Es gibt Ermittlungs-Methoden, die sind in Ordnung, weil sie fair, am Gesetz orientiert und ohne Tricksereien geführt werden. Und es gibt Kriminalkommissare, die etwas umständlich in den Ermittlungsakten formulieren, daß sie für ihren Dienst ungeeignet sind.
Was bisher geschah: Frollein F. zeigt über die Internetwache der Polizei einen Raub an. Sie sei frühmorgens kurz auf einer Bank in einem S-Bahnhof eingeschlafen. Drei Jugendliche hätten sie geweckt und sie drohend aufgefordert, ihnen ihr Handy herauszugeben.
Diesen Sachverhalt hat Frollein F. auch ihrem Versicherer mitgeteilt, bei dem der Verlust des Handys versichert war. In den Versicherungsbedingungen war vereinbart: Bei Raub gibt es Ersatz. Bei Diebstahl aufgrund von Unachtsamkeit nicht. Der Versicherer ersetzte daraufhin den Schaden.
Der Kriminalbeamte Heuchel, der den angezeigten Raub bearbeitete, lud Frollein F. als Zeugin vor. Sie solle weitere Angaben zum Tathergang machen.
Zuvor schon hatte Heuchel von der S-Bahn Berlin GmbH die Videoaufzeichnungen angefordert, die so ziemlich auf allen ihrer Bahnhöfe angefertigt und kurze Zeit vorrätig gehalten werden. Die Videos trafen auch recht flott ein.
Das aufgezeichnete Geschehen stimmte allerdings nicht mit dem von Frollein F. geschilderten Tathergang überein. Es war kein Raub, sondern ein einfacher Diebstahl.
Das Handy steckte in ihrer offenen Handtasche, die neben der deutlich alkoholbedingt schlafenden Frollein F. stand. Der ältere Herr (!) mußte also sich im Vorübergehen nur unwesentlich bücken und das Handy aus der Hand- in seine Hosentasche stecken, um dann entspannt seiner Wege zu gehen.
Nun erscheint Frollein F. bei KK Heuchel zur ZEUGEN-Vernehmung auf der Wache. Sie wird von dem Kriminalbeamten als Zeugin belehrt (immer schön die Wahrheit sagen!). Die Zeugenaussage wird auf zwei Seiten sauber protokolliert. Bis zu dem Punkt, an dem es heißt:
Frage:
Frollein F., der Bahnsteig ist videoüberwacht. Ich habe Ihnen die Chance gegeben, hier heute die Wahrheit zu erzählen, dies haben Sie jedoch nicht getan, vermutlich weil Ihre Versicherung nur bei Raubtaten den Schaden reguliert. Sie sind somit Tatverdächtige eines Betruges zum Nachteil der Versicherung. Ich muss Sie daher jetzt als Beschuldigte belehren.
Frollein F. zog die Notbremse und machte nun von ihrem Recht Gebrauch, sich nicht zu den Beschuldigungen zu äußern.
Die Frage nach der Strafbarkeit von Frollein F. beantwortet sich quasi von selbst; an die Verteidigungsstrategie werden auch keine erhöhten Anforderungen gestellt.
Aber was mache ich nun mit diesem KK Heuchel, wenn er demnächst als Zeuge vor Gericht erscheint?
Ich freue mich auf freundliche Vorschläge der geschätzten Leserschaft für eine Grillparty vor dem Strafgericht.
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Bild Grill: © Egon Häbich / pixelio.de
Den PB mal auf BGH vom 28.02.1997, Az.: 2 BJs 65/95 – 3; StB 14/96 hinweisen
Den PB mal auf BGH vom 28.02.1997, Az.: 2 BJs 65/95 – 3; StB 14/96 hinweisen.
