„Ein Freispruch wäre völlig normal gewesen.“

Wir haben uns in der Mittagspause darüber unterhalten. Hier mal die Zusammenfassung unserer Gedanken.

Der rechtskräftig Verurteilte wird nach der Halbstrafe vorzeitig aus dem Knast entlassen. Die Reststrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Die Bewährungszeit liegt irgendwo zwischen 2 und 5 Jahren. Soweit, sogut.

Wir kennen nun alle den Bewährungsbeschluß nicht. Aber einen Satz wird man darin finden – ausdrücklich oder zwischen den Zeilen: „Dem Verurteilten wird aufgegeben, sich straffrei zu halten.“ Oder so ähnlich.

An anderer Stelle hatte ich schon einmal geschrieben, daß eine Unverschämtheit kein Grund dafür ist, die Strafaussetzung zur Bewährung zu widerrufen. In diesem Fall bedauere ich dies.

Ein solches Verhalten könnte aber freundliche Mitarbeiter der Finanzverwaltung auf den Plan rufen, die keine Fans vom FC Bayern München sind. Und die sich dann jede Dienstfahrt, jede Bewirtungsrechnung, jede Sprudelkiste, die der unter Bewährung stehende Steuerhinterzieher als Betriebsausgabe geltend gemacht hat, mit der Lupe anschauen. Und sich über jeden Fehler freuen, den sie finden.

Bei so einer Überheblichkeit, die der Verurteilte mit diesem Satz (und dem weiteren Inhalt seiner Rede) an den Tag gelegt hat, ist es nicht unwahrscheinlich, daß ein penibler Finanzbeamter die privat veranlaßte, aber betrieblich gebuchte 20-Euro-netto-Taxifahrt findet und der Kerl wegen der Hinterziehung von 1,40 Euro Umsatzsteuer den Rest der Freiheitsstrafe dann doch noch absitzen muß. Mitleid würde ich nicht empfinden.

Dieser Beitrag wurde unter Steuerstrafrecht, Strafrecht veröffentlicht.

12 Antworten auf „Ein Freispruch wäre völlig normal gewesen.“

  1. 1
    Kenguru says:

    naja, wegen der € 1,40 USt würde der Prüfer nicht gleich die BuStra einschalten, allerdings ergeben sich bei Betrieben der Größe Bayern Münchens immer im Rahmen einer Aussenprüfung Anhaltspunkte für Steuerhinterziehung, alleine bei der Höhe der Abschlusszahlungen nach der Außenprüfung. … aber hängen wird man nicht Uli dafür, sondern seinen Buchhalter ….

  2. 2
    Jan Heinz says:

    Bayern München ist ja nicht das einzige Unternehmen, das ihm gehört (mehr oder weniger zumindest). Bei seinen Wurstfabrik und seinen zahlreichen weiteren Betrieben findet sich auch sicherlich etwas. Wäre ja die erste Prüfung, die keine Beanstandungen ergäbe. Wenn auch möglicherweise nichts Erhebliches…

  3. 3
    HugoHabicht says:

    bei Bayern München ist Hoeneß schon seit geraumer Zeit nur noch Aufsichtsratsvorsitzender. Dem irgendwas steuerlich wegen des Betriebes anzuhängen wird schwierig.

    Allerdings ist Hoeneß Inhaber eines fleischverarbeitenden Betriebes („Wurstladen“). Da könnte man nachschauen.

    Wenn der Prüfer nicht mehr findet als eine Taxirechnung, wird man allerdings kaum von Vorsatz ausgehen können und dann ist man eher im Bereich „Steuerverkürzung“. Widerruf der Bewährungsaussetzung der Reststrafe steht dann nicht an.

    Es ist allerdings ohnehin davon auszugehen, dass die steuerlichen Umstände von Hoeneß genaustens überwacht werden. Wer einmal aufgefallen ist, hat jedenfalls deutlich öfter die Steuer im Haus, als jemand, der völlig unbescholten ist.

  4. 4
    Cage_and_Fish says:

    Also, den Spaß einer mündlichen Anhörung zu §§ 57 Abs. 5, 56f StGB würde ich mir als Strafvollstreckungskammer aber schon machen.

    „Herr Hoeneß, wir haben da was gelesen…“

  5. 5
    Cage_and_Fish says:

    Man kann ja auch mal über die Weisungen nachdenken. zB keine Interviews mehr…

  6. 6
    Chak says:

    Jan Heinz, die wenigsten Betriebsprüfungen gehen aber in ein Strafverfahren über.

