig. Zeit ist knapp. Sollte die Frage jedoch aus dem Fachwissen heraus kurz beantwortbar sein („Grummel, die Verjährung beträgt 3 Jahre, weiß doch jeder Jurist“), so könnte es klug sein sie mal eben zu beantworten.

    Merke: wenn man jemandem in der Not hilft, wird er sich an denjenigen erinnern wenn er wieder in Not ist. Dieser Spruch, der auf normale Menschen eher abschreckend wirkt, trifft für Strafverteidiger im positiven Sinn zu.

  3. 3
    DonJon says:

    Der verlinkte Beitrag erinnerte mich an Folgendes (keine Angst, nicht ernst gemeint ;-), ich kenne die nebenbei Frager auch ganz gut) :

    „Kommen Sie mir bloß nicht wegen Urlaub!
    Haben Sie denn gar keine Ehre im Leib?
    Wissen Sie überhaupt wie wenig Sie arbeiten???

    Ich rechne es Ihnen mal vor:

    Das durchschnittliche Jahr hat bekanntlich 365 Tage.

    Davon schlafen Sie täglich etwa 8 Stunden, das sind 122 Tage – bleiben noch 243 Tage.

    Täglich haben Sie 8 Stunden frei, das sind ebenfalls 122 Tage – also noch 121.

    Sonntags wird nicht gearbeitet, 52 mal im Jahr. Was bleibt übrig! 69 Tage.

    Sie rechnen doch noch mit?

    Samstagnachmittag wird auch nicht gearbeitet, das sind nochmals 52 halbe oder 26 ganze Tage. Es bleiben noch 43 Tage.

    Aber weiter…

    Sie haben täglich 2 Stunden Pause, also insgesammt 30 Tage. Was bleibt in der Rechnung?

    Nur ein Rest von 13 Tagen!

    Das Jahr hat 12 Feiertage – und da bleibt…?!

    Sage und schreibe 1 Tag!!!

    Und das ist der 1. Mai – an dem wird auch nichts getan!

    Und da wollen Sie noch Urlaub???

    Herzlichst Ihre Chefetage“

  4. 4
    Quacki says:

    Hallo, ich kommentiere hier jetzt, weil ich 4 Mal einen E-Mail Hinweis zu diesem Blogbeitrag bekommen habe.

    • Aber nur, weil Sie wiederholt (!!) diesen Blogbeitrag nicht gelesen haben. Das ist NICHT akzeptabel! crh
  5. 5
    Moc says:

    Rechtsrat gegen Fensterputzen? Klingt eigentlich nach ’nem fairen Deal. Vielleicht läßt sich sogar noch ein Café heraushandeln… Ich putze zwar nicht professionell Fenster, aber traue mir durchaus zu so ein paar Kazleifenster sauber zu bekommen.

  6. 6
    Fry says:

    Hallo Herr Hoenig,
    vielleicht sich und andere nicht immer so wichtig nehmen…

    Ich empfinde Ihre Antwort als unnötig aggressiv. Sie insinuieren, der Leser hätte von Ihnen verlangt, umsonst zu „arbeiten“. Dabei ging es ihm einfach um einen Gedanken, den er beim Lesen Ihres Blogs bekam und daher auch mit Ihnen teilen wollte.

    Einfach antworten oder nicht antworten (wie Ihr Leser implizit ja vorgeschlagen hat), beides wäre ok.

    Oder antworten Sie auf „Wie geht’s“ auch immer mit „Das geht Sie gar nichts an!“

    Aber Sie scheinen eine gewisse Freude daran zu empfinden, nicht böswilligen aber (Ihnen) lästigen Leuten mit einem solchen Tonwechsel zu antworten. Hatten wir auch schon beim Thema Spam, wo ich es genauso übertrieben fand…

    Kann man so machen. Darf man auch. Muss aber nicht. Dieser Rat ist für Sie kostenfrei und vielleicht auch umsonst.

    Ihr Terminkalender ist jetzt nicht soooo interessant. Manches andere hier schon, daher komme ich auch gern zurück.

    Schöne Grüße,
    ein treuer Leser

    • Ich bedanke mich für Ihre freundliche Mitteilung, was Sie für übertrieben halten. Sie leisten damit einen wichtigen Beitrag für das Schreiben weiterer Blogbeiträge. Deswegen fände ich es auch echt schade, wenn Sie jetzt nicht mehr wiederkämen. Darf ich Ihnen die Entwürfe künftiger Blogpost zusenden, damit Sie vor der Veröffentlichung mal kurz drüberfschauen? Damit ich sicher sein kann, daß sie Ihnen auch gefallen. crh
  7. 7
    M.A.S. says:

    Eigentlich lese ich die Kommentare nur wegen der Kommentare des Hausherrn zu den Kommentaren :-))

  8. 8
    Roland B. says:

    Vielleicht läßt sich sogar noch ein Café heraushandeln… I

    Das wäre aber übertrieben teuer. Was kostet so ein Café in Berlin, selbst wenn es nur wenige Tische hat und abseits liegt?