Ganz einfach. Man dankt ihm für seinen Verdienst in der (Straf-)rechtsausbildung, da sein Verhalten Anlass dafür bietet, dass arme Referendare auch bestimmt in 20 Jahren noch dieses Beweisverwertungsverbot wegen der falschen Belehrung und dem Strafverfolgungshorizont durchkauen müssen
Ein schöner Fall – der KK bekommt für seine in der StPO nirgendwo abgedeckten Methoden so richtig eins auf den Deckel, die „Zeugen“aussage wird wohl nicht verwertet werden dürfen. Gleichzeitig kann das Gericht aber fair (hoffen wir’s, hohe See und so) über den Betrug vom Frollein Urteilen, immerhin hat sie nachweislich bei der Anzeige bei a) der Internetwache und b) der Versicherung ihre zielgerichteten falschen Angaben gemacht.
Das einzige Geschmäckle (Schwäbisch hört man in Berlin doch gerne, oder? :-)) ist: Für den KK wirds wohl keine Konsequenzen geben, ihn wird das Grillfest in der Verhandlung spätestens 24 Stunden später nicht mehr interessieren und daher bis zur Pensionierung wohl lustig so weiter machen.
Stellt sich nur die Frage: Warum? Daher meine Frage: Ist (bzw. wäre ohne Verwertungsverbot) die Falschaussage nach der StPO Änderung strafbewehrt?
Wenigsten hat er sie nicht auf das Grundgesetz vor ihrer Zeugenaussage schwören lassen/vereidigt, damit sie die Wahrheit sagt…
zur Verhandlung dem KK ein als Geschenk verpackten Auszug mitbringen aus dem fiktiven Werk „Grundlagen der Vernehmung für Polizeianwärter, 1. Lehrjahr, Kapitel 1, Absatz 1“ :p
Zumindest damit er ein leichtes Grinsen bekommen, bevor es überhaupt keine Konsequenz gibt.
@roflcopter:
Falls nicht die Meldung an die Versicherung erst in der „Zeugen“vernehmung bekannt wurde, spielt die Frage einer Fernwirkung gar keine Rolle und ist die Vernehmung des Zeugen Heuchel in der Hauptverhandlung überflüssig.
Dass Zeugen, seien es Polizisten, Handwerker oder Ärzte über die korrekte Berufsausübung zu belehren wären und wegen etwaiger Verstöße zu „grillen, rüffeln oder ihnen Nachhilfe zu erteilen wäre, steht in der StPo nicht, und zwar weder in § 241 noch in § 69,auch wenn sich der eine oder andere Verfahrensbeteiligte (@crh: eingeschlossen Richter und Staatsanwälte, das soll jetzt kein Verteidigerbashing sein) das gerne mal anmaßt,
Dem KK wird es völlig am Arsch vorbeigehen, selbst wenn er vor Gericht „gegrillt“ werden sollte. Er hat keine Konsequenzen zu befürchten. Allenfalls bekommt er Lob von seinen Kollegen und freut sich auf den nächsten Fall, wo er seinerseits wieder einen „Zeugen“ grillen kann.
Klar ist doch, dass die „Zeugen“aussage unnütz und entbehrlich war. Der Sachverhalt ist offensichtlich: es wurde eine nicht geschehene Straftat behauptet und ein Versicherer betrogen. Ob die Dame dann nachfolgend an dieser unwahren Geschichte noch festhielt (statt sich selbst zu belasten) ist völlig Wurst. Vermutlich gibt es ein paar Tagessätze oder eine eher kleine Bewährungsstrafe, sofern die Sache nicht wegen Überlastung der Berliner Justiz verjährt oder eingestellt wird.
Ach so, eine Aussage kann (so sie denn verwertet werden darf) schon mal helfen. Ich weiß zwar nicht, was auf dem Video zu sehen ist, aber ich hab schon Pferde kotzen sehen:
Die Frau könnte bei der Verhandlung darlegen, dass sie dermaßen zugedröhnt war, dass sie den Raub offensichtlich geträumt hat und hätte Stein und Bein schwören können, dass es tatsächlich passiert ist. Wenn sie aber beim Polizisten dann sowas sagt (wie gesagt, wenn verwertbar) wie „Oh Gott, das tut mir Leid, ich wußte doch nicht wie ich sonst mein Handy zahlen soll *heul*“
„Aber ick wollte doch nur die Waaheit ans Tageslischt holn.“
@meine5cent:
Wieso sollte es einem Juristen nicht zustehen einen Polizeibeamten über darüber zu belehren wie sein Job korrekt zu erledigen ist? Ich möchte dazu mal ein Beispiel bringen: Wenn ich als Informatiker zu einem Arzt gehe, dann sage ich dem bestimmt nicht wie er behandeln soll. Wenn ich aber seinen Computer einrichten oder seinen Müll beseitigen soll, sage ich ihm garantiert wie er mit seiner Informationstechnik umzugehen hat.