  7. 7
    Oscar says:

    “Morality is simply the attitude we adopt towards people we personally dislike.”

    Erwischt?

  8. 8
    Duncan says:

    Ich saß schon mal in einem Gerichtssaal, in dem eine Bewährung widerrufen wurde. Es ging um eine Pfandbetrügerei im Wertumfang von ca. einem Euro.
    Da ging es dann doch für fast 2 Jahre hinter die berühmten Schwedischen. Gut, seinen damaligen Anwalt halte ich auch heute noch für eine Nulpe, aber das sei mal dahingestellt.

    Also wer mal etwas Zeit totschlagen muss, sich mal in eine Verhandlung zu setzen und aufmerksam zu lauschen ist nicht der dümmste Gedanke. Macht leider ohne Aktenkenntnis nur halb soviel Spaß.

  9. 9
    RA/StB MD says:

    Ich kann ihn verstehen. Es ist immer wieder schwierig den Mandanten klarzumachen, dass eine gescheiterte Selbstanzeige nun mal keine wirksame strafbefreiende Selbstanzeige ist und dass nicht jeder Verlust einkommensteuerrechtlich beachtlich ist.

    Er ist kein „Deutscher mit Selbstanzeige“. Seine Selbstanzeige war unwirksam. Soweit ich mich erinnere unvollständig. Wobei auch zu sehen ist, dass sich das Recht der Besteuerung von Kapitalerträgen in den Hoeneß betreffenden Zeiträumen mehrfach grundlegend änderte. So etwas aufzuarbeiten, da sitzt wahrscheinlich ein Team mehrere Monate dran.

    Und es ist halt steuerrechtlich nicht jeder Vermögensverlust relevant, da jede einzelne Transaktion bewertet wird und mancher Verlust steuerlich (leider) nicht berücksichtigungsfähig ist.

    Aber es ist natürlich hart, bei seinen Geschäften insgesamt einen Verlust gemacht zu haben und bei seiner Selbstanzeige zu kurz gesprungen zu sein. Aber andererseits, dies wurde sicher alles bei der Strafzumessung berücksichtigt.

    • Ihr letzter Satz ist entscheidend. Wenn die Selbstanzeige „scheitert“, also die Voraussetzungen für die von § 371 AO vorgesehene persönliche Strafausschließung nicht gegeben sind, ist sie *nicht* „unwirksam“. Denn im Rahmen des § 46 StGB ist sie (wie ein frühes Geständnis) strafmildernd zu berücksichtigen. Und u.a. genau das hat in dem Hoeneß-Fall zu dem recht milden Urteil und der vergleichsweise kommoden Strafvollstreckung geführt. Zumindest aber als Rechtfertigung für den bayerischen Nepotismus herhalten müssen. crh
  10. 10
    ad rem says:

    Völlig richtig: Man muss aber nüchtern davon ausgehen, dass Hoeneß mit diesen Äußerungen nicht gegen Bewährungsauflagen und -weisungen verstoßen hat und folglich die Bewährung auch nicht widerrufen werden kann.

    Was das Gericht aber in der Bewährungszeit tun kann (wenn es sich und die ehrlichen Steuerzahler nicht veräppeln lassen will), ist, neue nachträgliche Bewährungsauflagen und vor allem -weisungen erteilen. Und in dem Zusammenhang wäre es in der Bewährungszeit möglich, dass das Gericht sich noch einmal ein besseres Bild von seinen wirtschaftlichen Verhältnissen verschafft. Man muss kein Prophet sein um vorauszusagen wie schnell dann ihm, dem FC Bayern, adidas & Co. der Kackstift ginge und wie mucksmäuschenstill es um ihn würde.

    Man muss aber befürchten, dass das nicht passieren wird, weil Uli Hoeneß in Bayern nicht nur – wie er selbst gesagt hat – einen Fanclub in der Justiz hat, sondern weil dort wahrscheinlich auch der neue Artikel 3 Grundgesetz (Hoeneßsche Verfassung) angewendet wird: Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. Je reicher desto gleicher.

  11. 11
    Andreas Spengler says:

    Sicher muss niemand, mit Herrn Hoeness Mitleid zu haben. Und seine Ansichten muss man auch nicht gutheißen…
    Persönlich macht es mich aber traurig zu erleben, wie ein Justizminister (etwa angesichts anstehender Wahlen?) eine Meinungsäußerung mit der Aufhebung der Bewährung „bestrafen“ möchte…

  12. 12
    matthiasausk says:

    Reine Hybris bei Hr.Hoeneß.