Eine Versicherung, die den Raub eines Handys versichert, nicht aber den Diebstahl… Sachen gibt’s.
@Daarin:
Wenn Sie als Informatiker zum Arzt gehen, tun Sie das, weil Sie es wollen uind Sie können mit ihm diskutieren, was Sie wollen oder nicht, und gehen wenn Ihnen das nicht passt oder der Arzt kann Sie rauswerfen wenn es ihm nicht passt.
Zeugen MÜSSEN vor Gericht erscheinen und Fragen beantworten, die die Aufklärung der angeklagten Tat bzw. der Strafbarkeit des Angeklagten betreffen (um es mal so zu verkürzen). Mehr nicht. Irgendwelche Ermahnungen und/oder Besserwissereien und Kommentare, damit sich ein Staatsanwalt, Richter oder Anwalt besser fühlt und/oder profilieren kann, braucht sich mE kein Zeuge bieten lassen.
@meine5cent:
Ein Gericht ist aber nun mal auch da um Recht zu sprechen. Auch die Angeklagte ist garantiert nicht dort weil sie da so besonders Lust darauf hat. Es ist der Job von Juristen Menschen darüber zu belehren wie man sich richtig verhält.
Da der Staatsanwalt (oder einer seiner Kollegen in der Behörde) am Ende den Ärger hat, wenn der Beamte das nächste Mal bei einer wichtigen Befragung sowas abzieht hat er auch das Recht ihn in der Hinsicht zu belehren. Da es wieder einen Mandanten des Verteidigers treffen könnte hat er auch das Recht. Und der Richter hat dieses Recht quasi von Amts wegen.
@ Fry:
Bei „Diebstahl aufgrund von *Unachtsamkeit*“ (im Vertrag steht vermutlich Fahrlässigkeit).
Davon abgesehen ist sowas nicht ungewöhnlich. Die Teilkasko versicherte bei mir z. B. zwar Diebstahl, aber nicht Vandalismus. Was mich in jungen Jahren (längst verjährt, zudem kei Betrug da trotzdem unter Selbstbehalt) im Jugendlichen Leichtsinn dazu bewog, den Diebstahl des Bedienfeld meines Autoradios zu erfinden, nachdem ich meinen Wagen morgens mit eingeschlagenen Scheiben vorfand.
@ meine5cent:
1.) Wir haben immer noch frei Meinungsäußerung – der Zeuge muss sich das daher bieten lassen
2.) Der KK ist dort Zeuge im Rahmen seiner Tätigkeit als handelnder im Namen des Staates – da muss er sich das nochmal doppelt gefallen lassen. Zumal es dann schon mehr freiwillig ist als bei einem „Zivilisten“
3.) Wenn man Mist baut, sollte man sich das auch gefallen können, erst recht wenn die Kritik von kompetenter Seite kommt. Alleine aus Eigennutz, um in Zukunft den Fehler nicht wieder zu machen
4.) Als Organ der Rechtspflege sollte man auch an dem Rechtsschutz der Bevölkerung interessiert sein – von daher erwarte ich von jedem OdR sogar, hier zu kritisieren
5.) Wir kennen die Details des Verfahrens nicht – gut möglich, dass der Rueffel von crh alleine schon dafür nötig ist, seine Mandantin zu verteidigen.
@fry und WPR: Es ist eine völlig übliche Regelung in Bedingungen von Hausratsversicherungen, dass Einbruchdiebstahl, Raub, nicht aber „einfacher Diebstahl“ versichert ist.